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Blockchain: Die Zukunft des Treuhandwesens?

Die Blockchain soll mittel- bis langfristig über das Potenzial verfügen, das Treuhandwesen zu revolutionieren. Was steckt hinter der Trend-Technologie, und wie transformiert diese die Treuhandbranche? Hier können Führungskräfte von Treuhandunternehmen entdecken, weshalb sie sich bereits heute mit Blockchain auseinandersetzen sollten.

19.12.2023 Von: Lara Olms
Blockchain

Neue Perspektive für die Treuhandbranche

Unseriös, unsicher und zu oft von Kriminellen missbraucht: Blockchain-Technologie sorgte in der Vergangenheit immer wieder für negative Schlagzeilen. Auch viele Treuhänderinnen und Treuhänder stehen der Blockchain noch skeptisch gegenüber. Während immer mehr Treuhandunternehmen den Wert von künstlicher Intelligenz (KI) erkennen und auf entsprechende Anwendungen im Arbeitsalltag setzen, findet die Blockchain kaum Verwendung. Folglich wird die Trend-Technologie noch immer mit schwankenden Kryptowährungen und dubiosen Geschäften in Verbindung gebracht. Höchste Zeit, diese Vorurteile aufzuräumen und sich den Opportunitäten für die Treuhandbranche zuzuwenden.

Was ist die Blockchain, und wofür kommt sie bereits heute in der Geschäftswelt zur Anwendung? In der Literatur existieren mehrere von Technologieexperten und -innen akzeptierte Definitionen der Blockchain. Die Begriffserklärungen haben gemeinsam, dass die Blockchain ein Anwendungsfall der Distributed- Ledger-Technologie (DLT, deutsch: dezentral geführte Kontenbuchtechnologie) und durch Dezentralität sowie den Netzwerkgedanken geprägt ist. Alle DLT-Unterarten – zu der auch die Blockchain zählt – sind dezentral, synchronisieren Transaktionen sowie Einträge laufend und bieten hohen Schutz vor unbefugten Fremdzugriffen. Die Schweizerische Bankiersvereinigung vergleicht die DLT mit einem «Netzwerk von digitalen Notaren»: «In einem öffentlichen Transaktionsregister werden alle Transaktionen von zahlreichen Notaren und Notarinnen überprüft und verifiziert. Danach werden die Einträge in identischen Kopien auf verschiedenen Datenbanken dezentral gespeichert. Dadurch ermöglicht die Technologie über das Internet nicht nur Informationen, sondern auch Werte und die damit verbundenen Eigentumsverhältnisse direkt zwischen verschiedenen Parteien zu übertragen und zu verwalten.»

Blockchain sorgt für mehr Transparenz bei Transaktionen

Mit der Blockchain ist es erstmals möglich, Transaktionen ohne zentrale Instanz vertrauensvoll und transparent zu verifizieren. Dies macht die Technologie so beliebt bei den Entwicklern sowie Händlern von Kryptowährungen wie Bitcoin, Tether, Binance Coin oder Dogecoin. Bei einer Kryptowährung handelt es sich dem deutschen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zufolge um «ein digitales Zahlungsmittel auf der Grundlage eines Blockchain-Systems». Mit Kryptowährungen übertragen Teilhabende Guthaben in Form von Computercode. Diese Übertragungen werden durch eine kryptografisch signierte Transaktion in der Blockchain dokumentiert.

Die Blockchain legt also die technische Basis für den Handel mit Kryptowährungen. Kryptotransaktionen über die Blockchain laufen schnell, transparent und ohne Vermittlungsinstanzen wie Banken oder Kreditkartenunternehmen ab. Die Verifizierung von Kryptotransaktionen erfolgt durch die Rechenleistung der am Netzwerk teilnehmenden Rechner und die Algorithmen in der Blockchain. Nur wer den passenden Signaturschlüssel besitzt, kann eine gültige Transaktion durchführen bzw. empfangen. Eine abstrakte Adresse oder Kontonummer repräsentiert die Empfängerinnen und Empfänger von Transaktionen, wodurch sich Kryptowährungen unter einem Wie Blockchain die Treuhandbranche zukünftig verändern kann Die Blockchain soll mittel- bis langfristig über das Potenzial verfügen, das Treuhandwesen zu revolutionieren. Was steckt hinter der Trend-Technologie, und wie transformiert diese die Treuhandbranche? Hier können Führungskräfte von Treuhandunternehmen entdecken, weshalb sie sich bereits heute mit Blockchain auseinandersetzen sollten. „ Von Lara Olms Pseudonym verwenden lassen. Überwacht und verbucht werden die Transaktionen durch sogenannte Miner, die sich mit grossen Rechenleistungen das Recht zur Bildung neuer Blöcke kaufen.

In diesen Branchen hat Blockchain bereits zu mehr Transparenz und Effizienz beigetragen

Kryptowährungen sind heute der wohl bekannteste Blockchain-Anwendungsfall und haben aufgrund von Negativschlagzeilen zum zweifelhaften Ruf der dezentralen Technologie beigetragen. Das Einsatzgebiet der Blockchain beschränkt sich jedoch bei Weitem nicht auf digitale Währungen. Aus zahlreichen Branchen sind bereits erfolgreiche Blockchain-Fallbeispiele ausserhalb von Kryptowährungen bekannt oder aktuell in Planung. Im Gesundheitswesen könnten mit der Blockchain beispielsweise sensible Daten sicher gespeichert werden. Patientinnen und Patienten mit einer Blockchain-Kontonummer könnten ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten mittels Signaturschlüssel Einblick in ihre dezentral gespeicherte und mittels Algorithmen geschützte medizinische Vorgeschichte bieten. In der Logistik lassen sich Lieferketten mithilfe der Blockchain transparent und effizient dokumentieren. Alle Parteien mit Signaturschlüssel können in Echtzeit die Versanddaten, den aktuellen Stand der Genehmigungen, Informationen auf Frachtpapieren und Sensordaten der Container wie Gewicht oder Temperatur mitverfolgen. Die dezentrale Speicherung beugt Manipulation vor und trägt dazu bei, das Schmuggelgeschäft einzudämmen.

Im Bildungswesen bietet die Blockchain Universitäten und Hochschulen neue Möglichkeiten, fälschungssichere Diplome und Zeugnisse auszustellen. Dabei speichern die Bildungsinstitute die Unterlagen dezentral auf der Blockchain und stellen ihren Absolventen und Absolventinnen Signaturschlüssel zu. Im Bewerbungsprozess können die Alumni die Signaturschlüssel wiederum mit potenziellen Arbeitgebenden teilen, die dank der fälschungssicheren Aufbewahrung der Diplome sogleich Gewissheit über die Echtheit erhalten. Somit sind der Umweg über Drucker und Papier, offizielle Beglaubigungen und der zeit- und kostenintensive Versand von Originaldokumenten nicht mehr nötig. Was im Gesundheitswesen, der Logistik und im Bildungswesen bereits funktioniert, lässt sich mittelfristig auch auf die Treuhandbranche übertragen.

Die Blockchain ebnet den Weg zur dreifachen Buchführung

Die Blockchain verfügt nicht weniger als über das Potenzial, die Buchführung grundlegend zu revolutionieren und diese vor allem noch transparenter zu gestalten. Um diesbezüglich die Rolle der Blockchain zu veranschaulichen, begeben wir uns auf eine kleine Reise in die Vergangenheit. Vor über 500 Jahren fand rund um die Buchhaltung der letzte bedeutende Quantensprung statt, nämlich der Übergang von der einfachen zur doppelten Buchführung. Die vom italienischen Mathematiker und Franziskanermönch Luca Pacioli gegen Ende des 15. Jahrhunderts erstmals beschriebene doppelte Buchführung sollte nicht nur besser nachvollziehbar sein, sondern auch höchste moralische Ansprüche erfüllen. Bilanzen sollten so harmonisch wie möglich sein, die Zahlen unter Soll und Haben sich ausgleichen. Die venezianischen Kaufleute übernahmen Paciolis Methode der doppelten Buchführung, wodurch dies zum weltweiten Standard mutierte. Die doppelte Buchführung hat allerdings nicht zu einer komplett transparenten Finanzwelt geführt. Speziell durch die Finanzkrise im Jahr 2008 wurde der Ruf nach mehr Transparenz in der Buchführung lauter. Die Blockchain kann hierbei Abhilfe schaffen, da sich mit ihr eine dreifache Buchhaltung realisieren lässt.

Bei der dreifachen Buchführung mit der Blockchain kommt ein Eintrag auf die Soll-Seite, ein anderer auf die Haben-Seite und ein dritter in ein unveränderliches gemeinsames Logbuch. So entsteht eine «gemeinsame» Buchhaltung aller an der Transaktion beteiligten Unternehmen. Da die Blockchain mittels Algorithmen vollständig automatisiert funktioniert und eine dezentrale Struktur aufweist, lassen sich Einträge nicht nachträglich anpassen oder entfernen. Dies sorgt für mehr Transparenz als die doppelte Buchführung.

Beispiel

Die Schreinerei Holzwerkstatt AG, der Holz- Importeur Wood Import GmbH sowie der internationale Holz-Händler Wood Trading Ltd. unterhalten gegenseitige Geschäftsbeziehungen, wobei sie hierfür «Smart Contracts» erstellen. Ein Smart Contract erlaubt es, die vertragliche Logik entlang der Lieferkette durch Codes abzubilden. Angewendet auf unser Beispiel funktioniert dies wie folgt: Wenn der Lagerbestand an Eichenparkett bei der Holzwerkstatt AG auf unter 5000 m² sinkt, dann löst dies automatisch eine Bestellung von 300 m² bei der Wood Import GmbH aus. Sämtliche vereinbarten Konditionen hierfür sind bereits im Smart Contract auf der Blockchain definiert. Geschieht nun eine entsprechende Transaktion, bewirkt dies ohne manuelle Inputs der Firmen einen Eintrag auf der Blockchain. Die involvierten Parteien müssen lediglich noch der Transaktion zustimmen. Nebst den zwei Unternehmen können diese Aufgabe weitere Netzwerkteilnehmer wie beispielsweise Treuhandunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Steuer- oder Zollbehörden wahrnehmen. Am Beispiel der MWST-Behörden haben diese die Möglichkeit – sofern vorab im Smart Contract festgelegt –, eine allfällige Steuer sogleich einzuziehen.

Datenbasierte Beratungsleistungen von Treuhandunternehmen

Durch die dreifache Buchführung erhalten Treuhänderinnen und Treuhänder jederzeit einen Überblick über die Einnahmen, Ausgaben und Liquiditätssituation der von ihnen betreuten KMU. Basierend auf den Zahlen und Informationen aus dem gemeinsamen Logbuch können Treuhandprofis massgeschneiderte Beratungsdienstleistungen entwickeln. Immer mehr KMU wünschen sich einen Sparringspartner, der bei sämtlichen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen mit Rat und Tat zur Seite steht. Um diese Rolle wahrzunehmen, sind Treuhänderinnen und Treuhänder auf tagesaktuelle Buchhaltungsdaten sowie auf eine effiziente Datenauswertung angewiesen. Beides kann die Blockchain-Technologie liefern. Wie bereits oben beschrieben, können alle autorisierten Parteien die manipulationssicheren Daten mit dem Signaturschlüssel zeit- und ortsunabhängig sowie in Echtzeit einsehen. Durch den klugen Einsatz von KI und z.B. Microsoft Power BI können somit Treuhandunternehmen jederzeit auf zuverlässige Reports und Analysen ihrer Mandantinnen und Mandanten zugreifen. Die Buchhaltung wandelt sich von einem retroperspektiven zu einem prospektiven Instrument für Treuhandunternehmen.

Als Treuhandunternehmen nicht die Augen verschliessen

Die Blockchain dürfte in den nächsten Jahren sowohl die Erbringung von Buchhaltungsdienstleistungen als auch Wirtschaftsprüfungs- sowie Steuerberatungsdienstleistungen verändern. Dieser Trend lässt sich kaum aufhalten. Laut dem renommierten amerikanischen Innovationsforscher Jack Shaw schafft es die Trendtechnologie, den Beratungs- und Treuhandsektor grundlegend zu revolutionieren. Die dreifache Buchführung und eine drastische Effizienzsteigerung bei der Datenauswertung sind erst zwei Beispiele für mögliche Einsatzgebiete der Blockchain im Treuhandwesen. Speziell rund um das Kundenerlebnis eröffnen sich zusätzliche Chancen, sich als Treuhandunternehmen mittels Blockchain von der Konkurrenz zu differenzieren.

Auch wenn die Technologie vermutlich nicht heute oder morgen den Treuhandmarkt revolutioniert, sollte bereits heute eine Auseinandersetzung stattfinden. Dass die Buchführung in rund zehn Jahren für Treuhandunternehmen wegfällt, ist kein Geheimnis mehr. Doch was passiert, wenn dank Blockchain und der optimalen Kombination mit KI auch die Umsätze von standardisierbaren Dienstleistungen wie die Abschlussberatung wegfallen? Sich frühzeitig mit entsprechenden Fragen zu beschäftigen, zahlt sich langfristig aus.

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