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Kompetenzmanagement: Kompetenzen sind entscheidend, nicht Fachkräfte

Der Fachkräftemangel ist trotz der aktuellen Situation eine Herausforderung. Doch gerade die vergangenen Monate haben eindrücklich gezeigt, dass es nicht generell an Fachkräften mangelt, sondern, dass einzelne, spezifische Kompetenzen oder Anforderungen erfolgsentscheidend sind.

28.06.2021 Von: Andreas Mollet
Kompetenzmanagement

Mit unglaublicher Dynamik hat sich in den letzten Wochen die Kompetenzlandkarte von Unternehmen verändert. Neben den digitalen Skills standen plötzlich neue und veränderte Kollaborationsmodelle und für hybride Arbeitsmodelle notwendige Kompetenzen im Fokus. Gleichzeitig wurden dadurch (bisher als elementar notwendig eingeschätzte) Kompetenzen auf den Prüfstand gestellt und waren situativ sogar hinderlich für die Anpassung an die neuen Situationen. Insbesondere in der plötzlich örtlich distanzierten Führung und Kollaboration waren die neuen Anforderungen einschneidend.

Einigen Führungskräften und Teams gelang diese Umstellung scheinbar mühelos, während andere Mitarbeitende und Gruppen deutliche Schwierigkeiten hatten. Und dies, obwohl die technischen Skills und die organisatorische Ausgangslage vergleichbar waren. Auch innerhalb der einzelnen Fachbereiche gab es Fachkräfte, die sich mühelos an die neue Situation anpassen konnten, während andere viel Mühe bezeugten. Der Grund liegt hierfür in den unterschiedlichen Kompetenzausprägungen, welche unter den unterschiedlichen Rahmenbedingungen entscheidenden Einfluss hatten.

Nicht jede Fachkraft ist gleich kompetent

Beim Fachkräftemangel steht die Funktion, bzw. die zu erfüllende Aufgabe im Vordergrund. Wir suchen also im Idealfall ein Gesamtpaket von Kompetenzen. Dabei betrachten wir jedoch oft zu einseitig die fachliche Komponente und beachten zu wenig die Rahmenbedingungen. «Kompetent zu sein», benötigt zwingend einen vorgegeben Referenzrahmen. Niemand ist einfach kompetent, sondern wir können nur kompetent sein, wenn wir die Anforderung kennen und uns darauf beziehen. So nützt die grösste Stärke nichts, wenn Sie nicht eingesetzt werden kann. Das grösste Entwicklungspotenzial ist nicht relevant, wenn es nie eine Auswirkung hat. Und selbst wenn wir all unsere Talente einbringen können, heisst das nicht, dass wir dann kompetenter als andere sind.

Das ist keine neue Erkenntnis und wird natürlich in Rekrutierungs- und Personalentwicklungsprozessen entsprechend berücksichtigt. Dennoch zeigt die aktuelle Situation auf, dass es dynamischere Ansätze benötigt als in starren (Fach-)Funktionen mit definierten Anforderungspaketen zu denken. Unternehmen müssen in Zukunft noch vermehrt in Kompetenzen und Rollen anstatt wie bisher in Funktionen und Stellen denken. Die Kombination von Kompetenzen zu situativen Kernkompetenzen wird dann auch zum tatsächlichen Alleinstellungsmerkmal, unabhängig ob diese Kompetenzen bei einzelnen Fachkräften, Abteilungen oder gar in der Organisation gebündelt werden können. Abteilungs-, firmen- und marktübergreifende Kompetenzkollaboration ist die Zukunft.

Kompetenzmanagement 4.0

Doch wie sollen diese für die Zukunft notwendigen Kompetenzen und Werte definiert und strukturiert werden? Viele in Unternehmen eingesetzte Kompetenzmodelle sind eher retrospektiv, zu umfangreich, zu träge und können zeitlich nicht adäquat angepasst werden. Gerade die letzten Ereignisse haben aber gezeigt, dass jene Firmen einen Vorteil haben, die nicht reaktiv, sondern proaktiv die Kompetenzen und Werte der unternehmerischen Zukunft mitgestalten.

Die wichtigsten Aspekte eines modernen Kompetenzmodells sind deshalb:

  • Fokus auf relevante Metakompetenzen
  • Kompetenzen und Werte statt Wissen und Fähigkeiten
  • Situative ad-hoc-Schwerpunkte
  • Dynamischer und modularer Aufbau
  • Erstellt für einen Zeitrahmen von 2-4 Jahren

Doch gerade die Erstellung von entwicklungs- und zukunftsorientierten Kompetenzmodellen ist sehr anspruchsvoll, ist doch gerade die Definition der tatsächlich relevanten und erfolgsrelevanten Kompetenzen und Werte für die nachhaltige Unternehmensgestaltung entscheidend.

Das Zwei-Faktoren-Modell

Um diese Herausforderung meistern zu können, kann auf dem bekannten und bewährten Zwei-Faktoren-Modell von Frederick Herzberg als Grundlage aufgebaut werden. Die Kernaussage besteht darin, dass es zwei Arten von Einflussfaktoren auf die Arbeit gibt. Die sog. Hygienefaktoren können Unzufriedenheit vermeiden oder wenigstens vermindern. Daneben gibt es Einflussfaktoren, die zu Motivation und Arbeitszufriedenheit führen bzw. erhöhen, die sog. Motivatoren. Auf der Modellogik aufbauend können dazu auch Kompetenzen und Werte in die zwei Kategorien unterteilt werden:

Hygienekompetenzen: Diese vermeiden Unzufriedenheit im Arbeitsumfeld, sprich bei Kunden, Kollegen, Anspruchsgruppen und im Team. Konkrete Beispiele hierfür könnten Zuverlässigkeit, Arbeitsgüte, Fachkompetenzen, aber auch Arbeitstechniken und Diskretion sein. Diese Kompetenzen führen sehr rasch zu grosser Unzufriedenheit, wenn Sie nicht vorhanden sind.

Motivationskompetenzen: Diese stiften konkreten und wahrnehmbaren Mehrwert für Kunden, Kollegen, Anspruchsgruppen und im Team. Typische Kompetenzen könnten sein Neues zu gestalten, Lösungen initiieren, Kollaboration vorleben und Kunden begeistern. Motivationskompetenzen werden bewusst als positive Wirkung von anderen wahrgenommen.

Die grosse Krux dabei ist, dass die Motivationskompetenzen zwar für das positive Gesamtpaket, die motivierende Zusammenarbeit und das begeisternde Kundenerlebnis zentral sind, diese aber erst wahrgenommen werden, wenn die Hygienekompetenzen erfüllt sind. Die Hygienekompetenzen sind somit entscheidend als Basis, aber nicht entscheidend für einen wahrgenommen Mehrwert. Dies gilt unabhängig davon, ob wir von internen oder externen Kunden, Teamkollegen, Lieferanten, Partnern oder Bewerbern sprechen.

Ein Kompetenzmodell muss also einerseits die Balance finden zwischen den entscheidenden Hygiene- und Motivationskompetenzen, andererseits aber auch dynamisch und modular bleiben. Eine professionelle Auseinandersetzung mit den Kompetenzanforderungen der Zukunft bildet dabei den Kern, und zwar unabhängig von Funktionen, Laufbahnmodellen oder Stellen.

Ausblick in die Zukunft

Um die richtigen, zukunfts- und erfolgsrelevanten Kompetenzen zu definieren, müssen sich nicht nur Unternehmen, sondern auch einzelne Bereiche, Teams und Rollen noch stärker über die eigene angestrebte Positionierung im Klaren sein. Ist das primäre Ziel und Aufgabe, Kunden, Mitarbeitende und Anspruchsgruppen mit der eigenen Dienstleistung zufriedenzustellen? Oder brauchen wir echten wahrgenommenen Mehrwert, weil wir uns in einer Wettbewerbssituation befinden? Andere Bereiche und Rollen sind mit anderen Herausforderungen konfrontiert, so dass andere Kompetenzen und Werte notwendig sind, um Unzufriedenheit zu verringern und Motivation zu schaffen. Auch diese unterschiedlichen Aspekte innerhalb einer Organisation muss ein modernes Kompetenzmanagement einbeziehen. Das gelingt nur, wenn dieses auf die jeweils relevanten Aspekte fokussiert und so die Zukunft aktiv mitgestaltet.

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