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Prozessrisiken: Wie werden diese korrekt verbucht?

Gerichtsprozesse, gerade als beklagte Partei, stellen Unternehmen regelmässig vor grosse Herausforderungen. Bei der Konzentration auf die Abwehr von Ansprüchen gerät die korrekte Verbuchung solcher Forderungen manchmal in Vergessenheit. Die Rechtsanwälte Nicolas Facincani und Reto Sutter spüren der Frage nach, wie gerichtlich eingeklagte Forderungen richtig zu verbuchen sind.

07.08.2023 Von: Nicolas Facincani, Reto Sutter
Prozessrisiken

Der VR einer AG

Der Verwaltungsrat (VR) einer Aktiengesellschaft (AG) nach Schweizer Recht führt die Geschäfte der Gesellschaft, soweit er die Geschäftsführung nicht delegiert hat (Art. 716 Abs. 2 des Obligationenrechts – OR). Er ist das geschäftsführende Organ und das oberste strategische Führungsgremium der AG. Damit ist er zentral für die Führung der AG sowie für die Aufsicht und Kontrolle über die AG. Dabei hat er gewisse unübertragbare und unentziehbare Aufgaben. Diese sind insbesondere in Art. 716a OR festgelegt. Darunter fallen namentlich die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist (Art. 716a Ziff. 3 OR), sowie die Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung (Art. 716a Ziff. 7 OR). Die Pflicht zur Benachrichtigung des Richters bei einer Überschuldung verlangt, dass das Rechnungswesen und auch die Buchhaltung zeitnah geführt werden, ansonsten eine Überschuldung gar nicht festgestellt werden kann.

Wird nun eine AG auf eine Forderung eingeklagt, ist es relevant, wie die Aussichten der Klage bzw. deren Erfolgschance vom Verwaltungsrat beurteilt wird. Insbesondere dann, wenn die Klage zur Überschuldung der Gesellschaft führen kann.

Begründete Besorgnis der Überschuldung

Wenn begründete Besorgnis einer Überschuldung besteht, muss von Gesetzes wegen eine Zwischenbilanz erstellt und diese einem zugelassenen Revisor zur Prüfung vorgelegt werden. Ergibt sich aus der Zwischenbilanz, dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, die Gesellschaft also überschuldet ist, so hat der Verwaltungsrat den Richter zu benachrichtigen, sofern nicht Gesellschaftsgläubiger im Umfang dieser Unterdeckung im Rang hinter die anderen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten (Art. 725 Abs. 2 OR).

Die begründete Besorgnis einer Überschuldung ist im Gesetz nicht weiter definiert. Diese muss der Verwaltungsrat aber haben, wenn während des Geschäftsjahrs grosse Abschreibungen oder Rückstellungen erforderlich werden (BGE 4C.132/2006). Angedrohte Klagen, welche einen sehr hohen Streitwert aufweisen, können auf jeden Fall die Besorgnis der Überschuldung auslösen, und es muss die finanzielle Lage der Gesellschaft überprüft werden. Je nachdem, wie die durch eine Klage geltend gemachte Forderung verbucht wird, kann die Gesellschaft überschuldet sein oder aber einen hälftigen Kapitalverlust erleiden (Art. 725 Abs. 1 OR). In diesem zweiten Fall muss der Verwaltungsrat der Generalversammlung der Gesellschaft Sanierungsmassnahmen beantragen, um sich vor Verantwortlichkeitsansprüchen zu schützen.

Einschätzung der Prozessrisiken

Wird gegen eine Gesellschaft eine Klage erhoben bzw. eine Klage angedroht, so hat der Verwaltungsrat die Prozessrisiken einzuschätzen (Prozessrisikoanalyse). Auch bestrittene Forderungen sind grundsätzlich zu bilanzieren. Nur wenn der Anspruch offensichtlich unbegründet ist, ist keine Buchung vorzunehmen. Der Verwaltungsrat ist in jedem Fall zur Beurteilung der Forderung verpflichtet, ansonsten riskiert er, aufgrund einer Konkursverschleppung haftbar gemacht zu werden und für den sog. Fortführungsschaden zur Kasse gebeten zu werden.

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