Lohnberechnung: Formeln mit Tücken

Arbeitshilfen Lohn und Gehalt
Ausgangssituation
Frau Huber hat am 1. Januar 2015 eine Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung angetreten. Ihr Monatslohn beträgt CHF 7500.– plus eine Gratifikation bei gutem Geschäftsgang. Der Ferienanspruch beträgt 5 Wochen. Per 31. Dezember 2015 scheidet Frau Huber wieder aus dem Unternehmen aus, um sich beruflich weiterzuentwickeln. Sie konnte von den ihr zustehenden fünf Ferienwochen nur deren drei beziehen. Kein Problem, sagt sich die Arbeitgeberin, wir zahlen die zwei fehlenden Wochen aus.
Die Abrechnung sieht so aus:
Monatslohn | CHF 7500.00 | |
Taglohn | 21.75 | CHF 344.83 |
Restanspruch Ferien | 10 | CHF 3448.28 |
Viele Arbeitgeber rechnen falsch
Diese Art der Abrechnung eines Ferienanspruchs, der nicht in natura durch Freizeit bezogen werden konnte, wird in Schweizer Unternehmen tausendfach sopraktiziert. Auch ich selbst weiche gelegentlich bequemlichkeitshalber auf diese Berechnungsart aus, obwohl mir klar ist, dass die Abrechnung falsch ist. Der Fehler ist darum nicht sofort ersichtlich, weil die getroffenen Annahmen auf den ersten Blick plausibel erscheinen.
Die Abrechnung setzt voraus, dass man 21,75 Tage arbeiten muss, um einen Monatslohn zu erwerben. Wenn wir uns einen Monat ohne Ferien vorstellen, ist das im Durchschnitt korrekt, denn ein Kalenderjahr besteht aus 52 Wochen (der 365. Tag des Jahres wird vernachlässigt). Somit verbleiben 365 – 104 = 261 Arbeitstage pro Jahr oder 21,75 pro Monat im Durchschnitt. Die ebenfalls gebräuchliche Berechnung 364 – 104 = 260 führt zu 21,66 Arbeitstagen pro Monat.
Knackpunkt Nebenanspruch
Zu den arbeitsrechtlichen Grundannahmen gehört, dass der Lohn das Korrelat zur geleisteten Arbeit ist und daher im Gleichschritt mit der geleisteten Arbeitszeit anwachsen muss. Das ist eine Folge des arbeitsrechtlichen Austauschverhältnisses. Was jedoch bei Lohnberechnungen wie der oben gezeigten übersehen wird, ist, dass die Leistung von Arbeit immer auch den Nebenanspruch Ferien generiert. Wer eine Stunde arbeitet, erwirbt sich dadurch einen Ferienanspruch von 5 Minuten bei einem Ferienanspruch von 4 Wochen (bzw. von 6,38 Minuten bei 5 Ferienwochen). Frau Huber im Beispiel oben muss 47 Wochen arbeiten, um den Jahreslohn von CHF 90 000.– zu erwerben und nicht etwa 52 Wochen. Folglich entspricht der Jahreslohn nicht 260 oder 261 mal dem Taglohn, sondern nur 235 mal. Bricht man das auf den Monat herunter, ergeben sich im Durchschnitt 19,58 Arbeitstage.
Damit steigt der Wert eines Arbeitstages deutlich:
Monatslohn | CHF 7500.00 | |
Taglohn | 19,58 | CHF 383.04 |
Restanspruch Ferien | 10 | CHF 3830.44 |
Seminar-Empfehlungen
Lohnberechnung mit Ferienanteil
Man kann einen Ferienanspruch auch ganz anders berechnen als unter Zuhilfenahme von Arbeitstagen, über deren Wert man streiten kann. Bei einem Ferienanspruch von n Wochen pro Jahr beträgt der Anteil der Ferien verglichen mit der reinen Arbeitszeit n/(52-n), in unserem Fall also 5/47 = 10,64 Prozent. Wenn man in der zuerst gezeigten Lohnberechnung diesen Ferienanteil hinzuaddiert, erhält man fast das Resultat der zweiten Berechnung:
Monatslohn | CHF 7500.00 | |
Taglohn | 21,75 | CHF 344.83 |
Restanspruch Ferien | 10 | CHF 3448.28 |
Ferienanteil | 10,64% | CHF 366.90 |
Total Anspruch | CHF 3815.17 |
Dass überhaupt noch eine Differenz von rund CHF 15.– besteht, rührt daher, dass wir mit 21,75 statt mit 21,66 Arbeitstagen pro Monat gerechnet haben.
Die am Anfang dieses Beitrags angeführte Lohnberechnung setzt voraus, dass Frau Huber, da sie genau ein Jahr Mitarbeiterin der Firma war, einen Ferienanspruch von fünf Wochen hat, von dem sie drei Wochen durch Freizeit bezogen hat, sodass noch zwei Wochen auszuzahlen wären. An diesem Vorgehen ist unrichtig, dass die zwei Wochen, die Frau Huber mehr gearbeitet hat, als zum Erwerb des ganzen Jahreslohns nötig gewesen wäre, ebenfalls einen Ferienanspruch generiert haben. Ihr Ferienanspruch ist daher grösser als die fünf Wochen, die sich bei vollständigem Ferienbezug in natura ergeben hätten.
Feiertage mitberücksichtigen
Bei diesen Lohnberechnungen haben wir jedoch immer noch eine Vereinfachung akzeptiert, die von der Sache nicht zu rechtfertigen ist: Wir haben die Feiertage weggelassen. Feiertage sind wie die Sonntage arbeitsfrei und sind daher zusätzliche freie Tage, die dazu führen, dass zum Erwerb des Monats- bzw. Jahreslohns etwas weniger gearbeitet werden muss. Die Berücksichtigung der Feiertage würde den Tageslohn um etwa 3 Prozent erhöhen.
Ferienanspruch bei Überstunden
Wenn es um die Auszahlung von Überstunden geht, rechnen viele Arbeitgeber intuitiv wie folgt, um den Stundenlohn zu ermitteln, wobei der Monat mit 4,333 Wochen gleichgesetzt wird:
Monatslohn | CHF 7500.00 | |
Arbeitsstunden/ Woche | 40 | |
Arbeitsstunden/ Monat | 173,32 | |
Lohn pro Stunde | CHF 43.27 |
Das ist der gleiche Ansatz wie bei der ersten, oben dargestellten Ferienlohnberechnung. Genauso, wie dort angenommen worden ist, man müsse 21,75 Tage arbeiten, um einen Monatslohn zu erwerben, wird bei dieser Bestimmung des Stundenlohns vorausgesetzt, dass der Monatslohn das Äquivalent für 173,32 Arbeitsstunden ist. Da jedoch jede Arbeitsstunde auch den Nebenanspruch Ferien produziert, ist der Wert der effektiv geleisteten Arbeitsstunde höher. Der Monatslohn entspricht daher den geleisteten Arbeitsstunden plus dem Ferienanspruch, der in dieser Periode erworben worden ist. Daher ist es sachgerecht, den Wert der Arbeitsstunde nach der effektiv zu leistenden Arbeitszeit ohne Ferien zu bestimmen, was zu folgender Lohnberechnung führt:
Jahreslohn | CHF 90 000.00 | |
Arbeitsstunden/ Jahr | 2080 | |
davon Ferien | 200 | |
reine Arbeitsstunden | 1880 | |
Stundenlohn | CHF 47.87 |
Die Differenz dieser beiden Stundenlöhne entspricht dem Ferienanteil am Lohn von Frau Huber. In der Fachliteratur hat Christoph Senti dieses Problem behandelt (Christoph Senti, Überstunden, AJP 2003 Seite 373 ff.). Sein Kernargument lautet: «Durch die Leistung von Überstunden nimmt der Ferienanspruch des Arbeitnehmers nicht zu.» Doch ist das wirklich so?
Entschädigung von Mehrarbeit
In unserem Beispiel zur Ferienberechnung oben arbeitet Frau Huber 49 Wochen im Jahr 2015, obwohl sie zum Erwerb des Jahreslohns nur 47 Wochen arbeiten müsste. Dass diese Mehrarbeit auch einen höheren Ferienlohn auslöst, ist anerkannt. Nun kann man Mehrarbeit nicht nur so leisten, dass man mehr Tage arbeitet, sondern auch dadurch, dass man an Arbeitstagen mehr Stunden leistet, als das Soll ausmacht. Hätte sich Frau Huber so organisiert, dass zwar ihre 5 Ferienwochen im Jahr 2015 Platz gehabt hätten, und hätte sich das dadurch erkauft, dass sie 80 Überstunden (= 2 Wochen Arbeit) leistet, so ist nicht einzusehen, wieso diese Mehrarbeit pro Stunde 10,64 Prozent tiefer entlöhnt werden soll als eine normale Arbeitsstunde.
Der Gesetzgeber hat im Gegenteil Überstunden mit dem 25-Prozent-Zuschlag verteuert, um damit zur Vermeidung von Mehrarbeit anzuregen. Der Zuschlag entschädigt somit den mit der Arbeit verbundenen Nebenanspruch nicht. Die Entschädigung von Überstunden ohne Zuschlag auf der Basis von CHF 47.87 ergibt gleich viel wie die richtig berechnete Entschädigung für zwei Ferienwochen (CHF 3829.79). Das ist auch richtig, denn es kann nicht darauf ankommen, wie die Mehrarbeit zustande kommt, sondern nur, ob sie überhaupt geleistet wird.
Ferienanspruch bei Teilzeit
Das Leben von Personalverantwortlichen wäre einfacher, wenn es keine Teilzeit-Arbeitsverhältnisse gäbe. Das Berechnen der arbeitsrechtlichen Nebenansprüche bereitet bei diesen Arbeitsverhältnissen regelmässig Kopfzerbrechen. Dabei lautet eine der häufigsten Fragen: Hat auch ein Teilzeitangestellter den vollen Ferienanspruch?
Zur Diskussion dieser Frage verwandeln wir unsere Frau Huber in eine Teilzeitmitarbeiterin mit einem 40-Prozent-Pensum und den Arbeitstagen Montag und Dienstag. Fünf Wochen Ferien bedeuten daher eine Abwesenheit von 5 mal 2 Arbeitstagen. Der Teilzeitcharakter wird hier in Tagen des Ferienanspruchs ausgedrückt. Dabei ist der Wert eines Arbeitstages gleich wie bei einer 100-Prozent-Anstellung:
Monatslohn | 100% | CHF 7500.00 |
Monatslohn | 40% | CHF 3000.00 |
Lohn pro Arbeitstag | 8,7 | CHF 344.83 |
Die 8,7 Arbeitstage pro Monat erhält man, wenn man die 261 Arbeitstage des Jahres mit 40 Prozent multipliziert und durch 12 teilt. Der Taglohn ist der gleiche wie bei unserer ersten Taglohnberechnung oben. Gewisse Arbeitgeber berechnen den Taglohn bei Teilzeitlern durch Division durch 21,75. Das führt dann zu gleichwertigen Resultaten, wenn man dem Teilzeitler einen Ferienanspruch von 25 Tagen anrechnet. Zu empfehlen ist dieser Ansatz aber nicht, weil er dazu verleitet, bei Blaumachen an einem einzigen Tag einen zu geringen Lohnabzug vorzunehmen.