Ein Alkoholproblem wird oft erst zu spät erkannt, denn die Grenze zwischen «normalem» Konsum und Sucht ist nicht immer leicht zu unterscheiden. Der Freund der Familie, der jeden Abend seine zwei Flaschen Bier trinkt, die Freundin, die nach dem Frühstück ihr kleines Glas Sekt geniesst, der Mitarbeiter, der nach Feierabend mit Kollegen noch auf einen Cocktail geht - mit grosser Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier nicht um Menschen mit Suchtproblemen. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass sich aus diesen Gewohnheiten einmal Probleme entwickeln werden. Das Problem: Die Schwellen zwischen akzeptablem Alkoholkonsum über Missbrauch bis hin zur echten Abhängigkeit sind fliessend und hängen von individuellen Gegebenheiten ab.
Bei einem Verdacht auf Alkoholmissbrauch stellen sich meist diese Fragen:
- Wie merke ich, ob es sich um ein echtes Problem handelt?
- Wie soll ich am besten reagieren?
- Darf ich mich überhaupt einmischen und wenn ja, wie gehe ich dabei vor?
- Welche Fehler muss ich vermeiden?
- Wie mache ich alles richtig, ohne die Betroffenen zu verletzen?
- Gibt es für meinen Vorgesetzten Regeln, die er beachten muss?
Alkohol am Arbeitsplatz - der Arbeitgeber steht in der Pflicht
- Der Arbeitgeber sorgt dafür, dass die Arbeitnehmer die Massnahmen der Arbeitssicherheit einhalten (VUV Art. 6 Abs. 1 und 3).
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen alle Massnahmen zu treffen, die notwendig und angemessen sind (Art. 82 UVG)
Praxis-Tipp: Gemäss diesen Grundsätzen lässt sich, so die Suva, ableiten: "Wer als Arbeitgeber und/oder Vorgesetzter wissentlich einen Mitarbeitenden, der angetrunken oder sonst sicherheitsrelevant beeinträchtigt ist, arbeiten lässt, macht sich strafbar." Es empfiehlt sich deshalb auch zur Risikovermeidung, Regeln aufzustellen und auch durchzusetzen.
Welche Möglichkeiten stehen nun dem Arbeitgeber zur Verfügung, dies gegenüber den Mitarbeitenden auch tatsächlich durchzusetzen?
- Während der Arbeitszeit kann er den Konsum von alkoholischen Getränken einschränken oder verbieten. So steht es in der Verordnung zum Arbeitsgesetz (Art. 35 Abs. 3 ArGV3).
- Will oder muss er auch den Konsum von Alkohol ausserhalb der Arbeitszeit (in den Pausen ausserhalb des Betriebsgeländes oder vor Arbeitsbeginn) einschränken, macht er dies am besten in einem Anstellungsreglement, welches als integrierender Bestandteil des Arbeitsvertrages gilt. Beispielsweise wird dies regelmässig für Lokführer oder Chauffeure so gehandhabt.
Praxis-Tipp: Obwohl der Arbeitgeber die Verantwortung trägt, hat er keine Möglichkeit, einen Atemlufttest anzuordnen. Er kann diese Massnahme wohl vorschlagen, aber nicht durchsetzen. Will man Stichproben machen bezüglich Alkohol am Arbeitsplatz, muss dies im Angestelltenreglement als Teil des Arbeitsvertrags so vereinbart sein. Das kann bei Berufschauffeuren oder gefährlichen Arbeiten durchaus Sinn machen, in den andern Fällen ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes davon abzuraten.
Praxis-Tipp: Konsequenterweise gilt dabei selbstverständlich: Weder im Personalrestaurant noch in den Pausen soll Alkohol angeboten werden.
Mitarbeitende mit Alkoholproblemen
Bei Mitarbeitenden mit Suchtproblemen gilt der Grundsatz: Hilfe statt Entlassung. Betroffene sind zunächst und wiederholt von der vorgesetzten Person auf ihre Wahrnehmungen anzusprechen und auf die Unterstützungsangebote aufmerksam zu machen. In einem zweiten Schritt ist eine Verwarnung zu empfehlen und eine schriftliche Vereinbarung über den Suchtmittelkonsum anzustreben. Erst wenn sich eine betroffene Person partout nicht helfen lassen will, ist eine Kündigung ins Auge zu fassen. Die Schwierigkeit ist, nicht innert Tagen eine Änderung zu erwarten, aber auch nicht über längere Zeit tatenlos zuzusehen. Vielmehr sind die notwendigen Schritte bei Alkohol am Arbeitsplatz konsequent und innert sinnvollen Zeitabschnitten zu verfolgen.