Boreout: Mit der Fordern-Fördern-Strategie dem Boreout vorbeugen
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Generation 50+ verschwinden vom Radar …
In Ihrem Unternehmen gibt es sie: Die 50+ Mitarbeiter. Vielleicht gehört der eine oder andere Mitarbeiter den Babyboomers an, andere zählen zur Generation X. Obwohl jede Generation ihre Unterschiede aufweist, gibt es jedoch ein entscheidendes Merkmal, das beide verbindet: Es geht bald in die Rente. Die Pensionierung steht bevor. Okay, bei manchen sind es vielleicht nur noch wenige Monate, bei anderen noch einige Jahre.
Dennoch dieser Fakt prägt den Blick. Nicht allein den Blick des einzelnen Mitarbeiters, sondern gerade Ihr Blick als Führungskraft und auch der Blick der Human Ressource Abteilung auf diese Mitarbeitergeneration. Ein Blick, der vielleicht Gedanken und Überlegungen aufpoppen lässt wie
- „Mitarbeiter Meier scheidet in fünf Jahren aus. Da lohnt sich die Weiterbildung nicht mehr.“
- „Von den Anforderungen wäre Mitarbeiterin Gerber für diesen Aufgabenbereich bestens geeignet. Nur, sie geht bald in Rente. Da wäre langfristig geplant ein anderer Mitarbeiter sinnvoller.“
Ohne Zweifel solche Überlegungen sind verständlich. Auch die Fragen, die Sie sich und das HR sicherlich stellen werden - beispielsweise:
- Welche HR Investitionen lohnen sich bei dem 50+ Mitarbeiter?
- Welche (neuen) Aufgabenbereiche sollen übertragen werden?
- An welche Projekte/Aufgaben soll der 50+ Mitarbeiter noch herangeführt werden?
- Bei welchen Projekten ist sein Einsatz sinnvoll?
- Gibt es noch Karriereschritte, die beide Seiten (Mitarbeiter und/oder Unternehmen) planen und anstreben?
- Ist es nicht sinnvoller, in jüngere Mitarbeiter zu investieren, um diese viele Jahre ans Unternehmen zu binden?
- Kann/Will der 50+ Mitarbeiter überhaupt noch weitere Verantwortung übernehmen?
- Kann/Will der 50+ Mitarbeiter neue Aufgaben(bereiche) in seine Arbeit integrieren?
- Ist der 50+ Mitarbeiter noch fit genug, um dies zu stemmen?
- Wie schnell und gut stellt sich der 50+ Mitarbeiter auf Neuerungen ein?
- Wie viel Zeit und Geld müsste in seine Weiterbildung investiert werden, um ihn auf dem aktuellem Stand zu halten bzw. ihn auf den nächsten Level zu „heben“?
Viel zu oft fallen die Bewertungen und Antworten negativ aus. Der eigene Blick zu sehr auf die wenigen Jahre vor der Verrentung gerichtet, statt auf die Potenziale zu schauen, die noch ausgeschöpft werden können und sollten. Doch dabei gehen nicht allein Potenziale verloren. Nein. Vielmehr wird riskiert: Ein Boreout, dank kontinuierlicher Unterforderung.
… und die Falle schnappt zu: Boreout
Kein 50+ Mitarbeiter wird sich über die Fülle seiner Arbeit beklagen. Quantitativ sind sie voll ausgelastet. Oftmals auch mit zu vielen Aufgaben und Arbeiten. Nur – und dies ist ganz entscheidend – wie sieht denn die Qualität dieser Aufgaben aus? In der Regel handelt es sich, um Aufgaben, die
- routiniert von der Hand gehen,
- so vertraut sind, das sie unterfordern,
- eigene Fähigkeiten kaum ausschöpfen,
- „nur“ ein gewisses Leistungsniveau erfordern,
- nichts Neues mehr eröffnen,
- keinen Sinn mehr bieten – und zwar seit langer, langer Zeit,
- langweilen.
Die Folgen sind:
- Frustration
- Unzufriedenheit
- Unterforderung
- Ein Gefühl, ausgebremst zu werden
- Steigendes Desinteresse am Job und der Arbeit
- Innere Kündigung
- die Frage nach dem Sinn „Welchen Sinn sehe ich in der Arbeit, die ich tue und für wen ich es tue?“
- und der Versuch die Unterforderung in einem Arbeitsumfeld zu tarnen, in dem es stets heisst „schneller, weiter, höher“, um nicht negativ aufzufallen. Und dies kostet viel Energie, zermürbt und macht letztendlich krank.
Folgen, die nicht einfach als Jobfrust abgetan werden sollten. Vielmehr sind es Symptome eines Boreouts. Leider haben viele Unternehmen und Führungskräfte einen Boreout kaum auf dem Radar. Vielmehr verbleibt ein Boreout in der Tabuzone. Es wird nicht offen darüber kommuniziert - mit negativen Auswirkungen für alle.
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Boreout nicht unterschätzen
Boreout darf und sollte niemals unterschätzt werden. Die Folgen sind zu einschneidend. Bei dem Mitarbeiter, der von einem Boreout betroffen ist:
- Erschöpfung
- Müdigkeit
- Unzufriedenheit
- Apathie
- Lustlosigkeit
- Gereiztheit
- Depression
- Verzweiflung
- Panikattacken
- Schlafstörungen
- Tinnitus
- Magen-Darm-Probleme
- Schmerzen jeglicher Art: Kopfschmerzen, Rückenschmerzen
- Schwindel
- Gewichtszunahme bzw. –abnahme
- Anfälligkeit für Infektionen
Für das Team und das Unternehmen:
- sinkende Produktivität
- Leistungsabfall
- erhöhte Fehlerquote
- erhöhte krankheitsbedingte Fehltage
- Aufgaben und/oder Arbeiten müssen von Kollegen übernommen werden: Mehrbelastung
- sinkende Einnahmen vs. steigende Personalkosten (durch z.B. Überstunden, die die anderen Mitarbeiter leisten müssen)
- fehlender Ansprechpartner des Kunden
- hohe Fluktuation
- Wissen- und Kompetenzverlust
- fehlender Wissens- und Kompetenztransfer
- Verschärfung des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels
Boreout-Risiko minimieren mit der Fordern-Fördern-Strategie
Holen Sie das Boreout-Risiko endlich auf Ihren Radar. Denn – und dies ist ganz entscheidend – Sie als Führungskraft haben einen immensen Einfluss, ob ein 50 + Mitarbeiter ein Boreout erleidet oder nicht. Es liegt an Ihnen,
- welche Aufgaben der 50+ Mitarbeiter erhält oder nicht,
- welche Weiterbildung ihm genehmigt wird,
- zu prüfen, ob der 50+ Mitarbeiter qualitativ ausgelastet ist.
Sensibilisieren Sie sich deshalb für das Boreout-Risiko. Steuern Sie aktiv gegen. Kein Unternehmen kann es sich leisten gute Mitarbeiter an einen Boreout zu verlieren. Die Kosten sind einfach zu hoch.
Tipp 1: 50+ Mitarbeiter im Fokus
Bevor es zum Handeln geht, ist eine Ist-Analyse unerlässlich. Verschaffen Sie sich einen guten Überblick über Ihre Mitarbeiterstruktur und Ihr Team. Fragen Sie sich:
- Wie viele 50+ Mitarbeiter gibt es in Ihrer Abteilung und/oder Ihrem Team?
- Welche Jobfunktion hat der einzelne 50+ Mitarbeiter inne?
- Welche Entwicklung hat der 50+ Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen durchlaufen? Innerhalb seiner gesamten Karriere?
- Wie hat sich sein Aufgabenbereich entwickelt – in den letzten Jahren, Monaten, Wochen? Gab es überhaupt eine (Weiter-)Entwicklung? Oder blieb „alles beim Alten“?
- Wie schätzen Sie ihn ein - in puncto Engagement, Ehrgeiz, Lust auf Neues und Co?
- Was haben Sie ihm zugetraut? Wie hat er diese Aufgaben bewältigt?
- Was trauen Sie ihm jetzt und in Zukunft zu?
- Wie haben Sie ihn gefördert und gefordert? In welchen Bereichen fand so eine gezielte Entwicklung statt?
- Worin und wohin könnte eine aktuelle und zukünftige Entwicklung stattfinden?
- Wann war das letzte Mitarbeitergespräch?
- Welche Ziele und Wünsche äusserte der 50+ Mitarbeiter – auch hinsichtlich dem Weg bis zur Rente/Pension (Teilzeit arbeiten vs. länger arbeiten wollen)?
- Welche Unzufriedenheit zeigt(e) sich bei ihm?
- In welchen Bereichen ist der 50+ Mitarbeiter von Ihrem Radar verschwunden? Weshalb?
Tipp 2: Fordern-Förder-Idee freisetzen
Sie haben sich ein Bild zu jedem Ihrer einzelnen 50+ Mitarbeiter gemacht. Gut. Markieren Sie nun die 50+ Mitarbeiter, bei denen Sie den Verdacht hegen: Der 50+ ist qualitativ unterfordert. Hier sollten Sie unbedingt handeln. Setzen Sie ausreichend Ideen frei. Fragen Sie sich:
- Welche Unternehmensziele gibt es?
- In welchen Bereichen müssen Sie Ihre Mitarbeiter schulen, um diese Ziele erreichen zu können? Welche Aufgaben fielen dabei dem 50+ Mitarbeiter zu? Wie kann dieser aktiv das Erreichen dieser Unternehmensziele unterstützen? Durch seine Expertise?
- Wie könnte dessen Aufgabenbereich so verändert werden, damit Neues und Herausforderndes hinzukommt?
- Was könnte von dem 50+ Mitarbeiter übernommen werden, um ihn aus der Routine herauszuholen, beispielsweise ihn als Mentor/Coach für jüngere Mitarbeiter einsetzen?
- Mit welchem Minimalaufwand kann eine qualitative Verbesserung seiner Arbeit gelingen?
- Was interessiert den Mitarbeiter? Welche beruflichen Ziele hat er für sich genannt?
- Worin könn(t)en Sie ihn persönlich coachen?
- Welche neuen Projekte können ihm übertragen werden?
- Was können Sie von ihm fordern?
- Auf welche Weise können Sie in fördern, ohne zu über- oder unterfordern?
Tipp 3: Mit dem Mitarbeiter sprechen
Laden Sie den Mitarbeiter zu einem Gespräch. Reservieren Sie sich dafür ausreichend Zeit – maximal 60 Minuten. Erläutern Sie den Sinn des Gespräches, ohne jedoch den Verdacht eines Boreout-Risikos zu benennen. Niemand wird zugeben, dass er unterfordert ist. Einfach, weil dieses Thema tabuisiert, als auch negativ bewertet wird.
Sprechen Sie lieber offen über Potenziale und Möglichkeiten. „Sie sind ein wertgeschätzter Mitarbeiter unseres Unternehmens mit vielen unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Gerne möchten wir diese Fähigkeiten weiter ausbauen. Ihr Engagement nutzen. Ihnen Aufgaben bieten, die Sie weiterhin fordern und die Ihnen Sinn vermitteln. Sie hatten selbst schon Interesse gezeigt an…“.
Fragen Sie dennoch zusätzlich konkret die aktuellen Wünsche ab. Vielleicht hat sich zwischenzeitlich etwas verschoben. Legen Sie danach offen, welche Ideen Sie freigesetzt haben. Zeigen Sie auf, was Sie sich vorstellen und was machbar ist. Besprechen Sie jedoch nicht allein neue Ziele, sondern setzen Sie auch neue Prioritäten der Aufgaben fest. Es geht um eine qualitative Verbesserung – und nicht um eine quantitative Auslastung. Letzteres ist längst vorhanden. Vermitteln Sie unbedingt (!): Es geht nicht um eine Mehrbelastung, sondern um eine Entlastung durch Aufgaben, die Freude und Sinn bereiten.