Erbvertrag: Formvorschriften, Inhalt und Wirkung

Der Erbvertrag stellt einen Vertrag mit Bindungswirkung zwischen dem Erblasser und mindestens einer weiteren Partei dar. Wie mit dem Testament kann mittels Erbvertrag von Todes wegen verfügt werden. Die Erbvertragsparteien verpflichten sich zu einem Tun oder einer Handlung oder verzichten auf Ansprüche. Im Gegensatz zum Testament kann der Erbvertrag nur im gegenseitigen Einvernehmen aller Vertragsparteien begründet, abgeändert oder aufgehoben werden.

18.10.2023 Von: Werner Jahnel, Kinga M. Weiss
Erbvertrag

Allgemeines

Mit dem Erbvertrag ist es möglich, eine bindende Nachlassplanung vorzunehmen. Man unterscheidet bei den Erbverträgen vier Arten:

  • der Erbeinsetzungsvertrag;
  • der Vermächtnisvertrag;
  • der Auflagenvertrag; und
  • der Erbverzichtsvertrag.

Formvorschrift

Der Erbvertrag ist ein formbedürftiges Rechtsgeschäft. Zu seiner Gültigkeit bedarf der Erbvertrag der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung, d.h. der Erbvertrag kann nur durch eine öffentliche Beurkundung gültig errichtet werden. Hierzu müssen die Parteien vor einer Urkundsperson gleichzeitig ihren Willen erklären und die Urkunde muss von dieser Urkundsperson und zusätzlich von zwei unabhängigen Zeugen unterschrieben werden. Die Errichtung kann entweder im Selbstlesungs- oder im Vorlesungsverfahren durchgeführt werden und zeichnet sich durch strikte Regeln aus, welche zur Sicherung des letzten Willens des Erblassers beitragen sollen.

Inhalt

Der Erbvertrag ist zwar in seiner Ausgestaltung an die vier Hauptarten gebunden, er ermöglicht aber trotzdem eine variable Nachlassregelung. Der Erbvertrag kann mit einem Ehevertrag kombiniert werden.

Der Erbeinsetzungsvertrag begründet eine Gesamtnachfolge des Bedachten. In ihm können eine oder auch mehrere Erbzuwendungen enthalten sein.

Der Vermächtnisvertrag gibt dem Bedachten einen vertragsmässigen Anspruch auf ein Vermächtnis. Er begründet eine Einzelnachfolge des Bedachten.

Mit dem Auflagenvertrag erhält der Auflagenbegünstigte noch kein Recht auf eine Leistung. Erst wenn er die Auflage erfüllt hat, erhält er ein Recht auf die erbrechtliche Zuwendung der versprochenen (Gegen-)Leistung.

Der Erbverzichtsvertrag hat den Verzicht des Präsumtiverbes auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht zum Gegenstand. Dieser Verzicht erfolgt entweder ohne Gegenleistung vom Erblasser oder gegen eine Gegenleistung.

Wirkungen

Die einseitige Unwiderrufbarkeit sowie die erbrechtliche Bindungswirkung zeichnen den Erbvertrag aus.Nach geltendem Recht kann der Erblasser zu Lebzeiten grundsätzlich frei über sein Vermögen verfügen. Unter anderem kann der Erblasser auch Schenkungen vornehmen, sofern er damit nicht offensichtlich beabsichtigt, seine Verpflichtungen aus dem Erbvertrag auszuhöhlen oder den Erbvertragspartner zu schädigen. Seit dem 1. Januar 2023 ist mit Inkrafttreten des revidierten Erbrechts jedoch ein generelles «Schenkungsverbot» eingeführt worden, was einem Paradigmenwechsel zum heutigen Recht entspricht. Vom künftigen Schenkungsverbot ausgenommen sind lediglich Gelegenheitsgeschenke. Es ist deshalb empfehlenswert, im Erbvertrag explizit und präzise festzuhalten, in welchem Umfang der Erblasser Schenkungen bzw. unentgeltliche Zuwendungen (neue Terminologie des Gesetzes) vornehmen darf. 

Aufhebung

Der Erbvertrag kann beispielsweise durch die gemeinsame Übereinkunft der Vertragschliessenden in der gehörigen Form aufgehoben werden. Weiter kann der Erblasser einseitig einen Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag aufheben, wenn sich der Erbe oder Bedachte nach dem Abschluss des Vertrages dem Erblasser gegenüber eines Verhaltens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt.

Des Weiteren wird der Erbvertrag im Falle der rechtskräftigen Ehescheidung (Art. 120 Abs. 2 ZGB), bei Erbunwürdigkeit (Art. 540 ZGB) oder bei Ausschlagung der Erbschaft (Art. 566 ZGB) wirkungslos.

Zu beachten ist, dass der Pflichtteilsanspruch und das gesetzliche Erbrecht unter geltendem Recht erst enden, wenn die Ehegatten rechtskräftig geschieden sind bzw. die eingetragene Partnerschaft aufgelöst ist. Seit dem Inkrafttreten des revidierten Rechts am 1. Januar 2023 verloren die Ehegatten ihre Pflichtteilsansprüche, nicht jedoch ihr gesetzliches Erbrecht, bereits mit hängigem Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren oder auf Klage nach zweijährigem Getrenntleben – vorbehältlich einer abweichenden Anordnung. Sobald ein Scheidungsverfahren im soeben genannten Sinne hängig ist, kann jeder Ehegatte den anderen Ehegatten durch letztwillige Verfügung als gesetzlichen ausschliessen.

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