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Virtuelle Generalversammlung: Durchführung einer digitalen Generalversammlung

Mit dem neuen Aktienrecht, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, wird ermöglicht, dass Generalversammlungen (GV) in rein digitaler Form durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang wird auch von sog. virtuellen Generalversammlungen gesprochen. Provisorisch ermöglichte das aufgrund der COVID-19 Pandemie gegorene Notrecht schon seit dem Frühling 2020, dass die Teilnahmerechte an einer GV elektronisch ausgeübt werden konnten (GV mit digitaler Teilnahme).

05.04.2024 Von: Beat Brändli
Virtuelle Generalversammlung

Notrechtliche Übergangsregelung, die bis zum 31. Dezember 2022 galt

Die entsprechende Bestimmung wurde mit Art. 6a COVID-19-Verordnung 2 (SR 818.101.24) geschaffen und trat auf den 17. März 2020 in Kraft (vgl. AS 2020 783). Die Vorschrift wurde anschliessend auf den 6. Juni 2020 in Art. 6f derselben Verordnung überführt (AS 2020 1815) und am 22. Juni 2020, bei der Aufhebung der COVID-19-Verordnung 2, wortgleich in Art. 27 Covid-19-Verordnung 3 aufgenommen (vgl. zum Inkrafttreten Art. 28 f. Covid-19-Verordnung 3). Dieser Art. 27 Covid-19-Verordnung 3 galt (nach mehrmaliger Verlängerung) bis zur Inkraftsetzung der neuen Aktienrechtsbestimmungen über die Durchführung von Generalversammlungen (vom 19. Juni 2020, siehe dazu nachfolgende Ziff. 3-5), sprich bis am 31. Dezember 2022 (vgl. aArt. 29 Abs. 5 Covid-19-Verordnung 3; eingefügt durch Änderung vom 27. Oktober 2021, AS 2021 634; seit 1. Januar 2023 ist die Bestimmung gänzlich aufgehoben, AS 2022 838).

Mit dem als dringlich erklärten Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz) vom 25. September 2020, das am 26. September in Kraft trat, wurde in Art. 8 dieses Covid-19-Gesetzes (SR 818.102) die formell gesetzliche Grundlage geschaffen, welches den Bundesrat explizit autorisierte vom Zivilgesetzbuch (ZGB) und Obligationenrecht (OR) abzuweichen, damit Versammlungen von Gesellschaften auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form durchgeführt werden konnten.

Somit bestand bis zum 31. Dezember 2022 mit Art. 8 Covid-19-Gesetz sowie ausführend in Art. 27 Covid-19-Verordnung 3 eine gesetzliche Grundlage, dass Generalversammlungen durch digitale Zuschaltung der Aktionäre durchgeführt werden konnten. Ab dem 1. Januar 2023 wurde diese neue digitale Logik sodann mit dem Inkrafttreten des revidierten Aktienrechts weitergeführt und erweitert, indem nicht nur die Zuschaltung der Aktionäre digital ermöglicht wurde, sondern seither die ganze Versammlung im digitalen Raum stattfinden kann.

Differenzierung im Ausmass der digitalen Durchführung

Artikel 701c OR nach dem neuen Aktienrecht vom 1. Januar 2023 sieht vor, dass der Verwaltungsrat beschliessen kann, dass die Teilnehmer einer Generalversammlung ihre Rechte in elektronischer Form ausüben können. Dies bedeutet indes, dass der Verwaltungsrat immer noch physisch vor Ort eine Generalversammlung durchführt und die Aktionäre und weitere zugelassene Teilnehmer dieser Versammlung über digitale Kommunikationsmöglichkeiten beiwohnen und über diese digitale Zuschaltung auch ihre Rechte ausüben. Wie eine solche GV mit digitaler Teilnahme auszuschauen hat, welche Art. 701c OR ermöglicht, wird nachfolgenderläutert.

Daneben sieht das neue Aktienrecht in Art. 701d OR sogar vor, dass eine Generalversammlung komplett via digitale Mittel stattfinden kann und damit auch kein physischer Tagungsort mehr notwendig ist, sofern einige gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.

Generalversammlung mit digitaler Teilnahme

Indirekte digitale Teilnahme

Eine indirekte digitale Teilnahme an Generalversammlungen, d.h. über den Weg eines Stimmrechtsvertreters, welcher digital instruiert wird, war auch bereits nach dem alten Aktienrecht (vor dem 1. Januar 2023) zulässig. An den Stimmrechtsvertreter über das Internet oder auf andere digitale Weise erteilte Weisungen waren und bleiben unproblematisch, da dies das Verhältnis zwischen Aktionär und Vertreter betrifft, welches keinen gesetzlichen Vorgaben unterworfen ist. Die direkte Äusserungs- und sodann auch Abstimmungsmöglichkeit aus einem entfernten Ort über digitale Möglichkeiten waren dagegen vor dem 1. Januar 2023 grundsätzlich unzulässig, da nach altem Aktienrecht das Prinzip der physischen Unmittelbarkeit galt: Der Aktionär (oder eben sein Vertreter) hat sich unmittelbar an der GV über das Geschehen ein Bild zu machen und anschliessend unmittelbar seine Aktionärsrechts auszuüben, sei dies in Form von «Fragen stellen» an den Verwaltungsrat, dem «Aufbringen von Anträgen» oder dem «Abstimmen».

Direkte digitale Teilnahme

Das neue Aktienrecht erlaubt auch die direkte digitale Teilnahme an Generalversammlungen. Dafür hat der Verwaltungsrat wie gewohnt eine Generalversammlung einzuberufen (Art. 699 ff. OR). Für die Einberufung gilt ebenfalls die 20-tägige Einberufungsfrist (Art. 700 OR), die gewahrt ist, wenn die Einladung 20 Tage vor dem Versammlungstag der Post übergeben wird. Die Form der Einberufung muss weiter gemäss der Vorgabe der Statuten geschehen, welche i.d.R. eine schriftliche Einladung vorsehen. In der Einladung zur GV sind die Traktanden und die Anträge des Verwaltungsrates sowie jene von Aktionären bekanntzugeben. Ferner ist auch der Geschäftsbericht sowie der Revisionsbericht (sowie ein konsolidierte Geschäftsbericht und ein entsprechender Revisionsbericht bei Konzernrechnungspflicht, vgl. Art. 963a OR) 20 Tage vor der Versammlung am Gesellschaftssitz zugänglich zu machen; bei Verlangen sind diese Unterlagen den Aktionären unverzüglich zuzustellen (Art. 696 OR). Idealerweise ist den bekannten Aktionären der Geschäfts- und Revisionsbericht gemeinsam mit der Einladung zur GV zukommen zu lassen.

Die mögliche Teilnahme an der GV auf elektronischem Weg hat mangels statutarischer Grundlage, die dafür nicht erforderlich ist, der Verwaltungsrat zu beschliessen (Art. 701c OR). Falls die Statuten den Aktionären eine solche Kompetenz direkt einräumen, bedarf es keiner jährlichen Bewilligung bzw. Beschlussfassung durch den Verwaltungsrat.

Die Voraussetzungen für die Verwendung der elektronischen Mittel sind sodann in Art . 701e f. OR geregelt. Demnach ist der Verwaltungsrat dafür verantwortlich, dass die Identität der Teilnehmer, welche direkt digital partizipieren, festgestellt wird (Art. 701e Abs. 2 Ziff. 1 OR), dass das Wort von Sprechenden an der Generalversammlung (Voten) unmittelbar, sprich ohne Verzögerung, über die elektronischen Kanäle an alle Beteiligten übertragen wird (Art. 701e Abs. 2 Ziff. 2 OR), dass jeder Teilnehmer, auch die digital partizipierenden, Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligten kann (Art. 701e Abs. 2 Ziff. 3 OR), und dass das Abstimmungsergebnis (insb. mittels elektronischer Einflussnahmen wie «Hacking») nicht verfälscht werden kann (Art. 701e Abs. 2 Ziff. 4 OR). Falls zudem technische Probleme auftreten, sodass die GV nicht ordnungsgemäss durchgeführt wird, muss sie ab Zeitpunkt der technischen Probleme wiederholt werden (Art. 701f Abs. 2 OR ).

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