Arbeitszeitgesetz Schweiz: Regeln zu Höchst- und Überzeit

Das Arbeitszeitgesetz Schweiz legt fest, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit 45 bzw. 50 Stunden beträgt. 45 Stunden gelten im Wesentlichen in der Industrie, in Bürobetrieben und in grossen Verkaufsgeschäften. 50 Stunden gelten in den übrigen Betrieben, namentlich in Gewerbebetrieben sowie in den Gesundheitsberufen, soweit diese dem Arbeitsgesetz unterstellt sind.

29.04.2025 Von: Thomas Wachter
Arbeitsgesetz-Schweiz

Die Überzeit darf 140 bzw. 170 Stunden pro Angestellten und Jahr betragen. Überzeitarbeit ist nur an Werktagen und als Tages- oder Abendarbeit zulässig. Vorschriften über die tägliche Höchstarbeitszeit sind gemäss Arbeitszeitgesetz Schweiz einzuhalten.

Falls Sie sich nicht sicher sind, welchen Bestimmungen der Höchstarbeitszeit Ihre Mitarbeitenden unterstehen, wenden sie sich an das zuständige kantonale Amt. Die Bezeichnung ist in den Kantonen unterschiedlich (KIGA, Amt für Wirtschaft und Arbeit etc.)

Was gilt als Arbeitszeit

Unter Arbeitszeit versteht man die Zeit, während der sich die Angestellten zur Verfügung des Arbeitgebers halten müssen. Der Arbeitsweg gilt grundsätzlich nicht als Arbeitszeit. Wenn sich ein Angestellter im Auftrag des Arbeitgebers zu einem anderen Arbeitsort begibt, gilt der zusätzliche Zeitaufwand als Arbeitszeit. Weiterbildungszeit wird als Arbeitszeit angerechnet, wenn die Weiter- oder Fortbildung auf ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers erfolgt oder gesetzlich vorgeschrieben ist.

Bereitschaftsdienst in der Firma oder als Pikettdienst gilt als Arbeitszeit und ist deshalb an die wöchentliche Arbeitszeit zur Kontrolle der Höchstarbeitszeit anzurechnen. Wird der Pikettdienst ausserhalb des Betriebes geleistet, so ist die Zeit, während der Arbeit geleistet wurde, sowie der Weg zur Arbeitszeit zu rechnen. Die Höchstarbeitszeit darf jedoch durch Piketteinsätze überschritten werden und somit Überzeit geleistet werden (maximal 140 resp. 170 Stunden pro Jahr gemäss Arbeitszeitgesetz Schweiz).

Wöchentliche Höchstarbeitszeiten

Grundsatz 45 resp. 50 Stunden

Für die meisten Mitarbeitenden gilt eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Für wen welche Höchstarbeitszeit gilt, ist im Arbeitsgesetz Schweiz wie folgt geregelt:

für Beschäftigte in industriellen Betrieben, für Büroangestellte, für technische und andere Angestellte, sowie für das Verkaufspersonal von Betrieben des Detailhandels mit mehr als 50 Mitarbeitenden45 Stunden
für alle anderen Angestellten – vor allem Beschäftigte in Gewerbebetrieben, auf dem Bau, im Gastgewerbe, in den Gesundheitsberufen oder das Verkaufspersonal von Betrieben im Detailhandel mit weniger als 50 Mitarbeitenden50 Stunden

Industrielle Betriebe

Als industrielle Betriebe gelten insbesondere Betriebe mit fester Anlage für die Herstellung, Verarbeitung oder Behandlung von Gütern, sofern die Arbeit durch automatisierte Verfahren, Maschinen oder serienmässige Verrichtungen bestimmt ist und dafür wenigstens sechs Arbeitnehmer beschäftigt werden (Details: Wegleitung zu Art. 5 ArG). Dazu gehören beispielsweise Druckereien, mechanische Werkstätten, Verarbeitungsbetriebe von Lebensmittel, Abfüllbetriebe, Wäschereien und chemische Reinigungen, Abwasserreinigungsanlagen etc. In allen diesen Betrieben gilt die Höchstarbeitszeit von 45 Stunden.

Ausnahmen

Es gelten folgende Ausnahmen:

2 Stunden45 Std.5-Tage-Woche im Durchschnitt über ein Kalenderjahr. Einhalten des Durchschnitts von 45 Stunden über acht Wochen
4 Stunden45 Std.5-Tage-Woche im Durchschnitt über ein Kalenderjahr. Einhalten des Durchschnitts von 45 Stunden über vier Wochen
4 Stunden45 Std. oder 50 Std.bei Tätigkeiten mit witterungsbedingtem Arbeitsausfall in Betrieben mit erheblichen saisonalen Schwankungen des Arbeitsanfalls. Einhalten des Durchschnitts von 45 resp. 50 Std. über sechs Monate

Überzeit

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf ausnahmsweise überschritten werden:

  • wegen Dringlichkeit der Arbeit oder ausserordentlichem Arbeitsandrang;
  • für Inventaraufnahmen, Rechnungsabschlüsse und Liquidationsarbeiten;
  • zur Vermeidung oder Beseitigung von Betriebsstörungen, soweit dem Arbeitgeber nicht andere Vorkehrungen zugemutet werden können.

Dieses Überschreiten der wöchentlichen Höchstarbeitszeit wird als “Überzeit” bezeichnet. Im Gegensatz dazu wird das Überschreiten der vertraglichen Arbeitszeit “Überstunden” genannt.

Die Überzeit ist limitiert. Sie darf pro Angestellte/r und Jahr maximal betragen:

  • 170 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden.
  • 140 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden.

Überzeitarbeit ist in der Regel nur an Werktagen und als Tages- oder Abendarbeit zulässig. Vorschriften über die tägliche Höchstarbeitszeit sind einzuhalten.

Industrieller Betrieb mit einer betrieblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 45 Stunden pro Woche. Wird zusätzlich an einem Samstag 8 Stunden gearbeitet, gelten die ersten 5 Stunden als Überstunden, die restlichen 3 Stunden stellen Überzeit dar und sind dem zur Verfügung stehenden Saldo an Überzeitarbeit von maximal 170 Stunden pro Jahr anzurechnen.

Tägliche Höchstarbeitszeit

Daneben gilt auch eine tägliche Höchstarbeitszeit. Diese Regelungen sind jedoch sehr flexibel und es besteht praktisch zu jeder Bestimmung eine Reihe von Ausnahmeregelungen.

Die Überzeit darf für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden im Tag nicht überschreiten. Ausnahme: an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen.

Die Arbeit von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr gilt als Tagesarbeit, die Arbeit von 20.00 Uhr bis 23.00 Uhr ist Abendarbeit. Beide sind bewilligungsfrei. Die tägliche Arbeitszeit hat sich an diese Grenzen zu halten und muss in der Regel in einem Zeitraum von 14 Stunden liegen. Wichtigste Ausnahme: Die Grenzen können um eine Stunde verschoben werden, also von 05.00 Uhr bis 22.00 Uhr resp. von 07.00 Uhr bis 24.00 Uhr.

Nachtarbeit und die Arbeit an Sonntagen ist verboten, soweit nicht Ausnahmebestimmungen bestehen oder aber eine Bewilligung vorliegt. Hier bestehen aber eine ganze Reihe von Ausnahmen für 38 verschiedene Betriebsarten wie Krankenanstalten und Kliniken, Heime und Internate, Spitex-Betriebe, Gastbetriebe, Bäckereien etc.

Die tägliche Ruhezeit beträgt im Prinzip 11 Stunden. Diese darf aber einmal in der Woche auf acht Stunden verkürzt werden. Für bestimmte Branchen beträgt die tägliche Ruhezeit nur neun Stunden.

Zudem sind ausreichend Pausen zu gewähren. Minimal ist an einem Arbeitstag von sieben oder mehr Stunden eine halbe Stunde Pause einzuplanen und bei einem Arbeitstag von neun oder mehr Stunden eine ganze Stunde. Pausen gelten in der Regel nicht als Arbeitszeit.

Vertrauensarbeitszeit

Viele Betriebe, allen voran die Banken, haben für ihr Kader die Vertrauensarbeitszeit eingeführt. Das Zeitmanagement wird den Arbeitnehmenden überlassen, die Zeiterfassung und die Kontrolle der Arbeitszeiten fällt weg. Die Zielerreichung steht im Vordergrund und in Zielvereinbarungen festgehalten. Auf ein Arbeitszeitkonto wird verzichtet, Arbeitsstunden werden keine angespart. Wann und mit welchem zeitlichen Aufwand die Arbeit erledigt wird, liegt in der Verantwortung der Mitarbeitenden. Dennoch gelten auch für diese Arbeitsform die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes Schweiz hinsichtlich täglicher und wöchentlicher Höchstarbeitszeit sowie Ruhezeiten.

Top Management

Lediglich für das Top Management gilt das Arbeitsgesetz nicht, also für die höheren leitenden Angestellten im Sinne des Gesetzes und der Rechtsprechung. Als solche gelten aber nur die obersten Geschäftsleitungsmitglieder, welche für den Betrieb Entscheide treffen können, die den Geschäftsgang nachhaltig und massgeblich beeinflussen, typischerweise also CEO, CFO, etc.

Übrige Mitarbeitende

Für die übrigen Mitarbeitenden kann die Umsetzung der Vertrauensarbeitszeit nur im Rahmen einer Vereinbarung in einem Gesamtarbeitsvertrag umgesetzt werden. Andernfalls besteht die Pflicht zur Arbeitszeitkontrolle. Beachten Sie dazu unsere Checkliste Arbeitszeiterfassung.

Vereinfachte Arbeitszeiterfassung

Um dennoch eine Vereinfachung zu erreichen, wurde die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz geändert. Neu ist eine sogenannte vereinfachte Arbeitszeiterfassung möglich. Dazu ist eine entsprechende Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung oder der Mehrzahl der Mitarbeitenden eines Betriebes erforderlich. Lediglich in Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitenden kann auch eine individuelle Vereinbarung getroffen werden.

Zu erfassen ist dann lediglich die Gesamtdauer der täglich geleisteten Arbeit (Beginn und Ende der Arbeitszeit und die Dauer der Pausen sind nicht zu erfassen). Ausnahme: Bei Nacht- und Sonntagsarbeit sind zusätzlich Anfang und Ende dieser Arbeitseinsätze zu dokumentieren.

Es gibt keine Vorschrift, in welcher Form diese Aufzeichnung gemacht werden muss. Die Arbeitszeiterfassung kann zum Beispiel mit einer Excel-Tabelle erfolgen. Die Angaben müssen der Realität entsprechen und täglich aufgezeichnet werden. Anhand dieser Angaben können die Arbeitsinspektorate überprüfen, ob die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten sowie die Anzahl Arbeitstage in Folge eingehalten wurden und somit beurteilen, ob die wichtigsten Eckpunkte für den Schutz der Gesundheit beachtet wurden.

Beachten Sie dazu unsere Checkliste Arbeitszeiterfassung sowie unser Merkblatt Vereinfachte Arbeitszeiterfassung.

Arbeitszeitgesetz Schweiz: Rechtliche Grundlagen

Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)

Das ArG enthält diverse Bestimmungen zur Arbeitszeit. Die wichtigsten sind:

Art. 9: Wöchentliche Höchstarbeitszeit

1 Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt:

  a.   45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte mit        Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels;

  b.   50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer.

Art. 12: Voraussetzungen und Dauer der Überzeitarbeit

1 Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf ausnahmsweise überschritten werden

  a.   wegen Dringlichkeit der Arbeit oder ausserordentlichen Arbeitsandranges;

  b.   für Inventaraufnahmen, Rechnungsabschlüsse und Liquidationsarbeiten;

  c.   zur Vermeidung oder Beseitigung von Betriebsstörungen, soweit dem Arbeitgeber nicht andere Vorkehren zugemutet            werden können.

2 Die Überzeit darf für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden im Tag nicht überschreiten, ausser an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen, und im Kalenderjahr insgesamt nicht mehr betragen als:

  a.   170 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden;

  b.   140 Stunden für Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 50 Stunden.

Nützliche Adressen

Gesetze und Verordnungen

Das Arbeitsgesetz und die Verordnungen finden sich im Internet unter der folgenden Adresse: www.admin.ch/ch/d/sr/82.html#822.1

Beratung und Auskünfte

Für die Umsetzung des Arbeitsgesetzes und die Beratung der Betriebe sind die Kantone zuständig. Die Bezeichnung der zuständigen kantonalen Stellen ist unterschiedlich: Arbeitsinspektorat, KIGA (kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit), Amt für Wirtschaft und Arbeit, Amt für Wirtschaft, Amt für Arbeit.

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