Als Vergütungsexperten haben die Berater und Beraterinnen von klingler consultants täglich Einblick in die Vergütungssituation und -systematik von vielen Unternehmen und Organisationen. Hierbei zeigt sich, dass Lohndiskriminierung, welche sich ausschliesslich auf der Basis des Geschlechts erklären lässt, eher selten ist. Vielmehr zeigt sich in der Praxis, dass Lohndiskriminierung auf ein Vergütungssystem zurückzuführen ist, bei dem das Alter- bzw. Dienstalter einen wichtigen Treiber für die Vergütung darstellt.
Ausserdem werden in der Praxis häufig weitere Don’ts beobachtet:
Senioritätsbasiertes Vergütungssystem
Aufgrund des rasanten technologischen Wandels und der damit verbundenen kürzeren Nutzbarkeit des Wissens erscheint ein senioritätsbasierter Ansatz in der heutigen Zeit zunehmend fraglich. Zudem verursacht er bei näherer Betrachtung zahlreiche Risiken: Durch die Kopplung des Alters bzw. der Betriebszugehörigkeit an die Vergütung besteht die Gefahr einer Diskriminierung der jüngeren Mitarbeitenden. Die Benachteiligung von Frauen ist dann fast zwangsläufi g auch eine Konsequenz: Letztere sind nach wie vor deutlich häufi ger als Männer mit längeren beruflichen Unterbrüchen konfrontiert (z. B. durch Abwesenheiten während der Kinderbetreuung), oder sie arbeiten nach der Schwangerschaft nur noch Teilzeit. Für Frauen bedeutet dies, dass sie im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen oft erst Jahre später den ihren Fähigkeiten und Kompetenzen angemessenen Lohn erhalten.
Komplexes, unübersichtliches Lohnsystem
Neben zu grossen Ermessensspielräumen für Führungskräfte bei Einstellungen und fehlenden Grundsätzen bei der Lohnfestsetzung ist vor allem ein Lohnsystem, das intransparent ausgestaltet ist und daher willkürliche oder gar missbräuchliche Entscheidungen zulässt, ein weiterer wesentlicher Faktor für Lohnungerechtigkeit.
Starre Automatismen bei der Lohnentwicklung
Ein komplexes Vergütungssystem mit starren Automatismen, die nach Alter, Hierarchiestufe oder Unternehmenszugehörigkeit ausgerichtet sind, kann viel Konfliktpotenzial im Hinblick auf eine faire Vergütungspraxis bergen.
Fehlende Funktionslandschaft
Solange Unternehmen über keine auf ihre Organisation und den Wirtschaftssektor zugeschnittene Funktionslandschaft verfügen, mit welcher einzelne Funktionen u.a. auch in terminologischer Hinsicht definiert werden, inklusive klarer Funktionsbezeichnungen für die einzelnen Stellen sowie mit den notwendigen Funktionstiteln, den Funktionsprofilen für sämtliche Funktionen, welche Soll-Anforderungen, Hauptaufgaben, Berichtlinie und Kompetenzen jeweils im Detail beschreiben, kann kaum von Lohngerechtigkeit gesprochen werden.
Grundsätze zeitgemässer Vergütungssysteme
Die Funktionsstruktur als elementare Grundlage
Für ein erfolgreiches Personalmanagement ist es wichtig, ein klares Verständnis der relevanten Funktionen des jeweiligen Unternehmens zu haben. Hierzu wird üblicherweise eine Funktionsbewertung vorgenommen. Eine Funktionsbewertung schafft als normiertes Regelwerk eine Vergleichbarkeit zwischen Funktionen und Organisationseinheiten nach einem einheitlichen, nachvollziehbaren Massstab. So entsteht eine gemeinsame Basis für diverse personalpolitische Entscheide.
Gerade, aber nicht ausschliesslich, bei Familienunternehmen stellt sich punkto Funktionsstruktur immer wieder die Herausforderung, dass diese historisch gewachsen ist und einzelne Funktionen stark auf den persönlichen Fähigkeiten der jeweiligen Stelleninhaber basieren. Bezüglich der Vergütung ist es jedoch unabdingbar, eine Vergleichbarkeit über die Organisation herbeizuführen und gewachsene Strukturen kritisch zu hinterfragen.
Nur so können mittels einer stringenten Funktionsstruktur Transparenz bei Aufgabenstellungen und Qualifikationen und ein Vergleich zu den Anforderungen an die jeweilige Funktion geschaffen werden. Eine klare Funktionslandschaft bildet als Führungsinstrument die voraussetzende Grundlage für abgestützte Diskussionen und nachhaltige Entscheidungen in Vergütungsfragen.
Funktionslohnbänder für die interne Fairness
Anhand der im Rahmen der Funktionsbewertung erarbeiteten Funktionslandschaft ist für jede Funktion klar definiert, welche Anforderungen und Kompetenzen benötigt werden.
Nun können die Mitarbeitenden den Funktionen zugeordnet werden, welche hinsichtlich Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Fach- und Berufskenntnissen als auch berufsrelevanter Erfahrung (= sog. Soll-Profil) klar differenziert sind. Im Anschluss kann für jede Funktion bzw. Funktionsfamilie ein spezifisches Lohnband mit einem Minimum und einem Maximum erarbeitet werden, wobei die aktuelle Vergütungssituation der Mitarbeitenden wie auch die externen Marktgegebenheiten zu berücksichtigen sind.
Nach der Definition der Lohnbänder erfolgt der Abgleich der Fähigkeiten und Kompetenzen des jeweiligen Mitarbeitenden (unabhängig von Geschlecht oder Alter) mit dem Soll-Profil der Funktion. Dies ermöglicht eine systematische Beurteilung des Erfüllungsgrads des Mitarbeitenden (Kompetenzmatch). Anhand des Erfüllungsgrads des Mitarbeitenden kann nun eine nachvollziehbare und faire Positionierung im Lohnband vorgenommen werden. Interne Marktvergleiche (Peer-Vergleiche) sind dabei unbedingt vorzunehmen.
Zusammengefasst bieten Funktionslohnbänder folgende Vorteile:
1. Sie schützen neue, unwissende Mitarbeitende mit zu tiefen Lohnforderungen, garantieren eine gewisse Konsistenz pro Funktion und definieren klare Obergrenzen.
2. Mittel- und langfristig stellen sie die interne Lohnfairness sicher.
3. Einer möglichen Unzufriedenheit der Mitarbeitenden wird vorgebeugt, die eintreten kann, wenn grosse Differenzen innerhalb einer Funktion beziehungsweise unter vergleichbaren Funktionen sichtbar werden. Somit dienen Funktionslohnbänder auch einer Risikominimierung für das Unternehmen.
4. Erfolgskritische Funktionen können identifiziert und die für das Unternehmen relevanten Kompetenzen gezielt entwickelt werden.
5. Mitarbeitenden können nachvollziehbar Entwicklungsperspektiven innerhalb der Unternehmensorganisation aufgezeigt werden. Somit werden sie langfristig an das Unternehmen gebunden.
6. Schliesslich können durch die Festlegung von Lohnbändern, welche dem internen und externen Vergleich standhalten und eine Lohnentwicklung auf Basis des Kompetenzerfüllungsgrades ermöglichen, die verfügbaren Mittel bedarfsgerecht eingesetzt werden und die interne (Vergütungs-) Fairness nachhaltig gefördert werden.
DOs | DONT's |
Lohnbänder, welche die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern fördern | Unterschiedliche Löhne für Frauen und Männer |
Funktionsbezogene Lohnbänder | Altersbasierte Lohnkurven («Salärhimmel») |
Lohnbänder, die interne Peer-Vergleiche systematisch ermöglichen | Unkenntnis der Funktionsfamilien und der unterschiedlichen Bezahlung |
Lohnbänder, die konsequent das Vier- oder Sechs-Augen-Prinzip anwenden | Fehlende Detaillierung der Funktionsstruktur und damit absolute Willkür bei der Einstufung |
Lohnbänder, die eingehalten werden zwischen den neu rekrutierten und den langjährigen Mitarbeitenden | Lohnbänder mit breitem Erfahrungsanteil, die das Dienstalter, die Erfahrung oder die Hierarchiestufe linear belohnen |
Relativ enge, sich an der Funktion orientierende Lohnbänder (Breite von max. 25%) | Lohnbänder, die breiter als 50% sind, sogenannte «Broadbands» |
Lohnbänder, die den Minimal-, den Ziel- und den Maximallohn berücksichtigen | Starre Lohnraster mit vielen Gehaltsklassen und entsprechend vielen Lohnstufen |
Lohnbänder, die den Kompetenzzuwachs belohnen | Lohnbänder nach Ebenen |
Lohnbänder, die sich sowohl intern als auch extern auch am Markt orientieren | Lohnbänder, welche global angewendet werden |
Lohnbänder, die pro Funktion erhöht werden | Lohnbänder, welche für alle Funktionsfamilien identisch sind |