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Akquisition: Und Devestitionen von Gesellschaften

Akquisition und Devestition von Gesellschaften hängen direkt von der Strategie des Unternehmens ab. Lesen Sie mehr.

03.02.2022
Akquisition

Die Strategie eines Konzerns wird i.d.R. segmentiert auf einzelne Bereiche, häufig strategische Geschäftseinheiten (SGE) oder ähnlich genannt. Die Strategie wird gesondert für jede SGE und für die neuen Projekte definiert und auf Konzernebene zusammengefasst. Eine SGE kann nach einem oder mehreren Kriterien differenziert werden wie Produktgruppe, Marke, Markt geografisch, Kundengruppe, Distributionskanal etc.

Die zu wählende Strategie resultiert aus den Zielen und Potenzialen der SGE einerseits und der Strukturanalyse des Wettbewerbes der betreffenden Branche andererseits. Die Strategie – ob Expansion, Konzentration, Differenzierung, Schrumpfen oder gar Ausstieg aus einem Geschäft – zielt letztlich darauf ab, den Unternehmenswert zu steigern.

Wie viel ist ein Unternehmen wert?

Wenn ein Unternehmen ge- oder verkauft werden soll, stellt sich stets die Frage nach dessen Bewertung. Ohne hier methodisch auf die Frage der Unternehmensbewertung einzugehen, zeigt sich in den moderneren Betrachtungen eine vermehrte Orientierung in Richtung Free Cashflow und Discounted Cashflow. Die noch mehrheitlich angewandten Methoden der Unternehmensbewertung wie Ertragswert-, Substanzwert- und Mittelwertmethode (auch sog. Praktiker-Methode genannt) sind stark geprägt von der Sichtweise von Wirtschaftsprüfern, während Free Cashflow und Discounted Cashflow die Investor-orientierte Betrachtung wiedergibt.

Der wesentliche Unterschied liegt in der Wertsteigerungsbetrachtung und den Geldflüssen aus Sicht des Investors. So kann eine Investition oder Akquisition hohe Renditen ausweisen, jedoch sind zu deren Erzielung grosse Mittelzuflüsse nötig. Das kann letztlich dazu führen, dass eine rentable Akquisition mehr Geld gekostet hat, als sie den Käufern bringt.

Diese Aussage bestätigt sich in den vielen anhaltenden negativen Free Cashflows von wachstumsorientierten Konzernen, die mit ihrer Akquisitionsstrategie mehr flüssige Mittel aufnehmen, als sie mittelfristig operativ generieren und somit zurückzahlen können. Darüber hinaus sind die Finanzierungskosten und evtl. Abschreibungen (Goodwill) zu berücksichtigen. Die Bewertung eines Unternehmens soll dessen Marktpreis ermitteln. Gutachten von Bewertern können einerseits Parteigutachten von Käufern bzw. Verkäufern sein, worin sich die Interessenlagen der Auftraggeber widerspiegeln. Andererseits können sie neutrale Schiedsgutachten sein.


Faktoren für die Bestimmung des Preises der Akquisition

Die Bestimmung des Preises der Akquisition hängt von einer Mehrzahl von Faktoren ab. Solche können sein:

  • Rentabilität der zu übernehmenden Gesellschaft
  • "Qualität" der zu übernehmenden Gesellschaft hinsichtlich:
    • Management
    • Produkten
    • Finanzsituation
    • Kapitalbedarf
    • Distribution
    • Strategie
    • Forschung und Entwicklung
    • Synergien
    • Strategische Ausrichtung
  • Ziele des Käufers: Hat er langfristig kommerzielle Ziele oder ist er ausschliesslich finanziell orientiert und versucht, einen Kapitalgewinn herauszuschlagen (Break up, Asset stripping)?
  • "Fit" zwischen den Unternehmen: Passen sie betreffend Produkten, Distribution, Technologie, Führungsgrundsätzen etc. zusammen?
  • Marken
  • Marktanteile
  • Finanzielle Ressourcen des Käufers
  • Grösse der zu übernehmenden Gesellschaft
  • Steuersituation und -planung
  • Rechnungslegung und angewandte Grundsätze
  • Zinsniveau und P/E-Ratios im Land der zu übernehmenden Gesellschaft
  • Prozedur des Verkaufes
  • Private Transaktion oder öffentliches Angebot
  • Offene oder begrenzte Auktion Anzahl und finanzielle Position der interessierten Parteien

Praxis-Tipps zur Vermeidung von Flops

  • Strikte Anwendung der eigenen Kriterien der Akquisition hinsichtlich Management, Strategie, Know-how, Produkten, Finanzierung etc.
  • Fähigkeit, eine Gesellschaft integrieren zu können (wozu man seine eigenen Ressourcen sehr gut kennen muss)
  • Vernünftiger Preis (do not overpay
  • Gute Gesellschaft mit einer starken Marktposition
  • Maximales Analysieren der Flop-Risiken
  • Maximale Due-Diligence-Prüfungen (Prüfungen der Abschlüsse, Steuersituation, schwebende Verbindlichkeiten)
  • Öko-Audits: Bestehen Kontaminationsrisiken, Altlasten etc.
  • Bestehen rechtliche Probleme (Prozesse, Haftpflichtfälle, Kartellrecht, Meldepflichten, Minderheitsprobleme etc.)
  • Überprüfung
    • Markt- und Kundensituation
    • Beschaffung/Einkauf
    • Produktion, Logistik, Investitionsbedarf usw.
  • Einbezug der besten Berater
  • Hohe Ablehnungsquote: Die meisten Projekte werden aus verschiedenen Gründen ad acta gelegt, nur wenige werden realisiert.
  • Zeitdruck vermeiden: Während den Verhandlungen können die Verkäufer, deren Berater, Banken etc. die potenziellen Käufer unter Zeitdruck setzen, um eine schnelle Entscheidung und einen möglichst hohen Preis herbeizuführen. Das kann insbesondere dazu führen, dass die Recherchen unsorgfältig gemacht werden, wodurch das Flop-Risiko erheblich höher wird. Im Zweifelsfall sollte man sich bei übermässigem Zeitdruck von den Verhandlungen zurückziehen.
  • Stark oder ausschliesslich fremdfinanzierte Akquisition erhöhen das Flop-Risiko für den Käufer.
  • Diversifikation: Je weiter diversifiziert das Geschäft des zu übernehmenden Unternehmens von jenem des Käufers ist, umso höher ist dessen Flop-Risiko. Der Käufer kennt das Business des Kaufobjektes evtl. zu wenig. Häufig kennen auch Berater und Investmentbanken das betreffende Metier zu wenig genau.
  • Down side protection: Hat die akquirierte Gesellschaft noch Substanzwert, kann im Falle eines Misserfolges noch eine gewisse Schadensbegrenzung vorgenommen werden. In Branchen, die kaum Substanzwert haben (z.B. Werbeagenturen) kann bei Misserfolgen der freie Fall eintreten.

Konsolidierung einer akquirierten Gesellschaft

Eine akquirierte Gesellschaft wird in den Konsolidierungskreis einbezogen, d.h. konsolidiert. Neben dem Erwerbspreis und der Bestimmung des Aufrechnungskapitals ist der Zeitpunkt des Erwerbes eine weitere Kardinalgrösse. Von der Wahl des Erwerbszeitpunktes hängen zum Beispiel ab:

  • Der Verkehrswert der für den Erwerb erbrachten Gegenleistung, soweit diese nicht in Geld oder geldnaher Form erfolgte.
  • Der Verkehrswert des als Grundlage dienenden Reinvermögens der Tochtergesellschaft.
  • Die Höhe der Reserven des Tochterunternehmens vor Konzerneingliederung.
  • Die Höhe des Gewinnes des neuen Tochterunternehmens.

Aus dieser Auflistung wird ersichtlich, dass bei positivem Geschäftsgang die Gesellschaftsgewinne und Reserven des Tochterunternehmens nach Konzerneingliederung umso höher sein werden, je früher das Erwerbsdatum gewählt wird. Als Zeitpunkt des Erwerbs kommen mehrere Daten in Frage:

  • Datum der Überweisung des Entgeltes bzw. an Zahlungsstatt gegebene Aktien.
  • Datum des Vertragsabschlusses.
  • Datum der Übertragung der Vermögenswerte des Tochterunternehmens.
  • Zeitpunkt, zu welchem die Akquisition vereinbart wurde, z.B. retroaktiv zum Anfang des Geschäftsjahres.

Wird die Beteiligung sukzessive, d.h. tranchenweise erworben, fällt die Determinierung noch schwerer. IAS 22 verlangt in Paragraph 20, dass die Erfolgsrechnung des übernommenen Unternehmens seit dem Tag der Akquisition und die Bilanzwerte per Akquisitionsstichtag übernommen werden, unabhängig, ob die Akquisition rückwirkend (z. B. per 1. Januar) erfolgt. 

Kapitalkonsolidierung

Im Rahmen der Kapitalkonsolidierung wird der Beteiligungsbuchwert des Käufers gegen das Eigenkapital der erworbenen Gesellschaft aufgerechnet. Grundsätzlich kann differenziert werden zwischen den Verfahren der Kapitalkonsolidierung aus Akquisition (sog. Acquisition accounting) und aus Verschmelzung (sog. Merger accounting). Im Rahmen des Merger accounting wird die sog. Pooling-of-interests-Methode (Methode der Interessenzusammenführung) angewandt, die hier nicht weiter verfolgt wird. Diese ist nach US GAAP seit 2002 verboten. Im Rahmen des Acquisition accountings wird zwischen der sog. deutschen Methode und der Purchase-Methode unterschieden.

Die sog. deutsche Methode verrechnet den Beteiligungsbuchwert mit dem Eigenkapital der Tochtergesellschaft zum jeweiligen Bilanzstichtag, während die Purchase-Methode den Beteiligungsbuchwert gegen das Eigenkapital zum Zeitpunkt der Akquisition aufrechnet. Das führt dazu, dass bei der Purchase-Methode in den Folgejahren die Kapitalaufrechnungsdifferenz (Goodwill oder Badwill) konstant bleibt.

Die Eigenkapitalveränderung der konsolidierten Tochtergesellschaft (z. B. thesaurierte Gewinne) geht in das Eigenkapital des Konzerns ein und wird nicht aufgerechnet. Bei der deutschen Methode geht jeweils das gesamte Eigenkapital der Tochtergesellschaft in die Aufrechnung ein, die Kapitalaufrechnungsdifferenz wird somit zur variablen Grösse. Die Unterschiede zwischen den Methoden sind: Bei der Purchase-Methode geht stets das (anteilig) erworbene Kapital zum Zeitpunkt des Erwerbs in die Kapitalkonsolidierung ein, während bei der deutschen Methode das Eigenkapital jedes Jahr zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung aufgerechnet wird. Die Unterschiede zeigen sich in der Berechnung und in der Interpretation der Kapitalaufrechnungsdifferenz:

Die Kapitalaufrechnungsdifferenz wird bei der deutschen Methode eine flexible Grösse: Sie verändert sich mit den Bewegungen des Eigenkapitals der konsolidierten Tochtergesellschaft.

  • Bei der Purchase-Methode bleibt die Kapitalaufrechnungsdifferenz konstant, da jeweils das Eigenkapital im Zeitpunkt des Erwerbs aufgerechnet wird. Die von der Tochtergesellschaft thesaurierten Gewinne seit Konzernzugehörigkeit gehen nicht in die Kapitalaufrechnung ein, sondern werden als vom Konzern erarbeitete Selbstfinanzierung ausgewiesen.
  • Bei der deutschen Methode wird bei den Folgekonsolidierungen die Kapitalaufrechnungsdifferenz eine Grösse, die keine Aussagefähigkeit besitzt.
  • Bei der Purchase-Methode wird die Kapitalaufrechnungsdifferenz untersucht und allfällige stille Reserven den betreffenden Bilanzpositionen zugeordnet. Die verbleibende Grösse ist der Goodwill (aktiv) oder Badwill (passiv).
  • Bei beiden Verfahren kann der Goodwill erfolgswirksam abgeschrieben oder erfolgsneutral mit dem Eigenkapital verrechnet werden (was allerdings bei der deutschen Methode kaum anzutreffen ist).

Die Purchase-Methode ist betriebswirtschaftlich klar besser. Sie wird deshalb von den IAS (IAS 22 para. 18), US GAAP, EU-Richtlinien und von der FER (FER 2 Ziff. 5) verlangt. Die sog. deutsche Methode war vom deutschen Aktiengesetz aus dem Jahr 1965 verlangt worden und wurde 1985 durch die Einführung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes in Deutschland abgeschafft. Sie ist in Westeuropa fast nur noch in der Schweiz anzutreffen, ihre Bedeutung nimmt aber von Jahr zu Jahr ab.

Devestitionen von Gesellschaften

Ähnliche strategische Überlegungen wie bei der Akquisition spielen auch beim Verkauf eine Rolle. Zusätzlich können gerade bei familienbeherrschten Gesellschaften Nachfolgeprobleme hinzutreten.

Das Verkaufsergebnis einer konsolidierten Gesellschaft ist prinzipiell anders zu ermitteln als aus Sicht der Jahresrechnung der Holding. Dem Verkaufserlös für das Tochterunternehmen ist nicht der Buchwert der Beteiligung aus der Bilanz der Holding gegenüberzustellen, sondern ein im Rahmen der Endkonsolidierung eigens zu ermittelnder Abgangswert des Tochterunternehmens. Dieser besteht aus den Nettoaktiven des Tochterunternehmens sowie der noch nicht ergebniswirksam verrechneten aktiven Kapitalaufrechnungsdifferenz (bzw. minus der passiven Kapitalaufrechnungsdifferenz) aus der Erstkonsolidierung. In Extremfällen kann die Holding einen Verkaufsgewinn erzielen, den sie auch versteuern muss, aus Konzernsicht hingegen hat sie effektiv einen Verlust erlitten.

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