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Personalverleih: Vorsicht beim Outsourcing von Personal

Überlässt eine Arbeitgeberin ihr Personal gewerbsmässig einem Dritten, gilt sie als Personalverleiherin und benötigt eine entsprechende Bewilligung. Sie muss das Arbeitsvermittlungsgesetz einhalten und untersteht dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih. Wer die Vorschriften verletzt, macht sich zivil- und strafrechtlich verantwortlich.

12.09.2023 Von: Stefanie Meier-Gubser
Personalverleih

Dreiecksverhältnis Personalverleih

Gesellschaft und Arbeitswelt verlangen heute vermehrt nach flexiblen Arbeitsformen. Eine Möglichkeit von vielen ist das zeitweise Outsourcing respektive Insourcing von Arbeitskräften. Dabei dürfte es sich häufig um Personalverleih handeln, bei dem sowohl der Verleihbetrieb als outsourcende Arbeitgeberin als auch der insourcende Einsatzbetrieb verpflichtet sind, die Vorschriften des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) einzuhalten. Personalverleihbetriebe und -betriebsteile, die Inhaber einer Arbeitsverleihbewilligung nach AVG1 sind (oder sein müssten) und deren Hauptaktivität der Personalverleih ist, unterstehen zudem dem betrieblichen Geltungsbereich des allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags (GAV) Personalverleih.2

Personalverleih ist ein Dreiecksverhältnis (siehe Abbildung) zwischen einem Arbeitnehmenden, einer Arbeitgeberin (Personalverleiherin) und einem Dritten (Einsatzbetrieb). Dabei überlässt die Arbeitgeberin gewerbsmässig einem Dritten ihren bei ihr angestellten Arbeitnehmenden und tritt die wesentlichen Weisungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitnehmenden betreffend Ausführung der Arbeit und betreffend Verhalten an den Einsatzbetrieb ab.3

Hinweis: Grundvoraussetzung für den Personalverleih ist, dass zwischen der Personalverleiherin und dem Arbeitnehmenden ein Arbeitsvertrag vorliegt und weiterhin bestehen bleibt. Ohne Arbeitsvertrag zwischen Personalverleiherin und Arbeitnehmenden, kein Personalverleih.

Arten des Personalverleihs

Personalverleih kann in drei Formen auftreten:4

  1. als Temporärarbeit,
  2. als Leiharbeit oder
  3. als gelegentliches Überlassen von Arbeitnehmenden.

Temporärarbeit liegt vor, wenn Zweck und Dauer des Arbeitsvertrags zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmenden auf einen einzelnen Einsatz beim Einsatzbetrieb beschränkt sind.5 Die Personalverleiherin stellt die Arbeitnehmenden ausschliesslich zum Zweck des Verleihs an und führt selber keinen eigenen Dienstleistungs- oder Produktionsbetrieb.6

Leiharbeit liegt vor, wenn der Zweck des Arbeitsvertrags zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmenden hauptsächlich im Überlassen des Arbeitnehmenden an Einsatzbetriebe liegt und die Dauer des Arbeitsvertrags von einzelnen Einsätzen bei Einsatzbetrieben unabhängig ist.7 Die Personalverleiherin hat häufig auch einen eigenen Betrieb, in dem sie ihre Arbeitnehmenden einsetzen könnte.

Gelegentliches Überlassen von Arbeitnehmenden liegt schliesslich vor, wenn die Dauer des Arbeitsvertrags zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmenden von allfälligen Einsätzen bei Einsatzbetrieben unabhängig ist, sein Zweck darin liegt, dass der Arbeitnehmende hauptsächlich unter der Weisungsbefugnis der Arbeitgeberin («für die Arbeitgeberin») arbeitet und nur ausnahmsweise einem Einsatzbetrieb überlassen wird.8 Die Arbeitnehmenden werden nur selten, kurzfristig und nicht speziell geplant einem Einsatzbetrieb zum Beispiel zur Überbrückung von Engpässen zur Verfügung gestellt, und der Verleih gehört nicht zum Standardangebot der Arbeitgeberin.

Bewilligungspflicht und -voraussetzungen

Temporär- und Leiharbeit

Temporär- und Leiharbeit sind (auch innerhalb des Konzerns9) bewilligungspflichtig, wenn sie gewerbsmässig erfolgen. Dabei bedeutet Gewerbsmässigkeit, dass mit der Verleihtätigkeit jährlich mindestens ein Umsatz von CHF 100 000.– erzielt wird oder dass der Verleih regelmässig (mehr als zehn Verleihverträge innerhalb von zwölf Monaten) und mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, erfolgt.10

Eine gewinnorientierte Tätigkeit wird angenommen, wenn die Personalverleiherin dem Einsatzbetrieb einen Betrag in Rechnung stellt, der den Betrag für die Lohnkosten, die Lohnnebenkosten und einen Verwaltungskostenanteil von maximal 5% übersteigt, resp. immer dann, wenn der jährliche Umsatz aus Verleihtätigkeit mindestens CHF 100 000.– beträgt.11

Gelegentliches Überlassen von Arbeitnehmenden

Für das gelegentliche Überlassen braucht es keine Bewilligung. Und auch Betriebe, die ausschliesslich den Inhaber oder Mitbesitzer eines Betriebs verleihen, sind nicht bewilligungspflichtig.12

Die Bewilligung wird auf schriftliches Gesuch der Personalverleiherin hin vom kantonalen Arbeitsamt erteilt. Personalverleih ins Ausland braucht zusätzlich eine Bewilligung des SECO. Personalverleih vom Ausland in die Schweiz ist verboten.13

Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung ist, dass die Personalverleiherin im schweizerischen Handelsregister eingetragen ist, über ein zweckmässiges Geschäftslokal verfügt und kein anderes Gewerbe betreibt, das die Interessen der Arbeitnehmenden oder der Einsatzbetriebe gefähren könnte (Unabhängigkeit der Arbeitnehmenden und Einsatzbetriebe). Zudem müssen die für die Leitung der Personalverleiherin verantwortlichen Personen Schweizer Bürger oder Ausländer mit Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) sein, Gewähr für eine fachgerechte Verleihtätigkeit bieten (anerkannte Verleiherausbildung oder mehrjährige einschlägige Berufserfahrung) und einen guten Leumund geniessen. Beim Personalverleih ins Ausland muss zusätzlich sichergestellt sein, dass bei der Personalverleiherin ausreichende Kenntnisse der Verhältnisse in den entsprechenden Staaten vorhanden sind.14 Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn die Personalverleiherin zur Sicherung von Lohnansprüchen eine Kaution leistet.15

Die Bewilligung wird unbefristet erteilt und auf den Betrieb ausgestellt. Sie berechtigt zum Personalverleih in der ganzen Schweiz.16 Die Bewilligung kann entzogen werden, wenn die Personalverleiherin die Bewilligung durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen erwirkt oder wiederholt oder schwerwiegend gegen die zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften verstossen hat.17

Vorliegen von Personalverleih

In der Praxis ist die Frage, ob Personalverleih vorliegt oder nicht, bisweilen nicht einfach zu beantworten. Es ergeben sich namentlich Abgrenzungsfragen zum Auftrag, zum Werkvertrag und zu gemischten Verträgen.

Hinweis: Das Überlassen des Arbeitnehmenden muss eine bestimmte Qualität aufweisen, damit Personalverleih vorliegt. Die Beurteilung respektive Abgrenzung erfolgt immer im Einzelfall aufgrund des Vertragsinhalts (die Bezeichnung des Vertrags ist nicht entscheidend), des Stellenbeschriebs und der konkreten Umstände.

Kriterien, bei deren Vorliegen auf Personalverleih geschlossen werden kann, sind etwa18

  • die persönliche, organisatorische, sachliche und zeitliche Einbindung des Arbeitnehmenden in die Organisation des Einsatzbetriebs (Unterordnungsverhältnis und Einbindung in den Einsatzbetrieb),
  • die Ausführung der Arbeit mit Werkzeugen, Material oder Geräten des Einsatzbetriebs,
  • die Abrechnung der geleisteten Arbeitsstunden anstelle von Festpreisen,
  • die Gefahrtragung für Schlechterfüllung des Vertrags durch den Einsatzbetrieb,
  • keine Haftung der Personalverleiherin für fahrlässige oder vorsätzliche Schäden des Arbeitnehmenden.

Je nach Einzelfall sind weitere Kriterien denkbar. Die Dauer des Einsatzes und die Art der Arbeitsleistung spielen für die Beurteilung, ob Personalverleih vorliegt oder nicht, keine Rolle.

Hinweis: Faustregelmässig kann gesagt werden, dass Personalverleih dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmende im Einsatzbetrieb so arbeitet wie ein dort angestellter Mitarbeiter oder wenn er im Einsatzbetrieb Arbeiten erledigt, die im Arbeitgeberbetrieb nicht ausgeübt werden.

«Das Abtreten wesentlicher Weisungsbefugnisse an den Einsatzbetrieb stellt ein zentrales Qualifikationsmerkmal des Personalverleihs sowie ein wichtiges Abgrenzungskriterium von anderen Vertragsverhältnissen, namentlich vom Auftrag, dar.»
Urteil des Bundesgerichts 2C_470/2020

Anwendbarkeit des Arbeitsvermittlungsgesetzes

Liegt Personalverleih vor, ist nicht nur die Bewilligung dazu einzuholen, sondern es müssen die Bestimmungen des Arbeitsvermittlungsgesetzes angewandt werden, und die Personalverleiherin treffen verschiedene besondere Pflichten.

Insbesondere muss der Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmenden in der Regel schriftlich abgeschlossen werden und mindestens folgende Punkte regeln:19

  • Art der Arbeit
  • Arbeitsort sowie Beginn des Einsatzes
  • Dauer des Einsatzes oder Kündigungsfrist
  • Arbeitszeiten
  • Lohn, Spesen, Zulagen, Abzüge
  • Leistungen bei Überstunden, Krankheit, Mutterschaft, Unfall, Militärdienst, Ferien
  • Termine für die Auszahlung des Lohns, der Zulagen und der übrigen Leistungen

Für dem AVG unterstellte unbefristete Arbeitsverhältnisse gelten in den ersten sechs Monaten besondere, kürzere Kündigungsfristen:20 Während der ersten drei Monate der ununterbrochenen Anstellung können sie mit einer Frist von zwei Tagen gekündigt werden. In der Zeit vom vierten bis und mit dem sechsten Monat der ununterbrochenen Anstellung muss die Kündigungsfrist mindestens sieben Tage betragen.

Der Verleihvertrag zwischen Personalverleiherin und Einsatzbetrieb muss ebenfalls schriftlich abgeschlossen werden und folgende Angaben enthalten:21

  • Adresse der Personalverleiherin und der Bewilligungsbehörde
  • berufliche Qualifikationen des Arbeitnehmenden und Art der Arbeit
  • Arbeitsort und Beginn des Einsatzes
  • Dauer des Einsatzes oder Kündigungsfristen
  • für den Arbeitnehmenden geltende Arbeitszeiten
  • Kosten des Verleihs (inkl. Sozialleistungen, Zulagen, Spesen und Nebenleistungen)

Die Entschädigung für den Personalverleih darf nicht höher sein als der Betrag, den der Einsatzbetrieb der Personalverleiherin bei einem dreimonatigen Einsatz für Verwaltungsaufwand und Gewinn zu bezahlen hätte.22

Strafbestimmungen

Das Arbeitsvermittlungsgesetz kennt verschiedene Strafbestimmungen, die bei der vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung seiner Bestimmungen zum Tragen kommen.

So können etwa Personalverleiherinnen, die ohne erforderliche Bewilligung Personal verleihen oder gegen ausländerrechtliche Vorschriften verstossen, mit einer Busse von bis zu CHF 100 000.– (bei Vorsatz) respektive CHF 20 000.– (Fahrlässigkeit) bestraft werden.23 Aber auch, wer als insourcende Arbeitgeberin Dienste einer Personalverleiherin in Anspruch nimmt, von der er weiss, dass sie die erforderliche Bewilligung nicht besitzt, macht sich strafbar.24 25

Wer durch unrichtige oder irreführende Angaben oder durch Verschweigen wesentlicher Tatsachen eine Bewilligung erwirkt, riskiert sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.26

Hinweis: Wer durch die Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen einen Schaden verursacht, der ihm zugerechnet werden kann, macht sich gegebenenfalls auch zivilrechtlich verantwortlich und schadenersatzpflichtig.

GAV Personalverleih

Der Bundesrat hat den Gesamtvertrag für den Personalverleih mit Grundbeschluss vom 13. Dezember 2011 ab dem 1. Januar 2012 für die ganze Schweiz als allgemein verbindlich erklärt. Betriebe, die Inhaber einer kantonalen Arbeitsverleihbewilligung nach Arbeitsvermittlungsgesetz sind und deren Hauptaktivität der Personalverleih ist, unterstehen dem betrieblichen Geltungsbereich des GAV Personalverleih. Die Allgemeinverbindlicherklärung gilt in persönlicher Hinsicht (mit ganz wenigen Ausnahmen) für alle Arbeitnehmenden, die von solchen Betrieben verliehen werden.27

Mit den Worten des Bundesgerichts

«Ob eine Dienstleistung als bewilligungspflichtiger Personalverleih zu qualifizieren ist oder ob es sich dabei um andere Arten von Dienstleistungen handelt, die einem Dritten erbracht werden, ergibt sich nach bundesgerichtlicher Praxis und Lehre aus einer Abgrenzung im Einzelfall. Massgeblich ist hierbei der Inhalt des Vertrags und die Umschreibung der konkreten Tätigkeit im Einsatzbetrieb. Hingegen kann die Bezeichnung des Vertrags durch die Parteien nicht entscheidend sein. Als Hilfskriterien für Abgrenzungsfragen orientiert sich die Rechtsprechung auch an den Weisungen und Erläuterungen zum Arbeitsvermittlungsgesetz des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO.»

Fussnoten

1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1989 über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz, AVG), SR 823.11.

2 Gesamtarbeitsvertrag für den Personalverleih, aktuelle Version vom 15. Februar 2021 allgemein verbindlich erklärt bis 31. Dezember 2023.

3 Art. 12 Abs. 1 AVG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 AVV.

4 Art. 27 Abs. 1 AVV.

5 Art. 27 Abs. 2 AVV.

6 Vgl. Merkblatt des SECO zu den Bestimmungen über den Personalverleih gemäss Bundesgesetz über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Merkblatt PV) vom März 2017, S. 1.

7 Art. 27 Abs. 3 AVV.

8 Art. 27 Abs. 4 AVV.

9 Ausnahme: Der konzerninterne Personalverleih dient ausschliesslich dem Erwerb von Erfahrungen in fachlicher, sprachlicher oder anderweitiger Hinsicht oder dem Know-how-Transfer innerhalb des Konzerns.

10 Art. 29 AVV.

11 SECO, Merkblatt PV, S. 2.

12 Art. 28 AVV.

13 Art. 12 Abs. 2 AVG.

14 Art. 13 AVG.

15 Art. 14 AVG i.V.m. Art. 35 AVV.

16 Art. 15 AVG.

17 Art. 16 AVG.

18 Art. 26 AVV.

19 Art. 19 AVG.

20 Art. 19 Abs. 4 AVG.

21 Art. 22 AVG.

22 Art. 22 Abs. 4 AVG.

23 Art. 39 AVG.

24 Art. 39 Abs. 2 lit. a AVG.

25 Ein Verzeichnis der bewilligten Betriebe findet sich unter www.avg-seco.admin.ch/WebVerzeichnis/ServletWebVerzeichnis.

26 Art. 39 Abs. 4 AVG.

27 Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrags für den Personalverleih, Verlängerung und Änderung vom 29. März 2016, BBl 2016 3435.

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