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Frühpensionierung: Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Überlegungen

Für viele Unselbständigerwerbende in Führungspositionen besteht nach ihrer langjährigen Erwerbstätigkeit der Wunsch, vor dem ordentlichen Rentenalter 65/64 in Rente zu gehen. Dass es Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere in Bezug auf die dritte Säule – zur Progressionsbrechung gibt, ist vielen bekannt.

10.03.2022 Von: Markus Kaempf, Dr. Marlene Kobierski, Carina Ryter
Fruehpensionierung

Wichtiger Aspekt zur Frühpensionierung

Ein wichtiger Aspekt, der jedoch oft in Vergessenheit gerät, sind die sozialversicherungsrechtlichen Abgaben, die bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters geschuldet sind und mitunter zu unerfreulichen Überraschungen führen können. Je nach Ausgestaltung kann die Belastung signifikant gesenkt werden. Bei der Planung des 3. Lebensabschnittes sollte neben der Budgetplanung für die Lebenshaltungskosten, dem Entscheid, ob Rente oder Kapital bezogen werden soll, auch noch die Sozialversicherungsabgaben beachtet werden.

Beitragspflicht der AHV / IV / EO für Frühpensionierte

In der Schweiz wohnhafte und erwerbstätige Personen sind obligatorisch in der AHV1 versichert und müssen Beiträge bezahlen. Die AHV unterscheidet zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen. Als Nichterwerbstätige gelten Personen, die kein oder nur ein geringes Erwerbseinkommen erzielen. Die Beitragspflicht endet, sobald das ordentliche Rentenalter erreicht ist. Wenn die Beiträge nicht lückenlos bezahlt werden, kann dies zu einer Kürzung der Rente führen.

Die Beiträge der Nichterwerbstätigen richten sich nach dem Vermögen gemäss der kantonalen Veranlagung sowie dem 20-fachen jährlichen Renteneinkommen. Bei Verheirateten bemessen sich die Beiträge für jeden Ehegatten auf die Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens, ungeachtet des Güterstandes. Zum Vermögen gehören beispielsweise Sparkonten, Wertpapiere und Liegenschaften. Nicht zum massgeblichen Vermögen zählen Anwartschaften auf Freizügigkeitskonten und Säule 3a Konten. Diese gehören erst dann zum massgeblichen Vermögen, wenn diese Konten bezogen resp. gemäss Gesetz fällig werden. Bei der sukzessiven Auflösung allfälliger Freizügigkeitskonten erhöht sich somit das für den Nichterwerbstätigenbeitrag massgebliche Vermögen.

Wer weniger als im 50%-Pensum erwerbstätig ist, kann ebenfalls für die Ausgleichskassen als Nichterwerbstätig betrachtet werden. Hierbei wird eine Vergleichsrechnung beigezogen: Wer sowohl mindestens den doppelten Mindestbetrag von CHF 503 als auch mindestens die Hälfte der Beiträge, die er als Nichterwerbstätiger bezahlen würde, in die erste Säule einbezahlt, muss keine weiteren Nichterwerbstätigenbeiträge bezahlen. Für den nichterwerbstätigen Ehegatten gilt, dass die eigenen Beiträge als bezahlt gelten, sofern der Ehegatte Erwerbstätigenbeiträge in der Höhe des doppelten Mindestbetrags bezahlt hat.

Fortführen der Erwerbstätigkeit

Höhere Nichterwerbstätigenbeiträge für beide Ehegatten können vermieden werden, sofern mindestens ein Ehegatte einer ausreichenden (selbständigen oder unselbständigen) Erwerbstätigkeit nachgeht2. Je nach Ausgangslage und Gestaltungsmöglichkeit kann die Resterwerbstätigkeit so gestaltet werden, dass die Pensionskassenguthaben nicht mit Beendigung der Haupterwerbstätigkeit fällig werden, sondern transferiert3 und später gestaffelt bezogen werden.

Da Freizügigkeits- und Pensionskassenkonten für die Berechnung des Nichterwerbstätigenbeitrags bei der AHV nicht zum massgeblichen Vermögen gehören, bleiben die potentiellen Nichterwerbstätigenbeiträge vergleichsweise tief, vorausgesetzt der Bezug wird bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters (beider Ehegatten) aufgeschoben. Somit reicht oft ein vergleichsweise geringes Erwerbseinkommen, damit die Beiträge aus Erwerbstätigkeit die hälftigen Beiträge, die als Nichterwerbstätiger geschuldet wären, übersteigen.

Frühpensionierung: Steuerliche Aspekte

Steuerliche Überlegungen stellen sich insbesondere in Bezug auf die Frage, ob das Pensionskassenguthaben als Rente, als Kapital oder eine Mischform davon bezogen werden soll. Während die Rente zum ordentlichen Tarif zu versteuern ist, ist auf den Kapitalbezug ein reduzierter Satz anwendbar, der oftmals nur rund 20% der ordentlichen Steuer beträgt.

Sofern das Pensionskassenkapital auf zwei Freizügigkeitskonten transferiert werden konnte, empfiehlt es sich grundsätzlich, um die Progression zu brechen, diese gestaffelt zu beziehen. Gemäss der Praxis ist in vielen Kantonen ein gestaffelter Bezug bei zwei Freizügigkeitskonten zwecks Brechen der Progression zugelassen, da gesetzlich die Aufteilung der Vorsorgeleistung auf bis zu zwei Freizügigkeitskonten vorgesehen ist. Eine Aufteilung auf weitere Freizügigkeitskonten wird steuerlich jedoch meist nicht akzeptiert.

In vielen Kantonen und beim Bund wird der Grenzsteuersatz (jeder zusätzliche Franken wird mit dem maximalen Steuersatz belastet) bei einem steuerbaren Einkommen von CHF 140'000 bis CHF 160'000 erreicht. Bei hohen Guthaben wird faktisch der Kapitalbezug der zweiten und dritten Säule bereits oft zum maximalen Satz besteuert, womit sich die progressionsbrechende Staffelung in solchen Fällen nur bedingt auswirkt.

Ein gestaffelter Bezug der Vorsorgegelder bringt dennoch Vorteile, nämlich gehören diese grundsätzlich erst mit Bezug zum steuerbaren Vermögen, womit erst ab Bezug die Vermögenssteuer geschuldet ist. Zudem werden sie erst ab Bezug zum massgeblichen Vermögen für die Berechnung der AHV-Beiträge gezählt, was massive Beitragsersparnisse zur Folge haben kann.

Fallbeispiel

Um die komplexe Thematik besser illustrieren zu können, soll folgendes fiktives Fallbeispiel gezeigt werden: Frau E. möchte sich mit 60 Jahren (ohne Bezug einer AHV-Rente) frühpensionieren lassen. Ihr Pensionskassenguthaben beläuft sich auf CHF 2 Mio., wobei sie diese je zur Hälfte als Kapital und Rente bezieht (Umwandlungssatz 5.5%). Zusätzlich hat sie fünf Säule 3a Konten à CHF 20'000. Von ihrem Arbeitgeber erhält sie eine Abgangsentschädigung in der Höhe von CHF 500'000 (mit Vorsorgecharakter). Ihr Ehemann (Alter 55) tritt ebenfalls kürzer und erzielt mit einem 20%-Pensum ein jährliches Einkommen von CHF 20'000.

Berechnung des Nichterwerbstätigenbeitrags im Jahr der Frühpensionierung

Vermögen gem. Steuerveranlagung
Säule 3a erster Bezug
Abgangsentschädigung
PK-Kapital
PK-Rente (*20)

4'000'000
20'000
500'000
1'000'000
1'100'000

Total Vermögen für Kontrollrechnung
Anteile je Ehegatte

6'620'000
3'310'000

Nichterwerbstätigenbeitrag Ehefrau
Nichterwerbstätigenbeitrag Ehemann
Total Nichterwerbstätigenbeiträge
Anrechnung AHV-Beiträge Ehemann (10.25%)

8'251
8'251
16'502
-2'050

 

 

Da ihr Ehemann nur einem 20%-Pensum nachgeht und nicht genügend Beiträge generiert hat (hälftiger Nichterwerbstätigenbeitrag gemäss der Kontrollrechnung nicht erreicht), müssen beide Ehegatten jährlich den vollen Nichterwerbstätigenbeitrag von CHF 8'251, d.h. CHF 16'502 bezahlen. Die bereits geleisteten Beiträge aus der Erwerbstätigkeit des Ehemannes werden angerechnet. Würde der Ehemann wenigstens einem 50%-Pensum nachgehen oder würde er – unabhängig seines Pensums – wenigstens CHF 41'000 verdienen, wäre er als Erwerbstätiger verabgabt worden und auch Frau E. wäre als Ehefrau von den Beiträgen befreit und müsste keine weitere AHV bezahlen.

Würde Frau E. noch einer Nebenerwerbstätigkeit nachgehen und keine Rente beziehen, würde das Pensionskassenkapital noch nicht fällig und das Vermögen der Kontrollrechnung reduziert sich entsprechend markant.

 Berechnung des Nichterwerbstätigenbeitrags im Jahr der Frühpensionierung   

Vermögen gem. Steuerveranlagung
Säule 3a erster Bezug
Abgangsentschädigung
PK-Kapital
PK-Rente (*20) 

4'000'000
20'000
500'000
-

Total Vermögen für Kontrollrechnung
Anteile je Ehegatte 

4'520'000
2'260'000 

Nichterwerbstätigenbeitrag Ehefrau
Nichterwerbstätigenbeitrag Ehemann
Total Nichterwerbstätigenbeiträge
Anrechnung AHV-Beiträge Ehemann (10.25%) 

5'023
5'023
10'046
-2'050 

Wenn Frau E. oder ihr Ehemann wenigstens CHF 25'000 pro Jahr verdienen oder einer der beiden wenigstens einer 50% Tätigkeit nachgeht, dann würde dieser Ehegatte als Erwerbstätiger verabgabt werden. Die ehelichen AHV-Beiträge könnten dann gar auf rund CHF 2'600 gesenkt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass die Nebenerwerbstätigkeit von Frau E. im Umfang nur beschränkt sein darf, um den vorsorgeähnlichen Charakter der Abgangsentschädigung – die zum Vorsorgetarif anstatt zum ordentlichen Tarif besteuert wird – nicht zu gefährden.

Fazit

Es wird deutlich, dass bei einer anstehenden Frühpensionierung nicht nur darüber entschieden werden muss, in welcher Form der künftige Lebensunterhalt bestritten werden soll, sondern neben steuerlichen Optimierungsüberlegungen auch eine allfällige fortführende AHV-Beitragspflicht im Rahmen der Optimierungsmöglichkeiten beachtet werden sollte. Da das Zusammenspiel der Massnahmen komplex ist, empfehlen wir, die gewünschte Planungsoption den Steuerbehörden und der zuständigen Ausgleichskasse als Vorabbescheid (Ruling) zu unterbreiten.

 

1Wenn nachfolgend von AHV gesprochen wird, sind immer auch die IV und EO mitberücksichtigt.
2 Ausreichend bedeutet, entweder eine wenigstens 50%-ige Erwerbstätigkeit oder Bezahlung wenigstens des doppelten Mindestbetrags und der hälftigen Beiträge, die als Nichterwerbstätiger geschuldet wären.
3 Je nach Gestaltung erfolgt der Transfer in die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers oder auf ein Freizügigkeitskonto.

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