Nachfolgeregelung Familienunternehmen: Optimaler Zeitpunkt

Der Unternehmer sollte aus Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kapitalgebern seine Nachfolge frühzeitig und mindestens 5 Jahre im Voraus geregelt wissen.

16.03.2022 Von: Therese Schneider
Nachfolgeregelung Familienunternehmen

Der optimale Zeitpunkt

Der planmässige Rückzug eines Unternehmers soll vor allem auch dann vollzogen werden, wenn

  • kein Interesse mehr am Erlernen neuer Technologien besteht
  • Probleme nicht als Chancen angesehen werden
  • bei der Umsetzung von wichtigen Massnahmen gezögert wird
  • Änderungen Mühe bereiten
  • Gesundheitliche Probleme entstehen könnten Grundsätzlich ist jede Nachfolgeregelung individuell und betriebsspezifisch.

Wichtig ist, dass die Nachfolge nicht erst auf äusseren Druck geregelt wird.

Voraussetzungen

Es lohnt sich, Schlüsselpersonen, Eigentümergruppen und wichtige Kadermitarbeitende frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Eine strukturierte Auseinandersetzung mit Schlüsselpersonen und möglichen Nachfolgern ist für ein Familienunternehmen ein Muss. Auch eine sorgfältige und rechtzeitige Wahl eines Treuhandberaters, Anwalts etc. sollte erfolgen. Die frühzeitige Einbindung von Fremdkapitalgebern ist empfehlenswert, um unabhängige Drittmeinungen einzuholen und den meist nicht unwesentlichen Finanzierungsteil frühzeitig vorzubereiten.

Grundlagen / Dokumentationen

Das Grundlagenmaterial soll konstruktive Analysen für potentielle Nachfolger und Finanzierungspartner ermöglichen. Dadurch können Chancen und Risiken eruiert und Massnahmen abgeleitet werden. Bei Dokumentationen ist es wichtig, dass unabhängige Dritte den Inhalt nachvollziehen können und Alternativen sowie verschiedene Szenarien (worst-case/best-case) darin aufgezeigt werden. Es ist sehr wichtig, eine solide Unternehmensstrategie sowie eine Markenarchitektur zu erarbeiten. Wie soll das Unternehmen im Markt wahrgenommen werden? Was sind die Kernkompetenzen, die sich von der Konkurrenz unterscheiden und wie wird sich das Unternehmen in welchen Geschäftsfeldern weiterentwickeln?

Unterstützung

Grundsätzlich sollte externer Support für all jene Aufgaben wahrgenommen werden, für welche intern die erforderlichen Kenntnisse und Kapazitäten nicht hinreichend vorhanden sind. Folgender Support ist bei Nachfolgesituationen sinnvoll:

  • Erarbeiten einer Strategie und Markenarchitektur
  • Coaching des bisherigen Inhabers bei der zeitlichen und inhaltlichen Planung und Umsetzung der Nachfolgeregelung
  • Optimierung der steuerlichen Aspekte
  • Optimierung der erb- und güterrechtlichen Aspekte des bisherigen Inhabers
  • Eignungsbeurteilung der Nachfolgekandidaten
  • Coaching des neuen Inhabers bei der Funktionsübernahme und Begleitung in der Umsetzung der Organisationsentwicklung
  • Begleitung des Familiensystems bei der Nachfolge aus der eigenen Familie durch eine Fachperson (Familientherapeut)

Unternehmensnachfolge ist eine spezielle Form der Nachfolge, bei der eine Reihe von Fragen zu beantworten sind. Das Thema kann aus zwei Perspektiven beleuchtet werden,

  1. der Sicht des übergebenden Unternehmers und
  2. aus dem Blickwinkel der übernehmenden Personen, den Nachfolgenden.

Eine Kernfrage aus Sicht der Übergebenden ist sicher, an wen das eigene Unternehmen weitergegeben werden soll.

Aus der eigenen Familie

  • Gibt es einen oder mehrere potenzielle Nachfolger der Familie?
  • Wollen diese auch das Unternehmen weiterführen?
  • Wie werden diese ausgewählt?
  • Gibt es Familienangehörige, die in der Unternehmung angestellt sind?
  • Wie sind die finanziellen Anteile an der Firma geregelt?
  • Soll es eine Übergangsregelung geben? Der Nachfolger übernimmt die Geschäftsführung, der übergebende Unternehmer bleibt als Inhaber in der Unternehmung und übernimmt eine klar definierte Aufgabe, damit sein Wissen gesichert werden kann. Er führt das Unternehmen in der Funktion des Verwaltungsrates strategisch.

Ausserhalb der Familie

Oder muss bzw. soll außerhalb der eigenen Familie ein Nachfolger gefunden werden.

In jedem Fall gilt für die Unternehmensnachfolge, je eher mit den Überlegungen begonnen wird, umso besser. Wichtig sowohl für den Nachfolgenden als auch für den Übergebenden ist die Frage nach der Dauer des Übergabeprozesses und dem Zeitpunkt der Übergabe. In diesem Zusammenhang gibt es folgende Grundkonstellationen:

  • Übergabedauer und Übergabezeitpunkt sind nicht genau definiert: Einer Reihe von Inhaberinnen und Inhabern gelingt es nicht, sich von ihrem Lebenswerk zu lösen. Oftmals sind potenzielle Nachfolger zwar im Unternehmen vorhanden, jedoch wird keine formelle Benennung vorgenommen. Ebenso wird in vielen Fällen zu wenig Verbindlichkeit geschaffen, wann und wie der "Chef das Schiff verlässt". Neben Ängsten nicht mehr gebraucht zu werden oder fehlendem Vertrauen in die Nachfolgenden gibt es viele weitere Gründe für dieses Phänomen. Folgen dieser Verhaltensweise reichen von Unzufriedenheit bei den informellen Kandidaten bis hin zum Verlassen des Unternehmens. Insbesondere bei Nachfolgern aus der Familie hat dies emotional sehr hohe Auswirkungen auf die Familienverhältnisse.
  • Die Übergabedauer ist zu kurz: Findet nur ein sehr kurzer Übergabeprozess statt, ist die Chance des Scheiterns der Unternehmensnachfolge sehr groß, da die Führung eines Unternehmens an sich sehr komplex ist. Es gibt einige Fälle, in denen aus diesem Grund eine Unternehmensnachfolge rückgängig gemacht wurde und der "alte Kapitän das Ruder wieder übernehmen" musste. Kundenbeziehungen, Produkt- und Prozesswissen müssen gesichert und übergeben werden können. Dies braucht je nach Branche und Produkt/Dienstleistungen mehrere Jahre.
  • Die Übergabedauer ist zu lang: In diesem Fall besteht die Gefahr, dass der Nachfolgende nicht ein eigenes Profil entwickeln und eigene Ideen umsetzen kann. Ebenso können bei unzureichender Regelung der Kompetenzen des Nachfolgenden und des Übergebenden Konflikte entstehen. Diese Konstellation ist insbesondere in Familienunternehmen vorzufinden. Die Rücksichtnahme und der Respekt gegenüber der Familie verzögert dringend notwendige Entscheide, um das Unternehmen auch weiterhin zum Erfolg zu führen. Auch wenn aus Rücksicht zur Familie Personen weiterhin in der Firma beschäftigt werden, die sich nicht wirklich eignen und beim Nachfolger eine objektive Personalführung verunmöglichen.

Besonders in den Familienunternehmen mit den familieninternen Nachfolgern ergeben sich im Dreieck Familie – Unternehmen – finanzielle Beteiligung Erwartungen, die sich gegenseitig konkurrenzieren und die ins Gleichgewicht gebracht werden müssen. Es gilt auch abzuwägen, welche kurz- und langfristigen Lösungen erarbeitet werden müssen, um allen gerecht zu werden.

Beachtenswert

Es gilt zu unterscheiden zwischen einer planbaren Nachfolgeregelung mit einem zeitlich festgelegten Ausstieg des Unternehmenden sowie einem nicht planbaren Ausstieg durch Todesfall oder längerem krankheits- oder unfallbedingten Ausfalls. Im zweiten Fall gilt es ebenfalls, eine Nachfolgeplanung für eine Übergangsfrist von mindestens 12 Monaten zu planen. Hierzu stellen sich folgende Fragen:

  • Ist sichergestellt, dass die Unterschriftsregelung sowie Vollmachten klar geregelt sind?
  • Ist sichergestellt, dass eine Stellvertretung und ad interim Schlüsselperson offiziell benannt, akzeptiert und kompetent ist, um die Unternehmung für mindestens 12 Monate führen zu können?
  • Sind die die Betriebsabläufe und alle wichtigen Verträge und Unterlagen zusammen- gefasst bzw. dokumentiert worden
  • Werden wichtige Daten (Kalkulationsgrundlagen und Preislisten) einschließlich eventuell mündlich getroffener Abreden und Verträge zentral gesammelt
  • Sinnvollerweise wird alles in einem Notfallhandbuch zusammengefasst, dessen Inhalt durch besondere Vertraulichkeitsvereinbarungen gesichert werden kann. Selbstredend muss das Notfallhandbuch jährlich aktualisiert werden. Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems unterstützt die Notfallplanung.
  • Eine einfache Kontrollfrage gibt dem Geschäftsinhaber Auskunft darüber, ob seine Dokumentation ausreichend ist: Könnte ein anderer Geschäftsführer sofort auf Basis der vorhandenen Unterlagen weiterarbeiten?

Der Unternehmensinhaber muss in zweierlei Hinsicht Vorsorge treffen. Einerseits muss er den Generationswechsel in seinem Unternehmen in erb- und steuerrechtlicher Hinsicht planen und optimieren. Nicht aus den Augen verloren werden dürfen andererseits konkrete Regelungen für den Notfall, die verhindern, dass die Gesellschaft durch den unerwarteten Tod einer Leitungsperson handlungsunfähig wird. Dieser Aspekt wird häufig vernachlässigt. Tritt der Notfall ein, ist es hierfür zu spät.

Die Vorlage «Nachfolgeregelung» der schweizerischen Handelskammer gibt in Form einer Checkliste eine gute Übersicht über die notwendigen Schritte in der Nachfolgeplanung.

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