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Arbeitsbewilligungen: Aktuelle Praxis bei Entsendungen

Aufgrund der demografischen Entwicklung, der fortschreitenden Digitalisierung und dem weltweiten Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte ist die Schweiz heute und auch in Zukunft auf die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften angewiesen. Die Arbeitsmigration in die Schweiz trägt dazu bei, den Engpass an qualifizierten Fachkräften in der Schweiz zu begrenzen. Die Zuwanderung von ausländischen Arbeitnehmenden in die Schweiz ist allerdings ein wiederkehrendes Thema im politischen Diskurs. So zielten in den letzten zehn Jahren gleich mehrere Volksinitiativen darauf ab, die Zuwanderung in die Schweiz zu begrenzen und auf die Personenfreizügigkeit zu verzichten.

09.10.2023 Von: Christian Gersbach, Anand J. Pazhenkottil
Arbeitsbewilligungen

Politische Stossrichtung und ihr Einfluss auf die Zuwanderung

Nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Jahr 2014 hat der Bundesrat die Höchstzahlen und Kontingente für Fachkräfte aus dem Ausland im nachfolgenden Jahr gekürzt, um dem Volksvotum Rechnung zu tragen. Die Wirtschaft und die Kantone setzten sich danach für eine Erhöhung ein. In den Folgejahren hat der Bundesrat die verfügbaren Arbeitsbewilligungen wieder kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2019 erreichte die festgelegte Höchstzahl wieder das Niveau von 2014 und eine Kürzung der Kontingente ist auch jetzt, nach dem Ende der Pandemie und deren Reiseeinschränkungen, nicht angedacht. Der Trend deutet allgemein auf eine Erhöhung oder gar teilweise Aufhebung der Kontingente für Fachkräfte aus Drittstaaten hin (Stichwort «Fachkräftemangel»).

Kontingentsystem

Der Bundesrat legt jährlich unter der Berücksichtigung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktindikatoren die Höchstzahlen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Erwerbstätigkeit fest.

Im Jahr 2023 konnten 8'500 qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten rekrutiert werden: 4'500 mit einer Aufenthaltsbewilligung B und 4000 mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung L. Auch den Dienstleistungserbringer aus den EU/EFTA-Staaten mit einer Einsatzdauer von über 90 respektive 120 Tagen pro Jahr standen im Jahr 2023 3000 L-Bewilligungen und 500 B-Bewilligungen zur Verfügung.

Seit dem 1. Januar 2021 kommt das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich infolge des Brexit nicht mehr zur Anwendung. Für britische Staatsangehörige wurden deshalb, wie in den beiden vorangehenden Jahren, auch für das Jahr 2023 erneut 3'500 separate Kontingente (2'100 Aufenthaltsbewilligungen (B) und 1'400 Kurzaufenthaltsbewilligungen (L)) zur Verfügung gestellt. Die separaten Kontingente für britische Staatsangehörige dienen aber nur als Übergangslösung bis zur Klärung des künftigen Migrationsregimes.  

Die Erhöhung der Anzahl verfügbaren Kontingente in den letzten Jahren und die stagnierende Zuwanderung durch die Pandemie trugen zu einer gewissen Entschärfung in der Vergabe von Aufenthaltsbewilligungen bei. Dennoch gilt es bei der Beantragung von Aufenthaltsbewilligungen diverse Aspekte zu beachten, auf die nachfolgend eingegangen wird.

Praxistipp: Prüfung von Kurzeinsätzen

  • Kontingentiert sind lediglich Bewilligungen für Entsendungen mit einer Dauer von mehr als 4 Monaten pro Jahr.
  • Bei Entsendungen aus der EU für bis zu 90 Tagen ist die Inanspruchnahme des unkomplizierten Meldeverfahrens zu prüfen. Derartige Meldungen reduzieren allerdings das entsprechende «Guthaben» des Unternehmens für das fragliche Kalenderjahr.
  • Dauert der Einsatz in der Schweiz insgesamt nicht mehr als 120 Tage, kann eine sogenannte 120-Tage-Bewilligung oder eine Bewilligung für 4 aufeinanderfolgende Monate beantragt werden.

Anforderung an Mitarbeitende

Ob entsandte Mitarbeitende in der Schweiz eine Aufenthaltsbewilligung erhalten, ist, neben den festgesetzten Kontingenten, auch von anderen Faktoren abhängig, so zum Beispiel vom Herkunftsland, der Ausbildung und den Fähigkeiten des Arbeitnehmenden. Die besten Chancen auf eine Arbeitsbewilligung haben hochspezialisierte und berufserfahrene Fachkräfte. Für Mitarbeitende mit vergleichsweise niedrigen Salären oder wenig Berufserfahrung, sowie für Mitarbeitende aus Branchen mit eher geringer Bedeutung für die regionale Wirtschaft ist das Einholen von Arbeitsbewilligungen sehr viel schwieriger. Bei Drittstaatsangehörigen werden Bewilligungen grundsätzlich nur an Angehörige des höheren Kaders oder unentbehrliche Fachspezialisten mit entsprechender Ausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung im relevanten Fachbereich erteilt.  

Gesuche für Drittstaatsangehörige

Bei den Gesuchen um Erteilung einer Arbeitsbewilligung wird sowohl bei den kantonalen Behörden als auch beim Staatssekretariat für Migration auf eine umfassende Begründung mit einschlägigen Belegen und Dokumenten geachtet.

Dabei ist im Detail zu begründen, inwiefern es sich beim entsandten Mitarbeitenden um einen Kadermitarbeitenden oder Fachspezialisten mit entsprechender Ausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung im relevanten Fachbereich handelt. Dies wird in der Regel einerseits anhand des spezifischen Stellenprofils bzw. Projektbeschriebs, und andererseits auf der Basis des Lebenslaufs des entsprechenden Mitarbeitenden erläutert. Dabei sollten analoge Projekte, auf welchen der Mitarbeitende in der Vergangenheit mitgewirkt hat, im Gesuch selber erwähnt und kurz beschrieben werden. Das Stellenprofil bzw. der Projektbeschrieb sowie der Lebenslauf des Mitarbeitenden sind dem Gesuch in Kopie beizulegen.

Für Kadermitarbeitende bzw. hoch qualifizierte unentbehrliche Fachspezialisten gilt dann eine Erleichterung, wenn diese Personen bei der Entsendung eine Firmenzugehörigkeit von mindestens 12 Monaten aufweisen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber nämlich nicht nachweisen, dass er in der Schweiz bzw. EU/EFTA keine für die spezifische Stelle geeignete Person gefunden hat.

Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, kommt dagegen der sogenannte Inländervorrang zum Tragen. Der Arbeitgeber hat dabei Suchbemühungen glaubhaft zu machen, die in zeitlicher Folge, geografischer Breite und inhaltlich zweckmässiger Art ein echtes Bemühen aufzeigen, die fragliche Stelle mit inländischen Bewerbenden bzw. solchen aus EU/EFTA-Staaten zu besetzen. Die Stellen sind dabei grundsätzlich den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden. Eine Ausschreibung in den European Employment Services (EURES) ist ebenfalls notwendig. Darüber hinaus ist den Behörden darzulegen, dass die Suche über die in der Branche fachspezifischen Rekrutierungskanäle wie Fachzeitschriften, Stellenbörsen, Onlineportalen sowie Social Media, private Vermittlung etc. erfolglos blieb. Geeignete Nachweise sind hier entweder Zeitungsinserate, Bestätigungen der Personalvermittler oder sonstige Dokumente. Oftmals ist eine kurze Übersicht im Gesuch über alle Stellenbewerber mit kurzen Angaben, welche Qualifikationen für eine Anstellung fehlten, hilfreich.

Darüber hinaus kann eine Zulassung von Drittstaatsangehörigen zum Schweizer Arbeitsmarkt nur erfolgen, wenn diese dem gesamtschweizerischen und gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz entspricht. Dabei werden insbesondere die jeweilige Arbeitsmarktsituation, die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und die Integrationsfähigkeit der Ausländerinnen und Ausländer berücksichtigt.  Das gesamtwirtschaftliche Interesse ist vom Gesuchsteller entsprechend zu begründen und zu belegen.

Praxistipp: Auswahl der Mitarbeitenden

  • Es sollten nur Spezialisten mit nachgewiesener jahrelanger Berufserfahrung im relevanten Fachgebiet entsandt werden.
  • Der Arbeitgeber sollte prüfen, ob allenfalls GATS-Regeln über einen für einen Transfer von Kadermitarbeitern bzw. hoch qualifizierten Spezialisten zur Anwendung kommen; dies führt zu einer erheblichen Vereinfachung des Verfahrens für den Arbeitgeber.

Was gilt es zu beachten?

Um die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung zu meistern, gilt es einige Kernpunkte zu beachten. Absolut zentral ist eine detaillierte und sorgfältige Gesuchsbegründung. Selbstverständlich sind diese Argumente mit entsprechenden Beilagen vollständig zu belegen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die klare Kommunikation mit den Behörden hinzuweisen. In Einzelfällen ‑ insbesondere bei nicht alltäglichen Konstellationen ‑ kann eine summarische Vorabklärung bei den Behörden als sinnvoll erscheinen. Des Weiteren sollten bei Rückfragen seitens des Amtes oder bei der Gewährung eines rechtlichen Gehörsanspruches die angeforderten Informationen und Dokumente möglichst vollständig geliefert und spezifisch auf die offenen Punkte eingegangen werden. Abschliessend ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitseinsätze von ausländischen Mitarbeitenden nach Möglichkeit frühzeitig zu planen und die Gesuche mit einer ausreichenden Vorlaufzeit einzureichen sind. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Arbeitseinsatz rechtzeitig erfolgen kann.

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