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Büro der Zukunft: Ist das Büro der Zukunft kein Büro mehr?

Die COVID-19-Pandemie war der externe Schock, der die schon lange geforderte Arbeitsautonomie der «New Work»-Bewegung gezwungenermassen umgesetzt hat. Mitarbeiter*innen wurden, wo immer möglich, nach Hause geschickt, und Interaktionen wurden in den virtuellen Raum verlegt. Allerdings war die von New Work geforderte Arbeitsautonomie in dem Fall keine Autonomie, sondern eine erzwungene Reaktion auf eine externe Veränderung. Zurückkehren wollen dennoch nicht alle Mitarbeitenden. Wie geht es also weiter mit dem Büro der Zukunft?

21.03.2023 Von: Nada Endrissat, Sabrina Schell
Büro der Zukunft

Arbeitszeit- und Arbeitsortautonomie sind Bedürfnisse von Arbeitnehmenden, um ihre Arbeit sinnvoller gestalten zu können und Work-Life-Blending praktikabel zu machen. Während Anfang der Nullerjahre der Kickertisch und die bunten Post-its an den Wänden Einzug in die modernen Büros hielten und diese zu ansprechenderen Orten machen sollten, ist durch die wirkliche Erfüllung der Bedürfnisse das Büro für manche Personengruppen überflüssig geworden. So stellte Spotify 2021 das Konzept «arbeiten von überall» vor. Einer der Grundsätze von Spotify lautet: «Arbeit ist nicht etwas, wofür man ins Büro kommt, sondern das, was man tut.» Und damit steht das schwedische Unternehmen nicht allein da. Immer mehr Unternehmen ermöglichen ihren Mitarbeitenden, frei zu wählen, wann, wo und wie sie arbeiten wollen. Derzeit arbeiten ca. 75% der Beschäftigten in der Schweiz zumindest teilweise im Homeoffice (Statista 2022).

Damit ist eine neue Art zu arbeiten möglich, und Mitarbeitende konnten nun freier wählen, wann und wie sie Büros nutzen. Im Zuge dieser Entwicklung begannen Unternehmen, ihre aktuellen Büroflächen zu hinterfragen, um möglicherweise auch Kosten für wenig genutzte Immobilien zu sparen. Im Einklang mit dem aktuellen Trend, Hierarchien abzubauen, wurden insbesondere Einzel(eck)büros kritisch hinterfragt, und auch die Präsenzpflicht von Mitarbeiter*innen im Büro wurde neu evaluiert. Der neue Trend hiess Open Offices und Hotdesking, womit die flexible Nutzung von freien Arbeitsplätzen ohne feste Zuordnung gemeint ist. Ob diese jedoch die Funktionen eines Büros, in dem gut gearbeitet werden kann, erfüllen, ist noch nicht hinreichend geklärt.

Die Rahmenbedingungen für gelingende Arbeit

Ein Büro ist ein Ort, der die Rahmenbedingungen schafft, um Arbeit verrichten zu können. Arbeit sollte den Menschen mehr geben, als sie ihnen nimmt. In jedem Fall sollte sie so gestaltet werden, dass Menschen gesund bleiben und in der Lage sind, ihre Aufgaben nachhaltig erfüllen zu können. Folglich sollte ein Büro ein sicherer Ort sein, wo dies möglich ist. Studien zeigen, dass die Gestaltung der Büroarchitektur einen Einfluss auf Mitarbeiter*innen hat. So konnten Forscher*innen aus Norwegen zeigen, dass die negativen Effekte von offenen Büros, wie z. B. Ablenkung durch Lärm, dazu führen, sich in solchen Büros noch mehr abzuschotten und dadurch weniger Wissen zu teilen. Lautstärke kann dazu führen, dass Mitarbeiter*innen einen höheren Druck empfinden, schneller müde werden und das allgemeine Wohlbefinden reduziert wird. Auch weil sie eigene Massnahmen entwickeln müssen, um den Lärm auszublenden und sich zu konzentrieren, steigt die «Mental Load», was zu Produktivitätseinbrüchen führen kann. Eine Studie von 2018 kam sogar zum Schluss, dass Mitarbeiter*innen in Grossraumbüros versuchen, sich so gut wie möglich zu isolieren, indem sie zum Beispiel vorgeben, besonders beschäftigt zu sein, um mit dem Druck umgehen zu können, der eine solche Arbeitsumgebung mit sich bringen kann. Ein gut gestaltetes Büro, in dem Mitarbeiter*innen die Autonomie haben, einen Ort zu suchen und zu finden, der ihnen Kontrolle über Privatsphäre und Lautstärke gibt, kann wiederum die Zufriedenheit steigern.

Individualisierung und Flexibilisierung – «Büro ist nicht gleich Büro»

Während der COVID-Pandemie haben viele Mitarbeiter*innen die Vorzüge des Homeoffice schätzen gelernt. Aber es gab auch solche, die lieber im Büro arbeiten wollten (Statista 2022). Als Gründe wurden z. B. kleine Kinder, Haustiere oder Baulärm genannt, welche das Arbeiten von zu Hause stark erschwerten. Einige haben auch das Bedürfnis, Arbeit und Privatleben bewusst zu trennen. Und schliesslich kann Homeoffice unter Umständen zu Vereinsamung führen, wenn das Büro die Funktion eines zentralen Begegnungsorts verliert. Was ein Büro bedeutet, welche Arbeiten es ermöglicht und welche es verhindert, ist schlussendlich eine subjektive Erfahrung, die durch individuelle Bedürfnisse geprägt ist. Mitarbeiter*innen in Teams wollen einen Teamzusammenhalt spüren und sich auch mit dem Team und der Organisation identifizieren. Dies passiert auch über gemeinsame Orte und gemeinsame Aktivitäten. Dazu kann auch die Personalisierung des Arbeitsplatzes gehören, welche die Individualität unterstreicht und einen Begegnungsraum schafft. Zudem kann ein Büro generell ein Ort der Begegnung sein, wenn es offene Zonen für Interaktion und Kollaboration bereitstellt. Kollaboration und Kreativität entstehen durch Beziehungen und durch Kommunikation, die z. B. spontan im Vorbeigehen auf dem Weg zur Kaffeemaschine stattfindet oder ganz allgemein in offenen Umgebungen, die Freiräume bieten.

Unternehmen müssen sich also entscheiden: nicht gegen ein Büro, sondern für ein Büro, welches den Mitarbeitenden, aber auch der Arbeit, die verrichtet werden soll, entspricht. Dafür bedarf es einer Evaluation der Arbeit: Dominiert Wissensarbeit, die «deep work» und hohe Konzentration erfordern, oder stehen Kreativität und Kollaboration im Vordergrund, für die es eher offene, bunte Spaces braucht, in denen laut gesprochen werden kann? Gleichzeitig gehört auch eine Evaluation der Bedürfnisse von Mitarbeitenden zum Prozess: Wünschen die sich eher Ruhe und Privatheit oder offene Umgebungen, in denen laut gemeinsam kollaboriert wird? Vielleicht braucht es auch beides, dann bieten sich Zonensysteme an, die klar regeln, wo wie gearbeitet werden kann und soll.

Büro der Zukunft: Take-Aways

One size does not fit all

Unterschiedliche Mitarbeiter*innen haben unterschiedliche Bedürfnisse, die befriedigt sein müssen, um gut arbeiten zu können. Insbesondere bei hoch konzentrierter Arbeit kann ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Ruhe vorhanden sein. Introvertierte Personen brauchen eher Rückzugsorte als extrovertierte Personen. Kollaboration und kreative Prozesse gelingen eher in einem offenen Raum oder in Spielfeldern, in denen es auch mal laut zu- und hergehen darf. Teams sollten Zonen haben, in denen sie sich finden und gemeinsam experimentieren können. Die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen sollten Ausgangspunkt für die Gestaltung der Büroräume sein und ihre Individualität ermöglichen und unterstreichen.

Das Büro als Safe Space

Menschen wollen sich sicher fühlen, auch im Büro der Zukunft. Dafür brauchen Menschen unterschiedliche Rahmenbedingungen. Während es für die eine Person in erster Linie wichtig ist, dass immer genug Kaffee da ist, braucht die andere Person den Schreibtisch rechts hinten in der Ecke, in der sie sich gut geschützt verstecken kann. Was Menschen benötigen, um sich individuell sicher zu fühlen, ist sehr unterschiedlich. Rückzugsorte gehören aber in jedem Fall dazu.

Gestaltungsraum Büro

Die Tendenz geht dazu, dass das Homeoffice für manche Tätigkeitsbereiche bestehen bleibt und viele Menschen sich auch genau das wünschen. Damit wird das Büro zu einer Art «Management Tool» im Sinne eines Gestaltungsraums, welcher genutzt werden kann, um Menschen zusammenzubringen, Kreativität und Kollaboration zu fördern. Die Architektur, aber auch die vorherrschenden Regelungen wie z. B. Lautstärke oder Büronutzung sind dann entscheidend. Kreuzungen zwischen den Fluren, die Begegnungen provozieren, Wohlfühlorte, an denen vertrauliche Gespräche geführt werden können, und Rückzugsorte für «deep work» müssen so gestaltet werden, dass die Produktivität der Mitarbeitenden positiv beeinflusst wird.

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