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Unverschuldete Arbeitsverhinderung: 12 Fragen und Antworten zum Dauerthema

Unverschuldete Arbeitsverhinderungen bereiten Personalverantwortlichen regelmässig Probleme. Antworten auf Praxisfragen von den Fachexperten aus der WEKA Online-Rechtsberatung.

11.01.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Unverschuldete Arbeitsverhinderung

Gartenarbeit trotz Arbeitsunfähigkeit

Frage: Ein Mitarbeiter unserer Grossgärtnerei ist wegen eines Rückenleidens arbeitsunfähig. Kürzlich wurde er jedoch dabei beobachtet, wie er in seinem Garten Bäume schnitt. Widerlegt dies seine Arbeitsunfähigkeit?

Antwort: Eine unverschuldete Arbeitsverhinderung kann dadurch widerlegt werden, dass der Arbeitnehmer bei der Ausübung einer Tätigkeit beobachtet wird, für die er arbeitsunfähig geschrieben wurde. In diesem Fall trifft dies ohne Frage zu. Hingegen widerlegen blosse Spaziergänge oder Einkäufe für die Verpflegung eine unverschuldete Arbeitsverhinderung nicht, da der Arbeitnehmer schliesslich auch für einen Arztbesuch das Haus verlassen muss.

Verfrühte Wiederaufnahme der Arbeit

Frage: Eine Mitarbeiterin ist wegen eines Bandscheibenvorfalls 100 Prozent arbeitsunfähig. Das Arztzeugnis wurde für 12 Tage ausgestellt. Nun fühlt sich die Mitarbeiterin bereits nach fünf Tagen wieder besser und möchte wieder arbeiten. Was wären die Konsequenzen, wenn sie während ihrer Krankschreibung arbeitet und einen Unfall hätte?

Antwort: Ein Bandscheibenvorfall ist eine heikle Sache. Je Art der Tätigkeit sollte daher die Krankschreibung durch den Arzt beachtet werden, damit es keinen Rückfall oder eine Verschlimmerung gibt. Vorliegend empfiehlt es sich, die AN entweder zum Arzt zu schicken, um das Zeugnis anzupassen oder von ihr die Einwilligung einholen, damit Sie selbst mit dem Arzt sprechen können. Arbeitet sie entgegen dem Attest wieder und führt das zu einem Unfall, kann sich das auf die Taggeldleistungen auswirken, wenn die Unfallversicherung zum Schluss kommt, die AN sei daran selbst schuld. Bei allgemeinen Krankheiten liegt der Fall etwas anders: Nimmt die AN trotz einer Krankheit die Arbeit wieder ganz oder teilweise auf, widerlegt sie damit den attestierten Arbeitsverhinderungsgrad, der oft auch auf subjektiven Einschätzungen beruht. Sind Sie sich als AG nicht sicher, können Sie von der AN einen Revers unterschreiben lassen, dass sie sich wieder gesund fühlt.

Überstunden bei Teilarbeitsunfähigkeit

Frage: Eine Mitarbeiterin ist zu 50 Prozent arbeitsunfähig, arbeitet nun aber mehr als sie es gemäss Arztzeugnis könnte. Gilt diese Mehrarbeit als Überstundenarbeit?

Antwort: Erbringt ein Arbeitnehmer eine grössere Leistung als er gemäss Arztzeugnis müsste, widerlegt er damit den Grad seiner Arbeitsunfähigkeit. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung stellt diese Mehrleistung aber keine Überstundenarbeit dar, sondern ist mit dem normalen Lohnansatz zu vergüten.

Arbeitsunfähiger Mitarbeiter  «verschollen»

Frage: Ein Mitarbeiter ist seit mehreren Wochen wegen eines Unfalls arbeitsunfähig. Da das Arbeitsunfähigkeitszeugnis mittlerweile abgelaufen ist, wollten wir ihn anrufen, um herauszufinden, ob er immer noch arbeitsunfähig ist. Wir können ihn jedoch nicht erreichen und er ruft nicht zurück, da er vermutlich in den Ferien ist. Genaueres wissen aber weder wir noch sein Arzt. Was können wir unternehmen?

Antwort: Wir empfehlen Ihnen folgendes: Fordern Sie den Mitarbeiter schriftlich auf, umgehend zur Arbeit zu erscheinen, oder wenn dies nicht möglich ist, sich umgehend bei Ihnen zu melden. Setzen Sie einen Termin an, bis wann und bei wem er sich zu melden hat. Stellen Sie das Schreiben unbedingt an die gemeldete Korrespondenzadresse zu, und zwar eingeschrieben. Eine fällige Lohnzahlung könnte so lange zurückbehalten werden, soweit sie nicht durch das Arztzeugnis gedeckt ist.

Arztzeugnis ohne Untersuchung

Frage: Ein Mitarbeiter war zwei Wochen krankgeschrieben. Nun hat sich herausgestellt, dass der Arzt dem Mitarbeiter ein Zeugnis ausgestellt hat, ohne ihn überhaupt zu untersuchen. Dürfen wir den Mitarbeiter deshalb fristlos entlassen?

Antwort: Bekommt der Arzt den Arbeitnehmer während der Dauer der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit nie zu Gesicht, ist die unverschuldete Arbeitsverhinderung nicht nachgewiesen. Die Absenz gilt somit als nicht belegt, und die fristlose Entlassung müsste als gerechtfertigt angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer seine Krankheit nicht anderweitig nachweisen kann. Eine fristlose Entlassung ist dennoch sehr heikel. Besser: Schriftliche Arbeitsaufforderung mit Androhung der fristlosen Entlassung; Lohn für die Fehlzeit zurückbehalten.

Zweifel am Arztzeugnis

Frage: Nach einer längeren Absenz kamen Zweifel an der Richtigkeit eines Arztzeugnisses auf. Als wir beim Arzt nachfragen wollten, hat sich die Mitarbeiterin auf das Arztgeheimnis berufen. Müssen wir dies akzeptieren?

Antwort: Hat der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Arztzeugnisses, wird im Streitfall vom Gericht regelmässig die Krankheitsgeschichte beigezogen und vielfach auch der Arzt als Zeuge befragt. Weigert sich der Arbeitnehmer, den Arzt vom Arztgeheimnis zu entbinden, trägt er die Folgen der Beweislosigkeit. Der Arzt darf in diesem Fall nur über die Dauer und den Umfang der Arbeitsverhinderung Auskunft geben.

Ferienbezug bei Arbeitsunfähigkeit

Frage: Eine Mitarbeiterin, die zu 50 Prozent arbeitsunfähig ist, hat zwei Wochen Ferien bezogen. Sind ihr diese Ferien voll anzurechnen?

Antwort: Bezieht ein ganz oder teilweise arbeitsunfähiger Arbeitnehmer Ferien, gelten diese im entsprechenden Umfang als bezogen. Auch bei teilweiser Arbeitsverhinderung werden bezogene Ferientage voll angerechnet.

Pflege eines kranken Kinds

Frage: Eine neue Mitarbeiterin kann die Arbeitsleistung während der Probezeit nicht erbringen, weil sie ihr krankes Kind pflegen muss. Verlängert sich dadurch die Probezeit?

Antwort: Wird die Probezeit effektiv verkürzt, weil der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht erbringen kann, so verlängert sie sich entsprechend der Dauer der unverschuldeten Arbeitsverhinderung. Dies gilt bei Krankheit und Unfall oder wenn der Arbeitnehmer eine gesetzliche Pflicht zu erfüllen hat, die er nicht freiwillig übernommen hat. Dazu gehören neben Militärdienst und gerichtlichen Vorladungen auch familiäre Pflichten, wie z.B. die Pflege des kranken Kindes.

Verlängerung der Kündigungsfrist

Frage: Wir haben einem Mitarbeiter am 30. Mai auf den 31. Juli gekündigt. Der Mitarbeiter war im Juni einen Tag arbeitsunfähig infolge Krankheit. Im Juli war er ebenfalls nochmals zwei Tage arbeitsunfähig. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit im Juni haben wir eine Kündigungsfristverlängerung veranlasst auf den 31. August. Verlängert sich nun die Kündigungsfrist nochmals um einen Monat also auf den 30. September aufgrund der Arbeitsunfähigkeit im Juli?

Antwort: Gemäss Bundesgericht führt zwar bereits ein Tag unverschuldeter Arbeitsverhinderung – wenn plausibel nachgewiesen – zu einer Verlängerung, was dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis einen Monat mehr dauert. Eine nochmalige Verlängerung würde es aber nur geben, wenn die erneute Arbeitsunfähigkeit ein Tag und einen Monat dauern würde; d.h. eine gesamte Arbeitsunfähigkeit von nicht mehr als einem Monat ergibt eben nur einen Monat Verlängerung. Somit bleibt es bei Ende August.

Sperrfrist bei Arbeitsunfähigkeit

Frage: Wir möchten einem Mitarbeiter kündigen, der krankgeschrieben war. Im Arztzeugnis steht, dass er zu 100 Prozent arbeitsfähig, aber nur zu 75 Prozent leistungsfähig ist, mit dem Zusatz «diese Arbeitsunfähigkeit dauert vorläufig drei Monate». Kommt bei diesem Mitarbeiter nun die Sperrfrist wegen Krankheit zur Anwendung?

Antwort: Ja, die Sperrfrist kommt bei vollständiger wie bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit zur Anwendung (Art. 336c Abs. 1 lit. b OR).

Lohnfortzahlung bei Kündigung

Frage: Ein Mitarbeiter hat selbst per 31. Dezember Arbeitsverhältnis gekündigt. Nun verfügt er über ein Arztzeugnis mit einer Arbeitsunfähigkeit von 100 Prozent ab 27. Dezember, für voraussichtlich länger als drei Monate. Die Anmeldung bei der Krankentaggeldversicherung hat heute stattgefunden, mit einer Wartefrist von 30 Tagen. Der Mitarbeiter hat den Lohn bis und mit 31. Dezember erhalten. Besteht eine Lohnfortzahlungspflicht?

Antwort: Im Grundsatz gilt, dass falls der gekündigte Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist krank wird, sich die Kündigungsfrist um die Dauer der Krankheit verlängert. Diese Regelung gilt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen hat. Kündigen Mitarbeitende selber, so ändert eine Krankheit oder ein Unfall während der Kündigungsfrist nichts. Da Ihr Mitarbeiter auf den 31. Dezember gekündigt hat, wird das Arbeitsverhältnis also nicht verlängert. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet auch die Lohnfortzahlungspflicht. Somit besteht nur eine Lohnfortzahlungspflicht bis zum 31. Dezember. Anders liegt der Fall, wenn eine Krankentaggeldversicherung besteht, welche über die Beendigung hinaus Leistungen erbringt.

Lohnkürzung bei KTG-Versicherung

Frage: Wir bezahlen bei Arbeitsunfähigkeit die Lohnfortzahlungsdauer gemäss Personalreglement, bevor im Anschluss die Taggeldversicherung zum Zuge kommt und der Lohn beim Eintritt der Krankentaggeldversicherung um 20 Prozent gekürzt wird. Es stellt sich nun die Frage, ob bei einer fortdauernden Teilarbeitsunfähigkeit die 20 Prozent Lohnkürzung entsprechend der Arbeitsunfähigkeit gekürzt wird, also ob z.B. bei 50 Prozent Arbeitsunfähigkeit der Lohn nur um 10 Prozent gekürzt wird.

Antwort: Wenn vereinbart wurde, dass die Krankentaggeldversicherung 80 Prozent des Lohnausfalls deckt, heisst das, dass bei einer 50 Prozent Arbeitsverhinderung 80 Prozent davon bezahlt werden. Somit würde der Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit 50 Prozent und für den Arbeitsausfall 40 Prozent erhalten, total 90 Prozent. Zu beachten ist dabei, dass auf der geleisteten Arbeit und dem Lohn seitens des AG die Sozialbeiträge abzuziehen sind, auf der Versicherungsleistung hingegen nicht.

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