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Toxisches Mitarbeiterverhalten: Umgang mit toxischen Teammitgliedern

Wir alle hatten schon mit ihnen zu tun: Unangenehme Zeitgenoss*innen, welche uns die Stimmung bei der Arbeit vermiesen. Sie sind in allen Unternehmungen vertreten, und gegen sie scheint kein Kraut gewachsen. Wirklich? Dabei gäbe es schon Mittel und Wege …

04.04.2023 Von: Patrick Boss
Toxisches Mitarbeiterverhalten

Das Leben könnte so schön sein: Wir machen uns auf den Weg zur Arbeit und freuen uns auf einen weiteren erlebnisreichen, herausfordernden Tag im Kreise angenehmer Menschen. Die Realität sieht jedoch oft weniger rosig aus. So wie bei Markus: Er arbeitet in einem Team zusammen mit fünf Arbeitskollegen. Einer davon ist Thomas: Dieser gehört seit zehn Jahren der Firma an und ist überzeugt davon, der Beste im Team zu sein. Er tritt zurückhaltend auf, ist jedoch rhetorisch sehr geschickt, was er dazu nutzt, andere zu manipulieren und Einzelne gegeneinander aufzuhetzen. Er meint, alles zu wissen, will immer recht haben und scheut auch nicht davor zurück, gegebenenfalls die Tatsachen zu verdrehen. Wenn er bei anderen einen Fehler entdeckt, stellt er sie an den Pranger. Gerät er selbst unter Druck, reicht ein Funke aus, damit er explodiert. Das Team hat sich schon mehrmals beim Chef über das Verhalten von Thomas beschwert, doch jener unternahm bisher nichts. Von einer Arbeitskollegin weiss Markus, dass sie wegen Thomas die Firma verlassen hat.

Toxic coworkers

In der US-amerikanischen Literatur werden Personen wie Thomas seit der im Jahr 2000 erschienenen Publikation von Cavaiola und Lavender als «toxic coworkers» bezeichnet. Der an der Stanford Graduate School of Business tätige Psychologe Robert Sutton ist da weniger zimperlich und nennt das Kind schon im Titel seines Buchs beim Namen: «Der Arschloch-Faktor». Dabei bezieht er auch Vorgesetzte mit ein. Dies ist gerechtfertigt, denn die Hälfte der Fälle von schikanierendem Verhalten geht auf ihr Konto. Zu den typischen toxischen Verhaltensweisen zählen Verleumdung und Schuldzuweisungen, Verbreiten von Gerüchten und Lügen, Zurückhalten von Informationen, Distanzlosigkeit und Belästigung oder Aggressivität. Grob lassen sich zwei Kategorien von toxischen Personen unterscheiden: die direkt-aggressiven und die passiv-hinterhältigen. Erstere sind selbstzentriert und verhalten sich eigennützig, überheblich, besserwisserisch, rechthaberisch, grenzüberschreitend, cholerisch oder aggressiv. Die Passiven neigen zu negativen Gedanken, verbreiten Gerüchte, halten Informationen zurück, zeigen sich intrigant, missgünstig, als Paragrafenreiter oder Minimalisten und erzeugen so eine schlechte Stimmung. Mit solchen Arbeitskolleg*innen macht Teamarbeit definitiv keinen Spass mehr.

Toxisches Mitarbeiterverhalten hat grosses Schadenspotenzial

Unerwünschtes Verhalten am Arbeitsplatz wie Mobbing, Rechthaberei oder Aggressivität sind keine Randphänomene. Dies unterstreicht auch die von der ManpowerGroup in Deutschland durchgeführte Befragung bei 1000 Personen. Auf die Frage «Was würde Ihre Arbeitsbedingungen am meisten positiv beeinflussen?» antworteten 51% mit dem Wunsch nach einem besseren Gehalt. Auf Platz zwei folgte mit 38% «nette Kollegen» gefolgt von der Work-Life-Balance mit 27%. Auch in der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist der zwischenmenschliche Umgang prominent vertreten: Bei den möglichen Handlungsfeldern zur Verbesserung des Befindens am Arbeitsplatz fungiert neben den Arbeitsinhalten, der Arbeitsorganisation und der Arbeitsumgebung auch die Kategorie «soziales Arbeitsumfeld und Zusammenarbeit».

Und dies zu Recht: Der Schaden, welchen solch unmögliche Arbeitskolleg*innen und Vorgesetzte anrichten, ist beträchtlich. Nicht nur, dass ihre direkte Umgebung darunter leidet, sondern auch die gesamte Organisation. Durch die Beeinträchtigung der Arbeitszufriedenheit und -moral steigen Absenzen und die Fluktuation, die Arbeitsleistung nimmt ab, und es passieren mehr Fehler. Der direkte daraus entstehende Schaden in den Unternehmungen soll in der Schweiz jedes Jahr in die Milliarden gehen. Die gute Nachricht: Man kann etwas dagegen unternehmen.

Individuelle Schadensbekämpfung

Im Umgang mit toxischen Arbeitskolleg*innen oder Vorgesetzten rät Robert Sutton, dass man die Schuld nicht bei sich sucht und auch nicht darauf hofft, dass sich die Situation von selbst verbessert. Es gelte, einen klaren, wohlüberlegten Entscheid zu fällen, wie man dagegen vorgehen möchte. Dabei stehen einem vier Verhaltensweisen zur Verfügung:

  • Sich der misslichen Lage durch Versetzung oder Kündigung entziehen,
  • sich mit der Situation abfinden, indem man sie umdeutet,
  • Distanz schaffen oder
  • zum Gegenangriff übergehen.

Letzteres ist jedoch ein sehr heikles Unterfangen, da vor allem Tyrannen gut vernetzt und abgesichert sind.

    Tipps für den Umgang mit schädlichen Arbeitskolleg*innen und Vorgesetzten

    Änderung des Mindsets

    • Ich bin nicht allein: «Andere müssen sich auch damit herumschlagen.»
    • Mich trifft keine Schuld: «Ich darf es nicht persönlich nehmen.»
    • Die Bedrohung herunterspielen: «Es gibt noch viel schlimmere A...»
    • Sich emotional distanzieren: «Ich lasse mir davon nicht die Stimmung verderben.»

    Distanz schaffen

    • Toxisches Mitarbeiterverhalten ist ansteckend! Abstand halten!
    • Vorausschauend handeln und gezielt ausweichen.
    • Die Häufigkeit und Dauer des Kontakts bewusst einschränken.
    • Sich unauffällig verhalten und rar machen.

    Abwehren und kontern

    • Nicht Rache üben, sondern eine Verbesserung der Situation anstreben.
    • Einen kühlen Kopf bewahren und sich mit klugen Menschen austauschen.
    • Unerwünschte Verhaltensweisen direkt ansprechen und eindeutig zu verstehen geben, dass man sich dies nicht bieten lässt.
    • Beweise sammeln und Verbündete suchen – allein ist man machtlos.

    Quelle: Sutton, R. I. (2018). Überleben unter Arschlöchern. Piper

    Organisationale Schadensverhinderung

    Es ist zwar selbstverständlich, muss an dieser Stelle der Vollständigkeit halber jedoch erwähnt werden: Auf organisationaler Ebene braucht es ein klares Bekenntnis dazu, dass zwischenmenschlich schädigendes Verhalten nicht toleriert wird. Toxisches Mitarbeiterverhalten lässt sich im Unternehmen aber am wirkungsvollsten eindämmen, wenn man schon beim Einstellungsverfahren sein Augenmerk darauf richtet. Da sich Toxizität jedoch nicht auf den ersten Blick zu erkennen gibt, ist ein gezieltes Vorgehen vonnöten. In einigen Fällen wird schon der Lebenslauf einen ersten Hinweis auf eine schwierige Persönlichkeit geben: So können häufige Jobwechsel oder eine kurze Anstellungsdauer Red Flags darstellen. Bei den Fragen nach dem jeweiligen Kündigungsgrund ist demnach auf bestimmte Muster zu achten. Beispielsweise ist das wiederholte Nennen von Allgemeinplätzen wie «Ich sah, dass ich mich da nicht weiterentwickeln kann», «Mir wurde nicht das geboten, was mir versprochen wurde» oder «Mein Chef und ich hatten das Heu nicht auf der gleichen Bühne» verdächtig.

    Destruktives Verhalten geht oft einher mit einer entsprechenden Persönlichkeitsstruktur, namentlich einer nur schwach ausgeprägten Verträglichkeit. Diese ist durch folgende Eigenschaften charakterisiert: misstrauisch, manipulierend, unaufrichtig, selbstbezogen, dickköpfig, rechthaberisch, streitsüchtig, wichtigtuerisch, arrogant und unbarmherzig. Nebenbei bemerkt: Wir erkennen hier viele Adjektive, welche das Verhalten von Thomas charakterisieren. Persönlichkeitseigenschaften lassen sich am besten mittels einer Kombination von Testverfahren und Interview einschätzen. Bei der Wahl des Persönlichkeitstests ist darauf zu achten, dass dieser Verträglichkeit – auch als Umgänglichkeit oder Soziabilität bezeichnet – erfasst. Die detaillierte Auswertung führt schon zu ersten Vermutungen, welche dann später im Interview mit dafür geeigneten Fragen überprüft werden können.

    Als weitere Informationsquelle dient abschliessend die Referenzauskunft. Wenn es um die Teamfähigkeit geht, können ehemalige Arbeitskolleg*innen wohl am treffendsten darüber Auskunft geben. Vor allem dann, wenn der/die Kandidat*in durch den Vorgesetzten gedeckt wurde. Auch wenn man sich beim Einholen von Referenzen schnell einmal auf dünnem Eis befindet – Fragen nach der Teamfähigkeit und der Leistungsbereitschaft sind in jedem Fall erlaubt.

    An dieser Stelle lässt sich der Bogen zum eingangs aufgeführten Tatsachenbericht schlagen: Markus hat berichtet, dass sich Thomas kürzlich bei einer anderen Firma beworben habe. Zu einer Anstellung sei es aber nicht gekommen. Und so nehme er an, dass die Leute dort wohl bemerkt hätten, dass Thomas kein einfacher Mitarbeiter sei. So geht das!

    «Happy Workplace»-Fragen

    Beim Vorstellungsgespräch:

    • Erleben Sie ab und zu, dass man Ihr Potenzial unterschätzt? Wie gehen Sie damit um?
    • Erhalten Sie am Arbeitsplatz die Behandlung, welche Sie auch verdient haben? Wieso nicht?
    • Was bringt Sie im Arbeitsalltag auf die Palme?
    • Mussten Sie auch schon einmal mit einer völlig unmöglichen Person zusammenarbeiten? Wie sind Sie damit umgegangen?
    • Haben Sie sich auch schon einmal in der Situation befunden, dass Sie eine*n Arbeitskolleg*in zurechtweisen mussten? Wie ist es dazu gekommen?

    Beim Einholen von Referenzen:

    • Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit XY erlebt? Deckt sich das mit den Erfahrungen anderer Personen in der Unternehmung?
    • Welche Eigenschaften schätzen Sie an XY, welche eher weniger?
    • Hat XY eine Eigenschaft, mit welcher er/sie ab und zu aneckt?
    • Gibt es Personen im Unternehmen, welche sich mit XY schlecht vertragen? Was ist oder war der Anlass dazu?
    • Wir legen grossen Wert auf Teamfähigkeit. Was können Sie mir diesbezüglich über XY erzählen?
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