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Überwachung am Arbeitsplatz: Digitale Aktivitäten von Mitarbeitenden

Internet- sowie E-Mail-Zugang am Arbeitsplatz sind heute Standard. Neben der geschäftlichen Nutzung werden die digitalen Kommunikationsmittel häufig für private Zwecke verwendet, obwohl viele Arbeitgeber:innen dies verbieten und dies ohnehin nur in einem sehr beschränkten Rahmen zulässig ist. Dürfen deshalb Arbeitgeber:innen zu Kontrollzwecken die gesamte Kommunikation ihrer Angestellten überwachen?

02.08.2022 Von: Selina Oes, Nicole Vögeli Galli
Überwachung am Arbeitsplatz

Überwachung am Arbeitsplatz

Die Verwendung sozialer Netzwerke am Arbeitsplatz zu geschäftlichen Zwecken erfreut sich im Bereich der unternehmensinternen und -externen Kommunikation immer grösserer Beliebtheit. Missbräuche kommen vor. Mitarbeitende nutzen zu privaten Zwecken neben Internet sowie E-Mail auch Messaging-Dienste oder soziale Netzwerke, wodurch sie ihre Arbeits- sowie Treuepflicht (Art. 319 und 321a OR) verletzen können. Zur Vorbeugung und Sanktionierung erlassen Arbeitgeber:innen häufig Reglemente über die Nutzung und lassen die digitalen Aktivitäten überwachen. Die Frage ist, ob und in welchem Ausmass Überwachungen sowie die Verwertung der Ergebnisse zulässig sind und was dies für die Tätigkeit im Homeoffice bedeutet.

Art. 8 EMRK – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

Urteil Bârbulescu v. Romania

Im Urteil vom 5. September 2017, Bârbulescu v. Romania,1 setzte sich der EGMR ausführlich mit der Frage nach der Zulässigkeit der Überwachung am Arbeitsplatz sowie der Verwertbarkeit der Resultate auseinander. Der Kläger nutzte trotz ausführlichem Verbot seiner Arbeitgeberin in einem firmeninternen Reglement den geschäftlichen Yahoo Messenger während der Arbeitszeit für private Gespräche. In einem Informationsschreiben hatte die Arbeitgeberin vorgängig alle Mitarbeiter:innen darüber informiert, dass die Einhaltung der firmeninternen Regeln überwacht werde. Die Arbeitgeberin überwachte die Kommunikation des Klägers, fertigte ein vollständiges Gesprächsprotokoll an und informierte ihn über die Überwachung am Arbeitsplatz. Aufgrund des Reglementverstosses kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Daraufhin focht der Mitarbeiter die Kündigung an und rügte, dass die Überwachung seiner Kommunikation durch die Arbeitgeberin einen Verstoss gegen sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK darstelle. Die grosse Kammer des EGMR hiess die Beschwerde gut und legte dabei Grundsätze für die Überwachung der Kommunikation von Mitarbeiter:innen fest:

Mindestanforderungen

Die Arbeitnehmer:innen müssen vorgängig über die Möglichkeit, die Art und Weise, den Umfang und die Gründe einer Überwachung informiert werden. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Ergebnisse einzig für das erklärte Ziel verwendet werden und Mitarbeiter:innen Rechtsbehelfe ergreifen können. Des weiteren müssen Arbeitgeber:innen zur Rechtfertigung des invasiven Eingriffs einen legitimen Grund haben, sprich es muss der konkrete Verdacht bestehen, dass ein Missbrauch vonseiten einer:s Mitarbeiter:in vorliegt. Ist dies gegeben, so darf aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips nur zum Instrument der Überwachung gegriffen werden, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Massgebend ist gemäss EGMR letztlich auch eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Recht der:s Mitarbeiter:ins auf Achtung des Privatlebens einerseits und den Interessen der:s Arbeitgeber:in an der Sicherstellung eines reibungslosen Betriebs und der Erfüllung der Arbeitspflicht der Mitarbeiter:innen andererseits.

Würdigung Urteil EGMR

Die Kognition des EGMR beschränkte sich im vorliegenden Fall auf die Prüfung, ob die nationalen Gerichte bei ihrer Beurteilung die oben genannten Grundsätze hinreichend ermittelt und berücksichtigt hatten – insbesondere, ob die Interessenabwägung durchgeführt worden war. Dies wurde vom EGMR verneint, und nur deshalb stellte der EGMR eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest. Der Entscheid darf daher nicht dahingehend interpretiert werden, dass der EGMR die Überwachung am Arbeitsplatz per se für unzulässig erklärt hätte. Vielmehr ergibt sich daraus, dass eine Überwachung am Arbeitsplatz standhält, sofern die vom EGMR zitierten Mindestanforderungen der Transparenz, Sicherheit, Rechtfertigung und Verhältnismässigkeit eingehalten werden.

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