Zukunftsfähige Kostenrechnung: So sieht das Controlling der Zukunft aus
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Das Controlling der Zukunft
Kostenrechnung und Controlling dürfen nicht stehen bleiben, sondern müssen den wirtschaftlichen Wandel begleiten und sogar aktiv vorantreiben. Dies erfordert ein Umdenken und Neugestalten, alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden, neue Methoden finden den Weg. Die Zukunft erkennen und gestalten wird zum zentralen Fokus der Kostenund Leistungsrechnung. Zukunftsorientierte Zielkosten und Zielpreise, die sich immer wieder an die aktuellen Situationen anpassen, müssen die Basis der Produkte und Portfolio-Steuerung werden. Stichtageweise Berechnungen reichen nicht aus, es muss in Lebenszykluskosten gerechnet werden.
Agile Unternehmen brauchen agile Steuerungskonzepte. Dies gilt sowohl für die Produktpolitik als auch für die Frage der Gestaltung des Geschäftsmodells.
Reform der Kostenrechnung aus strategischer Perspektive angehen
Die Kostenrechnung Ihres Unternehmens zukunftsfähig zu machen, setzt voraus, dass die Controllerinnen und Controller ein Problembewusstsein haben, hier aktiv werden zu müssen. Wichtige Gründe sprechen dafür, ebenso wie die zunehmende Bereitschaft, sich dem Thema anzunehmen. Liegt beides vor, bedarf es eines entsprechenden Veränderungsprojekts. Dieses Projekt sollte unbedingt strategischer Natur sein. Zu gross wäre sonst die Gefahr, gerade bei der so filigranen und komplexen Kostenrechnung nur in marginalen Veränderungen zu denken. Es geht vielmehr um ganz grundlegende Fragen. Es ist nicht gottgegeben, dass die Kostenrechnung eine Periodenrechnung wie die Finanzbuchhaltung ist und ihre Daten im Wesentlichen aus dieser bezieht, es kommen neue Datenquellen hinzu. Nicht finanzielle Daten gewinnen an Bedeutung wie die Kundenzufriedenheit, die Weiterempfehlungsrate oder die Qualifikation oder Motivation der Mitarbeiter.
In der zu entwickelnden Vision muss aber nicht nur vorgedacht werden, was die Kostenrechnung nicht sein muss, sondern auch – und primär! –, welche Rolle und Funktion sie in der Unternehmenssteuerung spielen soll, die im Kontext einer «VUCA-Welt» und zunehmender Digitalisierung immer stärker unter Veränderungsdruck gerät.
Zwilling der Finanzbuchhaltung oder grosse Unabhängigkeit und Individualität?
Um zu einer solchen Vision zu kommen, sind zwei grundsätzliche Herangehensweisen bzw. Perspektiven möglich, die sich im Verhältnis von Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung zueinander unterscheiden. Wenn die Kostenrechnung auch weiterhin konzeptionell der Zwilling der Finanzbuchhaltung sein soll, dann muss sie auch von der Finanzbuchhaltung aus gedacht werden. So geht z.B. SAP S/4HANA vor, dessen Kern ein einheitlicher General Ledger bildet, auf den beide Rechnungen zugreifen.
Wird die Kostenrechnung dagegen im ersten Schritt unabhängig von der Finanzbuchhaltung gesehen, hat ihre Gestaltung diverse Freiheitsgrade. Sie kann dann ein Denken reflektieren, das weniger durch feste, wiederkehrende Fragestellungen gekennzeichnet ist, sondern mehr von neu auftretenden Problemen, die spezifisch analysiert werden, getrieben wird. Dies mag sich sehr abstrakt anhören und ist es ganz im Sinne des Wortes auch.
Nur wenige Controllerinnen und Controller werden deshalb den Mut haben, sich so stark vom Status quo zu lösen. Die bisherigen Systeme behindern die Neugestaltung.
Komplexität der Kostenrechnung durch «Unbundling» reduzieren
Der Mut müsste aber zumindest so weit reichen, die Denkweise von Kostenrechnung als «Spinne im Netz» bzw. als «eierlegende Wollmilchsau » infrage zu stellen. Ihre Komplexität und ihre Schwerfälligkeit sind wesentlich der Tatsache geschuldet, dass sie ein ganzes Bündel von Zwecken gleichzeitig erfüllen soll. Das muss nicht so sein. Andere Instrumente können einen (wesentlichen) Teil der Aufgaben übernehmen, wie die folgenden drei Beispiele zeigen:
- Preise muss man nicht aus den Kosten kalkulieren, sondern man kann sie (besser) auch mithilfe eines Target Costings und Target Pricings bestimmen.
- Budgets müssen nicht aus einer komplexen Kostenplanung resultieren, sondern können z.B. durch Benchmarks bestimmt werden.
- Die Methode OKR, die wesentlich für den Umsetzungserfolg ist, muss nicht aus der Kostenrechnung abgeleitet werden.
- Die Kostenkontrolle lässt sich durch eine Kontrolle auf Basis von Leistungsgrössen ersetzen.
Im Bereich der operativen Planung findet ein solches «unbundling» schon seit geraumer Zeit statt und kann als Referenz für die Neugestaltung der Kostenrechnung herangezogen werden.
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Neue Unternehmenssteuerung gibt den Rahmen für neue Kostenrechnung vor
Letztlich ergibt eine Neuausrichtung der Kostenrechnung nur dann Sinn, wenn sie eingebettet ist in die Entwicklung einer Vision der Unternehmenssteuerung der Zukunft. Die Kostenrechnung in ihrer aktuellen Ausprägung passte optimal in eine Zeit, in der komplexe Planungssysteme die Unternehmenssteuerung beherrscht haben. In einer «VUCA»-Welt stellen sich ganz andere Anforderungen.
Eine darauf passende Unternehmenssteuerung gibt den Rahmen für die Kostenrechnung vor. Beides erfordert einen engen Schulterschluss zwischen Controllern und Managern, der wiederum die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Lernen schafft.
Der strategische Charakter der Neuausrichtung von Unternehmenssteuerung und Kostenrechnung bedeutet auch, dass der Veränderungsprozess langfristig angelegt sein sollte. Zu gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich grundsätzliche Denkweisen verändern müssen. Damit sind stets Anpassungsängste und -widerstände verbunden. Sie nicht zu berücksichtigen, gefährdete den Erfolg der Neuausrichtung. Der Worst Case wäre der, eine neue ERP-Software einzuführen und alles andere unverändert zu lassen. Unwahrscheinlich ist er nicht. In der Abbildung hier sehen Sie, wie sich die unterschiedlichen Aufgaben optimal ergänzen.
Die Kostenrechnung ist schlechter als ihr Ruf
Die Kostenrechnung wird in der Regel nur wenig hinterfragt. In vielen Unternehmen ist die Kostenrechnung seit Jahren unverändert, obwohl sich das Geschäftsmodell deutlich gewandelt hat. Es findet keine laufende Qualitätsprüfung statt, wie sie für das externe Rechnungswesen üblich ist. Bei genauerem Hinsehen gibt es an der Qualität der Kostenrechnung erhebliche Zweifel, wie drei Stichworte zeigen.
- Variantenkalkulation: Die Kostenrechnung rechnet Varianten in der Regel nur ihren direkten Kosten zu, nicht aber die mit ihnen verbundenen Gemeinkosten, die aber ganz erheblich sind.
- Kosten der Supply Chain: Diese werden zumeist nur in Ausschnitten genau erfasst. Auch hier gehen Kostenunterschiede in den pauschalen Zuordnungen von Gemeinkosten verloren.
- Dynamik: Die Kostenrechnung rechnet stark mit Durchschnittswerten. Heute werden aber Varianzen immer bedeutsamer. Insgesamt besteht damit ein Handlungsbedarf, der aber in der Komplexität der bestehenden Systeme nur den wenigsten sichtbar wird. Der Veränderungsdruck ist zudem deshalb akut, weil mit SAP S/4HANA eine grundlegende Veränderung der im deutschsprachigen Raum dominierenden ERP-Basis der Kostenrechnung ins Haus steht.
Was macht eine zukunftsfähige Kostenrechnung aus?
Der in den meisten Unternehmen bestehende erhebliche Handlungsbedarf wird dann deutlich, wenn die Herausforderungen betrachtet werden, denen sich die Kostenrechnung aktuell und in Zukunft stellen muss. Einige sind eher genereller Natur – wie etwa die Ausrichtung auf die sich verändernden Geschäftsmodelle oder der wachsende Dienstleistungsanteil an der Wertschöpfung der Unternehmen –, andere auf die Veränderungen der Rahmenbedingungen zurückzuführen, die sich mit den Schlagworten «VUCA» und «Digitalisierung» beschreiben lassen. In Summe besteht ein erheblicher Handlungsdruck, der Veränderungen der Kostenrechnung unabdingbar macht.
Eine Kostenrechnung ist dann zukunftsfähig, wenn…
- sie auf das Geschäftsmodell des Unternehmens ausgerichtet ist.
- sie sich ändernde Kostenschwerpunkte und Services berücksichtigt.
- sie der Individualisierung der Produkte gerecht wird.
- sie die Bedeutung von Big Data beachtet,
- sie die gestiegene Unsicherheit bewältigt.
- sie sich an Veränderungen der Steuerung anpasst.
- sie die durch die Digitalisierung geschaffenen Möglichkeiten nutzt.
- sie der technologischen Entwicklung der ERP-Systeme folgt.
Wie kommt man zu einer zukunftsfähigen Kostenrechnung?
Um eine zukunftsfähige Kostenrechnung zu erreichen, bedarf es eines langen Weges, der professionell gestaltet werden sollte. Fünf Schritte sind zu gehen:
Schritt 1: Problembewusstsein schaffen
Das Management ist mit der Kostenrechnung zumeist zufrieden, auch deshalb, weil es die Schwächen des Instruments nicht erkennt. Oftmals gilt das auch für Controller. Der beste Weg, Veränderungen anzustossen, besteht deshalb aktuell darin, auf den SAP-S/4HANA-Zug aufzuspringen und die IFRS-Harmonisierung zu nutzen.
Schritt 2: Grundsätzliche Perspektive für die Kostenrechnung entwickeln
Hierzu gehört der Mut zu einer Vision, der Wille, sich nicht nur von den neuen technischen Möglichkeiten treiben zu lassen, und die Erkenntnis, dass die Veränderung nur als strategisches Projekt erfolgreich sein kann.
Schritt 3: Analyse der aktuellen und zukünftigen Rechnungszwecke
Der wichtigste Punkt hierbei ist es, zu erkennen, dass die Kostenrechnung nicht zwangsläufig «die Spinne im Netz» sein muss, sondern es für alle Zwecke der Kostenrechnung alternative Instrumente gibt, die zum Teil sogar deutlich besser geeignet sind.
Schritt 4: Planung konkreter Veränderungen
Eine Vision allein reicht nicht aus, auch wenn sie noch so schön ist. Einzelne Schritte sind erforderlich, um aus einer Vision gewünschte Realität zu schaffen. Kurze, einfache Schritte für schnelle Erfolge sind ebenso erforderlich wie Schritte mit «Leuchtturmcharakter» und Schrittfolgen mit «Dauerlaufcharakter» für «Kärrnerthemen» wie die Gewährleistung einer hinreichenden Datenqualität.
Schritt 5: Organisation der Veränderung als Change-Management
Kostenrechnung ist eine allseits verstandene betriebswirtschaftliche Sprache. Deutliche Veränderungen schaffen deshalb bei Managern und Controllern Unsicherheit und verursachen potenziell auch Ängste. «Nebenbei» wird die Einführung einer neuen Kostenrechnung deshalb nicht funktionieren.