Prozesskostenrechnung: Aufgaben und Herausforderungen
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Die aktuellen Herausforderungen
Gemeinkosten als Block zu betrachten und mit einem Schlüssel als Zuschlag auf Kostenträger zu verteilen, hat in der Vergangenheit zu falschen Entscheidungen und zu einer Vernachlässigung der Performance-Steuerung geführt. Im Rahmen der Digitalisierung gewinnt das Performance-Management aber rasant an Bedeutung, das Controlling muss die geeigneten Instrumente liefern. Kein Bereich kann davon verschont bleiben. Eine neue Kostenrechnung ist gefordert. Das interne Kunden- Lieferanten-Denken muss durch Service Level Agreements etabliert werden.
Aufgaben und Ziele der Prozesskostenrechnung
Die Prozesskostenrechnung erfasst auf Basis der Tätigkeiten die Kosten der einzelnen Vorgänge, wie es die traditionellen Verfahren der Kostenrechnung in den produktiven Bereichen der Produktionsbetriebe machen, die ihre Abläufe (Prozesse) schon immer in Arbeitsplänen mit den einzelnen Arbeitsgängen (Tätigkeiten) und den entsprechenden Vorgabewerten festgelegt haben. Kostenarten werden durch Aktivitäten verdrängt. Im Unterschied zur klassischen, funktionsorientierten Kostenrechnung wird eine Neustrukturierung der Gemeinkostenbereiche in sachlich zusammengehörige, kostenstellenübergreifende Prozessketten vorgenommen. Die Tätigkeiten in den Kostenstellen und die ablaufenden Geschäftsprozesse sind verantwortlich für die Entstehung der Kosten. Die prozessorientierte Sicht ist nicht mehr input-, sondern outputorientiert.
Prozessmodell der Prozesskostenrechnung
Zur Systematisierung der Prozesse wird bei der Prozesskostenrechnung eine Prozesshierarchie verwendet, die grundsätzlich aus beliebig vielen Ebenen bestehen kann. Wie in der Produktion der Arbeitsplan mit seinen Arbeitsgängen, stellt der Prozess eine Kette von Aktivitäten dar, die auf Erbringung einer Leistung ausgerichtet ist. Wie im Arbeitsplan die Vorgabezeiten werden für die einzelnen Aktivitäten Vorgabezeiten, (Planwerte) ermittelt und wird mithilfe der Prozesskostensätze die Inanspruchnahme der Ressourcen bewertet. Sie werden als leistungsmengeninduziert (lmi) bezeichnet.
Im Arbeitsplan ist die Anzahl der zu produzierenden Menge die Messgrösse. Die Messgrösse der Prozessdurchführungen ist der Kostentreiber (Cost Driver). Trotzdem bleibt ein Rest von Aktivitäten (Sitzungen, Führungsaufgaben usw.), die zwar einem Prozess zuteilbar sind, jedoch keinen unmittelbaren Bezug zum Kostentreiber haben, sie werden als leistungsmengenneutral (lmn) bezeichnet. Nur diese lmn-Kosten werden noch umgelegt, diese dürfen aber nicht mehr als 10% der gesamten Kostenstellenkosten ausmachen.
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Prozesse können in mehreren hierarchischen Stufen strukturiert werden, welches diese Abbildung aufzeigt.
Unterschieden werden:
- Geschäftsprozesse werden auch Megaprozesse oder Kernprozesse genannt und defi nieren die Aufgabengebiete eines Unternehmens. Sie haben in der Regel mehrere Kostentreiber. Die Kernprozesse beginnen und enden beim Kunden. Das Unternehmen arbeitet prozessorientiert.
Wichtig: Innovative Unternehmen zeichnen sich durch eine konsequente Prozessorientierung aus.
- Kernprozesse (Megaprozesse) sind markt- und kundenorientiert.
- Hauptprozesse untergliedern den Megaprozess in verschiedene kostenstellen übergreifenden Abläufe. Jeder Hauptprozess hat nur einen Kostentreiber. Hauptprozesse werden in Teilprozesse untergliedert.
- Teilprozesse beinhalten Aktivitäten, die in einer Kostenstelle durchgeführt werden. Die einzelnen Arbeitsfolgen ergeben sich als logische Schritte eines Hauptprozesses, unabhängig von den Kostenstelle, die sie durchlaufen. Ein Teilprozess bezieht sich also immer auf die Aktivitäten entlang der Prozesskette, die sich in einer bestimmten Kostenstelle abspielen. Dadurch ist es möglich, die Teilprozesse zu bewerten, da sich die Kostensätze aus den individuellen Kosten der einzelnen Kostenstellen ergeben.
- Die einzelne Tätigkeit bzw. Aktivität ist im Prinzip eine weitere Ebene von Teilprozessen. Im System können, je nach Informationsbedürfnis, mehrere Teilprozessebenen defi niert werden. Die Pflege der Prozesse wird jedoch bei mehrstufi gen Teilprozessen sehr aufwendig und änderungsanfällig. Die Tiefe der Struktur ist vom Management zu entscheiden.
Prozesskosten ermitteln
Grundsätzlich basiert die Prozesskostenrechnung auf der traditionellen Kostenstellenrechnung. Für die Verrechnung werden alle durch die Inanspruchnahme der Ressourcen anfallenden Kosten auf die Prozesse verrechnet. In der Praxis werden die Kosten der verschiedenen Ressourcenarten als Kostenartengruppen getrennt ausgewiesen und auf die Teilprozesse verrechnet: Personal- und Personalnebenkosten, «übrige» Stellenkosten, Abschreibungen (nicht ausgabewirksame Kosten).
Da in der Kalkulation der Prozesse keine Grenzkosten ermittelt werden, ist es nicht sinnvoll, die Unterscheidung in «fixe» und «proportionale» Kosten wie bei den Fertigungskosten vorzunehmen. Die Ermittlung der Prozesskosten erfolgt nachfolgenden Schritten:
1. Strukturierung der Hauptprozesse
Die Zuordnung der Aktivitäten zu Teilprozessen und der Teilprozesse zu Hauptprozessen verlangt nach einer «provisorischen» Hauptprozessstruktur. Die Gliederung der Hauptprozesse innerhalb der Geschäftsprozesse ergibt sich aus den Anforderungen der Kalkulation und der Ergebnisrechnung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für jeden Hauptprozess ein Kostentreiber bestimmt werden kann und dass dieser aus dem IT-System automatisch erfassbar ist. Ist die Anzahl der Prozessdurchführungen im «Ist» nicht nachvollziehbar, fehlt das Feedback für die Steuerung. Die Hauptprozesse müssen in der Kalkulation und Ergebnisrechnung zuordenbar sein.
2. Strukturierung der Teilprozesse
Die Analyse der Tätigkeiten erfolgt jeweils pro Kostenstelle, da sich sowohl die Planung als auch die Istkosten-Erfassung darauf beziehen.
Die Teilprozesse werden klassifiziert in:
- leistungsmengeninduziert (lmi) und
- leistungsmengenneutral (lmn)
Die leistungsmengeninduzierten Teilprozesse verhalten sich ähnlich wie die proportionalen Kosten in der Produktion, nämlich mengenproportional zur erbrachten Leistung. Für diese Teilprozesse sind also Messgrössen zu finden, mit deren Hilfe diese quantifizierbar sind.
Anders jedoch die leistungsmengenneutralen Teilprozesse, die z.B. zur Mitarbeiterführung, zur Verwaltung oder zur Weiterbildung der Mitarbeiter erforderlich sind. Sie werden nicht unmittelbar auf die Hauptprozesse verrechnet.
3. Vernetzung der Prozesse
Die Prozesslandkarte soll die Menge aller in einer Organisation ablaufenden Geschäftsprozesse darstellen. So werden Schnittstellen und Vernetzung der Prozesse sichtbar, aus welchen Teilprozessen sich ein Hauptprozess (End-to-End-Prozess) zusammensetzt und wie ein Megaprozess durch die Verknüpfung mehrerer Hauptprozesse entsteht. Damit können Prozesskosten auf mehreren Ebenen transparent berechnet angezeigt werden.
4. Prozess Performance
Unternehmerische Aufgaben sind es die Wirksamkeit, Nachhaltigkeit, vor allem aber die Performance der Prozesse zu ermitteln und Initiativen bei Reporting-Abweichungen oder zur Steigerung der Performance zu ergreifen. Dies ist nur durch Einführung entsprechender Kennziffern- bzw. Controllingsysteme möglich.
Kennziffern im operativen Prozesscontrolling, wie bspw. Prozesskosten, Prozessmengen, Prozesszeiten und Prozessqualität, werden mit Ziel-Werten versehen und die Zielerreichung geplant und budgetiert. Die Ist-Werte werden im operativen Ablauf gemessen und Plan-Ist-Vergleiche vorgenommen.
Damit erfolgt auch ein neuer Ansatz der Budgetierung, es werden nicht nur Kostenarten in Kostenstellen budgetiert, sondern auch Prozessmengen, Prozesszeiten und Prozesskosten. Damit schliesst sich der Kreis zur permanenten Verbesserung.