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Selbständigkeitsgrade: Die Selbständigkeit der Mitarbeitenden einschätzen und den eigenen Führungsstil optimieren

Es gibt nicht den guten und den schlechten Führungsstil, sondern es gibt einen in der Situation passenden oder unpassenden Führungsstil. Wichtig ist, dass eine Führungskraft flexibel und sicher verschiedene Führungsstile einsetzt.

13.06.2018 Von: Anita Bischof
Selbständigkeitsgrade

Vier Führungsstile

Beim aktiv Führen unterscheiden wir zwischen vier Führungsstilen: dem anweisenden, dem überzeugenden, dem beratenden und dem delegierenden Führungsstil. Diese vier Führungsstile sind die Antwort auf verschiedene Selbständigkeitsgrade des Mitarbeiters. Ein Mitarbeiter, der eine Aufgabe zum ersten Mal macht, möchte anders geführt werden als einer, der diese Aufgabe routiniert bearbeiten kann.

 

Um den Selbständigkeitsgrad eines Mitarbeiters in einer bestimmten Aufgabe festzustellen, sind zwei verschiedene Aspekte zu beachten.

  1. Die Aufgabenebene sagt Ihnen, ob ein Mitarbeiter fachlich in der Lage ist, die Aufgabe zu erfüllen.
  2. Anhand der Beziehungsebene erkennen Sie, ob ein Mitarbeiter in seinem Verhalten Einsicht, den Willen und die nötige Sicherheit zur Erledigung der Aufgabe zeigt.

Um diese beiden Teile zu analysieren, gehen Sie folgendermassen vor:

  1. Formulieren Sie für einen Mitarbeiter eine konkrete Aufgabe. Beschreiben Sie die Aufgabe kurz in Stichworten.
  2. Beschreiben Sie das Verhalten des Mitarbeiters bezüglich seiner Aufgabenerfüllung: Was macht er oder macht er nicht? Was macht er zu wenig oder zu viel?
  3. Stellen Sie den Selbstständigkeitsgrad des Mitarbeiters in dieser Aufgabe fest, indem Sie das Verhalten des Mitarbeiters, das Sie zuvor beschrieben haben, nach folgenden Kriterien einschätzen:
  • Können (Aufgabenebene): Er kann die Aufgabe bearbeiten, da er genügend Sachkompetenz und auch praktische Erfahrung dazu hat. / Er kann sie nicht bearbeiten, denn es fehlt ihm die nötige Fachkompetenz, er bearbeitet eine solche Aufgabe zum ersten Mal.
  • Wollen (Beziehungsebene): Er ist sicher und motiviert diese Aufgabe zu bearbeiten. / Er ist unsicher und/oder nicht motiviert.

Die daraus resultierenden Selbstständigkeitsgrade sind:

  • S1: Er kann nicht und will nicht, ist uneinsichtig und unsicher.
  • S2: Er kann nicht aber will, ist einsichtig und zuversichtlich.
  • S3: Er kann und ist unsicher, will nicht und ist uneinsichtig.
  • S4: Er kann und will, ist einsichtig und sicher.

Schauen wir uns die verschiedenen Selbständigkeitsgrade anhand der folgenden Beispiele in der Praxis an.

Selbstständigkeitsgrad S1 - Ein Mitarbeiter, der noch neu im Team ist und noch nie eine Präsentation vor einer Gruppe gehalten hat, hat zu Beginn dieser Aufgabe einen Selbstständigkeitsgrad S1. Ihm fehlt sowohl das Know-how wie man einen Vortrag gliedert, inhaltlich gestaltet und mit speziellen Add-ons aufwertet als auch die Sicherheit und Zuversicht für diese Aufgabe.

Selbstständigkeitsgrad S2 - Ein Mitarbeiter, der schon öfters gute Präsentationen gehört hat und sein Projekt vor seinen Kollegen präsentieren darf, hat zu Beginn dieser Aufgabe einen Selbstständigkeitsgrad S2. Ihm fehlt noch das Know-how, wie man einen Vortrag gliedert, inhaltlich gestaltet und mit speziellen Add-ons aufwertet; da er jedoch über sein Projekt umfassend Bescheid weiss, fühlt er sich sicher und ist motiviert, sein Projekt vorzustellen.

Selbstständigkeitsgrad S3 - Ein Mitarbeiter, der zwar schon mehrmals eine Präsentation vor einer Gruppe gehalten hat, dieses Mal einen wichtigen und kritischen Entscheidungsträger in der Zuhörerschaft weiss und gegenüber seinen Kollegen bereits sein Unbehagen diesbezüglich ausgedrückt hat, versucht eventuell die Aufgabe jemand anderem zu geben, hat in dieser Situation einen Selbstständigkeitsgrad S3.

Selbstständigkeitsgrad S4 - Ein Mitarbeiter, der schon mehrmals eine Präsentation vor Gruppen gehalten hat, zwischendurch und am Ende souverän Fragen beantwortet und bei den Zuhörern geschätzt wird, hat in dieser Situation einen Selbstständigkeitsgrad S4.

In Abhängigkeit zur Selbstständigkeit wählen Sie nun den passenden Führungsstil

Zu einem Selbstständigkeitsgrad S1 wählen Sie den Führungsstil F1 - Anweisen

Ein Mitarbeiter mit einem Selbstständigkeitsgrad S1 braucht klare Anweisungen auf der Aufgabenebene. Sie erläutern ihm, was, wie, womit und bis wann er bearbeiten muss. Sie zeigen ihm beispielhaft, wie er sie bearbeiten soll. Sie sind bei einem Selbstständigkeitsgrad S1 auf der sicheren Seite, wenn Sie den Mitarbeiter bitten die konkreten Anweisungen aufzuschreiben. Sie begleiten den Mitarbeitenden während der Bearbeitung der Aufgabe, indem Sie sich zwischendurch immer wieder den Fortschritt der Ergebnisse zeigen lassen und deren Qualität überprüfen.

Für die S1-Situation in unserem Beispiel unterstützen Sie den Mitarbeiter, indem Sie mit ihm die Präsentation detailliert vorbereiten, das Ziel der Präsentation sowie die Gliederung und die Inhalte erarbeiten. Ein grosser Teil des Inputs kommt von Ihnen. Sie geben vor, der Mitarbeitende übernimmt Ihre Vorgaben und setzt diese, so wie Sie sie mit ihm besprochen haben, um. Wenn die Ergebnisse erreicht werden, dann sehen Sie als Führungskraft zum einen, ob Ihre Anweisungen angekommen sind (Aufgabenebene) und ob sie angenommen wurden (Beziehungsebene). Das gilt in allen Situationen.

Zu einem Selbstständigkeitsgrad S2 wählen Sie den Führungsstil F2 - Überzeugen

Den motivierten, fachlich jedoch noch nicht kompetenten bzw. eingearbeiteten Mitarbeiter geben Sie durch klare Struktur die nötigen Informationen zur Aufgabenbewältigung. Auf der Beziehungsebene gilt es nun, die entsprechende Sicherheit und das Vertrauen für die Arbeitsausführung zu vermitteln, indem Sie z. B. Fragen beantworten, auf Diskussionen eingehen oder das Interesse vonseiten des Mitarbeiters für die Aufgabe positiv verstärken. Auch bei einem Führungsstil F2 – Überzeugen – überprüfen Sie zwischendurch den Fortschritt und die Qualität der Ergebnisse. Somit stellen Sie sicher, dass der Mitarbeiter mit seinem Vorgehen auf dem richtigen Weg ist und auch zeitlich mit der Bearbeitung hinkommt.

Für die S2-Situation in unserem Beispiel unterstützen Sie den Mitarbeiter, indem Sie mit ihm die Präsentation detailliert vorbereiten, das Ziel der Präsentation sowie die Gliederung und die Inhalte erarbeiten. Ein grosser Teil des Inputs kommt von Ihnen. Durch das Nachfragen, im Sinne von Verstehen wollen, signalisiert der Mitarbeitende deutlich sein Interesse an der Aufgabe. Sie gehen auf seine Fragen ein und beantworten diese. Der Mitarbeitende übernimmt Ihre Vorgaben und setzt diese, so wie Sie sie mit ihm besprochen haben, um. Ein Mitarbeiter mit einem Selbstständigkeitsgrad S2 nimmt Ihre Vorgaben und Hinweise an, er ist froh über Ihre Unterstützung und blockiert nicht.

Zum Selbstständigkeitsgrad S3 wählen Sie den Führungsstil F3 - Beraten

Sie übergeben die Aufgabe an den Mitarbeiter, lassen den Mitarbeiter jedoch selbstständig Lösungsvorschläge machen und teilen ihm mit, dass Sie für seine Fragen zur Verfügung stehen. Sie lassen sich die Bearbeitung der Aufgabe von Ihrem Mitarbeiter erläutern und vermitteln ihm die eventuell noch fehlende Sicherheit, indem Sie ihm in seinem Vorgehen bestätigen.

Für die S3-Situation in unserem Beispiel unterstützen Sie den Mitarbeiter, indem Sie sich seine Präsentation zeigen lassen. Der Mitarbeiter erläutert Ihnen das Ziel der Präsentation, erklärt seine Gliederung und stellt die Inhalte vor. Wo der Mitarbeiter Sie um Rat fragt, unterstützen Sie. Ein grosser Teil des Inputs kommt vom Mitarbeiter. Unsicherheiten vonseiten des Mitarbeiters nehmen Sie auf und besprechen diese mit ihm.

Zum Selbstständigkeitsgrad S4 wählen Sie den Führungsstil F4 - Delegieren

Sie stehen für Fragen zur Verfügung, lassen den Mitarbeiter jedoch selbstständig arbeiten, wozu er aufgrund seines Selbstständigkeitsgrades auch in der Lage ist. Sie lassen dem Mitarbeiter genügend Raum für die Bearbeitung der Aufgabe.

Für die S4-Situation in unserem Beispiel unterstützen Sie den Mitarbeiter, indem Sie ihn die Präsentation vorbereiten lassen. Sie erkundigen sich nach dem Status und geben ihm zu verstehen, dass er sich melden kann, wenn er Hilfe braucht. Ansonsten lassen Sie ihn einfach die Aufgabe selbstständig erledigen.

Es ist hier besonders wichtig, dass Sie Ihre Einschätzung der Selbständigkeit des Mitarbeiters in dieser Aufgabe anhand konkretem, beobachteten Verhalten machen und bei Ihrem Führungsverhalten darauf achten, dass Sie sich innerhalb des zuvor gewählten Führungsstils bewegen, statt in mehreren.

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