Die Unternehmensnachfolge: Erbschaft rechtzeitig regeln
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Einleitung
Jährlich stehen bis zu 16 000 Unternehmen vor einer Nachfolgeregelung. Schätzungsweise 3400 sind wegen der erbrechtlichen Regelung potenziell von Finanzierungsproblemen betroffen. Der Bundesrat wollte die familieninterne Unternehmensnachfolge im Erbrecht erleichtern. Er verabschiedete an seiner Sitzung vom 10. Juni 2022 die Botschaft zu einer entsprechenden Änderung des Zivilgesetzbuches (ZGB). Die Reform sollte zur höheren Stabilität insbesondere von Schweizer KMU beitragen und Arbeitsplätze sichern. Besonders wichtig wären folgende Bestimmungen:
- Ein Erbe sollte das Unternehmen übernehmen können, auch wenn der Erblasser keine diesbezügliche Verfügung getroffen hat - durch Zuweisung eines Gerichtes auf Antrag. Damit sollte die Zerstückelung oder Schliessung insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verhindert werden.
- Die Erbteile der übrigen Erben müssten bei der Zuweisung berücksichtigt werden, wobei der Bundesrat die Möglichkeit eines Zahlungsaufschubs vorgeschlagen hat. So sollte vermieden werden, dass die Übernahme des Unternehmens zu Liquiditätsproblemen führt.
- Ausserdem legte der Entwurf des Bundesrats spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens im Rahmen der Erbteilung fest. Damit sollte dem unternehmerischen Risiko Rechnung getragen werden, welches der Unternehmensnachfolger auf sich nimmt.
- Um die Erben zu schützen, die vom Erblasser auf den Pflichtteil gesetzt werden können wurde grundsätzlich ausgeschlossen, dass diesen der Pflichtteil gegen deren Willen in Form einer Minderheitsbeteiligung an einem Unternehmen zugewiesen werden kann.
Der Nationalrat befürwortete in der Herbstsession 2023 neue Regeln für das Vererben von KMU. Er hat die vorgeschlagenen Regelungen in der Gesamtabstimmung mit 114 zu 67 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Dagegen waren die SVP-Fraktion, ein Teil der Mitte-Fraktion und einzelne FDP-Mitglieder.
Der Ständerat lehnte Änderungen des Zivilgesetzbuches zur Erleichterung der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge zum zweiten Mal ab - mit 25 zu 17 Stimmen und mit einer Enthaltung der vorberatenden Rechtskommission (RK-S), bzw. er trat nicht auf die Vorlage ein. So gilt die Vorlage vorläufig als erledigt, was aber in Wirtschaftkreisen kritisiert wird. Es ist gut möglich, dass in nächster Zeit noch mal ein Vorstoss gemacht wird.
Kommissionssprecher Daniel Fässler (Mitte/AI) wies im Namen einer Mehrheit darauf hin, dass kein Regulierungsbedarf bestehe. In den allermeisten Fällen gehe die Vererbung eines Unternehmens einvernehmlich vonstatten. Fässler verwies auf die am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Revision des Erbrechts. Demnach können Erblasser über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Dies führt auch zu einer grösseren Flexibilität bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge und erleichtert dadurch die Übertragung eines Unternehmens auf einen Nachfolger. “Wir müssen zuerst schauen, wie sich diese Revision auswirkt.”
Eine Minderheit argumentierte dagegen, dass es nicht im Interesse der Wirtschaft sei, wenn ein Unternehmen liquidiert werden müsse, weil die Unternehmensnachfolge bei mehreren potenziellen Erben nicht geregelt worden sei. Bei der vorgeschlagenen Regelung handle es sich lediglich um ein Auffangnetz in solchen Fällen. Ausserdem vertrat die Minderheit der Meinung, dass unter der aktuellen Gesetzgebung der Minderheitenschutz zu stark gewichtet werde. So könne einzelner Erbe zum Zeitpunkt des Erbgangs die Liquidation eines Unternehmens erzwingen, was zu Wissens- und Kontinuitätsverlust führe und Arbeitsplätze gefährde.
Unternehmen bewerten
Vorläufig muss man also die Unternehmensnachfolge nach dem geltenden Erbrecht regeln. Dazu muss man den realen Wert des Unternehmens kennen. Bei Übernahmen unterhalb des Verkehrswertes kann es bei der Erbschaft Probleme geben, z.B. Pflichtteilsverletzungen, was dann zu mühsamen Berechnungen und unerwartetem Kapitalentzug im Unternehmen führt.
Unternehmensbewertungen erstellt man mit Vorteil periodisch, nicht erst im Hinblick auf die Nachfolgeregelung. Häufig ist der Wert des Unternehmens nicht so hoch ist wie die Unternehmer nach jahrzehntelanger Arbeit erwarten. Fachleute empfehlen den Unternehmensinhabern ein ausreichendes Privatvermögen anzulegen, das nach dem Tod auch zur Auszahlung der Pflichtteilserben dienen kann. Wichtig ist eine ausführliche Steuerberatung, auch für ehe- und erbrechtliche Verfügungen.
Ehegüterrecht berücksichtigen
Bei verheirateten Erblassern oder auch bei der eingetragenen Partnerschaft erfolgt vor der Erbteilung immer die güterrechtliche Auseinandersetzung. Wenn Ehepartner ein Unternehmen gemeinsam führen ist immer zu empfehlen, dass beide ein marktübliches Gehalt beziehen. Dieses gehört zur Errungenschaft. Bezieht ein Ehepartner kein Gehalt oder nur wenig, muss man das bei der Berechnung der Errungenschaft berücksichtigen und dann kann diese schwierig werden.
Bei Ehepaaren ist immer eine mögliche Scheidung in Betracht zu ziehen. Da ein hoher Kapitalentzug für ein Unternehmen schädlich sein kann, wäre eine Vereinbarung sinnvoll, z.B. dass im Scheidungsfall beide ihre Anteile im Unternehmen belassen und Gewinnanteile beziehen, was natürlich ein gütliche Einigung voraussetzt. Nach neuem Recht verliert der überlebende Ehegatte seinen Pflichtteilsanspruch, wenn das Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren eingeleitet oder fortgesetzt wurde oder wenn die Ehegatten mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben (Art. 472 ZGB). In einem solchen Fall gelten die Pflichtteile, wie wenn der Erblasser nicht verheiratet wäre.
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