Risikoaggregation: Herausforderung bei der Risikobewertung
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Warum ist eine aggregierte Risikobetrachtung wichtig?
Im Rahmen der Vorgehensweise bei der Risikobewertung ist die isolierte Betrachtung von Einzelrisiken völlig unzureichend: es besteht die Gefahr, als unwesentlich bewertete Einzelrisiken für nachrangig zu halten, die sich aber in ihrem Zusammenwirken mit anderen Risiken oder auch bei kumulierter Betrachtung zu einem bestandsgefährdenden Risiko anhäufen. Daher ist es wichtig zu wissen, welche Einzelrisiken sich in welchem Umfang auf die Gesamtrisikoposition der Unternehmung bzw. deren Eigenkapital auswirken. Eine in der Praxis weit verbreitete Methode zur Filterung dieser kritischen Werte ist die Sensitivitätsanalyse, mit der die relative Bedeutung einzelner Risiken sowie die daran anschliessende Massnahmenentwicklung zur Risikosteuerung erfolgen kann.
Die herkömmlichen Methoden zur Risikoanalyse, mit denen Risiken hinsichtlich ihres möglichen Schadens in Schadensstufen bzw. -klassen eingeteilt werden, bieten keine Lösung für das Problem der Risikoaggregation. Lediglich eine einfache Risikobeurteilung von Einzelrisiken ist hiermit möglich, eine Bewertung aggregierter Risiken dagegen nicht.
Auch die Risikoanalyse mit Maximalschadenswerten, mit der jeweils der Worst Case eines Risikos beurteilt wird (z.B. der Verlust des umsatzmässig bedeutendsten Kunden der Unternehmung), bietet keine Lösung, da es die Eintretenswahrscheinlichkeit für ein Risiko ignoriert. Schadenswerte bzw. Risiken lassen sich nicht einfach addieren und würden ansonsten zu einer erheblichen Risikoüberschätzung führen.
Die weit verbreitete Risikoanalyse mit Schaden-Erwartungswerten multipliziert die Schadenshöhe und die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risikos, um den durchschnittlich aus einem Risiko zu erwartenden Schaden zu ermitteln. Diese einfache multiplikative Verknüpfung von Höchstschadenswert und Wahrscheinlichkeit erlaubt folglich die Fokussierung auf solche Risiken, die einen hohen erwarteten Schadenswert aufweisen, allerdings besteht hierbei die Gefahr, dass seltene, aber existenzgefährdende Risiken hierbei zu wenig Beachtung finden bzw. unterschätzt werden. Zudem führt diese Methode nur dann zu richtigen Ergebnissen, wenn es sich um diskret verteilte Wahrscheinlichkeiten oder mit anderen Worten abzählbar vielen Schadensrisiken handelt.
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Monte-Carlo-Simulation zur Risikoaggregation
Ein in der Praxis des Risikomanagements eingesetzte Methode zur Risikoaggregation ist die Monte-Carlo-Simulation auf Basis von Zufallszahlen zur Lösung komplexer Problemstellungen. Vor allem für die Risikomessung von komplexen Finanzinstrumenten, wie beispielsweise Derivate, hat die Monte-Carlo-Simulation eine hohe Bedeutung erhalten. Die Monte-Carlo-Methode ermöglicht in diesem Zusammenhang der experimentellen Ermittlung der Wahrscheinlichkeitsverteilung von Schadensrisiken, so dass die Gesamtrisikoposition einer Unternehmung berechnet werden kann, sofern die Risikofaktoren und deren Wahrscheinlichkeitsverteilung bekannt sind. Ausgangspunkt für eine praktische Umsetzung hierfür ist ein Model, dass die relevanten Risikofaktoren enthält, die mit einer Ergebnisgrösse gekoppelt werden. Hierbei kann es sich beispielsweise um eine Plan-Erfolgsrechnung oder Plan-Mittelflussrechnung handeln, die jeweils mit dem Unternehmensergebnis bzw. mit dem operativen Cash Flow der Unternehmung als mögliche Zielgrössen verbunden sind. Die auf Zufallszahlen und nicht auf historischen Daten basierende Monte-Carlo-Simulation lässt sich verhältnismässig gut mit MS Excel umsetzen, mit dem ja auch Zufallszahlen generierbar sind, so dass im Ergebnis die Risikowirkungen von auf Planzahlen in ihrer Auswirkung auf die Erfolgsgrössen (z.B. Unternehmensergebnis oder Cash Flow) durch zufallsbedingte Wahrscheinlichkeiten beschrieben werden können.
Sensitivitätsanalyse als Praktikeralternative
Während mittels Monte-Carlo-Methode alle möglichen zukunftsbezogenen Risiko-Szenarien berechnet werden, wobei sämtliche Risikofaktoren simultan als variabel gesetzt werden, setzt die in der Praxis weit verbreitete Sensitivitätsanalyse jeweils nur einen Risikofaktor variabel, während alle anderen Risikofaktoren konstant gesetzt werden. Die Sensitivitätsanalyse wird auch als Methode der kritischen Werte bezeichnet, da mit ihrer Hilfe ausgehend vom Worst Case einfach ermittelbar ist, welche Risikoparameter die Gesamtrisikoposition der Unternehmung am stärksten beeinflussen. Durch die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse bei der Risikoaggregation kann sich beispielsweise ergeben, dass eine Schwankung des Wechselkurses um 10% den geplanten Cash Flow stärker beeinträchtigt als die Erhöhung der Lohnkosten um den gleichen Prozentsatz.
Fazit
Die Risikoaggregation stellt eine Herausforderung für das Risikomanagement dar, für die nicht alle in der Praxis eingesetzten Methoden tatsächlich gut bzw. gleichermassen gut geeignet erscheinen. Daher erscheint es empfehlenswert, die Verknüpfung von Controlling und Risikomanagement stärker zu suchen, so dass auf der Basis von Plandaten ein einfaches Modell für die Anwendung der Monte-Carlo-Simulation oder aber für die Sensitivitätsanalyse zum Einsatz kommt.
Da sich alle Risiken letztlich auf das Eigenkapital der Unternehmung auswirken ist die Bedeutung der Risikoaggregation im Rahmen der Risikoanalyse und -bewertung auch von hoher Praxisrelevanz, da nur so die richtigen Risikosteuerungsmassnahmen ergriffen werden können.
Verwendete Quellen: Denk, R./Exner-Merkelt, K./Ruttner, R.: Risikomanagement im Unternehmen – Ein Überblick; Gleissner, W.: Die Aggregation von Risiken im Kontext der Unternehmensplanung.