Unsere Webseite nutzt Cookies und weitere Technologien, um die Benutzerfreundlichkeit für Sie zu verbessern und die Leistung der Webseite und unserer Werbemassnahmen zu messen. Weitere Informationen und Optionen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ok

Arbeitsgemeinschaft: Zusammenarbeit mit rechtlichen Tücken

Arbeitsgemeinschaften (ARGE) stellen eine besondere Form der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Partnern dar. Die Zusammenarbeit ist dabei formell und materiell nur rudimentär geregelt und lässt den betroffenen Parteien viele Gestaltungsmöglichkeiten. Allerdings birgt der «lose» Rechtsrahmen auch rechtliche Risiken. Der folgende Beitrag zeigt auf, welche Inhalte ein einem ARGE-Vertrag geregelt werden sollten und was bei der Umsetzung einer ARGE zu beachten ist.

09.03.2022 Von: Fabio Babey, Maximilian Diem
Arbeitsgemeinschaft

Definition

Eine allgemeine Definition der ARGE fehlt im Gesetzt. Lediglich in der SIA Norm 118 (Art. 28) findet sich eine Definition:

Eine Bauarbeit kann mehreren Unternehmern, die sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschliessen, durch Abschluss eines gemeinsamen Werkvertrages vergeben werden. Die Arbeitsgemeinschaft ist eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR. Die Gesellschafter haften für die Erfüllung des Werkvertrages solidarisch. Sie bezeichnen einen Gesellschafter, der dem Bauherrn genehm ist, als federführend; dieser vertritt die Arbeitsgemeinschaft rechtsverbindlich gegenüber dem Bauherrn.

Erscheinungsformen, Sinn und Zweck

Die ARGE zeigt in der Praxis verschiedene Erscheinungsformen. Zu einer ARGE können sich Personen, Unternehmen, Vereine oder andere Gruppen zusammenschliessen. Ziel der ARGE ist es, sowohl materielle als auch immaterielle Ressourcen der Mitglieder der ARGE gemeinsam zu nutzen, um ein bestimmtes Projekt zu verwirklichen. Damit kommt es bei der Gründung einer ARGE zu Synergieeffekten, indem z.B. Wissen, finanzielle Mittel oder Beziehungen gebündelt und dem Projekt zur Verfügung gestellt werden. Die ARGE besteht dabei für die Dauer des jeweiligen Projekts und wird nach seiner Beendigung wieder aufgelöst.

Wirtschaftliche Relevanz

ARGE werden häufig in der Baupraxis oder bei IT-Projekten gebildet. Mehrere selbständige Unternehmer übernehmen dabei gemeinsam die Ausführung eines Grossprojektes, welches sie aus wirtschaftlichen Gründen alleine nicht umsetzen könnten.

Rechtsform

Möchte jedes beteiligte Unternehmen seine rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit beibehalten, bietet sich in erster Linie die Rechtsform der einfachen Gesellschaft an (Art. 530 ff. OR). Die ARGE verfügt als einfache Gesellschaft über keine eigene Rechtspersönlichkeit.

ARGE-Vertrag

Die Zusammenarbeit durch eine ARGE sollte vertraglich geregelt werden. Der Vertrag zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE-Vertrag) regelt dabei u.a. die internen Verhältnisse der Partner untereinander, schafft einen klaren Rahmen der Zusammenarbeit und bietet eine Grundlage für die gemeinsame Ausführung von Kundenprojekten.

Praxistipp: Folgende Punkte sollten in einem ARGE-Vertrag geregelt werden:

  • Zweck und Dauer der ARGE
  • Vertragliche Grundlagen der Zusammenarbeit
  • Vertretung in der ARGE
  • Innenverhältnis in der ARGE
  • Beschlussfassung in der ARGE
  • Abrechnung
  • Haftung
  • Projektteam
  • Auflösung und Ausscheiden der Partner
  • Schlussbestimmungen

Haftung

Es ist zu empfehlen, dass der ARGE-Vertrag die Haftung der beteiligten Parteien klar regelt. Sollte keine Regelung getroffen werden, so haften alle beteiligen Unternehmen der ARGE persönlich, unbeschränkt und solidarisch. Dies bedeutet, dass der Gläubiger nach seiner Wahl von allen beteiligen Unternehmen einen Teil oder von jedem beteiligen Unternehmen das Ganze fordern kann.

Praxistipp: Haftung bei Bauprojekten
Jedes ARGE-Unternehmen haftet gegenüber dem Bauherrn unabhängig von der Auflösung der Gesellschaft solidarisch bis zum Ablauf der fünfjährigen Garantiefrist für allfällige Mängel. Das zahlungsfähige Unternehmen bleibt somit auch dann verpflichtet, wenn ein anderes Unternehmen insolvent wird. Um diesen Rechtsfolgen entgegenzuwirken, kann im internen Verhältnis eine anderweitige vertragliche Regelung (z.B. Stellung eines Garantiescheines oder Vereinbarung einer Einschusspflicht) getroffen werden.

Aufteilung

Bei der Bildung einer ARGE empfiehlt sich die Aufteilung der Geschäftsführung in drei unterschiedliche Bereiche:

  • Federführung: Einberufung und Leitung der Gesellschaftsversammlungen, Vertretung der ARGE gegenüber Dritten.
  • Technische Leitung: Organisation und Überwachung des Projektes sowie der Einhaltung der gesetzlichen, behördlichen und vertraglichen Vorschriften;
  • Kaufmännische Leitung: Organisation und Überwachung der kaufmännischen und administrativen Dienste des Projektes (Zahlungsverkehr, Buchhaltung etc.)

Internes Verhältnis

Im internen Verhältnis kann zwischen der «echten» und «unechten» ARGE unterschieden werden.

  • Echte ARGE : Die einzelnen ARGE-Unternehmen erbringen ihre Leistungen in natura. Die ARGE-Unternehmen führen dabei alle Arbeiten gemeinsam aus und stellen ihr Personal, Maschinen, Inventar, Material etc. in einem festgesetzten Umfang der ARGE zur Verfügung.
  • Unechte ARGE: Die einzelnen Unternehmen schliessen für die Werkerstellung eigenständige Werkverträge mit der ARGE ab. Gegenüber der ARGE sinddie Unternehmen als Subunternehmer tätig. Mit der ARGE besteht ein direktes Vertragsverhältnis, Dem Bauherrn gegenüber hat die ARGE für die Arbeit des Gesellschafters (in Subunternehmerstellung) einzustehen. Jedes einzelne Unternehmen erbringt folglich einen Teil der gemeinsam zu erbringenden Leistung, dieser Teil wird aber selbständig erbracht.

Auflösung oder Weiterbestand

Die ARGE wird – analog der einfachen Gesellschaft - aufgelöst und liquidiert, wenn die ARGE als einfache Gesellschaft ihren Zweck erreicht hat. Sollte die ARG weiterbestehen, bspw. für das nächste Grossprojekt, kann eine Fortbestands- oder Weiterführungsklausel vereinbart werden. Damit besteht die ARGE weiter, trotz Eintreten eines gesetzlichen oder vertraglichen Auflösungsgrundes (z.B. Tod, Kündigung, Konkurseröffnung über einen Gesellschafter).

Praxistipp: Vorsicht Kartellrecht
ARGE können kartellrechtlich heikel sein, wenn sie zu einer Einschränkung oder Beseitigung des Wettbewerbs führen. Wettbewerbsbehörden haben sich daher in der Vergangenheit immer wieder mit ARGE’s befasst. Eine ARGE lässt sich i.d.R. dann rechtfertigen, wenn die beteiligten Unternehmen nur aufgrund der Kooperation in der Lage sind, das Grossprojekt zu realisieren. Zudem sind ARGE zulässig, welche keinen elementaren Wettbewerbsparameter (z.B. Preis, Menge, Gebiet, Kunden) betreffen. Kartellrechtlich problematisch sind ARGE, wenn sich die beteiligten Unternehmen über «hard-core» Parameter (z.B. Preis, Menge, Gebiet) einigen.

Newsletter W+ abonnieren