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Situativ führen: So führen Sie richtig und wirksam

Richtig und wirksam zu führen bedeutet, dass Sie effektiv auf das Verhalten Ihrer Mitarbeiter Einfluss nehmen. Ihr individueller Führungsstil wird von Ihren Mitarbeitern jedoch unterschiedlich wahrgenommen. Ob dieser nun als "streng und arrogant" charakterisiert oder als "nett und nachsichtig" eingeschätzt wird, ist eher von geringerer Bedeutung. Wesentlich wichtiger ist, was Sie tun müssen, um in jeder Ihrer Führungssituationen richtig und wirksam zu sein.

17.03.2022 Von: Matthias K. Hettl
Situativ führen

Richtiges und wirksames Führen hat seine Wurzeln im situativen Führungsansatz von Paul Hersey und Kenneth Blanchard.

Situativ führen - So geht's

Leader kombinierten dabei die Aufgabenorientierung und Mitarbeiterorientierung in ihrem Führungsverhalten, und zwar in mehr oder weniger mitarbeiterorientiertes und mehr oder weniger aufgabenorientiertes Verhalten. Wirksames Führungsverhalten stellte sich dabei immer als eine Kombination aus beiden Dimensionen heraus. Jeder Führungsstil kann also in der Praxis angebracht sein.

«Man hilft den Menschen nicht, wenn man etwas für sie tut, was sie selbst tun könnten.» Abraham Lincoln

Aufgaben- und mitarbeiterorientiertes Verhalten lässt sich somit als Vier-Felder-Matrix darstellen und kommt in vier unterschiedlichen Führungsstilen zur Ausprägung. Die vier Führungsstile lassen sich, bildlich betrachtet, in ein Sprossenfenster mit vier Feldern unterteilen. Dabei werden das rechte untere Feld mit dem Führungsstil 1 als Strukturieren bzw. Diktieren, das rechte obere Feld als Führungsstil 2 Argumentieren bzw. Trainieren, das linke obere Feld als Führungsstil 3 Partizipieren bzw. Coachen und das linke untere Feld als Führungsstil 4 Delegieren bzw. Übergeben bezeichnet.

Wenden Sie Führungsstil 1 an, dann wenden Sie in Ihrem Führungsstil mehr die Einwegkommunikation an. Sie diskutiert und erklärt nicht, sondern Sie als der Leader definieren, strukturieren und weisen gegebenenfalls die einzelnen Arbeitsschritte an und helfen so Ihrem Mitarbeiter, seine "Ziele" zu erreichen. Sie geben Ihrem Mitarbeiter jedoch die Gelegenheit zur Klärung von Verständnisfragen. Im Führungsstil 2 gehen Sie mehr auf den Mitarbeiter ein. Das bedeutet, dass Sie die Aufgabe zwar nach wie vor klar definieren und strukturieren, dem Mitarbeiter jedoch vermitteln, was die Gründe für diese Vorgehensweise sind. Sie geben Ihrem Mitarbeiter sozusagen den Hintergrund und die Gelegenheit, seine Fragen zu beantworten. Sie entwickeln Ihren Mitarbeiter dadurch weiter. Dementsprechend steht hier die Zweiwegkommunikation im Mittelpunkt. Im Führungsstil 3 greifen Sie als Leader die Fragen, Bedenken und Unsicherheiten Ihres Mitarbeiters auf. Hier ist Ihre Fähigkeit gefragt, zuzuhören und bei Ihrem Mitarbeiter nachzufragen, was er denn für die bestmögliche Vorgehensweise hält. Es geht darum, dass Sie positives Feedback geben, bestärken, aufbauen und unterstützen. Mit dem Führungsstil 4 lassen Sie Ihren Mitarbeiter im besten Sinne des Wortes "laufen". Das heisst, Sie delegieren und übergeben einen Grossteil der Verantwortung. Führungsstil 4 bedeutet, dass die Aufgaben und Ziele klar sind und zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter Einigkeit über das Vorgehen besteht. Das Angenehme dabei ist, dass Sie in diesem Führungsstil sehr zeitoptimal führen können.

Die Frage nach dem "richtigen" Führungsstil lässt sich relativ einfach beantworten. Es gibt diesen einfachen und universellen Führungsstil nicht. Es gibt unterschiedliche Situationen, es gibt unterschiedliche Mitarbeiter und es gibt unterschiedliche Zielsetzungen und Herausforderungen. Situativ führen gleich Anpassung an die gegebene Situation?

«You can expect more, if you inspect more.» Kenneth Blanchard

Welchen Führungsstil Sie anwenden müssen, hängt immer vom situativen Reifegrad Ihres Mitarbeiters ab, also vom Selbständigkeitsgrad bzw. dem Entwicklungsgrad Ihres Mitarbeiters. Sie kennen die Beispiele, bei denen es aus Führungssicht auf jede Sekunde ankommt: Bei Rettungsdiensten, die sich im Einsatz befinden, hören Sie knappe Kommandos und präzise Anweisungen. Bei einer Terminsache mit höchster Priorität werden Sie vermutlich präzise Anweisungen geben und sich nicht auf ausführliche Diskussionen über den Sinn und Zweck der Aufgabe einlassen, sodass das Schriftstück termingerecht bearbeitet wird. Ganz anders werden Sie sich verhalten, wenn Sie einem motivierten und hoch qualifizierten

Mitarbeiter die Ausarbeitung eines schwierigen Konzepts geben. Wenn Sie diesen Mitarbeiter direktiv führen würden, würden Sie diesen Mitarbeiter demotivieren, und auf Dauer würden Sie Gefahr laufen, ihn zu verlieren.

Der Reifegrad Ihres Mitarbeiters ist das zentrale Bindeglied zu den Führungsstilen. Reifegrade bestimmen den Selbständigkeitsgrad eines Mitarbeiters. Die Diagnose des Selbständigkeitsgrades bezieht sich dabei immer auf eine konkrete, situative Aufgabe, Tätigkeit, Arbeit oder Funktion, die Sie Ihrem Mitarbeiter zur Bearbeitung übergeben.

Der Reifegrad Ihres Mitarbeiters ergibt sich einerseits aus seiner Ausbildung, seinen Kenntnissen und Erfahrungen, also aus seiner Fähigkeit. Andererseits spielen Motivation und Engagement sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, eine Rolle. Es geht also auch um die Willigkeit Ihres Mitarbeiters. Diese beiden Faktoren bestimmen den Selbständigkeitsgrad Ihres Mitarbeiters. Der Reifegrad ist also immer eine Kombination aus zwei beobachtbaren Verhaltensweisen: Erstens Können und damit Fähigkeit und zweitens Wollen und damit Willigkeit.

Wichtig ist, dass Sie im Reifegrad kein Charaktermerkmal sehen. Durch den situativen Reifegrad wird auch keine Bewertung einer Person nach Charakter, Werten, Alter oder Ähnlichem vorgenommen. Ein hoher oder ein niedriger Reifegrad ist kein Qualitätsmerkmal. Der Reifegrad signalisiert Ihnen lediglich, wie Ihr Mitarbeiter geführt werden will. Fähigkeit ist Wissen, Erfahrung und Können, die ein Mitarbeiter zur Erfüllung einer spezifischen Aufgabe oder Tätigkeit situativ einbringt. Willigkeit beschreibt das Zutrauen, die Verpflichtung und die Motivation, eine spezifische Aufgabe oder Tätigkeit situativ auszuüben.

Im situativen Reifegrad 1 zeigt sich Ihr Mitarbeiter bei der Übergabe der Aufgabe als nicht fähig und nicht willig bzw. noch nicht fähig und nicht mehr willig. Ihr Mitarbeiter ist situativ nicht fähig und es fehlt ihm an Verpflichtung und Motivation. Der situative Reifegrad 2 beschreibt den Selbständigkeitsgrad des Mitarbeiters als noch nicht fähig und willig bzw. noch nicht fähig und willig. Ihrem Mitarbeiter fehlt situativ bei dieser Aufgabe die Fähigkeit, aber er ist motiviert und bemüht sich. Ihrem Mitarbeiter fehlt noch das Können, aber er versucht sich hineinzuarbeiten und zeigt Initiative. Im Reifegrad 3 zeigt sich Ihr Mitarbeiter situativ fähig, jedoch unsicher. Ihr Mitarbeiter hat die situative Fähigkeit, die Aufgabe zu erfüllen, ist aber unsicher oder hat Bedenken, die Aufgabe allein zu erledigen.

«Die meisten Führungskräfte zögern, ihre Leute mit dem Ball laufen zu lassen. Aber es ist erstaunlich, wie schnell ein informierter und motivierter Mensch laufen kann.» Lee Iacocca

Der situative Reifegrad 4 charakterisiert Ihren Mitarbeiter für diese Aufgabe als fähig und willig. Ihr Mitarbeiter hat situativ die Fähigkeit, die Arbeitsaufgabe auszuführen, und möchte das auch tun. Ihr Mitarbeiter ist zur Arbeit an der Maschine qualifiziert, arbeitet gerne an der Maschine und führt die Aufgabe aus.

Der Ansatz des richtigen Führens basiert auf der Angemessenheit und Effektivität von Führungsstilen bei bestimmten aufgabenrelevanten Reifegraden Ihrer Mitarbeiter. Die Reifegrade bestimmen somit, wann Sie welchen Führungsstil einsetzen müssen, um Ihre Mitarbeiter effektiv und wirksam zu führen. Wenn sich einer Ihrer Mitarbeiter situativ im Reifegrad 1 befindet, dann ist Führungsstil 1 der ideal passende und wirksamste Führungsstil. Das heisst, Ihr Mitarbeiter zeigt als Reaktion Unsicherheit und momentane Unkenntnis bei der Abarbeitung seiner Aufgabe. Hier ist der strukturierende Führungsstil der erfolgsversprechendste. Sie als Leader geben dem Mitarbeiter durch die Nennung der einzelnen Schritte eine klare Orientierung. Die Regel lautet: "Reifegrad sucht Führungsstil."

Zeigt sich Ihr Mitarbeiter motiviert und engagiert, kennt er den Weg zum Ziel aber nicht oder schätzt er den Zeitbedarf aus Unerfahrenheit bzw. Unkenntnis falsch ein, dann befindet sich Ihr Mitarbeiter im Reifegrad 2. Ihre beste Reaktion ist es, dem Mitarbeiter über Argumentation und Erklärung zu verdeutlichen, dass seine Ideen gut sind, dass aber die Zeit nicht ausreicht, um sie zu verwirklichen. Im situativen Reifegrad 3 wird Ihr Mitarbeiter zögerlich wirken und verunsichert sein. Auf Ihre Frage, wie er denn an die Aufgabenstellung herangehen würde, wird er antworten, dass er sich nicht sicher ist. Bei der nächsten Frage, was er denn hier grundsätzlich machen würde, kommen dann die ersten richtigen Lösungsvorschläge. Vielleicht kommt nicht gleich die beste Lösung dabei heraus, aber wenn Ihr Mitarbeiter sich im situativen Reifegrad 3 befindet, dann hat er aus fachlicher Sicht eine sinnvolle Lösung parat. Wenn Ihr Mitarbeiter den situativen Reifegrad 4 zeigt, wird er Ihnen die passende Antwort zur Lösung der Aufgabe nennen können, wenn Sie danach fragen. Ihr Mitarbeiter im situativen Reifegrad 4 ist sich sicher, wirkt kompetent und überzeugend und gibt Ihnen vor allem den richtigen Lösungsweg. Er arbeitet selbständig an der Lösung und informiert Sie bzw. gibt Ihnen am Ende ein Feedback über die Zielerreichung. Er übernimmt Verantwortung für die Lösung der Aufgabe, und das zeigt er Ihnen durch sein Verhalten und Auftreten. Er bringt Ihnen Lösungen und Ergebnisse.

«Situationsbezogene Führung ist nicht etwas, was die Mitarbeiter passiv hinnehmen, sondern etwas, was sie aktiv mitgestalten.» Kenneth Blanchard

Situativ führen - Was bedeutet das? Das Konzept des richtigen und wirksamen Führens basiert auf dem effektiven Zusammenspiel zwischen dem richtigen Mass an aufgabenorientiertem und mitarbeiterbezogenem Verhalten und dem situativen Reifegrad, den Ihr Mitarbeiter bei einer bestimmte Aufgabe zeigt.

Ihr Erfolg als Führungskraft hängt entscheidend davon ab, wie Ihre Basiskompetenzen ausgeprägt sind. Eine hervorragende Fachkenntnis in Ihrem Arbeitsbereich reicht nicht aus. Für Sie als Führungskraft geht es vielmehr darum, wie Sie es schaffen, dieses Fachwissen auch auf eine gewinnende, konsequente und sozialkompetente Art zu kommunizieren. Effektivität und Wirksamkeit erreichen Sie darüber hinaus nur durch individuelles Führen. Das zeigt sich täglich in der Führungspraxis und ist durch die Führungsforschung belegt. Es gibt unterschiedliche Situationen, es gibt unterschiedliche Mitarbeiter und es gibt unterschiedliche Zielsetzungen und Herausforderungen, in denen Sie je nach situativem Reifegrad den entsprechenden Führungsstil anwenden sollten.

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