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Home-Office: Rechtliche Tücken bei Home-Office-Arbeit

Home-Office-Arbeit gehört heute bei vielen Arbeitnehmenden zum Arbeitsalltag. Sie erlaubt es, örtlich unabhängig und zeitlich flexibel zu sein. Oftmals geht dabei vergessen, dass sich durch die Arbeit von zu Hause aus die Rechtslage verändert. Die nachfolgenden Ausführungen beantworten die wichtigsten rechtlichen Fragen zu Home-Office-Arbeit und zeigen auf, wie diese geregelt werden sollten.

23.05.2022 Von: RA Dr. HSG und Fachanwalt SAV Arbeitsrecht Pascal Domenig
Home-Office

Welche Punkte sind bei Home-Office-Arbeit zu beachten?

Rechtliche Einordnung von Home-Office-Arbeit

Home-Office-Arbeit ist vom Gesetzgeber nicht geregelt worden. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Arbeitnehmende ihre Leistungspflicht in örtlicher Hinsicht auf besondere Art und Weise erfüllen. Statt in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers wird die Arbeitsleistung in den eigenen vier Wänden erbracht. Der zeitliche Umfang der verrichteten Home-Office-Arbeit ist für die rechtliche Qualifikation dabei unbeachtlich. Vielmehr sind die gewöhnlichen Merkmale des Arbeitsvertrags massgeblich. Arbeiten demzufolge Arbeitnehmende im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses auch zu Hause, so sind nur die Bestimmungen des Einzelarbeitsvertrags gemäss Art. 319 ff. Obligationenrecht (OR) zu berücksichtigen. Die Vorschriften des sog. Heimarbeitsvertrags finden unter diesen Bedingungen keine Anwendung.

Vertragliche Regelung von Home-Office-Arbeit

Ohne eine anderslautende vertragliche Regelung haben Arbeitnehmende keinen gesetzlichen Anspruch, Home-Office-Arbeit leisten zu dürfen. Vereinzelt sind in Gesamtarbeitsverträgen Regelungen zu finden. Oftmals beschränken sie sich bloss auf rudimentäre Grundsätze und begründen keine eigentlichen Rechte und Pflichten.

In der Folge ist deshalb eine vertragliche Abmachung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmenden erforderlich, um über einen längeren Zeitraum hinweg im Home-Office tätig zu sein.

In seltenen Ausnahmefällen (z.B. in Notsituationen) kann der Arbeitgeber auf Grundlage seines gesetzlichen Weisungsrechts legitimiert sein, temporär die Leistung von Home-Office-Arbeit anzuordnen. Vorausgesetzt wird hierzu, dass eine solche Anordnung im konkreten Einzelfall für den betreffenden Arbeitnehmer zumutbar ist.

Generell ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz ratsam, die mit der Regelung von Home-Office-Arbeit verbundenen Aspekte in schriftlicher Form (z.B. thematische Ergänzung) im bestehenden Personalreglement) festzuhalten.

Praxistipp:
Die Verrichtung von Home-Office-Arbeit setzt ein hohes Mass an Vertrauen, Eigendisziplin und Motivation der Arbeitnehmenden voraus. In rechtlicher Hinsicht empfiehlt es sich, eine schriftliche Regelung insbesondere zu den folgenden Themenkreisen zu treffen:
– Kostenregelung
– Zeitlicher Umfang der Home-Office-Arbeit
– Leistungsstörungen
– Umgang mit Arbeitsmitteln und Geheimhaltungspflicht
– Grenzüberschreitende Verrichtung von Home-Office-Arbeit

Kostenregelung

Wesentlich für die Kostenregelung bei Home- Office-Arbeit ist die Unterscheidung, ob finanzielle Aufwendungen für Arbeitsgeräte und Material bzw. für berufsnotwendige Auslagen getätigt werden.

Der Arbeitgeber kann nämlich Arbeitnehmende vertraglich verpflichten, ihre privaten Arbeitsgeräte (Laptop, Drucker, Büroeinrichtungsgegenstände etc.) und Material (u.a. Papier, Druckerpatronen und Datenträger) ohne finanzielle Entschädigung für die Verrichtung von Home-Office-Arbeit zur Verfügung zu stellen. Verzichtet der Arbeitgeber darauf, eine Regelung zu treffen, so ist Arbeitnehmenden gemäss Art. 327 OR eine angemessene Entschädigung für die eingesetzten Arbeitsgeräte und das Material zu bezahlen. Vielfach stellt sich diese Problematik bei sogenannten Bring-Your-Own-Device-Konzepten (BYOD), bei denen private Geräte für die Arbeit am Arbeitsplatz genutzt werden sollen. In jedem Fall ist eine Überwälzung dieser Kosten dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsgeräte bereitstellt.

Im Unterschied zum Kostenersatz für Arbeitsgeräte und Material ist der sogenannte Auslagenersatz (auch Spesenersatz genannt) nach Art. 327a OR zwingend geschuldet und kann nicht vertraglich wegbedungen werden. Gemäss dieser Bestimmung haben Arbeitnehmende Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstandenen Auslagen ersetzt. Der Auslagenersatz verlangt allerdings, dass die Kosten auch tatsächlich für die berufliche Tätigkeit notwendig sind. Im Zusammenhang mit der Home-Office-Tätigkeit ist somit entscheidend, weshalb zu Hause gearbeitet wird:

Fallbeispiel 1

Wünscht ein Arbeitnehmer im Home-Office zu arbeiten, obwohl ihm zeitlich uneingeschränkt ein geeigneter Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers zur Verfügung stünde, so besteht gemäss herrschender Lehre kein Anspruch auf Auslagenersatz. Er arbeitet aus persönlichen Präferenzen von zu Hause aus.

Fallbeispiel 2

Die Situation ist dagegen anders zu beurteilen, in der kein bzw. kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden ist und die Arbeitsleistung deshalb zwingend im Home-Office ausgeführt werden muss. In diesen Fällen wird der Arbeitgeber verpflichtet, sich nach Massgabe des Gebrauchs an den Raumkosten (Miete, Strom und Heizung) und anderen Auslagen (z.B. Kommunikationskosten [Internet]) anteilsmässig zu beteiligen.

Da einzelne Ausgaben im Zusammenhang mit der Verrichtung von Home-Office-Arbeit nur umständlich ermittelt werden können, empfiehlt es sich, die anfallenden Kosten in Form einer spezifischen Spesenpauschale zu vergüten.

Zeitlicher Umfang der Home-Office-Tätigkeit

A. Verrichtung der Home-Office-Arbeit in der Schweiz

Im Arbeitsvertrag kann grundsätzlich frei gewählt werden, in welchem zeitlichen Umfang Home-Office-Arbeit in der Schweiz geleistet wird. Generell empfiehlt es sich allerdings, ein maximales Pensum vorzusehen (z.B. maximal 20 Prozent). Eine solche Regelung erlaubt es dem Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts, einseitig den zeitlichen Umfang nach den betrieblichen Bedürfnissen zu konkretisieren.

B. Grenzüberschreitende Verrichtung der Home-Office-Arbeit

Wünscht allerdings ein bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit der EU/EFTA, regelmässig in seinem Wohnsitzstaat in der EU/EFTA im Home-Office zu arbeiten, so kann dies unter Umständen weitreichende finanzielle Konsequenzen für den Arbeitgeber nach sich ziehen.

Bei einer Home-Office-Tätigkeit im Umfang von mindestens 25 Prozent wird der Arbeitnehmer aus sozialversicherungsrechtlicher Optik so behandelt, als ob er seine Arbeitstätigkeit gesamthaft in seinem Wohnsitzstaat ausführen würde. Folglich sind sämtliche Sozialabgaben in dessen Wohnsitzstaat zu entrichten.

Will der Arbeitgeber die in der Regel damit verbundenen finanziellen Nachteile (z.B. höhere Sozialabgaben, grösserer administrativer Aufwand, teilweise zusätzliche Lohnnebenkosten) vermeiden, so muss das zeitliche Pensum der Home-Office-Tätigkeit auf unter 25 Prozent der gesamthaft geleisteten Arbeitszeit respektive idealerweise maximal einen Tag pro Woche limitiert werden. Bei Teilzeitangestellten ist das Pensum entsprechend anteilsmässig zu reduzieren.

Eine Ausnahme bilden Arbeitnehmende, die als Beamte angestellt sind und in ihrem Wohnsitzstaat Home-Office-Arbeit leisten. Sie unterliegen nicht den dargelegten Einschränkungen.

Haftung bei Home-Office-Arbeit

Im Vergleich zu der Arbeitstätigkeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers liegt im Home-Office eine veränderte Haftungssituation vor. Arbeitnehmende nehmen ihre beruflichen Aufgaben in einer Umgebung wahr, die primär auf private Zwecke ausgerichtet ist.

Es ist deshalb empfehlenswert, Regeln im Unternehmen zu definieren, welche Aufgaben überhaupt ausserhalb der Büroräumlichkeiten erledigt werden dürfen und wie mit sensiblen Daten und Unterlagen umzugehen ist.

Betriebsstörungen bei Home-Office-Arbeit

Obwohl Arbeitnehmende im Home-Office oftmals selbst für die erforderliche Infrastruktur besorgt sind, darf ihre rechtliche Verantwortung dadurch nicht erweitert werden. Der Arbeitgeber organisiert mit der Arbeitsform der Home-Office-Arbeit seinen Betrieb. Treten dabei Störungen (z.B. Unterbruch der Kommunikationseinrichtungen, Stromunterbruch) auf, die Arbeitnehmemde nicht zu verantworten haben, so muss der Arbeitgeber die damit verbundenen Risiken tragen (insbesondere Lohnzahlungspflicht trotz ausbleibender Arbeit).

Wesentlich erscheint aus der Perspektive des Arbeitgebers, dass er einseitig festlegen kann, dass im Fall einer Leistungsstörung die Arbeitnehmenden ihre Arbeitsleistung wieder in den Geschäftsräumlichkeiten auszuführen haben bzw. ihnen vorübergehend eine anderweitige Arbeit zugewiesen werden darf.

Pflicht zum Gesundheitsschutz

Gemäss Arbeitsgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, für den Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmenden zu sorgen. Diese Regelung gilt uneingeschränkt, auch wenn von zu Hause aus gearbeitet wird. Obwohl die Arbeitszeiten im Home-Office oftmals flexibel geleistet werden, müssen auch hier die arbeitsgesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. So sind die Arbeits- und Ruhezeiten strikt einzuhalten (beispielsweise Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit). Gemäss Arbeitsgesetz ist denn auch die geleistete Arbeitszeit im Home-Office minutiös zu dokumentieren (Beginn und Ende der geleisteten Arbeitszeit, Pausen etc.), sofern keine Regelung zu einer vereinfachten Arbeitszeit erfassung bzw. ein entsprechender Verzicht getroffen wurde.

Da eine unmittelbare Kontrolle über die Einhaltung der arbeitsgesetzlichen Vorschriften im Home-Office durch den Arbeitgeber nicht möglich ist, sind die Arbeitnehmenden zu informieren. Es empfiehlt sich zu diesem Zweck, in einem Reglement die zwingenden Vorschriften zusammenzufassen respektive die erforderlichen Bestimmungen im bestehenden Arbeitsreglement aufzunehmen.

Verbindlich zu regeln ist ferner, welche Arbeitsbedingungen in der privaten Arbeitsumgebung vorzuliegen haben, damit Home-Office-Arbeit geleistet werden kann. Hilfreich können in diesem Zusammenhang u.a. auch Informationen zur Gestaltung des Arbeitsplatzes zu Hause (beispielsweise Raum und Mobiliar) sein.

Rechtliche Empfehlung

In erster Linie gilt es zu prüfen, ob bereits mit den bestehenden Arbeitsverträgen und Reglementen im Betrieb Home-Office-Arbeit ausreichend geregelt wird. Verzichtet der Arbeitgeber darauf, so können daraus für ihn verschiedene nachteilige Folgen resultieren: unzureichende Vergütung der Kosten, Verstösse gegen das Arbeitsgesetz (Verstoss gegen das Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot, unvollständige Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit), Lohnzahlungspflicht bei ausbleibender Leistung im Fall von Betriebsstörungen und Sozialversicherungsabgabepflicht im Ausland bei grenzüberschreitender Home-Office-Arbeit etc.

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