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Negativverzerrung: 5 Tipps rücken das Positive in den Fokus

Ihre Sichtweise prägt Ihre Entscheidungen und Handlungen. Unbeabsichtigt fällt dabei Negatives mehr ins Gewicht. Unterbinden Sie diese Negativverzerrung.

29.08.2023 Von: Brigitte Miller
Negativverzerrung

Das Gute und Positive fällt unter den Tisch

Sie erleben es jeden Tag aufs Neue. Obwohl Ihnen so viele gute und positive Dinge widerfahren, reicht schon ein negatives Erlebnis aus, um Ihren Blick auf diesen Tag entsprechend einzufärben. Und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass Sie genau diesen Vorfall nicht allein bestens im Gedächtnis behalten, sondern auch „brühwarm“ Ihren Kollegen, Freunden und Ihrer Familie erzählen:

  • Der Bus oder Zug fährt Ihnen vor der Nase weg,
  • Die Aufzugtür schliesst sich, obwohl Sie laut gerufen haben „Ich komme. Haltet bitte die Türe auf“,
  • Ein Autofahrer fährt einfach in die Lücke, in die Sie einparken wollten,
  • Ein Kunde reagiert am Telefon aggressiv,
  • Die Software stürzt ab, kurz bevor Sie Ihren Bericht speichern konnten,
  • undundund…

Schalten Sie das Radio ein, streamen die neusten Nachrichten oder blättern in der Tageszeitung, wird Ihr Blick auch erst einmal „nur“ und „fast ausschliesslich“ mit negativen Informationen bombardiert.

Nervig. Blöd. Ärgerlich. Denn all dies färbt natürlich Ihre Perspektive. Und damit auch Ihr Tun, Ihre Handlungen, Ihre Entscheidungen und Ihr Verhalten. Manches Mal mag dies hilfreich sein. Oft aber nicht.

In unserer Evolution: Der Blick aufs Negative

Keine gute Nachrichten, oder?! Vielleicht triggert es gar Schuldgefühle. Vielleicht auch Selbstvorwürfe, weil Sie das Negative stärker gewichten und mehr in der Erinnerung behalten. Vielleicht bemühen Sie sich schon lange, den Blick auf „das halbvolle Glas“ zu lenken, aber es mag nicht immer gelingen.

Sie dürfen sich jetzt entspannt zurücklehnen. Sie sind nicht allein mit diesen Erfahrungen. Uns allen ergeht es so. Wir alle verarbeiten unsere Informationen asymmetrisch, d.h. Positives bringt kaum Gewicht auf die Waagschale, Negatives dagegen schon. Und der Grund, erklärt der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann, liegt in unserer Evolution. Unsere Vorfahren mussten sich, um ihr Überleben zu sichern, das Aussehen und den Geschmack giftiger Beeren und Co einprägen. Negatives – also beispielsweise die giftigen Beeren – mussten nachhaltig im Gedächtnis verankert werden, sonst hätte es schnell den eigenen Exitus bedeutet. Während das Aussehen leckerer, gesunder Beeren „so ziemlich egal“ war.

Das ist doch ein wenig beruhigend, oder?! Die Evolution ist „schuld“. Wir treten also nur das Erbe unserer Vorfahren an – und teilen auch heute lieber Negatives mit, ob nun von Angesicht zu Angesicht oder in den Social Media oder in den Nachrichten und Presse.

Die evolutionäre Negativverzerrung

Der Psychologe Paul Rozin, amerikanischer Kulturpsychologe und Experte auf dem Gebiet der Ekel-Forschung, erklärt die Negativitätsverzerrung sehr anschaulich: Eine einzige Küchenschabe verdirbt die Freude an einer Schale Kirschen. Während eine Kirsche in einer Schale voller Küchenschaben keinerlei Unterschied macht.

Kurzum: Negative Emotionen, Gedanken und Erlebnisse wirken sich stärker auf den eigenen Blickwinkel und Psyche aus. Obwohl wir also evolutionär so gepolt sind, dürfen wir solch einer Negativverzerrung etwas entgegensetzen – und für eine Balance in der eigenen Perspektive sorgen.

Mehr Positives in den Blick rücken: 5 Tipps

Sorgen Sie für einen bewussten Ausgleich. Stellen Sie die Balance in Ihrer Wahrnehmung her. Entzerren Sie den Negativitätseffekt. Stärken Sie so Ihr Wohlbefinden. Sorgen Sie für wohldurchdachte Entscheidungen und für ein ausgewogenes Handeln.

Die folgenden Tipps geben erste Impulse, wie Ihnen dies gelingen kann. Setzen Sie gerne weitere eigene Ideen frei. Es lohnt sich.

Tipp 1: Gutes in den Fokus rücken

Im Grunde ein Kinderspiel. Sie nehmen ja Gutes und Positives längst wahr. Nur, wie Sie jetzt erfahren haben, gerät dieses etwas in das eigene Hinterstübchen. Deshalb – ab heute (!) – rücken Sie mal alles Tolle und Schöne gezielt ins Rampenlicht.

  • Wahrnehmung lenken. Wer hat Sie heute alles angelächelt? Was hat wunderbar geklappt? Wer war hilfsbereit? Wer freundlich? Was ist Tolles und Aufregendes passiert? Scheint die Sonne? Regnet es, das ist gut für den Garten und den Wald? Was würdigen Sie als Gut, Toll und Positiv in diesem Moment, in dieser Stunde, an diesem Tag?
  • Aufschreiben. Notieren Sie sich, was Sie besonders „entzückt“ hat. Welches positive Highlight ist Ihnen heute widerfahren? Welche tollen Geschehnisse haben Sie heute erfahren? Schreiben Sie sich diese auf. So vergessen Sie nichts. Und falls, die Negativverzerrung an diesem Tag doch noch zuschlägt, können Sie mühelos nachlesen: Ach, so schlimm war es ja gar nicht.

Tipp 2: Positives mit Gefühlen verknüpfen

Erfahrungen, ob negativ oder positiv, lösen Gefühle aus. Verstärken Sie Ihre Wahrnehmung der positiven Momente, indem Sie nun Ihre getriggerten Gefühle spüren und auch geniessen. Vielleicht rufen Sie sich dafür einige Ihrer positiven Momente wieder ins Gedächtnis. Lassen Sie diese „mental lebendig“ werden.

  • Welches Gefühl entstand, als Sie angelächelt wurden?
  • Wie haben Sie sich gefühlt, als alles gut geklappt hat?
  • Wie hoch war Ihre Freude und Dankbarkeit, weil Ihnen ein Kollege bei einer Aufgabe geholfen hat?
  • Was löst der Sonnenschein in Ihnen aus? Welche Vorfreude, vielleicht auf Freizeitaktivitäten, wird aktiviert?

Tipp 3: Gutes verankern

Verstärken Sie die Verankerung all des Positiven, das Ihnen täglich widerfährt. Die Wahrnehmung, als auch die emotionale Verknüpfung sind zwei wichtige Verstärker. Ein dritter ist, sich die positiven Erlebnisse immer wieder in Erinnerung zu rufen – bis sich diese „setzen“ bzw. gut im Langzeitgedächtnis verankert sind.

  • Tagesrückschau. Lesen Sie Ihre Notizen nochmals durch. Vielleicht, wenn Sie zu Hause angekommen sind, um sich positiv auf den Feierabend einzustimmen oder kurz vor dem Schlafgehen, um sich einen positiven Tagesausklang zu gönnen.
  • Ranking. Erstellen Sie ein Ranking. Welches ist das Top-Positive-Highlight des Tages? Was hat Sie daran besonders gefreut? Was hat Sie daran besonders beglückt? Gestatten Sie sich, diesen Top-Guten-Moment nochmals zu durchleben.

Tipp 4: Die Goldwaage nutzen

Wiegen Sie spielerisch Ihre täglichen Erfahrungen ab - natürlich in Gedanken. Legen Sie alles einmal auf eine Goldwaage. Auf die eine Waagschale kommen die negativen Erlebnisse. Auf die andere die positiven. Nun wird es spannend: Schlägt die Waagschale mit den negativen Erlebnissen stärker aus? Falls ja, prüfen Sie einmal

  • Haben Sie tatsächlich mehr negative Erlebnisse aufgelegt?
  • Gab es an diesem Tag wirklich ein mehr an negativen Erlebnissen?
  • Sind die negativen Erlebnisse wirklich so „gewichtig“, d.h. so schwer?
  • Sind Sie erneut der Negativverzerrung eregen?
  • Welches positive Erlebnis könnte eine andere Gewichtung erhalten?
  • Welches positive Erlebnis könnte gar welches negative ausgleichen?

Tipp 5: Mit den 6-denkenden-Hüten reframen

Um das Positive mehr in den Fokus zu rücken, dürfen Sie immer wieder mal die Perspektive wechseln. Denn, alles hat ja bekanntlich mindestens zwei Seiten – oftmals auch mehr. Mit der Kreativitätsmethode „Die 6-denkenden-Hüte“ von Edward de Bono gelingt dies spielerisch. Dafür setzen Sie folgende Hüte auf:

  • den weissen Hut, um die Situation sachlich zu beschreiben,
  • den schwarzen Hut, um das Negative und Pessimistische wahrzunehmen,
  • den gelben Hut, um das Positive und Optimistische zu erkennen,
  • den roten Hut, um Ihre Gefühle aus den Perspektiven „schwarz“ und „gelb“ zu entdecken.

Notieren Sie sich Ihre Erkenntnisse. Fragen Sie sich:

  • Welchen neuen Blickwinkel haben Sie sich dadurch erschliessen können?
  • In welchen neuen Rahmen können Sie das Geschehen jetzt setzen, d.h. wie würden Sie jetzt das Geschehen reframen?

Ein kurzes Beispiel hilft der Verdeutlichung. Ein Kunde hat sich aggressiv am Telefon über den Service beschwert. Volle Negativität ist Ihnen dabei entgegengeschlagen. „Wieder ein Kunde, der nur stänkert“ - der erste Eindrucks-Rahmen ist gesetzt.

In solch einem Geschehen mag wohl kaum etwas Gutes und Positives zu entdecken sein. Nun, vielleicht doch. Das Gute kann sein – und bietet einen neuen Eindrucks-Rahmen, das Reframing:

  • Der Kunde hat sich abreagiert.
  • Sie konnten den Kunden beruhigen.
  • Sie haben den Kunden mit Ihren Antworten zufriedengestellt.
  • Sie haben soweit als möglich besonnen und höflich reagiert.
  • Sie haben die Situation gemeistert.
  • Solange der Kunde sich noch beschwert, ist er für das Unternehmen nicht verloren.
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