Anhang: Im OR-Jahresabschluss
Passende Arbeitshilfen
Zweck des Anhangs
Im Hinblick auf die Revision der OR-Rechnungslegung hat wohl kaum ein Element der Jahresrechnung so weitgehende Änderungen erfahren wie der Anhang. Mit Art. 959c OR liegt nunmehr eine Rechnungslegungsvorschrift vor, die dem Anhang eine echte Informationsfunktion im Verbund mit der Bilanz und Erfolgsrechnung zuordnet, wie man sie bis anhin nur von den anerkannten Standards der Rechnungslegung kannte. Der Anhang ist dabei nach wie vor Teil der Jahres- und Konzernrechnung, welcher allerdings neu die anderen Bestandteile, namentlich Bilanz und Erfolgsrechnung, ergänzt und erläutert (Art. 959c Abs. 1 OR).
Mit dem Anhang soll die möglichst zuverlässige Beurteilung der Vermögens-, Finanz-und Ertragslage erleichtert werden. Das Schweizer Rechnungslegungsrecht legt lediglich den Umfang der Pflichtangaben im Anhang fest und überlässt allfällige Ergänzungen und Erweiterungen den rechnungslegungspflichtigen Unternehmen.
Die Aufstellung der einzelnen Anhang-Angaben sollte idealerweise bereits während des Geschäftsjahres geführt und stets à jour gehalten werden, um beim Abschluss zügiger die notwendigen Informationen zusammenstellen zu können. Dies gilt insbesondere für alle Pflichtangaben des Anhangs.
Pflicht zur Erstellung des Anhangs
Der Anhang ist für alle Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften) sowie für die aufgrund Ihrer Grösse und Art zur Rechnungslegung verpflichteten Stiftungen und Vereine obligatorisch, wobei seine Pflichtangaben gemäss Art. 959c OR geregelt sind. Der Anhang ergänzt die Bilanz und Erfolgsrechnung als drittes Element der Jahresrechnung.
Der Anhang stellt nach Art. 958 Abs. 2 OR einen Bestandteil der Jahresrechnung (Einzelabschluss) dar und ist somit grundsätzlich von allen zur Rechnungslegung verpflichteten Unternehmen nebst Bilanz und Erfolgsrechnung zu erstellen. Allerdings hat der Schweizer Gesetzgeber mit Art. 959c Abs. 3 OR eine Ausnahme von dieser Regel geschaffen, wonach lediglich Einzelunternehmen und Personengesellschaften auf die Erstellung des Anhangs verzichten können, sofern sie nicht die Grössenkriterien der grösseren Unternehmen gemäss Art. 727 OR erfüllen. Damit sind also juristische Personen stets von der Pflicht zur Erstellung des Anhangs betroffen.
Passende Produkt-Empfehlungen
Arten von Anhang-Informationen
Generell können drei verschiedene Arten von Anhang-Informationen unterschieden werden:
-
Pflichtangaben müssen bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen sowie bei Erfüllung der Wesentlichkeit stets in den Anhang aufgenommen werden. Als Beispiel hierfür kann die Vorschrift Art. 959b Abs. 4 OR genannt werden, wonach bei der Absatzerfolgsrechnung im Anhang zwingend der Personalaufwand sowie in einer Position Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Positionen des Anlagevermögens ausgewiesen werden müssen.
-
Wahlpflichtangaben sind diejenigen, die wahlweise in der Bilanz und Erfolgsrechnung oder im Anhang anzugeben sind. Als Beispiel hierfür kann Art. 960b Abs. 2 OR genannt werden, wonach der Betrag allfälliger Schwankungsreserven insgesamt entweder in der Bilanz oder im Anhang gesondert auszuweisen ist.
-
Freiwillige Angaben können ergänzend zum gesetzlichen Pflichtumfang in den Anhang aufgenommen werden. Freiwillige Angaben im Anhang sind in diesem Zusammenhang all jene, die nicht Pflicht- oder Wahlpflichtangaben darstellen. So könnten hierunter beispielhaft ergänzende Aufschlüsselungen und Erläuterungen zu Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung fallen, die nicht durch eine gesetzliche Pflicht bzw. Wahlpflicht erforderlich sind. Allerdings unterliegen diese dann im Fall ihrer Aufnahme in den Anhang auch den gleichen Kriterien wie die Pflichtangaben. Als Beispiel hierzu kann ein bilanzierendes Unternehmen die Position Vorräte mit weiteren Angaben zur Ermittlung der Herstellungskosten im Anhang ergänzen und somit umfassender darstellen als vom Gesetz verlangt ist. Andere Beispiele können zusätzliche freiwillige Angaben zur Arbeitnehmerschaft, zum Gewinn pro Aktie oder auch ein Segmentbericht sein. Entscheidend ist hierbei, dass auch die freiwilligen Angaben im Anhang überprüfbar sind. Im Unterschied zum Lagebericht ist der Anhang als Teil der Jahresrechnung auch Gegenstand der externen Revision.
Die in den Anhang aufzunehmenden Informationspflichten im Rahmen der Rechnungslegung beziehen sich auf die Bilanzierung, die Bewertung oder den Ausweis einzelner Positionen der Bilanz- und/oder Erfolgsrechnung sowie auf allgemeine Tatbestände. Das Rechnungslegungsrecht fordert die unterschiedlichsten Angaben im Anhang, die mit den Begriffen Angaben, Aufschlüsselungen und Erläuterungen umschrieben sind.
Zur Relevanz der Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung für den Anhang
Da es sich beim Anhang um ein Pflichtelement der Jahresrechnung bzw. des Geschäftsberichts handelt, sind es vor allem die Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung, die bei der Erstellung des Anhangs und seiner Informationen von Bedeutung sind:
-
Gemäss Art. 958c Ziff. 1 OR muss der Anhang demnach klar und verständlich sein. Diese Anforderung erfordert es, dass die Angaben des Anhangs so formuliert sind, dass sie für einen Leser verständlich und nachvollziehbar sind. Hieraus kann abgeleitet werden, dass beispielsweise auf Fehlanzeigen im Anhang verzichtet werden kann. Dagegen sind sämtliche in den Anhang aufzunehmenden Pflichtangaben jedes Jahr erneut darzulegen, falls die Sachverhalte unverändert vorliegen.
-
Der Anhang unterliegt weiter dem Grundsatz der Vollständigkeit, weshalb sichergestellt sein muss, dass alle gesetzlichen Pflicht- und Wahlpflichtangaben auch enthalten sind. Neben den expliziten Wahlpflichtangaben des Art. 959c Abs. 2 OR für die Erstellung des Anhangs, sind zahlreiche weitere (Wahl-)Pflichtangaben in den gesetzlichen Einzelvorschriften geregelt. Dies betrifft beispielsweise
-
die Mindestgliederung im Art. 959a Abs. 3 und Abs. 4 OR,
-
die ergänzenden Angaben bei Wahl der Absatzerfolgsrechnung gemäss Art. 959b Abs. 4 und 5 OR,
-
die Folgebewertung von Aktiven mit Börsenkurs zum Kurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag (Art. 960b Abs. 1 OR),
-
den Ausweis des Betrags der Schwankungsreserven gemäss Art. 960b Abs. 2 OR,
-
grössere Unternehmen, von denen zusätzliche Offenlegungen im Anhang gemäss Art. 961a OR abverlangt werden.
-
-
Die Angaben im Anhang müssen grundsätzlich verlässlich sein für die Leser der Jahresrechnung. Dies bedingt zugleich, dass sie richtig und wahr sein müssen.
-
Die Angaben im Anhang müssen das Wesentliche enthalten. So ist beispielsweise der Gesamtbetrag der aufgelösten stillen Wiederbeschaffungsreserven im Anhang anzugeben, wenn das Ergebnis hierdurch wesentlich günstiger dargestellt wird (Art. 959c Abs. 1 Ziff. 3 OR).
-
Der Anhang muss auch dem Vorsichtsgrundsatz der Rechnungslegung im Rahmen seiner Informationsfunktion genügen. Dies kann beispielsweise relevant sein, wenn es um die Beurteilung der Vermögens- oder Finanzierungslage der Unternehmung durch Dritte geht, für die wesentliche oder aufgrund der Tätigkeit des Unternehmens übliche weitere Positionen im Anhang anzugeben sind, falls diese nicht bereits in der Bilanz ausgewiesen sind (Art. 959a Abs. 3 OR).
-
Für die Darstellung im Anhang sind gemäss Art. 958c Abs. 1 Ziff. 6 OR stets die gleichen Massstäbe zu verwenden. Der Anhang trägt hierdurch wesentlich zur Vergleichbarkeit der Jahresrechnung bei, so dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil über die wirtschaftliche Lage der Unternehmung bilden können.
-
Für den Anhang gilt weiter durch Art. 958c Abs. 2 OR, dass die in ihm aufgeführten Positionen durch ein Inventar oder auf andere Art nachzuweisen sind. Hierzu gehört vor allem der Dokumentationsnachweis für die im Anhang beschriebenen Sachverhalte. Ein Beispiel hierfür betrifft den Nachweis der Eventualverbindlichkeiten gemäss Art. 959c Abs. 2 Ziff. 10 OR, die im Anhang oder der Bilanz zu nennen sind und deren Bestand nachzuweisen ist.