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KI im Finanzbereich: Der Einsatz von generativer KI

Der Begriff Generative KI (GenAI) beschreibt KI-gestützte Tools, mit denen Nutzer auf ihre schriftlichen Eingaben menschenähnliche Antworten bekommen, die durch sogenannte Large Language Models (LLM) generiert werden. Zu den bekanntesten Vertretern solcher Sprachmodelle gehören ChatGPT, Bard und andere, die auf einer Art neuronalem Netzwerk basieren, das für die Verarbeitung natürlicher Sprache entwickelt wurde. So erzeugt beispielsweise ChatGPT menschenähnliche Texte und kann für eine Vielzahl von Anwendungen, wie die automatisierte Erstellung von Inhalten, eingesetzt werden.

19.12.2023 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
KI im Finanzbereich

Obwohl viele Führungskräfte die Einführung von GenAI in ihren Verantwortungsbereichen vorantreiben, sind gerade die CFOs eher zurückhaltend in Bezug auf die Integration dieser Tools in ihre Strategie. Zugleich erhoffen sie sich von dem KI-Einsatz in erster Linie eine Kostenreduzierung.

In diesem Sinne soll der vorliegende Beitrag die Potenziale, aber auch mögliche Risiken für den Einsatz von GenAI im Finanzbereich aufzeigen.

Was ist GenAI und wie funktionieren die zugehörigen Werkzeuge?

Künstliche Intelligenz (KI) ist alles andere als neu. Sie beschreibt alle Computersysteme, die in der Lage sind, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern, wie z.B. Lernen, logisches Denken, Lösen von Problemen und Treffen von Entscheidungen.

Generative KI ist eine Gruppe von KI-Technologien, mit deren Hilfe originäre Inhalte in verschiedenen Formen, wie z.B. Text, Bilder, Audio, Code, Sprache oder Video, maschinell so erstellt werden, wie es zuvor nur mit menschlichem Geschick und Fachwissen möglich war. Generative KI bezieht sich somit auf eine Klasse von Modellen der künstlichen Intelligenz, die in der Lage sind, neue Daten zu erstellen, die den vorhandenen Daten, auf denen sie trainiert wurden, ähnlich sind. Diese Modelle werden mit fortgeschrittenen Techniken wie Deep Learning und neuronalen Netzen erstellt.

Die generative KI wird von grossen Sprachmodellen (Large Language Models – LLM) wie OpenAIs GPT-4, Googles Bard und anderen geprägt, die mittels riesiger Datenmengen und Berechnungen trainiert werden, um eine breite Palette von nachgelagerten Aufgaben übernehmen zu können. So gelingt es ihnen, aus vorhandenen Artefakten zu lernen, um neue, realistische Artefakte zu erzeugen, die die Merkmale der Trainingsdaten widerspiegeln, diese aber nicht wiederholen.

Der Durchbruch der Generative AI-Technologie gelang ohne Zweifel 2022 mit ChatGPT, das Anwendern einen einfachen Zugang zu seinem Sprachmodell erlaubte. Der grosse Verdienst von ChatGPT liegt nicht in der hohen Güte des Modells, sondern darin, die Fähigkeit dieses Modells zu nutzen, in dem man mit ihm in natürlicher Sprache kommuniziert. Wie auch bei ChatGPT verwendet die generative KI eine Reihe von Techniken sowie KI-Grundmodelle, die auf einem breiten Einsatz unbeschrifteter Daten trainiert werden, die für verschiedene Aufgaben verwendet werden können. Für die Erstellung dieser trainierten Modelle sind komplexe mathematische Verfahren und eine enorme Rechenleistung erforderlich, aber im Wesentlichen handelt es sich um Vorhersagealgorithmen.

Generative KI bietet neue Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung, Kostensenkung, Produktivitätssteigerung und zum besseren Risikomanagement. Zu den praktischen Anwendungen auf hohem Niveau gehören heute vor allem:

  • die Erstellung und Erweiterung von schriftlichen Texten in einem gewünschten Stil und einer vorgegebenen Länge
  • die Beantwortung von Fragen und Ermöglichung des Auffindens von Antworten auf Eingaben auf der Grundlage von Daten und Informationen zur Eingabeaufforderung
  • die Vereinfachung durch Aufschlüsseln von Titeln, Erstellen von Gliederungen und Extrahieren wichtiger Inhalte
  • die Klassifizierung von Inhalten für bestimmte Anwendungsfälle durch Sortierung nach Stimmung, Thema und anderen Merkmalen
  • die Optimierung von Chatbots durch die Klassifizierung der Stimmung des gesamten Gesprächs und die Generierung von Abläufen aus allgemeinen Beschreibungen
  • Software-Codierung von der Codegenerierung und Übersetzung über die Erklärung bis hin zur Überprüfung

Gemäss Gartner lassen sich Kostensenkungswirkungen von Generative AI vor allem in den folgenden Bereichen beobachten (Gartner, 2023):

  1. Erweiterung der Arbeitskraft: Generative KI ist in der Lage, Mitarbeitende dazu zu befähigen, (bessere) Texte, Bilder und andere Medien zu verfassen und zu bearbeiten. So übernimmt sie es, Inhalte zusammenzufassen, zu vereinfachen und zu klassifizieren, Softwarecode zu generieren, zu übersetzen und zu verifizieren.

  2. langfristige Weiterentwicklung eigener Talente: Einzelne Mitarbeitende werden ihre Kompetenzen dadurch ausbauen, Ideen, Projekte, Prozesse, Dienstleistungen und Beziehungen in Zusammenarbeit mit der KI zu konzipieren, auszuführen und zu verfeinern. Damit werden das Spektrum und die Kompetenz der Mitarbeitenden auf breiter Ebene erheblich erweitert.

  3. Prozessoptimierung: Generative KI kann zu effizienteren Prozessen beitragen, indem sie Bestände von prozessbezogenen Informationen zur Optimierung nutzt, die bisher weitgehend ungenutzt blieben.

Beim Einsatz von Generative AI im Kontext der Finanzfunktion dominiert regelmässig das Ziel der Produktivitätssteigerung bzw. Kostensenkung. Dort, wo durch den Einsatz generativer KI Aufgaben automatisiert werden können, die normalerweise viel menschlichen Aufwand erfordern, können Zeit und Ressourcen eingespart werden und können sich Fachleute auf komplexere Aspekte der Arbeit konzentrieren. So gibt gemäss einer aktuellen Umfrage der Deloitte die Mehrheit der Befragten an, dass der Einsatz von KI-Tools die für Aufgaben benötigte Zeit deutlich reduziert (Deloitte, 2023).

Trotz dieser und anderer bedeutender Vorteile sind viele Unternehmen noch dabei, herauszufinden, wie sie KI so einsetzen können, dass sich messbare Produktivitätsgewinne erzielen lassen. Die wichtigsten Bedenken von CFOs zeigt diese Abbildung (Deloitte, 2023).

Auf die Frage nach den drei größten Bedenken im Zusammenhang mit GenAI nennt also mehr als die Hälfte der befragten 116 CFOs aus acht Branchen die Auswirkungen auf Risiken und interne Kontrollen, Dateninfrastruktur und Technologiebedarf und Investitionsbedarf. Governance-Anforderungen, ethische Fragen und potenzielle rechtliche Auswirkungen gehören ebenfalls zu den Hauptbedenken der CFOs in Bezug auf GenAI, allerdings in geringerem Umfang. Weitere Antworten betrafen die Genauigkeit und Qualität der GenAI-Ergebnisse sowie den Datenschutz bei der Nutzung von GenAI.

Einsatz von GenAI in Finance

Generative KI birgt ein immenses Potenzial für die Umgestaltung verschiedener Aspekte der Finanzfunktion innerhalb eines Unternehmens, was zu einer verbesserten Effizienz und Produktivität führt.

Bisher werden generative KI-Tools hauptsächlich zur Verarbeitung und Generierung von Texten und Bildern eingesetzt. Ihre Fähigkeit, numerische Analysen mit der im Finanzwesen erforderlichen Genauigkeit zu erstellen, ist noch in der Entwicklung begriffen. Die Werkzeuge können einen ersten Durchgang bei der Analyse begrenzter Datensätze durchführen, aber die Zuverlässigkeit der Ergebnisse muss sich verbessern, bevor menschliches Eingreifen nicht mehr erforderlich ist. Im Gegensatz dazu können die traditionellen Anwendungen der KI im Finanzbereich numerische Daten für Prognosen und Risikobewertungen sowie andere Anwendungsfälle zuverlässig analysieren (BCG, 2023).

Zu den aktuellen und in naher Zukunft zu erwartenden Anwendungen in der gesamten Finanzwertschöpfungskette gehören die folgenden (BCG, 2023):

  • Finanzoperationen: Erstellung von Vorentwürfen für textlastige Aufgaben oder Aufgaben, die nur eine minimale Analyse erfordern, wie z.B. die Erstellung von Verträgen und die Ergänzung von Kreditprüfungen.
  • Buchhaltung und Finanzberichterstattung: Bereitstellung erster Einblicke in aufeinanderfolgende Herstellungsschritte von Finanzberichten bei Monatsabschlüssen oder auch die Unterstützung bei Prüfpfaden für Reklassifizierung/Umgliederung.
  • Finanzplanung und Leistungsmanagement: Durchführung von Ad-hoc-Abweichungsanalysen der strukturierten oder unstrukturierten Datensätze des Unternehmens (z.B. Vergleich von Ist- und Planzahlen) und Erstellung von Berichten für Geschäftspartner zur Erläuterung der finanziellen Leistung ihres Bereichs.
  • Investor Relations: Unterstützung der vierteljährlichen Ergebnismitteilungen an die Investoren.

Nach Ansicht von Jedox, einem Software-Anbieter, können vor allem Planungsaufgaben deutlich effizienter erfolgen, indem z.B. ChatGPT zur verbesserten Prognose von Umsatz, Nachfrage oder Cashflow eingesetzt wird. Gerade im Finanzbereich bietet ChatGPT darüber hinaus die Möglichkeit, hilfreiche Zusammenhänge und Kommentierungen zu den Zahlen im Management-Reporting zu generieren, Trends und Ausreisser zu interpretieren und empfohlene Massnahmen zu untersuchen. Im Hinblick auf die nichtfinanzielle ESG-Berichterstattung unterstützt der Einsatz von ChatGPT z.B., Nachhaltigkeitsdaten zur Ermittlung nachhaltiger Anlagemöglichkeiten zu interpretieren, und bietet darüber hinaus eine Unterstützung bei der Einhaltung sich ändernder Standards und Vorgaben (Jedox, 2023).

Darüber erweisen sich die folgenden Anwendungsfelder innerhalb der Finanzfunktion als besonders geeignet für Anwendungen von generativer KI:

Automatisierung und Prozesseffizienz

Generative KI kann sich wiederholende und zeitaufwendige Aufgaben wie Dateneingabe, Berichterstellung und Datenanalyse automatisieren. Durch diese Automatisierung werden wertvolle Personalressourcen freigesetzt, die sich auf strategischere, hochwertigere Aktivitäten konzentrieren können, was letztlich die betriebliche Effizienz erhöht.

Datengenerierung und -erweiterung

Generative KI kann synthetische Finanzdaten generieren, die bestehende Datensätze ergänzen und eine genauere Vorhersagemodellierung ermöglichen. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn reale Daten knapp sind oder wenn verschiedene Szenarien für Risikobewertungen und Stresstests erstellt werden.

Risikobewertung und -management

Generative KI-Modelle können verschiedene Szenarien und damit verbundene Marktbedingungen simulieren, um so zu einer umfassenden Risikobewertung und Risikofrüherkennung beizutragen. Diese wiederum erlaubt es den Entscheidern, fundiertere Investitionsentscheidungen zu fällen und widerstandsfähigere Finanzstrategien zu entwickeln.

Betrugsaufdeckung und Sicherheit

Durch die Analyse historischer Transaktionsdaten kann generative KI in diesen Anomalien und Muster erkennen, die mit betrügerischen Aktivitäten in Verbindung stehen, womit die Betrugserkennung und interne Kontrollaktivitäten innerhalb der Finanzfunktion verbessert werden können.

Vorgehensweise für die Implementierung von Generative AI im Finanzbereich von Unternehmen

Die erfolgreiche Integration von generativer KI in die Finanzfunktion erfordert einen systematischen Ansatz und die sorgfältige Berücksichtigung verschiedener Faktoren:

Bewertung der organisatorischen Bereitschaft

Bewerten Sie die Bereitschaft Ihres Unternehmens, einschließlich seiner Dateninfrastruktur, seiner Fähigkeiten und seiner Ausrichtung auf strategische Ziele. Definieren Sie klare Ziele für die Einführung von generativer KI und bewerten Sie die potenziellen Auswirkungen auf die Finanzfunktion.

Datenaufbereitung und -qualität

Stellen Sie sicher, dass die Daten, die zum Trainieren generativer KI-Modelle verwendet werden, von hoher Qualität, relevant und repräsentativ für den Finanzbereich sind. Die Vorverarbeitung und Bereinigung der Daten ist entscheidend, um die Modellleistung zu verbessern und aussagekräftige Erkenntnisse zu gewinnen.

Modellauswahl und Training

Wählen Sie das geeignete generative KI-Modell auf der Grundlage der spezifischen Anforderungen und Ziele der Finanzfunktion aus. Trainieren Sie das Modell anhand des vorbereiteten Datensatzes und nehmen Sie die Feinabstimmung vor, um eine optimale Leistung zu erzielen.

Integration und Einsatz

Achten Sie auf eine friktionslose Integration des generativen KI-Modells in die bestehenden Abläufe und die relevante IT-Infrastruktur, um eine nahtlose Kompatibilität und minimale Unterbrechung zu gewährleisten. Vor allem die softwareseitige Integration mit vorhandenen operativen Systemen und BI-Tools erscheint besonders wichtig. Gleiches gilt für die Schulung der Finanzfachleute, damit sie die gewonnenen Erkenntnisse effektiv nutzen und interpretieren können.

Die Einbeziehung von Fallstudien und Best Practices aus der Praxis anderer Unternehmen kann wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie generative KI erfolgreich in Finanzfunktionen implementiert wurde, und deren Auswirkungen auf Effizienz, Produktivität und Kosteneinsparungen aufzeigen.

Fazit zu KI im Finanzbereich

Derzeit überlegen zahlreiche Finanzverantwortliche in Unternehmen, wie die GenAI-Technologie bestehende Prozesse durch die Erstellung von Texten und die Durchführung von Recherchen ergänzen kann. Mit Blick auf die Zukunft wird die Integration generativer KI verschiedene Kernprozesse verändern, Geschäftspartnerschaften neu erfinden und Risiken mindern. Generative KI wird in Zukunft mit herkömmlichen KI-Prognosetools zusammenarbeiten, um Berichte zu erstellen, Abweichungen zu erklären und Empfehlungen auszusprechen und so die Fähigkeit der Finanzfunktion zu verbessern, vorausschauende Erkenntnisse zu gewinnen. Die Erweiterungen werden Finanzfachleute in die Lage versetzen, fundiertere strategische Entscheidungen zu treffen, was zu einer verbesserten betrieblichen Effizienz und Effektivität führt (BCG, 2023).

So vielversprechend die Potenziale von generativer KI für Anwendungen im Finanzbereich auch sind, so gilt es nicht zu vergessen, dass deren Einsatz auch mit Risiken verbunden ist. Beim Erproben von neuen Einsatzgebieten für GenAI-Tools im Finanzbereich müssen ethische und praktische Herausforderungen bedacht werden. Grosse Sprachmodelle wie ChatGPT erzeugen durchaus auch unsinnige Ergebnisse, übernehmen verzerrte Inhalte und Vorurteile oder missachten sogar geistige Urheberrechte sowie Cybersicherheit. Darüber hinaus hat ChatGPT zu Ereignissen und Daten nach 2021 bisher nur ein limitiertes Wissen, womit sich weitere Grenzen ergeben, die noch zu überwinden sind.

Auch wenn CFOs hoffen, dass generative KI zur Kostensenkung und Produktivitätssteigerung beitragen kann, so setzt dies voraus, dass die heutigen Schwächen und Risiken dieser Technologie noch weiter verringert werden können. Gerade die erfolgreiche Integration und effektive Nutzung generativer KI erfordert nicht nur die Kooperation zwischen Finanzfachleuten und KI-Experten, sondern ebenso die Priorisierung von Datenschutz und Ethik während des gesamten Implementierungsprozesses. Ebenso sollte eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Weiterbildung gefördert werden, um die Vorteile der generativen KI zu maximieren.

Quellenhinweise

BCG (2023): Generative AI in the Finance Function of the Future, August 2023, online: www.bcg.com/publications/2023/generative-ai-in-finance-and-accounting

Deloitte (2023): Generative AI’s fast and furious entry into Switzerland, online: www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/ch/Documents/technology/deloitte-ch-en-generative-ai.pdf

Gartner (2023): Gartner Experts Answer the Top Generative AI Questions for Your Enterprise, online: www.gartner.com/en/topics/generative-ai/

Jedox (2023): Hey ChatGPT, kannst du diesen Plan analysieren? Online: www.jedox.com/de/blog/ibp-chatgpt/

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