BGM: Gesundheitsmanagement als Teil des Peoplemanagements

Das New Normal oder die Frage, wie wir mit dem Thema Gesundheit im unternehmerischen Gesamtkontext umgehen, beschäftigt immer mehr Organisationen. In Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels erfährt das Thema betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) einen Aufschwung. Zu Recht, denn welches Unternehmen kann es sich leisten, nicht auf ein gesundes Arbeitsumfeld sowie die physische und psychische Mitarbeitergesundheit zu achten?

03.11.2025 Von: Alexander Beck
BGM

Was bewegt die heutige Gesellschafts- und Arbeitswelt im Kontext zum Thema Gesundheit?

Der gesellschaftliche Wandel und die damit einhergehenden Veränderungen in der neu formierten VUCA-Arbeitswelt (unbeständige, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt) führen aufgrund neuer Arbeitsformen, verstärkter Digitalisierung sowie veränderter Werte- und Führungsverständnisse zu einer hohen Dynamik, die viele Organisationen und Teams stark fordert. Der steigende Druck und die zunehmende Komplexität überlasten immer mehr Mitarbeitende – mit spürbaren Folgen: Stress, Erschöpfung und gesundheitliche Probleme nehmen zu, was zu längeren Absenzen und sinkender Produktivität führt. Gleichzeitig geraten die verbleibenden Mitarbeitenden unter zusätzlichen Druck. In einem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt wird die Förderung der psychischen Gesundheit damit zu einer zentralen Führungs- und Managementaufgabe.

Die deutsche Gesellschaft für Personalmanagement führt das Thema auf der Top-Prioritätenliste der strategischen Handlungsfelder des Human Resources Managements für die kommenden Jahre auf.

Doch vielerorts wird das Thema immer noch stiefmütterlich behandelt. Das heisst, die Organisation und deren Mitarbeitenden versuchen krampfhaft, mit Symptommassnahmen die Leistungsfähigkeit der Organisation und Mitarbeitenden zu erhalten, anstatt die Ursachen und deren Ursprung zu identifizieren, um entsprechende Massnahmen (top-down) zu initialisieren.

Welche Treiber beeinflussen und verändern die heutige Arbeitswelt, und welche exogenen Faktoren treiben diese Entwicklungen an?

  • das Delta der aus der Arbeitswelt austretenden Personen (Generation Babyboomer) versus in den Arbeitsprozess eintretenden Personen bleibt auf Jahre hinaus negativ
  • der gesellschaftliche Wandel zum Thema Arbeit sowie deren Bedeutung (Sinnstiftung der Arbeit durch die Coronaphase ausgelöst)
  • immer älter werdende arbeitende Bevölkerung (Demografie und Altersstrukturentwicklung) sowie neue Lebens- und Arbeitsmodelle für Familien
  • Verschmelzung von Beruf und Familie im Kontext von New Work (neue Freiheiten versus vorgegebene Rahmenbedingungen)
  • neue Formen der privaten Freizeitgestaltung (Sport, Hobbys etc.)
  • rasante Weiterentwicklung und Einsatz von neuen Technologien in der Arbeitswelt (Kompetenz-Shift)
  • Fortschreiten der digitalen Entwicklung (Forcierung einer noch ausgeprägteren Leistungsgesellschaft)
  • Personal-, Fach- und Kompetenzmangel für aktuelle und zukünftige neue Branchen- und Berufsbilder
  • neues Zusammenarbeits-, Führungs- und Entwicklungsverständnis – flache Hierarchien, Mitbestimmung (Co-Creation-Ansätze), Vertrauenskultur etc.

Warum benötigen Unternehmen und Organisationen ein systematisches Gesundheitsmanagement?

Das Thema Gesundheitsmanagement wird nebst der Mitarbeiterbindung und Suche einer der Top-Prioritäten in den HR-Abteilungen sein. Sollte dieses strategisch relevante Thema ignoriert werden, verkommt der viel zitierte Slogan «Die Mitarbeitenden sind unser wichtigstes Gut» zur Farce. Es wird verstärkt vorkommen, dass Unternehmen weitere Aufträge und Dienstleistungen wegen fehlenden Personals nicht mehr bearbeiten können. Zudem steigen die Kosten rund um das Thema Gesundheit explosionsartig weiter an (Ausfallkosten und Versicherungsprämien). Mit diesem pragmatischen 3-Punkte-Plan kann eine pragmatische und KMU-taugliche BGM-Strategie entwickelt werden:

  1. Faktenbasierte Ist-Aufnahme der Stressoren, z.B. mit dem Job-Stress-Analysis-Tool der Gesundheitsförderung Schweiz und dem Aufzeigen der direkten und indirekten Ausfallkosten, welche im Unternehmen generiert werden.
  2. Auswertungsworkshop mit Vertretern des Managements, Linie und HR; Interpretation der Zahlen, Fakten und Einschätzungen.
  3. Erarbeitung einer BGM-Strategie mit entsprechenden Werkzeugen; Schwerpunkt: Organisationsentwicklungsmassnahmen (Resilienz, Führungsverständnis, Zusammenarbeit, Kommunikation) sowie einfache Präventionsmassnahmen wie z.B. Einführung eines präventiven Caremanagements.

Komponenten einer nachhaltigen BGM-Strategie

BGM-Strategie Aufbau und Implementierung

  • strategische Verankerung im Unternehmen/Geschäftsleitung
  • Einbezug aller Mitarbeitenden-Ebenen
  • periodische Überprüfung der Wirksamkeit und Wirkung mit KPI

Arbeits-, Organisations- & Personalentwicklung

  • wertschätzende Unternehmens- und Führungskultur
  • Personalentwicklung und -förderung
  • ergonomische Arbeitsumgebung und -plätze
  • Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben

Gesundheitsförderung

  • Sensibilisierung für Stress/psychische Gesundheit
  • Mitarbeiterbefragungen
  • Ernährung/Essensgewohnheiten, Bewegung

Care-, Case- & Absenzmanagement

  • Absenzmanagement mit Rückkehrgesprächen
  • Care- und Casemanagement

Fazit

Die Frage ist nicht, ob, sondern wie und wann ein betriebliches Gesundheitsmanagement, vor allem im KMU-Umfeld, als integrativer Bestandteil der Unternehmensführung und -entwicklung eingeführt und etabliert wird. Denn es wird sich kein Unternehmen mehr leisten können, auf «gesunde Mitarbeitende» zu verzichten. Die Uhr tickt, und vielleicht ist der Leidensdruck in den Unternehmungen nun gross genug, um ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement einzuführen. Dazu braucht es einen Business-Case, welcher durch das Human Resources Management und die Abteilung initialisiert werden muss. Zusätzlich müssen personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, denn ein Gesundheitsmanagement ist nicht kostenlos zu haben!

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