Kommunikationsform: Die Message bestimmt die Kommunikationsform
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Die Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren, weiten sich laufend aus. Distanzen spielen immer weniger eine Rolle, um miteinander in Kontakt zu treten. Mit den Opportunitäten technischer Art ist auch die Herausforderung gewachsen, die passende Kommunikationsform zu nutzen. Wir haben es mit einem Komplexitätszuwachs zu tun, so wie vielerorts auch. Diese Herausforderung verlangt nach Konzepten und Regeln. Dabei stellt sich die Frage: Welches Gefäss passt zu welcher Kommunikation?
Media-Richness-Theorie
Die Autoren Robert H. Lengel und Richard L. Daft haben in den 1980er-Jahren das Media-Richness-Modell entwickelt, welches besagt: Je reichhaltiger der zu kommunizierende Inhalt ist, desto mehr muss das Instrument zur Übertragung der Kommunikation über die technischen Möglichkeiten verfügen, um dieser Reichhaltigkeit Rechnung zu tragen. Reichhaltigkeit bezieht sich dabei auf die Kommunikationsebenen. Werden diese beispielsweise unterteilt nach...
- Inhalt,
- Art und Weise oder
- Verhalten wie Mimik, Gestik und Körperhaltung,
…dann wird schnell klar, dass in einer E-Mail nur der Inhalt abgebildet werden kann. Demgegenüber hat das Telefonat den Vorteil, zwei Ebenen abzubilden, nämlich Inhalt sowie Art und Weise. Zum Beispiel kann Kritik in einem freundlichen Ton geäussert und dadurch möglicherweise einfacher angenommen werden. Geht es um kommunikativ noch komplexere Angelegenheiten wie beispielsweise Konflikte oder eben Kündigungen, sind bevorzugt alle drei Kommunikationsebenen einzubeziehen; am besten im Rahmen eines persönlichen Gesprächs vor Ort oder, falls dies nicht zu bewerkstelligen ist, in einem videobasierten Online-Meeting.
Interaktion
Die beiden Faktoren «Medienreichhaltigkeit » und «Komplexität» im Media-Richness- Modell können durch einen dritten Faktor erweitert werden, die «Interaktion »; also die Möglichkeit, auf die Kommunikationsbotschaft direkt zu reagieren. Mit SMS, Chat, WhatsApp oder Signal kann auch interagiert werden, genauso wie per Telefon oder in Online-Meetings. Präsenzveranstaltungen können umgekehrt auch zur Einweg-Informationsvermittlung verwendet werden, ohne grosse Interaktion. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass Instrumente, die eine grössere Kommunikationsreichhaltigkeit abbilden, die Interaktion erleichtern. Heutzutage lässt sich jedoch interessanterweise auch beobachten, dass einige Menschen sehr gerne und kompetent mit SMS oder WhatsApp interagieren, sich hingegen mit einem Gespräch per Telefon oder Face to Face schwertun. Angst vor Kontrollverlust oder mangelndes Selbstvertrauen könnten mögliche Gründe dafür sein.
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Emotionen sind reichhaltig
Ein guter Gradmesser für die Reichhaltigkeit sind die Emotionen, die eine Kommunikation generieren kann. Schlichte Informationen über Raum, Zeit, Termine etc. sind reichhaltigkeitsdünn und deshalb bestens geeignet für Kurznachrichtendienste. Kritik, Konflikthaftes oder Entscheide mit weitreichenden Folgen für die Betroffenen sind reichhaltigkeitsschwer und deshalb in Gefässen wie Online-Meetings, Präsenzveranstaltungen oder Face to Face zu kommunizieren. Je wahrscheinlicher die Kommunikationsbotschaft Emotionen generiert, desto mehr verlangt die Nachricht nach Rückkoppelung mittels Interaktion und nach Deutungsklarheit. Aber ein zeitintensives und reichhaltiges Instrument zur Vermittlung von einfachen Botschaften kann ebenfalls wenig effizient oder gar nachteilig sein. Wollen wir per Telefon eine kleine Terminverschiebung kommunizieren, kann es geschehen, dass das Gegenüber die Gelegenheit nutzt, um sich selbst darzustellen, und wir den Anruf nicht so schnell beenden können.
Herausforderungen bei der richtigen Kommunikationsform
Wer heute richtig kommunizieren will, muss nicht nur geschickt sein in der Wahl der Worte. Es braucht auch einen überlegten Einsatz des Kommunikationskanals, um ein für den Inhalt der Kommunikation passendes Medium zu haben. Nicht zuletzt ist Kommunikation auch mit Kosten und Zeitaufwand verbunden. Ein unnötiger Mehraufwand bei simplen Botschaften kann gar zu Informationsüberschuss oder Irritation führen. Umgekehrt hinterlässt eine knappe Botschaft eines reichhaltigen Inhalts einen unpersönlichen Eindruck und generiert viel Interpretationsspielraum. Beispielsweise bilden negative Emotionen in E-Mails heute einen Konfliktherd ersten Ranges, angefeuert von der technischen Möglichkeit, andere ohne Aufwand und oft völlig unnötig ins CC zu nehmen. Bei Telefonaten oder auch bei Präsenzveranstaltungen wird hingegen oft sehr viel Zeit für Small Talk aufgewendet. Dies ist per se weder verboten noch schlimm, aber oft wenig wirkungsvoll.
Quellen: Media Richness Theory: Organizational Information Requirements, Media Richness and Structural Design. Richard L. Daft and Robert H. Lengel (1986), in: Management Science, Vol. 32, No. 5. Kündigung per SMS juristisch zulässig?, SRF Kassensturz vom 6.11. 2018.