
Überwachung am Arbeitsplatz: Digitale Aktivitäten von Mitarbeitenden

Arbeitshilfen Arbeitsverträge und Reglemente
Überwachung am Arbeitsplatz
Die Verwendung sozialer Netzwerke am Arbeitsplatz zu geschäftlichen Zwecken erfreut sich im Bereich der unternehmensinternen und -externen Kommunikation immer grösserer Beliebtheit. Missbräuche kommen vor. Mitarbeitende nutzen zu privaten Zwecken neben Internet sowie E-Mail auch Messaging-Dienste oder soziale Netzwerke, wodurch sie ihre Arbeits- sowie Treuepflicht (OR 319, 321a) verletzen können. Zur Vorbeugung und Sanktionierung erlassen Arbeitgeber Reglemente über die Nutzung und lassen die entsprechenden digitalen Aktivitäten überwachen. Die Frage ist, ob und in welchem Ausmass Überwachungen sowie die Verwertung der Ergebnisse zulässig sind.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
Im Urteil vom 5. September 2017, Bârbulescu v. Romania,1 setzte sich der EGMR ausführlich mit der Frage nach der Zulässigkeit der Überwachung am Arbeitsplatz sowie der Verwertbarkeit der Resultate auseinander. Der Mitarbeitende war von der Arbeitgeberin angewiesen worden, einen geschäftlichen Yahoo Messenger Account zu erstellen, der zur Kommunikation mit Kunden vorgesehen war. Der Mitarbeitende hatte eine firmeninterne Regelung unterzeichnet, welche die private Nutzung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Computer, Telefone etc. ausdrücklich verbot. Mit einem Informationsschreiben wies die Arbeitgeberin sodann sämtliche Mitarbeitende darauf hin, dass die Einhaltung der firmeninternen Regeln überwacht würde.
Trotz des ausdrücklichen Verbots nutzte der Mitarbeitende den Yahoo Messenger während der Arbeitszeit vermehrt für private Gespräche. Die Arbeitgeberin überwachte diese Kommunikation, fertigte ein vollständiges Gesprächsprotokoll an und informierte den Mitarbeitenden über die Überwachung am Arbeitsplatz. Aufgrund des Verstosses gegen die unternehmensinternen Richtlinien kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis schliesslich unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Daraufhin focht der Mitarbeitende die Kündigung an und rügte, dass die Überwachung seiner Kommunikation durch die Arbeitgeberin einen Verstoss gegen sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss EMRK 8 darstelle. Vor den nationalen Instanzen blieb er erfolglos. Erst die grosse Kammer des EGMR hiess die Beschwerde gut und legte dabei Grundsätze für die Überwachung der Kommunikation von Mitarbeitenden fest.
Vorgängige Information, Transparenz und Sicherheit
Gemäss EGMR müssen Mitarbeitende zunächst um die grundsätzliche Möglichkeit wissen, dass der Arbeitgeber Massnahmen zur Überwachung der Korrespondenz und anderer Kommunikation ergreifen kann. Die Information sollte hinsichtlich der Art und des Umfangs der Überwachung am Arbeitsplatz eindeutig sein und in jedem Fall vor der Vollziehung der konkreten Überwachungsaktivitäten erfolgen. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Ergebnisse einzig für das erklärte Ziel verwendet werden und Mitarbeitende Rechtsbehelfe ergreifen können.
Rechtfertigung
Da es sich bei der Überwachung und Datenerfassung um eine invasive Methode handle, soll der Arbeitgeber im konkreten Fall einen gewichtigen Grund für diesen Eingriff haben. Der EGMR deutet an, dass es sich dabei nicht um einen bloss abstrakten Grund – wie zum Beispiel die grundsätzliche Gefahr von Beschädigungen des IT-Systems des Unternehmens – handeln darf. Vielmehr muss der konkrete Verdacht bestehen, dass ein Missbrauch vonseiten eines Mitarbeitenden vorliegt. Mit anderen Worten muss die Überwachung am Arbeitsplatz sachlich und konkret gerechtfertigt sein.
Verhältnismässigkeit
Liegt ein gewichtiger Grund für die Überwachung vor, so muss der Arbeitgeber die mildeste aller zur Verfügung stehenden Massnahmen oder Methoden auswählen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere dort besondere Vorsicht geboten, wo Überwachungssysteme oder -methoden auf den konkreten Inhalt der Kommunikation der Mitarbeitenden zugreifen.
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