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Bezugsteuer: Worauf müssen Sie achten?

Dass auf dem erzielten Umsatz Mehrwertsteuer (MWST) zu entrichten ist, dürfte jedem Unternehmer bekannt sein, deshalb wird die MWST oft auch Umsatzsteuer genannt. Nicht so bekannt ist hingegen, dass auch auf bestimmten Aufwendungen MWST – die sogenannte Bezugssteuer – abgerechnet werden muss. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einen Überblick über die Thematik der Bezugssteuer geben.

07.02.2024 Von: Urs Fischer
Bezugsteuer

Was ist die Bezugssteuer, und in welchen Fällen kommt sie vor?

Wenn Sie Leistungen von einem ausländischen Unternehmen beziehen, die als in der Schweiz umsatzsteuerpflichtig gelten, das ausländische Unternehmen die Umsatzsteuer jedoch nicht selber abrechnen muss und auch nicht freiwillig abrechnet, und diese auch nicht durch den Zoll erhoben werden kann, dann müssen Sie als Empfänger die MWST auf dem Bezug dieser Leistungen abrechnen. Diese Steuer wird Bezugssteuer genannt. So weit die etwas schwer verständliche allgemeine Regel. Konkret betrifft das folgende Fälle:

a) Bezug von gewissen Dienstleistungen aus dem Ausland

Die MWST-Regeln, sowohl der Schweiz als auch anderer Länder, defi nieren für jede Leistung einen Ort, an dem sie stattgefunden hat. Diese Regeln weichen teilweise stark vom gesunden Menschenverstand ab. Für viele Dienstleistungen, so z.B. Beratungsdienstleistungen, Treuhänder, Anwälte, Marketing, Werbung, Telekommunikation oder Informatikdienstleistungen, gilt das Empfängerortsprinzip. Das heisst, diese Dienstleistungen gelten als dort erbracht, wo der Empfänger seinen Sitz hat.

In einer perfekten Welt würde der ausländische Lieferant selber die schweizerische MWST abrechnen. Da dies nicht praktikabel ist und ausländische Unternehmen aus der Schweiz auch kaum fassbar wären, geht die Steuerpflicht auf den Empfänger über, und dieser rechnet auf die gekauften Leistungen Bezugssteuer ab. 

Beispiel 1:
Ein schweizerisches Unternehmen lässt sich in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht von einem deutschen Anwalt vertreten. Der Anwalt kommt nie in die Schweiz und erledigt die ganze Arbeit aus Deutschland.
• Es gilt das Empfängerortsprinzip, Ort der Leistung ist die Schweiz.
• Auf dieser Leistung ist keine deutsche MWST, sondern schweizerische MWST geschuldet. Diese rechnet nicht der deutsche Anwalt ab, sondern der schweizerische Empfänger als Bezugssteuer.

Nicht alle Dienstleistungen sind dem Empfängerortsprinzip unterstellt:
Gastgewerbliche Leistungen und Personenbeförderungen sowie gewisse unmittelbar gegenüber einer Person erbrachte Leistungen (z.B. Kinderbetreuung) finden entweder am Sitz des Lieferanten oder am Ort der tatsächlichen Leistungserbringung statt, Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (z.B. Liegenschaftsverwaltung) dort, wo das Grundstück liegt. Daneben existieren noch ein paar weitere solche Spezialregeln. Wenn der Ort der Leistung im Ausland liegt, erhebt der ausländische Staat vom Leistungserbringer seine Umsatzsteuer, und Sie müssen in der Schweiz keine Bezugssteuer abrechnen.

Beispiel 2:
Der Mitarbeiter eines schweizerischen Unternehmens hat einen Geschäftstermin in London und übernachtet dort in einem Hotel. Die Rechnung wird auf die Firma ausgestellt.
• Für Gastgewerbeleistungen gilt das Empfängerortsprinzip nicht. Ort der Leistung ist Grossbritannien.
• Auf dieser Leistung ist britische MWST geschuldet. Diese findet sich direkt auf der Hotelrechnung. Das schweizerische Unternehmen muss keine Bezugssteuer abrechnen.

b) Bezug von nicht verzollten Lieferungen aus dem Ausland

Werden Waren aus dem Ausland in die Schweiz geliefert, dann müssen diese beim Zoll angemeldet werden. Dieser erhebt neben den Zöllen auch die MWST als sogenannte Einfuhrumsatzsteuer.

Vereinzelt gibt es jedoch Situationen, in denen Lieferungen aus dem Ausland nicht durch den Zoll gehen, weil keine Waren physisch verschoben werden. Dazu gehört die schweizerische Eigenart, dass das Bearbeiten eines Gegenstands als Lieferung und nicht als Dienstleistung gilt, auch wenn der Gegenstand dafür weder transportiert noch verändert wird. In diesem Fall bekommt der Zoll vom Geschäft nichts mit und kann keine Einfuhrumsatzsteuer erheben. An dessen Stelle muss der Empfänger wiederum Bezugssteuer abrechnen.

Beispiel 3:
Ein schweizerisches Unternehmen beauftragt ein deutsches Reinigungsinstitut, seine Büroräume in Basel einmal pro Woche zu reinigen. Der Staubsauger wird in Basel zur Verfügung gestellt und nicht mitgebracht.
• Die Reinigungstätigkeit gilt (aus schweizerischer Sicht) als Lieferung, aber es gehen keine Waren durch den Zoll. Ort der Lieferung ist die Schweiz. Es ist also schweizerische MWST geschuldet, diese muss der Empfänger als Bezugssteuer abrechnen.
• Exkurs: Die EU betrachtet das Reinigen als Dienstleistung und wendet das Empfängerortsprinzipan. Also ist auch aus deutscher Sicht (nach völlig anderen Überlegungen!) Ort der Leistung in der Schweiz, und das deutsche Reinigungsinstitut rechnet keine deutsche MWST ab.

Wie erkenne ich, ob Bezugssteuer abgerechnet werden muss?

Die MWST ist gerade im grenzüberschreitenden Verhältnis eine komplexe Sache, und abschliessend lässt sich die Frage nur beantworten, indem für jeden Geschäftsvorfall analysiert wird, ob eine Lieferung oder Dienstleistung vorliegt, wo der Ort der Leistung ist, ob diese Leistung steuerpflichtig ist und ggf. wie die Steuer erhoben wird (vom Leistungserbringer, vom Zoll oder vom Empfänger).

In der Praxis haben sich aber näherungsweise die folgenden Regeln bewährt:

  1. Bezugssteuer kann es nur bei einem ausländischen Leistungserbringer geben. Schweizerische Unternehmen sind selber in der Schweiz MWST-pflichtig und stellen Ihnen mit MWST Rechnung. Oder das Unternehmen oder seine Leistung ist von der MWST ausgenommen.
  2. Ist auf der Rechnung des ausländischen Unternehmers schweizerische MWST (praktisch immer 8.1%) ausgewiesen und eine schweizerische MWST-Nummer angegeben, kann es auch keine Bezugssteuer geben. Dann hat sich die ausländische Firma (entweder freiwillig oder pflichtgemäss) in der Schweiz registriert. In diesem Fall nehmen Sie ganz normal Vorsteuerabzug vor.
  3. In der Schweiz existieren keine Vorschriften, auf der Rechnung auf die Bezugssteuerpfl icht hinzuweisen – der Empfänger muss das selber erkennen. Viele EU-Länder kennen aber solche Vorschriften. Auf deutschen Rechnungen steht dann meist «Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG», in vielen anderen Ländern «VAT reverse charge» oder ähnlich. Wenn Sie so einen Hinweis sehen, müssen Sie in der Regel Bezugssteuer abrechnen. Das Fehlen eines solchen Hinweises heisst aber nicht, dass keine Bezugssteuer existiert.
  4. Wenn auf der ausländischen Rechnung keine ausländische MWST ausgewiesen ist, dann gilt oft (aus ausländischer Sicht) die Leistung als in der Schweiz erbracht, und das würde für Bezugssteuer sprechen. Umgekehrt spricht ausländische MWST auf der Rechnung dafür, dass (wieder aus ausländischer Sicht) die Leistung als dort erbracht gilt und keine Bezugssteuer abzurechnen wäre.

Da aber die Regeln für den Ort der Leistung ebenso wie die Frage, ob Lieferung oder Dienstleistung (siehe Beispiel oben) zwischen der Schweiz und anderen Ländern abweichen können, ist diese Regel nicht absolut. In vielen Fällen führt sie zum richtigen Ergebnis, ob Bezugssteuer abgerechnet werden muss, aber schliesslich muss die Situation nach den schweizerischen Regeln beurteilt werden.

Was kostet mich die Bezugssteuer?

Oft ist die Bezugssteuer ein Nullsummenspiel und kostet Sie gar nichts, da die abgeführte Bezugssteuer auf derselben Abrechnung zum Vorsteuerabzug in gleicher Höhe berechtigt. Dies gilt jedenfalls für MWST-pflichtige Unternehmen, die nach der effektiven Methode abrechnen und nur MWST-pflichtige Leistungen erbringen. Auch wenn der Staat hier nicht zu kurz kommen kann, empfiehlt es sich dennoch, die Bezugssteuer immer korrekt abzurechnen. Das erspart Ihnen Diskussionen bei einer MWST-Kontrolle.

Falls Sie nach Saldosteuersatz abrechnen, ist die Bezugssteuer kein Nullsummenspiel, da Sie keine effektiven Vorsteuern geltend machen, sondern diese im tieferen Saldosteuersatz pauschal abgegolten sind. Die Bezugssteuer wird übrigens auch hier mit 8.1% und nicht zum Saldosteuersatz deklariert und stellt Sie im Prinzip gleich, wie wenn Sie dieselbe Leistung bei einem schweizerischen Unternehmen mit 8.1% MWST kaufen würden. Falls Sie hohe Bezugssteuern oder generell hohe Vorsteuern haben, lohnt sich vielleicht die Umstellung auf effektive Abrechnung.

Falls Sie auch MWST-ausgenommene Leistungen erbringen und deshalb nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, dann gilt das auch für die Rückforderung der abgerechneten Bezugssteuer. Diese ist somit auch hier kein Nullsummenspiel mehr.

Wie muss ich die Bezugssteuer abrechnen?

Bei MWST-pfl ichtigen Unternehmen wird auch die Bezugssteuer auf dem regulären quartalsweisen oder halbjährlichen Abrechnungsformular deklariert, und zwar in Feld 381. Der zu deklarierende Betrag entspricht dem in Rechnung gestellten Entgelt des ausländischen Lieferanten ohne MWST und wo nötig in CHF umgerechnet. 8.1% dieses Betrags sind die abzuführende Bezugssteuer. Im Rahmen Ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug (siehe oben) kann der Bezugssteuerbetrag in derselben Abrechnung gleich wieder als Vorsteuer zurückgefordert werden.

Und wenn ich nicht MWST-pflichtig bin?

Falls nicht steuerpfl ichtige Unternehmen oder auch Privatpersonen der Bezugssteuer unterworfene Leistungen von mehr als CHF 10 000.– pro Jahr aus dem Ausland beziehen, muss darauf Bezugssteuer abgerechnet werden. Eine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug gibt es mangels Steuerpflicht nicht. Unter Umständen ergibt in solchen Konstellationen aber eine freiwillige MWST-Registrierung Sinn und würde den Vorsteuerabzug ermöglichen.

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