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Krisenfrüherkennung: Krisen dank Bilanzpolitik früh erkennen

Das Wort Krise kommt aus dem Griechischen und bezeichnet eine schwierige Situation, die den Höhepunkt- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt. Eine Unternehmenskrise gilt allgemein als ein Zustand, der die Existenz und Überlebensfähigkeit eines Unternehmens infrage stellt und von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit ist. Sie liegt vor allem dann vor, wenn das Erreichen dominanter Ziele des Unternehmens, wie z.B. Ertrag oder Liquidität, gefährdet ist und die Verfehlung dieser Ziele eine nachhaltige Existenzbedrohung nach sich zieht.

11.09.2023 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Krisenfrüherkennung

Einleitung

Der oben genannten allgemeinen Begriffsdefinition einer Unternehmenskrise steht eine Vielfalt von möglichen Erscheinungsformen von Unternehmenskrisen in der Praxis gegenüber, für die es zahlreiche mögliche Ursachen geben kann. Aufgabe der Krisenfrüherkennung ist es nach Auffassung der Schweizer Eidgenossenschaft, «durch Identifizierung, Analyse und kontinuierliches Überwachen von Risiken, Ereignissen und Trends mögliche Entwicklungen zu erkennen, die das Potential für eine relevante (strategische) Krise aufweisen» (Schweizerische Eidgenossenschaft, o.J.).

Dass das Thema Krisenfrüherkennung wichtig ist, zeigt sich auch daran, dass in 2022 erstmals mehr als 10 000 Firmenkonkurse in einem Jahr gemäss der Creditreform Schweiz registriert wurden. Von diesen gingen rund zwei Drittel auf Insolvenzen zurück, während etwa ein Drittel die Konkurse wegen Mängeln in der Organisation betrafen.

Die traditionellen Instrumente zur Früherkennung von Unternehmenskrisen, wie sie vor allem bei Banken und anderen Fremdkapitalgebern eingesetzt werden, basieren noch überwiegend auf den Jahresabschlusszahlen betroffener Unternehmen. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Bilanzpolitik bei den zu beurteilenden Unternehmen ebenfalls wichtige Rückschlüsse zulässt.

Aus diesem Grund behandelt der vorliegende Beitrag im Folgenden den Zusammenhang von Krisenfrüherkennung und Bilanzpolitik.

Nachteile von Finanzkennzahlen zur Krisenfrüherkennung

Gerade quantitative Verfahren werden oftmals als kaum geeignet angesehen, eine drohende Krise zu einem hinreichend frühen Zeitpunkt zu erkennen. Dies liegt zum einen daran, dass vor allem finanzielle Kennzahlen als Spätindikatoren gelten, die erst dann reagieren, wenn eine Krise schon vorliegt. Dennoch bauen gerade auch die Ratingsysteme der Banken vor allem auf quantitativen Kennzahlen auf, welche aus dem Jahresabschluss stammen. Typischerweise werden hierfür die Eigenkapitalquote, die liquiden Mittel, Umsatzerlöse, EBIT, Gesamtkapitalrendite, dynamischer Verschuldungsgrad und weitere Kennzahlen verwendet (Giesen, 2022).

Die Schwächen von Finanzkennzahlen als Krisenindikatoren liegen insbesondere in der Vergangenheits- und Stichtagsbetrachtung mit historischen Daten, in der Bewertungs- und Vergleichbarkeitsproblematik durch zahlreiche Ansatz-, Bewertungs-, und Darstellungswahlrechte in Bilanz- und Erfolgsrechnung, Anhang und Lagebericht sowie in der mangelhaft umfassenden Betrachtung der Unternehmenstätigkeit.

  1. in der Vergangenheits- und Stichtagsbetrachtung mit historischen Daten,

  2. in der Bewertungs- und Vergleichbarkeitsproblematik durch zahlreiche Ansatz-, Bewertungs-, und Darstellungswahlrechte in Bilanz- und Erfolgsrechnung, Anhang und Lagebericht sowie

  3. in der mangelhaft umfassenden Betrachtung der Unternehmenstätigkeit.

Für den soeben aufgeführten Fall 1 kann das Beispiel der Veräusserung und anschliessende Miete eines veräusserten Vermögenswertes genannt werden (sale and lease back). Dadurch wird im Jahr der Veräusserung eine Gewinnrealisierung bei gleichzeitiger Verkürzung der Bilanzsumme erreicht. Anschliessend können dann mit dem realisierten Gewinn finanzielle Verbindlichkeiten getilgt werden, womit regelmässig eine klare Verbesserung der Kennzahl Eigenfinanzierungsgrad (bzw. Eigenkapitalquote) erreicht wird.

Ein anderes Beispiel wird bei Liquiditätsproblemen von Unternehmen deutlich, welche regelmässig nicht die Ursache, sondern die Folge einer drohenden Krise sind. Genau deshalb ist die Liquiditätsplanung von hoher Relevanz, denn sie dient nicht nur zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit, sondern ebenso der Früherkennung sich abzeichnender Liquiditätsengpässe. Dabei sollte eine Liquiditätsplanung regelmässig rollierend mit einem Zeithorizont von mindestens 6, besser 12 Monaten aufgestellt werden.

Wenn die Liquidität knapp wird, signalisiert dies, dass die Kreditgeber nicht mehr bereit sind, ihre Kredite an das Unternehmen aufrechtzuerhalten oder neue Kredite zu vergeben. Zusätzlich werden bestehende Kreditlinien bei unzureichender Liquidität selten weiter prolongiert, da die Kreditgeber befürchten, dass ihre ausgereichten Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden können. Diese Unsicherheit spiegelt sich zunächst in der Ausweitung der Kreditaufschläge- oder Bonitätsaufschläge (engl. Credit Spreads) wider, die zu höheren Kreditzinsen führen. Wenn die Kreditzinsen so weit steigen, dass sie durch die Unternehmung nicht mehr erwirtschaftet werden können und die Eigenkapitalgeber ihrerseits nicht auf eine Rendite verzichten wollen, ist die Fortführung der Unternehmung akut gefährdet.

Nicht nur bei börsenkotierten Unternehmen beeinflusst die Verschuldungssituation eines Unternehmens die Einschätzung von Kapitalgebern und Investoren, da die Eigenkapitalgeber eines Unternehmens im Konkursfall auf der niedrigsten Stufe des Kollokationsplans stehen (dieser ordnet sämtliche von den Konkursgläubigern angemeldeten Forderungen zur Festlegung der Befriedigungsreihenfolge nach Konkursklassen ein). Dies impliziert somit im Konkursfall die Gefahr eines Totalverlusts des eingesetzten Kapitals für die Aktionäre im Vergleich zum gegebenenfalls nur teilweisen Kreditausfall für die Kreditgeber des Unternehmens.

Diese Abbildung hier zeigt ein idealtypisches Krisenverlaufsmodell, bei dem die Liquiditätskrise die übliche Schlussphase bildet.

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