Kapitalbeschaffung: Finanzierungsmethoden für Unternehmen

In der Geschäftswelt ist ständige Kapitalbeschaffung unerlässlich – sei es für die Gründung eines Unternehmens, Investitionen in die Modernisierung von Anlagen oder die Finanzierung von Forschung und Entwicklung. Doch wie kommen Unternehmen an das benötigte Geld?

19.03.2024 Von: Claus Gerberich, Barnim Jeschke, Andreas Keck
Kapitalbeschaffung

Einleitung

Jedes Unternehmen braucht ständig frisches Geld. Die Gründe hierfür reichen von Anfangsinvestitionen bei der Gründung des Unternehmens über die Modernisierung von Anlagen bis hin zu Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Diese Kosten müssen auch bezahlt werden. Zu diesem Zweck bietet sich Unternehmen eine Vielzahl an Möglichkeiten der Finanzierung. Im Zusammenhang der Finanzierungsarten der BWL existieren vier zentrale Kategorien, in die sich die Methoden der Geldbeschaffung einsortieren lassen:

  • Innenfinanzierung 
  • Aussenfinanzierung
  • Eigenfinanzierung
  • Fremdfinanzierung

Während bei der Einteilung in Innen- und Aussenfinanzierung die Herkunft des Geldes das entscheidende Kriterium ist, wird bei der Eigen- und Fremdfinanzierung die Unterscheidung getroffen, ob Eigen- oder Fremdkapital ins Unternehmen eingebracht wird. In der folgenden Tabelle sind die Finanzierungsmethoden den passenden Kategorien zugeordnet.

Tabelle 1: Übersicht Finanzierungsarten

Innenfinanzierung

Zur Innenfinanzierung zählen alle Wege der internen Kapitalbeschaffung. Es spielt keine Rolle, ob es sich dabei um Eigen- oder Fremdkapital handelt. Die Finanzmittel werden von innen, also aus dem Unternehmen heraus, generiert. Zu den Formen der Innenfinanzierung gehören die Selbstfinanzierung, die Bildung von Rückstellungen und Abschreibungsrückflüsse.

Eigenfinanzierung

Die Eigenfinanzierung erfolgt durch die Einbehaltung von Gewinnen eines Unternehmens. Dabei wird zwischen einer offenen und einer stillen Variante unterschieden. Bei einer offenen Eigenfinanzierung zahlt ein Unternehmen Gewinne nicht an die Eigentümer aus und hält diese stattdessen im Unternehmen. Werden stille Reserven gebildet, indem Bilanzposten unter- bzw. überbewertet werden, so spricht man von einer stillen Eigenfinanzierung.

Finanzierung aus Rückstellungen

Die Finanzierung aus Rückstellungen kommt durch zwei Effekte in einem Unternehmen zustande. Zum einen entstehen bei der Bildung von Rückstellungen keine sofortigen Auszahlungen, somit stehen die durch Rückstellung zugeführten Gelder bis zur tatsächlichen Inanspruchnahme dem Unternehmen zur Verfügung. Werden z. B. Teile des erzielten Umsatzes neuen Pensionsrücklagen zugerechnet, kommt es ja gleichzeitig nicht zu einer Geldauszahlung, da die tatsächlichen Pensionen erst weit in der Zukunft greifen. In der Zwischenzeit stehen diese Mittel dem Unternehmen zur Verfügung. Der zweite Finanzierungseffekt, den Rückstellungen in einem Unternehmen besitzen, entsteht durch die Minderung der Steuerlast und der Gewinnausschüttungen an Eigentümer. Die Buchung der Rückstellungsbildungen als Aufwendungen führt zu einer Verringerung des Gewinns, was wiederum bedeutet, dass weniger Steuern gezahlt werden müssen und Gesellschaftern kleinere Ausschüttungen zustehen.

Finanzierung aus Abschreibungen

Die Finanzierung aus Abschreibungen beschreibt den Effekt, dass die Wertminderungen von betrieblichen Gütern zwar als Aufwand in der Gewinn-und- Verlust-Rechnung eines Unternehmens erfasst werden, jedoch nicht zu einem direkten Abfluss von Geldmitteln führen. Stattdessen stehen diese liquiden Mittel dem Unternehmen zur Verfügung, da Abschreibungen ähnlich wie Rückstellungen die Steuerlast und die Gewinnausschüttung senken, ohne dass ein tatsächlicher Abfluss von Geldmitteln dafür verantwortlich ist. Hierbei spricht man vom Kapitalfreisetzungseffekt.

HINWEIS: Eine spezielle Form der Finanzierung aus Abschreibungen ist der Lohmann- Ruchti-Effekt, der auch Kapazitätserweiterungseffekt heisst. Hier erfolgt eine sofortige Reinvestition der aus Abschreibungen gewonnenen Geldmittel in zusätzliches Anlagevermögen, sodass kein Eigen- oder Fremdkapital zugeführt werden muss.

Aussenfinanzierung

Bei der Aussenfinanzierung kommt das Geld nicht aus dem Unternehmen, sondern stammt von externen Geldgebern. Sie steht damit im Gegensatz zur Innenfinanzierung, bei der Finanzmittel unternehmensintern eingeholt werden.

Eine Finanzierung durch Gesellschafter kann auf zwei Wegen erfolgen. Im einem Fall stellen diese dem Unternehmen zusätzliches Kapital zur Verfügung. Es kommt also zu einer Erhöhung der Einlagen. Im anderen Fall sorgen Neubeteiligungen von Gesellschaftern dafür, dass zusätzliche Finanzmittel in Höhe ihrer Anteile ins Unternehmen kommen.

Die Aufnahme von Krediten und Darlehen ist eine bei Unternehmen beliebte Methode, um an Finanzmittel zu gelangen. Der beteiligte Kreditgeber wird dabei kein Anteilseigner und erhält daher auch keinerlei Mitspracherecht im Unternehmen. Kredite und Darlehen sind in beinahe allen Fällen befristet, und während ihrer Laufzeit hat der Gläubiger ein Recht auf Zinsen und Tilgungszahlungen für die Bereitstellung der Finanzmittel. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hat er zudem Anspruch.

Auch das Factoring, also der Verkauf von Forderungen an Dritte, ist eine Art der Aussenfinanzierung. Hat ein Unternehmen eine grosse Zahl an langfristigen Forderungen gegenüber seinen Kunden, kann es diese an Factoring- Dienstleister übergeben und erhält als Ausgleich einen Grossteil der einzutreibenden Gelder vor dem endgültigen Fälligkeitstermin.

Beim Leasing steht einem Unternehmen sofort das vollständige Leasingobjekt zur Verfügung, ohne dass dafür der gesamte Kaufpreis bezahlt werden muss. Es fallen lediglich Leasingraten an. Auf diese Weise gewährt der Leasinggeber dem Unternehmen eine Art Kredit, da er zunächst auf Geld verzichtet. Nach Ablauf des Leasingvertrags hat der Leasingnehmer in der Regel das Recht, das geleaste Objekt zum Restwert zu kaufen. Durch Finanzierungsleasing kann ein Unternehmen, das als Leasingnehmer auftritt, zudem deutlich Investitionsrisiken senken.

Eigenfinanzierung vs. Fremdfinanzierung

Die Kategorien Eigen- und Fremdfinanzierung unterscheiden, ob die durch eine Finanzierungsart generierten Geldmittel dem Eigen- oder dem Fremdkapital zugerechnet werden können.

Eine Eigenkapitalfinanzierung lässt sich an folgenden Merkmalen erkennen:

  • Die Finanzmittel fliessen ins Eigenkapital und verbleiben dauerhaft im Unternehmen.
  • Der Geldgeber erhält Mitspracherechte und eine Gewinnbeteiligung.
  • Im Insolvenzfall haftet der Geldgeber meist mit der gesamten Einlage.

Eine Fremdkapitalfinanzierung hat folgende Kennzeichen:

  • Die Finanzmittel steigern das Fremdkapital und stehen befristet zur Verfügung.
  • Der Geldgeber erhält keine Mitspracherechte.

Die Abbildung 1 gibt einen Überblick dazu.

Praktische Empfehlungen für Kreditverhandlungen

Erweiterung von Zweckerklärungen

Soweit möglich, sollte von einer engen zu einer weiteren Zweckerklärung gewechselt werden. Der Bank kann dies die Neukreditvergabe erleichtern, da weitere Zweckerklärungen der Bank einen schnelleren Zugriff auf Sicherheiten ermöglichen.

Vermeidung der Stellung persönlicher Sicherheiten

Zu vermeiden ist die Einräumung bzw. Erweiterung persönlicher Sicherheiten. Bürgschaften sind beitragsmässig zu begrenzen. Mit der Rückführung des Darlehens sind die Bürgschaften pro rata abzusenken. Persönliche Sicherheiten sind schnellstmöglich zurückzuführen.

Vermeiden von Finanzkennzahlenverletzungen

Viele Kreditverträge enthalten eine oder mehrere Finanzkennzahlen, deren Einhaltung in regelmässigen Abständen auf einer rollierenden Zwölfmonatsbasis getestet wird. Die Einhaltung der Finanzkennzahlen ist aus Kreditnehmersicht von besonderer Bedeutung, weil eine Verletzung der Finanzkennzahlen Kreditgebern eine vergleichsweise rechtssichere Möglichkeit für Kündigungen der Kredite einräumt. Die Verletzung einer Finanzkennzahl kann zudem zur Erhöhung der Verzinsung sowie zu einem Ziehungsstopp für künftige Ziehungen und somit zu erheblichen Liquiditätsproblemen führen.

Drohenden Finanzkennzahlenverletzungen kann begegnet werden durch:

  • Heilung: Kreditverträge sehen bei Finanzkennzahlenverletzungen in bestimmten Grenzen Heilungsmöglichkeiten vor.
  • Aussetzung: Sind die zu erwartenden Auswirkungen auf die Finanzkennzahlen eher kurzfristiger Natur, kommt eine zeitweise Aussetzung von Finanzkennzahlen in Betracht.
  • Anpassung: Werden langfristige Auswirkungen auf die Finanzkennzahlen erwartet, kann die Anpassung und Neuadjustierung der Finanzkennzahlenrate erforderlich und ratsam sein.

Vermeidung von Kündigungsgründen

Kreditverträge enthalten mehr oder weniger ausführliche Kataloge von Kündigungsgründen, welche die Kreditgeber zu einer ausserordentlichen Kündigung der Kredite berechtigen.

Bei drohenden Kündigungsgründen bestehen folgende Möglichkeiten:

  • Heilung: Die Kündigungsgründe enthalten Heilungsfristen und/oder Heilungsmöglichkeiten, sollten diese nicht ausreichen, ist über eine Anpassung dieser Fristen bzw. über eine Erhöhung etwaiger Schwellenwerte mit den Kreditgebern zu sprechen.
  • Stundung: Können bei Tilgungsdarlehen infolge von Liquiditätsengpässen wiederkehrende Zahlungen für einen absehbaren Zeitraum nicht geleistet werden, ist mit den Kreditgebern frühzeitig über eine Stundung der Tilgungsrate zu sprechen.
  • Stillhalten: Treten Kündigungsgründe ein, kann nach Ausschöpfen etwaiger Heilungsmöglichkeiten ein sogenanntes Stillhalten der Kreditgeber beantragt werden. Unter Stillhalten sind dabei der Verzicht auf die Ausübung eines Kündigungsrechts, der Verzicht auf die Betreibung von fälligen Forderungen, die ohne Kündigung fällig geworden sind, und die Duldung der Inanspruchnahme einer bisher noch nicht ausgeschöpften Kreditlinie zu verstehen.

HINWEIS: Der Kreditnehmer sollte frühzeitig mit den Kreditgebern in Kontakt treten und in eine offene, transparente Kommunikation eintreten. Eine offene, transparente Kommunikation stärkt im Regelfall das Vertrauen der Kreditgeber in das Krisenmanagement des Unternehmens.

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