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Lohnfortzahlung bei langer Arbeitsunfähigkeit: Korrekte Abwicklung

Nach sechs Monaten Arbeitsunfähigkeit spricht man von einer langendauernden Arbeitsunfähigkeit. Bei einer langen Arbeitsunfähigkeit oder Invalidität stellen sich für den Arbeitgeber verschiedene Fragen bezüglich der Lohnfortzahlung, der Anmeldung zur Früherfassung bei der Invalidenversicherung, der Stellvertretung, der Beratung des Arbeitnehmenden und die Kündigung des Arbeitsvertrages. Auf diese Fragen gibt dieser Beitrag Antworten.

07.01.2022 Von: Ralph Büchel, Thomas Wachter
Lohnfortzahlung bei langer Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Invalidität

Das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) unterscheidet zwischen Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit einerseits und Invalidität anderseits.

Arbeitsunfähigkeit = Berufsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf zumutbare Arbeit zu leisten (Art. 6 Abs. 1 ATSG). Es handelt sich dabei um eine Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen (BGE 114 V 286), wobei nicht eine medizinischtheoretische Schätzung der Arbeitsunfähigkeit massgebend ist (BGE 111 V 239). Vielmehr muss darauf abgestellt werden, in welchem Ausmass die versicherte Person aus gesundheitlichen Gründen im bisherigen Beruf nicht mehr nutzbringend tätig sein kann (BGE 115 V 404).

Langdauernde Arbeitsunfähigkeit

Bei langer Dauer der Arbeitsunfähigkeit wird bei der Bemessung des Arbeitsunfähigkeitsgrades auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf berücksichtigt. Der Gesetzgeber meint mit langer Dauer, eine Arbeitsunfähigkeit, welche mehr als sechs Monate dauert. Diesen sechs Monaten begegnen wir auch bei der Invalidenversicherung (IV), bei welcher das Leistungsgesuch vor Ablauf von sechs Monaten zu stellen ist, damit eine allfällige Rente nach Erfüllung der Wartezeit von zwölf Monaten ausgerichtet werden kann. Der Rentenanspruch entsteht frühestens sechs Monate nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs (Art. 29 Abs. 1 IVG). In Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit ist anzufügen, dass die Zeitspanne von sechs Monaten eine Regel darstellt, von welcher unter Berücksichtigung des Elements der Zumutbarkeit abgewichen werden kann.

Ein Berufs- oder Stellenwechsel kann nämlich nur verlangt werden, wenn feststeht, dass die Ausübung der bisherigen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen ist. Er hat nur dann zu erfolgen, wenn er zumutbar ist. Ein solcher Wechsel ist zumutbar, wenn er in objektiver Hinsicht – vor allem in medizinisch-theoretischer Hinsicht – möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei ist auf den konkreten Arbeitsmarkt abzustellen; es ist also – anders als bei der Invaliditätsbemessung – nicht auf den (ggf. theoretischen) ausgeglichenen Arbeitsmarkt abzustellen, weil die Zumutbarkeit immer bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen ist (Urteil des Bundesgerichts 4A_304/2012).

Wird ein Berufswechsel verlangt, ist dem Versicherten eine Anpassungszeit von drei bis fünf Monaten einzuräumen, während welcher er noch das ganze Taggeld erhält (BGE 111 V 235).

Schadenminderungspflicht bei langer Arbeitsunfähigkeit

Die anspruchsberechtigte Person ist verpflichtet, nach Eintritt des befürchteten Ereignisses für die Minderung des Schadens zu sorgen. Hat die anspruchsberechtigte Person die Schadenminderungspflicht in nicht zu entschuldigender Weise verletzt, so ist der Versicherer berechtigt, die Entschädigung um den Betrag zu kürzen, um den sie sich bei Erfüllung jener Obliegenheiten vermindert hätte.

Praxisbeispiel: Nachdem feststand, dass eine 58-jährige Krankenschwester ihren Beruf wegen einer schweren Gelenkskrankheit nicht mehr ausüben kann, verlangte der Krankentaggeldversicherer einen Berufswechsel. Er machte geltend, sie könnte aufgrund ihrer Ausbildung – wenn auch eingeschränkt – an einem Spital als Arztgehilfin arbeiten, bzw. anspruchsvolle Sekretariatsarbeiten verrichten und würde dabei eine Erwerbseinbusse von weniger als 25% erleiden. Damit sah der Taggeldversicherer sich aus der Pflicht, nach Gewährung einer Übergangsfrist von vier Monaten weitere Taggelder auszurichten. Das war nicht realisierbar, da es der versicherten Person an EDV-Kenntnissen mangelte.

Praxishinweis: Der Arbeitgeber verspricht häufig im Arbeitsvertrag bei Krankheit Taggeldzahlungen während zwei Jahren. Dieses Versprechen wird durch die Krankentaggeldversicherer häufig unterlaufen, indem sie innerhalb der ersten sechs bis zwölf Monate einen Stellen- oder Berufswechsel verlangen. Wehren Sie sich dagegen und reagieren Sie nicht mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

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