Unsere Webseite nutzt Cookies und weitere Technologien, um die Benutzerfreundlichkeit für Sie zu verbessern und die Leistung der Webseite und unserer Werbemassnahmen zu messen. Weitere Informationen und Optionen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ok

Finanzbuchhaltung: Anforderungen und Aufgaben

Der nachfolgende Beitrag wirft einen Blick auf die Anforderungen und Aufgaben der Finanzbuchhaltung und beleuchtet, wie neue Technologien, einschliesslich künstlicher Intelligenz und Automatisierung, die Zukunft dieses Bereichs gestalten. Erfahren Sie, wie Unternehmen sich den Herausforderungen der modernen Finanzbuchhaltung stellen und welche Chancen sich in einer digitalisierten Welt bieten.

05.03.2024 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Finanzbuchhaltung

Hintergrund

Das Rechnungswesen gilt als komplexes Werkzeug, welches die Aufgabe übernimmt, die wirtschaftlichen Tätigkeiten einer Organisation abzubilden, zu systematisieren und bei der Gestaltung wirtschaftlicher Abläufe zu unterstützen. Die Finanzbuchhaltung stellt einen wesentlichen Teilbereich des Finanz- und Rechnungswesens einer Unternehmung dar. Sie ist gemäss der in Art. 957 Abs. 1 und 2 OR definierten Buchführungspflicht für Unternehmen entweder in Form einer doppelten Buchhaltung oder als einfache Buchhaltung – im Sinne einer Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage der Unternehmung – erforderlich. Aus Sicht des Schweizer Rechnungslegungsrechts sowie aus Sicht der Besteuerung ist die Finanzbuchhaltung somit ein Pflichtelement. Die Finanzbuchhaltung ist für die Kommunikation der Unternehmung mit ihren Anspruchsgruppen die Aufgabe, der Unternehmung und ihren Entscheidungsträgern als Planungs-, Entscheidungs-, Kontroll- und Führungsinstrument zu dienen. Nachfolgend wird die Bedeutung der Finanzbuchhaltung vor dem Hintergrund ihrer Anforderungen und Aufgaben erklärt.

Die Finanzbuchhaltung als Teil des Finanz- und Rechnungswesens

Das Finanz- und Rechnungswesen im Allgemeinen stellt Informationen für zahlreiche Anspruchsgruppen der Unternehmung zur Verfügung: Neben den eigenen Führungskräften erhalten auch die Steuerverwaltung, Kapitalgeber, Teilhaber, Aktionäre, Lieferanten und andere Informationen aus dem Finanzund Rechnungswesen. Dabei dient es nicht nur zur Rechenschaftsablage gegenüber den externen Anspruchsgruppen oder als Beweismittel bei Rechtsstreitigkeiten, sondern vor allem als Zahlenlieferant für Sonderrechnungen wie:

  • Investitionsrechnung
  • Mittelflussrechnung
  • Planung, Statistik
  • Branchenvergleiche
  • Bilanz- und Erfolgsanalysen und Unternehmensbewertungen

Darum umfasst das Rechnungswesen verschiedene Bereiche wie:

  • Finanzbuchhaltung
  • Betriebsbuchhaltung
  • Planungsrechnung
  • Produkt- bzw. Auftragskalkulation
  • Statistiken und Analysen

Die Finanzbuchhaltung selbst übernimmt die Aufgabe der buchmässigen Erfassung aller Geschäftsfälle und reicht von der Buchführung bis zur Rechnungslegung eines Unternehmens. Die Finanzbuchhaltung übernimmt die folgenden Aufgaben innerhalb des Rechnungswesens:

  • Sicherstellung der Liquidität
  • Beschaffung von Anlagen und Geld
  • Ausweis des Gewinns für die Veröffentlichung (Aktionäre, Steuern usw.)
  • Bestandesermittlung (Forderung, Schulden)
  • Kalkulationsgrundlagen
  • Kontrolle und Überwachung der Erträge und Aufwendungen sowie des Vermögens und der Kapitalien
  • Verkehr mit Behörden, Banken, Kunden, Lieferanten
  • Schutz der Gesellschafter, Aktionäre
  • Schutz der Gläubiger
  • Informationsquelle
  • Beweismittel

Nach Engelhardt et al. (2020) kann die Finanzbuchhaltung und ihre Aufgabe wie folgt verstanden werden: «Die (Finanz-) Buchhaltung erfasst in einer ganz bestimmten Methodik die reinen Zahlungsvorgänge sowie die Veränderungen im Bereich der Wirtschaftsgüter und Verpflichtungen, wobei – soweit möglich – an Zahlungen angeknüpft wird. Sie ermittelt den Erfolg (Gewinn oder Verlust) für einzelne Zeiträume und gibt darüber hinaus eine Übersicht über bestimmte Vermögens- und Eigenkapitalbestände sowie über die Schulden einer Unternehmung in der Bilanz.»

Buchführung

Die Buchführung bildet gemäss Art. 957a Abs. 1 OR die Grundlage der Rechnungslegung und erfasst diejenigen Geschäftsvorfälle und Sachverhalte, die für die Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens notwendig sind. Daher ist eine lückenlose Buchführung zugleich Voraussetzung für die ordnungsmässige Erstellung des Jahresabschlusses, welcher mindestens eine Bilanz und Erfolgsrechnung umfasst, welche bei juristischen Personen zusätzlich um einen Anhang ergänzt werden müssen. Da die wesentlichen Empfänger der Finanzbuchhaltung externe Anspruchsgruppen sind, wird auch vom externen Rechnungswesen gesprochen. Das Schweizer Rechnungslegungsrecht kennt zwei Formen der Buchhaltung gemäss Art. 957 OR, die sich wie in Tabelle 1 unterscheiden.

Anforderungen an die Finanzbuchhaltung

Gemäss Art. 957a Abs. 2 OR hat jede Buchführung – gleich ob es sich um eine doppelte oder einfache Buchführung handelt – vorgegebenen Grundsätzen zu genügen, die als Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung verankert wurden.

Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung

Danach sind folgende Grundsätze für eine ordnungsmässige Buchführung zwingend einzuhalten:

  • die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte
  • der Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge
  • die Klarheit
  • die Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens
  • die Nachprüfbarkeit

Geschäftsbücherverordnung (GeBüV)

Die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) enthält weitere Vorgaben für die Finanzbuchhaltung von Schweizer Unternehmen. Das per 1.1.2013 revidierte Schweizer Rechnungslegungsrecht verweist in Art. 958f OR explizit auf die GeBüV.

So müssen gemäss Art. 1 Abs. 1 GeBüV von Buchführungspflichtigen mindestens ein Hauptbuch und, je nach Art und Umfang des Geschäfts, zusätzlich auch Hilfsbücher geführt werden. Das Hauptbuch umfasst danach zum einen Konten, auf deren Basis Betriebsrechnung und Bilanz erstellt werden. Zum anderen gehört zum Hauptbuch das Journal, mit welchem die chronologische Erfassung aller verbuchten Geschäftsvorfälle dokumentiert wird (Art. 1 Abs. 2 GeBüV).

Die Hilfsbücher stellen eine Ergänzung des Hauptbuchs dar, weil durch sie die zur Feststellung der Vermögenslage des Geschäfts die mit dem Geschäftsbetrieb zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältnisse sowie die Betriebsergebnisse der einzelnen Geschäftsjahre unterstützt werden. Zu den Hilfsbüchern zählen vor allem die Lohnbuchhaltung, die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung sowie die fortlaufende Führung der Warenbestände bzw. der nicht fakturierten Dienstleistungen (Art. 1 Abs. 3 GeBüV).

Als weitere Anforderung an die Geschäftsbücher gilt, das diese so geführt und aufbewahrt werden müssen bzw. die Buchungsbelege so erfasst und aufbewahrt werden müssen, dass sie nicht geändert werden können, ohne dass sich dies feststellen lässt (Art. 3 GeBüV).

Die Abbildung 1 veranschaulicht die Zusammenhänge rund um die Finanzbuchhaltung.

Weitere Rechtsvorschriften zur Finanzbuchhaltung

Das Schweizer Strafgesetzbuch sieht über Straf- und Bussgeldvorschriften Möglichkeiten zur Erzwingung der Einhaltung der Bestimmungen über die Buchführung vor.

So heisst es in Art. 325 StGB, dass derjenige mit Busse bestraft wird, der vorsätzlich oder fahrlässig der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher ordnungsmässig zu führen, nicht nachkommt, sowie, wer vorsätzlich oder fahrlässig der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher, Geschäftsbriefe und Geschäftstelegramme aufzubewahren, nicht nachkommt.

Darüber hinaus gibt es zusätzliche steuerliche Anforderungen an die Ordnungsmässigkeit der Buchführung:
Aus steuerlicher Sicht richten sich die Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht grund-sätzlich nach der Art und dem Umfang der selbstständigen Erwerbstätigkeit.

Der Steuerpflichtige hat zu beachten, dass das Verfolgen der Geschäftsvorfälle vom Einzelbeleg über die Buchhaltung bis zur Mehrwertsteuerabrechnung sowie in umgekehrter Richtung ohne grossen Zeitverlust gewährleistet ist. Für eine solche «Prüfspur» sind folgende Anforderungen zu erfüllen (MWSTInfo 16):

  • ein übersichtlicher Aufbau der Geschäftsbücher sowie verständliche Buchungstexte in Buchhaltungen und Journalen
  • Belege mit Kontierungs- sowie Zahlungsvermerken
  • eine geordnete und systematische Klassierung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher und Belege

Zudem ist der verwendeten Software grosse Beachtung zu schenken, vor allem betreffend Änderungen und Löschungen von Buchungen. So hat die steuerpflichtige Person die Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben lückenlos und wahrheitsgetreu auf nicht veränderbare Art vorzunehmen (MWST-Info 16). Im Fall einer mangelhaft geführten Buchhaltung sowie bei Fehlen von Abschlüssen, Unterlagen und Belegen sind Nachteile bei Steuerkontrollen zu erwarten, wobei es zu einer annäherungsweisen Ermittlung der MWST durch die ESTV kommt (Art. 79 MWSTG).

Fazit

Im Zeitalter der Digitalisierung ist die Buchhaltung längstens nicht mehr so dominant wie früher, denn es haben sich auf der Grundlage der Buchhaltung weitere Bereiche des Rechnungswesens entwickelt, die mindestens das externe Rechnungswesen, die Kosten- und Leistungsrechnung, die Investitionsrechnung und die Finanzrechnung umfassen.

Unternehmen setzen gemäss einer PWCStudie (Justenhoven und Loitz, 2019) heute sogar künstliche Intelligenz für das automatische Auslesen von Rechnungen und Belegen zur Weiterverarbeitung im Rechnungswesen (74%), für die Überwachung des Buchungsstoffs (53%) sowie für die Automatisierung des Zahlungsverkehrs ein (47%). Insbesondere lässt sich eine Zunahme bei Robotic Process Automation (RPA) feststellen, womit die Automatisierung immer stärker Einzug hält und dabei auch das Rechnungswesen sowie die Finanzbuchhaltung erfasst. Bereits heute ist ein automatisches Auslesen von Rechnungen und Belegen zur Weiterverarbeitung im Rechnungswesen keine nennenswerte technische Herausforderung mehr. Auch deshalb führt an der digitalen Transformation der Finanzbuchhaltung kein Weg vorbei.

 

QUELLENVERZEICHNIS

Geschäftsbücherverordnung: SR 221.431 – Verordnung vom 24. April 2002 über die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher (Geschäftsbücherverordnung; Ge- BüV) (admin.ch).

Engelhardt/Raffée/Wischermann: Grundzüge der doppelten Buchhaltung, 9. Aufl., Wiesbaden (SpringerGabler), 2020.

Justenhoven/Loitz: Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen 2020, Schweizerische Eidgenossenschaft: MWST-Info 16.

Newsletter W+ abonnieren