Rechnungsvoraussetzungen: In der Schweiz und in der EU

Arbeitshilfen Mehrwertsteuer
Die formal korrekte Rechnung
Rechnungen kommen im Geschäftsverkehr eine hohe Bedeutung zu. Befreiungen können an eine formal korrekte Rechnung geknüpft sein und der Vorsteuerabzug versagt werden, wenn die Rechnung nicht den entsprechenden Vorgaben entspricht. Während in der Schweiz eine steuerpflichtige Person nur auf Verlangen des Leistungsempfängers eine Rechnung auszustellen hat, gelten in der EU wesentlich strengere Vorgaben. Zudem gilt in der Schweiz der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das Vorliegen einer formell korrekten Rechnung ist keine zwingende Voraussetzung, damit dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der jeweiligen Leistung gewährt werden kann. Gleichwohl ist auch in der Schweiz die formal korrekte Rechnung die für alle Beteiligten einfachste Form, die mehrwertsteuerrelevanten Tatsachen eines Leistungsaustausches zu dokumentieren. Daher sollen hier zunächst die Schweizer Grundlagen dargestellt werden, um anschliessend auf die EU-Vorschriften einzugehen.
Form und Inhalt der Rechnung im Schweizer Mehrwertsteuerrecht
Gestützt auf Art. 26 MWSTG sollte eine Rechnung in der Regel die nachfolgenden Elemente enthalten:
- den Namen und Ort des Leistungserbringers oder der Leistungserbringerin, wie er oder sie im Geschäftsverkehr auftritt, den Hinweis, dass er oder sie im Register der steuerpflichtigen Personen eingetragen ist, sowie die Nummer, unter der er oder sie eingetragen ist;
- den Namen und Adresse des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin, wie er oder sie im Geschäftsverkehr auftritt;
- Datum oder Zeitraum der Leistungserbringung, soweit diese nicht mit dem Rechnungsdatum übereinstimmen;
- Art, Gegenstand und Umfang der Leistung;
- das Entgelt für die Leistung;
- den anwendbaren Steuersatz und den vom Entgelt geschuldeten Steuerbetrag; schliesst das Entgelt die Steuer ein, so genügt die Angabe des anwendbaren Steuersatzes.
Bei Rechnungen, die von automatisierten Kassen ausgestellt werden (z.B. Parking-Tickets), müssen die Angaben über den Leistungsempfänger/in nicht aufgeführt sein, sofern das ausgewiesene Entgelt den Betrag von CHF 400 nicht übersteigt.
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Form und Inhalt der Rechnung im EU Mehrwertsteuerrecht
Die Rechnungsvoraussetzungen in der EU gehen weiter als die der Schweiz. Um weitgehend einheitliche Anforderungen zu schaffen, wurde mittels der MWST-Systemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG vom 28. November 2006) die Rechnungsstellung in der EU weitgehend harmonisiert. Demnach muss eine Rechnung in der EU grundsätzlich zwingend folgende Angaben enthalten:
- das Ausstellungsdatum;
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer);
- die dem Leistungserbringer oder der Leistungserbringerin erteilte Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (MWST-ID);
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungserbringers oder der Leistungserbringerin sowie des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin;
- die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der Dienstleistung;
- Datum des Geschäftsabschlusses oder Zahlungsdatum (falls abweichend vom Rechnungsdatum)
- den anzuwenden Steuersatz;
- zu entrichtender Mehrwertsteuerbetrag;
- Aufschlüsselung des zu entrichtenden Mehrwertsteuerbetrags nach Steuersatz oder -befreiung;
- Preis je Einheit der Ware oder Dienstleistung ohne MWST, Preisminderung oder Erstattung (sofern nicht im Preis je Einheit enthalten);
- im Fall einer Steuerbefreiung: Verweis auf die betreffenden europäischen oder nationalen Rechtsvorschriften, die die Steuerbefreiung begründen;
- wenn der Leistungsempfänger oder die Leistungsempfängerin SteuerschuldnerIn ist: Angabe «RC» (Reverse Charge – Verlagerung der Steuerschuld);
- Lieferung von Neufahrzeugen innerhalb der EU: Angaben gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. b der MWST-Systemrichtlinie (z.B. bei einem Pkw dessen Alter und Tachometerstand);
- Differenzbesteuerung: Verweis auf die betreffenden Sonderregelungen (z.B. «Sonderregelung für Reisebüros»);
- Gutschriftsverfahren (Rechnung wird nicht vom Leistungserbringer ausgestellt, sondern vom Leistungsempfänger); Angabe «Gutschrift»
- Steuerschuldner ist Steuervertreter: dessen MWST-ID, Name und Anschrift
- Leistungserbringer betreibt Kassenbuchführungssystem; Angabe «Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten»
Neben den oben aufgeführten Voraussetzungen in der MWST-Systemrichtlinie wurden die spezifischen Rechnungsrichtlinien (2001/115/EC sowie 2010/45/EU) erlassen, welche weitergehende Informationen zur Rechnungsstellung enthalten. Dazu können in Sonderfällen weitere spezifische Rechnungsvoraussetzungen gelten (z.B. Differenzbesteuerung, Handel mit Kunst und Antiquitäten etc.).Zudem besteht in der EU, im Gegensatz zur Schweiz, gemäss Art. 220 der MWST-Systemrichtlinie die Pflicht zur Rechnungsstellung. Diese Pflicht kann entfallen, wenn nur von der Mehrwertsteuer ausgenommene Leistungen in Rechnung gestellt werden. Zudem ist zu beachten, dass bei innergemeinschaftlichen Sachverhalten, insbesondere wenn der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, gemäss Art. 222 MWST-Systemrichtlinie die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen entsprechende Fristen für die Ausstellung der Rechnung setzen können.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die inhaltlichen Anforderungen an mehrwertsteuerkonforme Rechnungen in der EU an strengere Vorgaben geknüpft sind als in der Schweiz. Die MWST-Systemrichtlinie der EU definiert zwar die generellen Voraussetzungen einer mehrwertsteuerkonformen Rechnung. EU-Richtlinien gelten allerdings nicht unmittelbar und müssen daher von den EU-Mitgliedstaaten erst in nationales Recht umgewandelt werden. Daher sind die lokalen Rechnungsvorschriften gemäss lokaler Gesetzgebung relevant.