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Gefälligkeitszeugnis: Folgen für Lohn und Kündigung

Ein Gefälligkeitszeugnis kann erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn es den Verdacht auf unrechtmässige Krankheitsbescheinigungen weckt. In solchen Fällen können Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern und den Kündigungsschutz in Frage stellen. Dieser Beitrag erklärt, wie sich solche Atteste auf das Arbeitsverhältnis auswirken und welche rechtlichen Schritte möglich sind.

29.04.2025 Von: Thomas Wachter
Gefälligkeitszeugnis

Nachweis der Arbeitsverhinderung 

Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer unverschuldet wegen Krankheit oder Unfall an der Arbeitsleistung verhindert, muss dies in der Regel mit einem Arztzeugnis belegt werden. Dieses Zeugnis kann nicht nur die Arbeitsfähigkeit nachweisen, sondern auch Auswirkungen auf die Lohnfortzahlung und die Gültigkeit bzw. Verlängerung einer Kündigungsfrist haben.

Der Arbeitnehmer ist beweispflichtig, dass er tatsächlich unverschuldet arbeitsunfähig ist. Wird das Zeugnis jedoch aus Gefälligkeit ausgestellt – etwa ohne eine tatsächliche ärztliche Untersuchung oder auf Basis falscher Angaben – kann das als Gefälligkeitszeugnis gewertet werden, was die Glaubwürdigkeit und den rechtlichen Wert des Nachweises gefährdet. In einem solchen Fall kann es sein, dass der Arbeitnehmer den Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit nicht führen kann, und der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern oder eine Expertise ablehnen darf (siehe Bundesgerichtsurteil 8C_760/2012; ARV 2013 S. 307).

Beibringung eines Arztzeugnisses

Grundsätzlich kann im Vertrag vereinbart werden, ab welcher Dauer der Arbeitsverhinderung ein Arztzeugnis beizubringen ist. Ohne Grund darf diese Frist aber nicht schikanös sein (z.B. ab 1. Tag).

Urkundencharakter

Das Arztzeugnis stellt eine Urkunde dar und hat daher wahrheitsgetreu zu sein. Wird es nicht aufgrund einer persönlichen Untersuchung sondern nur aufgrund eines Telefonats mit der Arbeitnehmerin resp. dem Arbeitnehmer

oder rückwirkend ausgestellt, ist das im Zeugnis zu erwähnen. Andernfalls muss der Arzt mit einer Strafanzeige wegen Urkundenfälschung rechnen.

Arztgeheimnis

Der behandelnde Arzt ist an das Arztgeheimnis gebunden. Das Zeugnis darf daher nur darüber Auskunft geben, in welchem Ausmass und für welche Dauer die Person arbeitsunfähig geschrieben wird, nicht aber um welches Leiden es sich handelt. Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit ist anzugeben, ob sich diese auf den zeitlichen Rahmen (z.B. 50 % pro Tag, nur einige Tage pro Woche) bezieht oder auf die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit (z. B. nur leichte Arbeiten, kein Lasten heben usw.). Ebenso ist anzugeben, wenn die Arbeitsverhinderung rein arbeitsplatzbezogen besteht (meist aus psychischen Gründen).

Glaubwürdigkeit

Hat der Arzt ein Zeugnis ausgestellt, ohne den Patienten persönlich untersucht zu haben, erscheint das Zeugnis von vornherein unglaubwürdig. Dasselbe gilt, wenn es auf längere Dauer rückwirkend oder in die Zukunft ausgestellt wird. Die Glaubwürdigkeit wird auch herabgesetzt, wenn der Arbeitnehmer sich widersprechende Arztzeugnisse vorlegt oder gleichzeitig bzw. hintereinander von mehreren Ärzten. Ein solches Verhalten könnte darauf hindeuten, dass es sich um ein Gefälligkeitszeugnis handelt, das nicht die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit widerspiegelt.

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