Kurzabsenzen: Wie weit reichen die Rechte des Arbeitnehmers?
Passende Arbeitshilfen
Der Arbeitnehmer hat gemäss Art. 329 OR Anspruch auf die üblichen freien Stunden und Tage, die sogenannte ausserordentliche Freizeit. Die Frage, ob und in welchem Umfang diese Tage gewährt werden, bestimmt die vertragliche Vereinbarung, der Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag oder die betriebliche oder branchenmässige Übung. Dieser Kurzurlaub kann aber nur dann bezogen werden, wenn die Angelegenheit nicht in der ordentlichen Freizeit erledigt werden kann. In allen Fällen sind die freien Stunden und Tage mit dem Arbeitgeber abzusprechen. Zur Festlegung berechtigt ist aber letztlich der Arbeitgeber.
Unter diese Kurzabsenzen fallen beispielsweise die folgenden Anlässe:
- Besuch beim Arzt und Zahnarzt (akute Behandlungen fallen hingegen unter Art. 324a OR)
- Besuch beim Rechtsanwalt oder Behördengänge
- Kranken- oder Spitalbesuche naher Angehöriger (die Pflege im Haushalt bei ausgewiesenem Bedarf fällt unter Art. 324a OR)
- eigene Hochzeit/eingetragene Partnerschaft (1–3 Tage) und diejenige naher Verwandter (½–1 Tag)
- Todesfall und Bestattung in der engeren Familie (1–3 Tage), diejenige von Verwandten und Bekannten (1 Tag)
- Zügeln (je nach Ort 1–2 Tage)
- Stellensuche (Art. 329 Abs. 3 OR): Üblich ist hier für Bewerbungsgespräche oft die Gewährung eines Halbtages pro Woche, wobei dies im Einzelfall variieren kann (z. B. bei kurzer Kündigungsfrist).
- Absolvierung von Prüfungen wie der Meisterprüfung oder Fahrprüfung sowie Weiterbildungen, die für die Erhaltung der Berufsfähigkeit unbedingt notwendig sind
- Festtage (ortsüblich)
Das Recht auf ausserordentliche Freizeit ist bei Gleit- und Teilzeitern eingeschränkt, weil der Arbeitnehmer diese Besorgungen häufig ausserhalb der Blockzeit oder Arbeitszeit erledigen kann.
Zunächst muss zwischen ausserordentlicher Freizeit und unverschuldeter Arbeitsverhinderung gemäss Art. 324a OR unterschieden werden. Im ersten Fall besteht eine Lohnzahlungspflicht nur bei Vereinbarung oder Übung. Übung besteht in der Regel bei Monatslöhnen. Im zweiten Fall bestimmt Art. 324a OR, ob und wie lange Lohn bezahlt werden muss. Als Voraussetzungen von Art. 324a OR gelten die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung, ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund und die unverschuldete Abwesenheit. Beispielsweise wurde der Lohnanspruch von Gerichten bei regelmässigen Besuchen der eigenen schwerkranken Kinder bei langem Spitalaufenthalt sowie bei unverschuldeter Stellensuche (bzw. unverschuldetem Stellenverlust) bejaht, verneint hingegen für den Lohnanspruch einer stillenden Mutter, die trotz Arbeitsfähigkeit ganz von der Arbeit fernblieb. Auf jeden Fall ist eine vertragliche Regelung für Kurzabsenzen zu empfehlen.
Bei Stundenlöhnern besteht mit Ausnahme des 1. August, sofern dieser auf einen Tag fällt, an dem gearbeitet worden wäre, kein gesetzlicher Anspruch auf eine Feiertagsentschädigung.
Während des gesetzlichen Mutter-, Vater- und Adoptionsurlaub sowie für die Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes im Sinne EOG wird eine Entschädigung von 80% des durchschnittlichen Erwerbseinkommens vor der Geburt des Kindes, höchstens aber CHF 220.– pro Tag bezahlt.