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Situative Führung: Strategischer Umgang mit unmotivierten Mitarbeitenden

Die situative Führung ist eine exzellente Führungsphilosophie, erfordert aber von Führungskräften Konzentration und vielfältige Kompetenzen. Gerade bei Mitarbeitenden, die wenig motiviert sind, investieren Führungskräfte enorm viel Zeit. Es lohnt sich deshalb, dabei strategisch vorzugehen.

13.03.2024 Von: Claudia Buzzelli
Situative Führung

Von allen Führungsstilen ist die situ­ative Führung wahrscheinlich die anspruchsvollste. Weil sie sich an unter­schiedlichen Situationen und den vielfäl­tigen Bedürfnissen von Mitarbeitenden orientiert, verlangt sie von Führungskräf­ten eine hohe Konzentration auf die Füh­rungsaufgabe, eine offene Haltung, Flexi­bilität im Denken und Handeln sowie sehr unterschiedliche Skills. Im Gegenzug sind Mitarbeitende motivierter und produkti­ver. Sie fühlen sich in ihrer Individualität gesehen und wissen, dass sich der Vor­gesetzte um ihre spezifischen Bedürfnis­se kümmert und sie auf dem Weg zum Erfolg unterstützt.

Führung ist Arbeit und braucht Zeit

Nur wenn die Führungsaufgabe auch als solche wahrgenommen und dement­sprechend priorisiert wird, gelingt es der Führungskraft, einen High Performer ge­nauso gut zu führen wie einen Low Per­former. Der situative Führungsstil variiert je nach der Reife und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden, der Aufgabe oder des Umfelds. Spannend wird es, wenn wir auf die Leistung schauen und die Aspekte Motivation und Kompetenzen gegenüberstellen. Daraus ergeben sich vier unterschiedliche Situationen, die eine andere Art der Führung benötigen (siehe Grafik).

Führungskräfte ist es eine Heraus­forderung, ihre Mitarbeitenden genau einzuschätzen, um die bestmögliche Führung zu leisten. Das funktioniert nur, wenn sich die Führungskraft ausreichend Zeit für ihre Führungsaufgabe nimmt und sich regelmässig mit jedem Mitarbeiten­den auseinandersetzt (z. B. jede Woche eine Stunde Selbstreflexion zum Studium der einzelnen Mitarbeitenden). Gelingt das, kann man seine Führungsarbeit sehr gezielt und damit effektiv auf die unter­schiedlichen Persönlichkeiten ausrichten.

Leistungstyp

Führungsaufgabe

High Performer

Delegieren, coachen, für Herausforderungen sorgen

Low Performer

Eng begleiten, Kompetenzen entwickeln, Entwicklungsziele vereinbaren

Potential High Performer

Konfrontation: Herausfinden, was die Ursachen für die mangelnde Motivation sind, Lösungen finden, Massnahmen und Ziele vereinbaren

Non Performer

Alternativen suchen

Strategisch vorgehen

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Führungskräfte dabei wenig strategisch vorgehen: Haben sie auch nur eine Person im Team, die wenig motiviert ist, absor­biert diese oft 80% der Aufmerksamkeit, während die High Performer – da läuft es ja – wenig Beachtung erhalten.

Das ist ein grosser Fehler. Keine Füh­rungskraft will eine*n Top-Performer*in verlieren. Sich als Führungskraft mit dem High Performer zu befassen, ist wichtig: Wie steht es um seine Motivation? Was wünscht sie sich? Wie sieht unsere Bezie­hung aus? Kann ich sie bei Entscheidun­gen besser einbeziehen? Kann er seine Stärken optimal einsetzen? Hat sie ge­nügend Gestaltungsraum? Was wäre ein nächster Entwicklungsschritt?

Es geht darum, die Beziehung zu pflegen, regelmässig das Gespräch zu suchen und zu verstehen, was sie beschäftigt, was ihn antreibt, welche Ambitionen sie hat. Konstruktives und wertschätzendes Feed­back gehören genauso dazu, wie ihm an­spruchsvolle Herausforderungen zu stellen und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Es ist entscheidend, dass Vorgesetzte ei­nen grossen Teil ihrer Führungszeit und -energie den Mitarbeitenden widmen, die eine gute Leistung erbringen. Gerade die High Performer sollten mindestens ebenso viel – wenn nicht sogar mehr – Beachtung erhalten wie die anderen Teammitglieder.

Konsequent handeln

Motivierte und damit engagierte Mitar­beitende zu haben, ist für jede Führungs­kraft die Voraussetzung, um mit dem ge­samten Team erfolgreich zu sein. Das ist jedoch kein Grund, sich unendlich lange mit wenig motivierten Mitarbeitenden abzumühen. Die Kosten, unwillige Mitar­beitende zu halten, sind immens. Es liegt in der Verantwortung der Führungskraft, hier proaktiv und rasch zu handeln. Ein Zuwarten hat negative Auswirkungen auf das ganze Team.

Es gibt verschiedene Gründe, wieso Füh­rungskräfte zögern, konsequent zu han­deln. Ein erster Schritt besteht darin, sich selbst und die eigene Führungsarbeit zu reflektieren und dabei ehrlich zu sein:

  • War ich in der Aufgabendelegation und Zielvereinbarung klar genug?
  • Habe ich dem Mitarbeitenden zwischen­durch ausreichend Feedback gegeben?
  • Bin ich in meiner Bewertung und dem Mitarbeitenden gegenüber fair?

Gleichzeitig sollte man sich Klarheit über den Kontext verschaffen:

  • Welches sind die genauen Anforderun­gen und Erwartungen an den Mitarbei­tenden?
  • Was sind konkrete Beispiele für die schlechte Leistung?
  • Sind die Rahmenbedingungen für den Mitarbeitenden passend?

Es kann hilfreich sein, sich dazu mit einer vertrauten Person auszutauschen und einen geeigneten Weg zu finden, um die Situation anzugehen. Dann bietet es sich an, den Mitarbeitenden mit dessen ungenügender Leistung oder ungenü­gendem Verhalten zu konfrontieren, um herauszufinden, was der Grund dafür ist. Liegt die Ursache im Nichtkönnen oder im Nichtwollen? Fehlen ihm die nötigen Kompetenzen, die Motivation oder gar beides? Es lohnt sich, da aufmerksam hinzuhören, um die Ursache genau zu verstehen (siehe Box) und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.

Mögliche Ursachen für schwache Leistung:

  • Einsatz am falschen Ort
  • Unzufriedenheit mit den zugewiesenen Aufgaben
  • Unterforderung/Überforderung
  • Beziehung zum Team oder einzelnen Kollegen
  • Beziehung und Zusammenarbeit mit der Führungskraft
  • Aspekte der beruflichen Entwicklung
  • Private und persönliche Probleme

Zielführend kommunizieren

Im Gespräch mit dem Mitarbeitenden geht es um eine gemeinsame Problemanalyse und darum, geeignete Massnahmen zu vereinbaren. Ist die schlechte Leistung auf fehlende Fähigkeiten zurückzuführen, können Weiterbildung oder Unterstützung z. B. durch einen High Performer mögliche Massnahmen sein. Wenn jedoch man­gelnde Motivation das Problem ist, liegt es an der Führungskraft, vom Mitarbeitenden eine Lösung einzufordern, wie er wieder engagierter und produktiver werden kann (z. B. neue Aufgaben und Verantwortlich­keiten, bei welchen der Mitarbeitende sei­ne Stärken optimal einbringen kann).

Stimmen weder Motivation noch Leis­tung, dann bleibt meistens nur noch eine Option: das Unternehmen verlassen. Ein solches Gespräch ist anspruchsvoll und für viele Führungskräfte unangenehm. Sie vermeiden es, Klartext zu reden, um Menschen nicht zu verletzen und die Har­monie im Team nicht zu stören. Das ist jedoch auf Dauer keine Lösung. Ihnen hilft es, eine Haltung einzunehmen, die zielorientiert in der Sache und wertschätzend zum Menschen ist. Wertschätzend bedeu­tet auch, dass man dem Mitarbeitenden zutraut, die Verantwortung für das Lösen seiner Probleme zu übernehmen.

Transparenz schaffen

Für eine Führungskraft ist es nützlich, systematisch vorzugehen und Klarheit über den Prozess – oft vom HR bereits definiert – zu haben. So können z. B. ver­schiedene Eskalationsstufen vorgesehen werden, welche dem Mitarbeitenden transparent kommuniziert werden:

  1. Klärungsgespräch
  2. Kritikgespräch
  3. Abmahnungsgespräch
  4. Kündigung

Dieses Vorgehen erleichtert nicht nur dem Vorgesetzten das Vorgehen in diesen komplexen Situationen, auch der kriti­sierte Mitarbeitende erkennt dadurch die Konsequenz seines Verhaltens. Am Ende jedes Gesprächs ist eine verbindliche und konkrete Vereinbarung zu treffen, die schriftlich festgehalten wird. Zusätzlich sollte ein Folgetermin in absehbarer Zeit festgelegt und das Gespräch mit einer zuversichtlichen Stimmung abgeschlos­sen werden.

Verantwortung für Entscheidungen

Die Führungsrolle erfordert eine umfas­sende Übernahme von Verantwortung für das Wohl der einzelnen Mitarbeitenden, des Teams und des Unternehmens. Diese Verantwortung beinhaltet auch die Pflicht, unangenehme Entscheidungen zu treffen. 

Notabene: Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung – nur nicht die eige­ne –, und sie hat Konsequenzen. Immer. Dies vor Augen zu haben, hilft Führungs­kräften, ins Tun zu kommen und zielge­richtet zu handeln, auch wenn es Mut braucht.

Take Home Message

Die situative Führung erfordert von Füh­rungskräften Konzentration und vielfälti­ge Skills. Es ist erfolgsrelevant, sich aus­reichend Zeit für die Führungsaufgabe zu nehmen und Mitarbeitende individuell zu beachten sowie eine vertrauensvolle Beziehung mit ihnen aufzubauen. Füh­rungskräfte sollten ihre Zeit und Energie in engagierte Mitarbeitende investieren. Gleichzeitig müssen sie konsequent han­deln, wenn Mitarbeitende unmotiviert sind, um negative Auswirkungen auf das Team zu vermeiden. Zielführende Kom­munikation und transparente Prozesse sind entscheidend, um Probleme konse­quent anzugehen. Führungskräfte müs­sen Verantwortung übernehmen und be­reit sein, unangenehme Entscheidungen zu treffen, insbesondere im Umgang mit Low Performern.

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