Das Mitarbeitergespräch soll sachbezogen und sachlich vor sich gehen
Ein Mitarbeitergespräch ist ein sehr persönliches, teilweise sogar intimes Gespräch. Werden Mitarbeitende nicht persönlich abgeholt, gelingt ein fruchtbares Gespräch auf der Sachebene nur schwer. Ein häufiger Grund, der zu Konflikten führt, ist daher die fehlende Akzeptanz der beurteilenden Person sowohl in fachlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Diesem Umstand wird meist viel zu wenig ernsthaft Beachtung geschenkt.
Ein erfolgreiches Gespräch bedingt, dass insbesondere die vorgesetzte Person kommunikative Voraussetzungen für ein kongruentes Gespräch mitbringt. Viele Vorgesetzte sind diesbezüglich nicht oder unzulänglich geschult. Es obliegt vor allem der vorgesetzten Person, die für ein erfolgreiches Gespräch wichtige Sicherheit zu vermitteln, in der auch Kritik ihren Platz haben darf und muss.
Verhaltensregeln bei der Mitarbeiterbeurteilung
- Die positiven, nützlichen Aspekte der Mitarbeiterbeurteilung hervorheben.
- Verständnis zeigen, Verständnisgrundlagen schaffen und Verständnis erwarten.
- Eine empathische Grundeinstellung kann in einem Mitarbeitergespräch matchentschei-dend sein. Die innere Distanz und das grundsätzliche Beharren auf der Sachebene sind jedoch ebenso wichtig. Notfalls eine Pause einlegen!
- Schwierige Aspekte, aufkommende Emotionalität durch Normalisieren entschärfen, z.B. durch die Aussage: «In einem anderen Zusammenhang haben wir das auch so erlebt.»
- Fühlt sich ein Mitarbeitender falsch beurteilt, gilt es den wahren Grund zu eruieren. Die subjektive Wahrnehmung muss respektiert und den geltenden sachbezogenen Kriterien gegenübergestellt werden.
- Wenn sich Mitarbeitende in einem Gespräch verweigernd negativ verhalten, gilt es, dieses Verhalten rasch und direkt anzusprechen. Dabei ist von grosser Bedeutung, dass die ansprechende Person die innere Ruhe bewahrt und in sich selber Gefühls- und Sachebene auseinanderhalten kann. Dann ist es auch möglich, auf die Vermischung dieser beiden Ebenen hinzuweisen.
- Stellt sich heraus, dass ein während der Mitarbeiterbeurteilung auftauchender Konflikt schon länger schwelt und mit dem zu führenden Gespräch nichts oder nicht viel zu tun hat, muss das Gespräch unterbrochen und sein Inhalt neu definiert werden.
Verschiedenste Konflikttreiber
Ein Mitarbeitergespräch ist stets hierarchisch (oben/unten) geprägt: Die vorgesetzte Person (oben) beurteilt das Verhalten der subordinierten Person (unten). Eine kongruente Kommunikation kennt jedoch kein oben/unten. Es werden Zielvorstellungen formuliert, die motivieren sollen, die aber auch Druck und Angst auslösen können. Druck und Angst sind Konflikttreiber. Zudem stehen Vorgesetzte bei der Beurteilung häufig ihrerseits unter Stress. Stress erschwert ein sowohl auf persönlicher als auch auf sachlicher Ebene adäquates Kommunizieren und Verhalten.
Leistung ist etwas Objektivierbares, Wahrnehmung ist hingegen stets subjektiv. Es ist fast nicht möglich, jemandem eine sachlich begründete Kritik zu vermitteln, wenn dessen subjektive Wahrnehmung anders liegt. Eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung läuft Gefahr, in eine Wertung von gut/schlecht, richtig/falsch zu geraten. Darüber lässt sich bekanntlich rasch und leicht streiten. Die Eskalationsgefahr ist gross.
Antipathien thematisieren
Konflikte sind für beide Gesprächspartner unangenehm und werden daher meist gemieden und vermieden. Gerade die Vermeidung von Konflikten erhöht jedoch deren Risiko. Antipathien sind fälschlicherweise tabu. Werden Antipathien nicht thematisiert, stehen sie bedrohlich im Raum. Angesprochen, liefern sie diverse, wichtige Informationen und ermöglichen eine klarere Beurteilung von Beziehungen und Sachverhalten. Auch persönliche Sympathien können bei der Mitarbeiterbeurteilung jedoch heikel sein, weil im Gespräch die erforderliche Distanz gewahrt bleiben muss.
Rolle des HR im Mitarbeitergespräch
Immer wenn jemand von der HR-Abteilung bei einem Mitarbeitergespräch dabei ist, entsteht durch die andere Konstellation eine in verschiedener Hinsicht andere Dynamik des Gesprächs, die beachtet und geklärt werden muss. Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass eine HR-Abteilung generell in einem Spannungsverhältnis steht: Einerseits sind da die Vorgaben des Betriebes, andererseits erwarten die Mitarbeitenden Verständnis und Unterstützung, was zu einem herausfordernden Spagat und zu einer Konflikteskalation führen kann.
HR-Verantwortliche haben von Schwierigkeiten zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten oft nur bruchstückhafte und subjektiv gefärbte Informationen. Die HR-Abteilung kämpft daher häufig mit gefährlichen Kommunikationsaltlasten, die möglichst aufgearbeitet werden müssen. Häufig schleichen sich ausserdem unerledigte, auf die Personen gemünzte Fragen in das Beurteilungsgespräch. Ereignisse, die bereits weiter zurückliegen, vernebeln die Sachlage, weil zu viel Emotionalität da ist. Es gilt deshalb die Sachlage vor dem Gespräch genau abzuklären.
Tipps zur Konfliktprävention beim Mitarbeitergespräch
- Bereiten Sie sich auf das Gespräch umfassend vor: Es geht immer nicht nur um eine fachliche Beurteilung der Mitarbeitenden, sondern wesentlich um persönliche Aspekte im privaten und beruflichen Umfeld, die mitspielen.
- Stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten terminlich und inhaltlich informiert sind.
- Gewährleisten Sie einen adäquaten äusseren Rahmen für das Gespräch.
- Stellen Sie sicher, dass das Gespräch in Ruhe stattfinden kann und nicht gestört wird.
- Prüfen Sie, ob alle Beteiligten in der Lage sind, ein sachorientiertes Gespräch zu führen.
- Vergessen Sie nie, dass nicht eine Person zur Diskussion steht, sondern professionelles Verhalten sowie Leistung.
- Machen Sie klare, leistungsbezogene Zielvorgaben und setzen Sie realistische, persönliche Ziele. Bewertungskriterien und Bewertungsmassstab müssen für beide Seiten klar und nachvollziehbar sein.
- Nur wer sein Gegenüber respektiert und ernst nimmt, kann ein positives Gesprächsklima schaffen. Sorgen Sie dafür, dass ein respektvoller Umgang herrscht. Eine vorgängige Abmachung betreffend die Einhaltung von Kommunikationsregeln empfiehlt sich.
- Innere Überzeugung: Vertreten Sie nur Positionen, welche auch Sie überzeugen.
- Wenden Sie Kommunikationsregeln an und fordern Sie diese ein: z.B. Ich-Botschaften, aktives Zuhören, Wünsche statt Vorwürfe, sich gegenseitig aussprechen lassen.
- Sorgen Sie dafür, dass die Redezeiten für alle Beteiligten im Gleichgewicht sind.
- Kritikfähigkeit: Gestehen auch Sie Fehler oder nicht optimale Situationen ein und unterstützen Sie Mitarbeitende darin, sich kritisch zu äussern.
- Disharmonie: Halten Sie Spannungen aus und suchen Sie je nach Situation einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss.
- Setzen Sie sich nicht leichtfertig über subjektive Wahrnehmungen von Mitarbeitenden hinweg. Es lohnt sich häufig, diesen nachzugehen. Die Meinung, wonach nicht sein darf, was ist, kann verhängnisvolle Folgen haben.