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Auskunftspflicht: Dürfen Bewerber falsche Angaben machen?

Immer wieder stellt sich in einem Bewerbungsverfahren die Frage nach dem Umgang mit Informationen zum Gesundheitszustand von möglichen Arbeitnehmern. In einem Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 1. Juli 2010 zeigt sich das Problem der Auskunftspflicht beispielhaft.

24.08.2020 Von: Sara Licci
Auskunftsfplicht

Fallbeispiel

Ein Arbeitnehmer wurde bei derselben Arbeitgeberin zu 60 Prozent als Reinigungsfachmann und zu 40 Prozent als Bürokraft angestellt. Nach schweren Reinigungsarbeiten wurde er für eine gewisse Zeit wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Es stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer vor Stellenantritt schon verschiedentlich auch an schwerwiegenden Rückenbeschwerden gelitten hatte. Die Arbeitgeberin kündigte ihm, weil sie während des Bewerbungsverfahrens nicht über vorbestehende Leiden informiert worden war. Der Arbeitnehmer hingegen hielt die Kündigung für missbräuchlich, weil er sich nicht verpflichtet gesehen hatte, die Arbeitgeberin zu informieren. Der Grund für seine arbeitsverhindernden Rückenbeschwerden sei die nicht funktionsgerechte, viel zu schwere Arbeit und nicht seine Vorgeschichte (BVGer, Urteil vom 1. Juli 2010, A-5849/2009).

Vorvertragliche Pflichten

Bereits im Bewerbungsverfahren und vor Vertragsabschluss entsteht zwischen Bewerber und künftiger Arbeitgeberin eine Rechtsbeziehung. Deshalb ist von allen Beteiligten der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen. Die künftige Arbeitgeberin darf die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers mit ihren Fragen nicht verletzen. Fragen sind nur zulässig, wenn sie darauf abzielen, die Geeignetheit für die Stelle zu erfahren.

Daraus folgt, dass Fragen zum Gesundheitszustand nur zulässig sind, wenn ein direkter Bezug zur auszuführenden Tätigkeit hergestellt werden kann. Lügt der Bewerber auf eine zulässige und die Persönlichkeit nicht verletzende Frage, könnte die Arbeitgeberin den Arbeitsvertrag in einem späteren Zeitpunkt kündigen, und die Kündigung wäre nicht missbräuchlich. Theoretisch steht auch die Auflösung wegen Täuschung nach Art. 28 OR offen.

Überschreitet die künftige Arbeitgeberin ihr Fragerecht, muss die entsprechende Frage im Prinzip nicht beantwortet werden. Dieses Schweigen wird im Rahmen von Bewerbungsgesprächen dazu führen, dass ein Stellenbewerber abgelehnt wird. Deshalb ist in derartigen Situationen das sogenannte Notwehrrecht der Lüge gegeben. So darf der Bewerber auf eine unzulässige Frage unwahre Antworten geben, um seine Persönlichkeit zu schützen. Diese Art des täuschenden Verhaltens entfaltet keine Folgen. Eine Schwangere darf also sagen, sie sei nicht schwanger, wenn sie sich bloss für eine Stelle im Büro bewirbt.

Auskunftspflicht

Aus dem Gebot, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und den Vertragspartner nicht zu täuschen, lässt sich eine Offenbarungs- und Auskunftspflicht des Bewerbers ableiten.

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