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Sanierungskonzept: Aufbau und Inhalt

Ein Unternehmen kann als sanierungsbedürftig bezeichnet werden, wenn es nach objektiven Beurteilungsmassstäben nicht in der Lage ist, ohne wirkende Sanierungsmassnahmen auf Dauer rentabel am Markt bestehen zu können. In der fortgeschrittenen Krise ist die Sanierung die letztmögliche Gelegenheit, das Ausscheiden aus dem Markt zu verhindern. Lesen Sie in diesem Beitrag, was in ein erfolgreiches Sanierungskonzept gehört.

16.03.2022 Von: Marco Gehrig, Christian Hauser
Sanierungskonzept

Das Sanierungskonzept

Zur Umsetzung einer erfolgreichen Sanierung bedarf es einer strukturierten Vorgehensweise, da die Krisenbewältigung einen komplexen Prozess darstellt. Dabei erfordern vor allem der hohe Zeitdruck sowie die eingeschränkte Handlungsfähigkeit ein krisenspezifisches Vorgehen. Dieser Prozess kann wie in dieser Abbildung dargestellt werden.

Diese Phasen lassen sich wie folgt umschreiben: Die Ausgangslage bildet die bewusste Wahrnehmung der existenzbedrohenden Krise (Phase 1). Die Indikatoren dafür sind insbesondere in einer begonnenen Liquiditätskrise gut erkennbar. Das Management unterschätzt jedoch häufig den Ernst der Lage oder versucht mitunter, die Krise aktiv zu verschleiern. Letzteres ist teilweise nachvollziehbar, da Unternehmenskrisen häufig auf fehlerhafte Managemententscheidungen zurückzuführen sind.

Daher wird auch häufig die Meinung vertreten, dass für eine erfolgreiche Sanierung zunächst das Management ausgetauscht werden sollte. Mit dem Ende der Phase 1 ist die Sanierungsbedürftigkeit festgestellt. Aufgrund des akuten Zeitdrucks bleibt meist nur wenig Zeit für eine tiefgehende Analyse (Phase 2). Im Rahmen einer Grobanalyse wird daher versucht, einen schnellen Überblick zu gewinnen und das Bewältigungspotenzial der Krise einzuschätzen. Dabei sollten Krisenursachen identifiziert und erste Erfolg versprechende Lösungsalternativen definiert werden. Im Zentrum der Ergebnisse dieser Grobanalyse steht das Zugeständnis einer vorläufigen Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit. In der dritten Phase folgen die Sofortmassnahmen, um das kurzfristige Überleben zu sichern. Die Detailanalyse bildet in der Phase 4 die Grundlagen für die potenziellen Sanierungsmassnahmen im Sanierungskonzept, das in Phase 5 entwickelt werden soll. Das Sanierungskonzept basiert auf den Informationen aus der vorangegangenen Unternehmens- und Umweltanalyse und beschreibt den Weg aus der Krise. Nebst den kurzfristigen (Sofort-)Massnahmen sind im Konzept insbesondere auch Massnahmen zur nachhaltigen Genesung des Unternehmens zentral. Mittels der Konzipierung des Massnahmenkatalogs lässt sich schliesslich der potenzielle Sanierungserfolg besser abschätzen. Daher wird auch anhand des Sanierungskonzepts final darüber entschieden, ob die Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit gegeben sind. In Phase 6 folgt die Detaillierung der Massnahmen, welche in Phase 7 umgesetzt und in Phase 8 überwacht werden.

Aufbau und Inhalt eines Sanierungskonzepts

Damit eine Sanierung effizient und zielgerichtet umgesetzt werden kann, muss sie vorweg schriftlich festgelegt werden, damit sich die relevanten Anspruchs gruppen ein verlässliches Bild vom Vorgehen und vom geplanten Ergebnis machen können. Aufbauend auf der Betriebs- und Umweltanalyse als Basis einer Sanierung kann nun ein Betriebskonzept für die Erreichung des Sollzustands aufgesetzt werden. Das Konzept des Vorgehensplans für die Sanierung ist typischerweise unter hohem Zeitdruck zu erstellen. Die Sanierungsanalyse und die Erstellung des darauf basierenden Genesungskonzepts sollten innerhalb von ein bis zwei Monaten abgeschlossen sein. Als wesentliche Inhalte eines Sanierungskonzepts können die vier Bereiche gemäss dieser Abbildung  festgehalten werden.

Ein Sanierungskonzept beinhaltet einen konkreten Massnahmenkatalog, der mit einem detaillierten Aktionsplan unterlegt ist. Dieser Aktionsplan zeigt die Umsetzungsterminologie sowie die Verantwortlichkeiten auf. Das Konzept ist als Vorgehen zu verstehen, wobei die einzelnen Aktivitäten genau definiert sind. Damit man nicht vom Weg abkommt und schliesslich innerhalb der anvisierten Zeit am Ziel ankommt, muss der Fortschritt laufend überprüft werden. Dies ist anhand eines stetigen Controllings sicherzustellen. Hierfür existieren Sanierungsmanagement-Informationssysteme, welche die wichtigsten Kennzahlen bzw. deren Entwicklung aufzeigen. Bei Abweichungen vom Fahrplan sollten Massnahmen zur Korrektur getroffen werden.

Ein professionelles Kommunikationsmanagement ist ebenfalls empfehlenswert. Dies beinhaltet ein strukturiertes und regelmässiges Update über den Sanierungsverlauf zuhanden der involvierten Parteien. Transparenz und proaktive Kommunikation sind wichtig, um die Unterstützung aller Beteiligten sicherzustellen, insbesondere weil es auch zu unpopulären Massnahmen wie Entlassungen kommen kann. Gemäss Roland Berger Strategy Consultants lassen sich zehn Erfolgsfaktoren hinsichtlich der erfolgreichen Erstellung und Umsetzung eines Sanierungskonzepts definieren. Diese Faktoren sind in der folgenden Aufzählung ersichtlich.

  1. Schnelle Bestimmung der tatsächlichen Krisenursachen
  2. Rasche Umsetzung von Sofortmassnahmen als Signal der Veränderung
  3. Entwicklung eines stringenten und überzeugenden finanz., operativen und strategischen Restrukturierungskonzepts
  4. Setzen ehrgeiziger und quantifizierter Ziele
  5. Aufstellen eines integren Businessplanes
  6. Klare Zuordnung von Verantwortung für die Umsetzung von Massnahmen
  7. Bildung von Projektteams aus Mitarbeitenden des Unternehmens und erfahrenen Beratern
  8. Stringentes Controlling der Umsetzung aller Restrukturierungsmassnahmen
  9. Einbeziehung aller Stakeholder (Gesellschafter, Gläubiger, Mitarbeitende), um Vertrauen wiederherzustellen
  10. Restrukturierung ist Aufgabe des Topmanagement!

Das Sanierungskonzept in Form eines Dokuments ist die wesentliche Diskussionsgrundlage für die Gespräche mit betroffenen Anspruchsgruppen, die aufgrund der Kenntnis der Krisensituation negative Auswirkungen befürchten müssen. Das können beispielsweise die Bank (Verlust des Kredits und des Kunden), das Aktionariat (Kapital-/Wertverlust, Existenzbedrohung), die Kunden und Lieferanten (Service-/Forderungsverlust) oder die Mitarbeitenden (Verlust des Arbeitsplatzes, Existenzbedrohung) sein. Im Speziellen zu beachten ist die adressatengerechte Bedienung der kreditgebenden Bank als einem der zentralsten Akteure im Sanierungsprozess. Insbesondere bei den Finanzinstituten muss das Vertrauen in die erfolgreiche Umsetzung der Sanierung geschaffen werden. Diese fordern in Ergänzung zum wichtigen Massnahmenplan des Konzepts auch deren Unterlegung mit zuverlässigen Finanzplanungen, vor allem aussagekräftige Sparten- bzw. Produktrechnungen, Teilkostenrechnungen und konsistente Liquiditätsplanungen.

Das Konzept sollte daher zwingend als schriftliches Dokument oder als Konzeptpräsentation aufgearbeitet werden und in der Struktur und in der Wortwahl adressatengerecht gemäss der entsprechenden Anspruchsgruppe ausgeführt sein. Gemäss Klein (2008, S. 86–88) wird in der wissenschaftlichen Literatur zur Sanierung nur selten direkt auf die Gliederungselemente von Sanierungskonzepten eingegangen, wobei vielfach eher unvollständige Checklisten bestehen und der Fokus insgesamt vor allem auf dem Sanierungsprozess liegt. Klein hat auf Basis dieser Checklisten und Prozessbeschriebe die nachfolgende, aus seiner Sicht praxistaugliche Grobgliederung in drei Punkte abgeleitet:

  1. Aufzeigen der Ausgangssituation
    Die Zusammenstellung interner und externer Daten, die mit dem Aufzeigen der Krisenursachen und -symptome schliessen, ist anzugeben. Dies bildet die Basis für das Verständnis für die anschliessend abgeleiteten Massnahmen, die als das zentrale Element des Konzepts zu verstehen sind.
  2. Aufzeigen der Markt- und Wettbewerbssituation
    Das Marktumfeld des Unternehmens wird analysiert und prognostiziert. Dies beinhaltet das Aufzeigen der Marktentwicklungen, der Branchenstruktur sowie der Erfolgsfaktoren und der Marktpositionierung des Krisen unternehmens.
  3. Aufzeigen des Businessplans (Sanierungskonzept im eigentliche Sinne)
    Im Businessplan werden die geplanten Ziele sowie die Sanierungsstrategien und -massnahmen erläutert. Die Ziele sollten einerseits in Form einer Unternehmensvision für das gesamte Unternehmen definiert sein, andererseits aber auch auf spezifische operative Einzelziele heruntergebrochen werden. Ebenso sind die definierten Massnahmen als Teilprojekte mit Zeitplan, Verantwortlichkeiten sowie deren finanzieller Auswirkung zu beschreiben. Davon abgeleitet sind anschliessend gesamtunternehmensbezogene Ergebnis- und Finanzplanungen zu integrieren, damit die Resultate der Massnahmen im Gesamtkontext erkannt werden können.

Ein wesentlicher Teil des Sanierungskonzepts sollte auch die künftige Perspektive einnehmen. Insgesamt sollte das Sanierungskonzept in Form eines schriftlichen Dokuments in nachvollziehbarer und verständlicher Form die folgenden fünf Fragen beantworten:

  1. Wo liegen die wesentlichen Schwachstellen im Unternehmen?
  2. Wie hoch ist der Veränderungsbedarf für Liquidität, Ergebnis und Kapital?
  3. Ist das Unternehmen sanierungsfähig bzw. sanierungswürdig?
  4. Welches sind die Eckpunkte der geplanten Sanierung?
    - strategische, strukturelle und operative Eckpunkte
    - finanzielle Eckpunkte bzw. Beiträge der Stakeholder
  5. Wie spiegeln sich diese Eckpunkte in der Businessplanung wider?
    - Zeitpunkt der Sanierung
    - Erfolgsrechnung, Cashflow, Bilanz und Finanzplan

Die Umsetzung der als wirkungsvoll definierten Massnahmen soll im Anschluss an die Konzeption den effektiven Erfolg herbeiführen. Gemäss Buschmann (2006, S. 42) können die vielfältig in der Literatur genannten Massnahmen in vier Hauptbereiche gegliedert werden:

  1. strategische Massnahmen zur Wiedererlangung des Erfolgspotenzials
  2. ertragswirtschaftliche Massnahmen zur Wiederherstellung der Unternehmensprofitabilität
  3. finanzwirtschaftliche Massnahmen zur Vermeidung des Eintritts einer Insolvenz
  4. organisatorische Massnahmen, welche die anderen drei Bereiche unterstützen

Die Sanierungsmassnahmen bilden hierbei eine wichtige Grundlage des Sanierungskonzepts.

Sanierungsmassnahmen

Die Sanierungsmassnahmen bilden einen integralen Bestandteil des Sanierungs konzepts. Dabei sind sie zeitlich zu ordnen und zu differenzieren. Der Mix von Sanierungsmassnahmen ist situations- und unternehmensspezifisch zu ermitteln. Zur zeitlichen Strukturierung der Massnahmen eignet sich die Orientierung an deren Wirkungs- bzw. Dringlichkeitsfrist. Um die Aufrechterhaltung der Betriebstätigkeit sicher zustellen, ist oft die Verfügbarkeit von genügend liquiden Mitteln zentral. Mittels Sofortmassnahmen können akute Gefährdungen in der Liquidität gebannt oder auch rechtliche Insolvenzgründe wie die Überschuldung geheilt werden. Darauf folgen taktische Einzelmassnahmen, die mittelfristig innerhalb von zwei bis zwölf Monaten zur Entspannung der Krisensituation beitragen sollen. Schliesslich sollten Massnahmen hinsichtlich der Marktpositionierung das Unternehmen wieder strategisch stärken, was meist ein bis zwei Jahre dauert. Die Sanierungsmassnahmen lassen sich in finanzwirtschaftliche und strategische Sanierungsmassnahmen unterteilen. Die finanzwirtschaftlichen Sanierungsmassnahmen entfalten ihre Wirkung auf die Sanierung in Bezug auf die Liquidität, den Ertrag sowie die Bilanz. Darin enthalten sind auch strategische Massnahmen im Sinne der Optimierung von nachhaltig strategischen Erfolgs- bzw. Ertragspositionen. Andererseits werden auch organisatorische Massnahmen in Ergänzung zu den finanzwirtschaftlichen Massnahmen erläutert. Diese Abbildung verdeutlicht diese Struktur im Umsetzungsprozess der Sanierung.

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