Praktikumsvertrag: Die wichtigsten Bestimmungen

Arbeitshilfen Arbeitsverträge und Reglemente
Warum ein Praktikum anbieten?
Viele Firmen haben aus Gründen des Personalmarketings an Praktikantinnen und Praktikanten ein hohes Interesse. Praktikantinnen und Praktikanten sind mögliche zukünftige Mitarbeitende, was zum Beispiel bei Studierenden für die Firmen oft bedeutungsvoll ist.
Praxis-Tipp: Verfassen Sie einen Praktikumsbeschrieb für die ETH, Uni, Fachhochschule, Fachschule etc. An den meisten Universitäten und Hochschulen gibt es eine Ansprechstelle, welche die Praktikumsplätze bekannt macht (Aushänge, Direktberatung, Intranet etc.).
Anforderung an Praktika
Ein Praktikum verlangt - wegen dem Ausbildungscharakter - eine kompetente Begleitung. Die meist jungen Berufsleute benötigen fachliche Anleitung und Begleitung in fachlicher wie arbeitsmethodischer Hinsicht.
Wichtig sind die klare Zielvereinbarung und das Abstecken eines überschaubaren Aufgabengebietes für die Zeit des Praktikums. Die Praktikumsziele werden in der Regel durch die Ausbildungsinstitutionen grob umschrieben. Die Zielvereinbarung wird meist schriftlich festgehalten und die regelmässige Standortbestimmung wie die Beurteilung der Praktikantin resp. des Praktikanten erfolgt aufgrund der Lehrziele.
Praktika sind in der Regel während einer Ausbildung vorgesehen. Seit der Einführung des Eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses (EFZ) sind Vorpraktika als Voraussetzung für die Lehre nicht mehr vorgesehen. Trotzdem verlangen teilweise Unternehmen ein Vorlehrpraktikum (zum Beispiel KITA). Diese Praxis ist mindestens umstritten. Ebenfalls sind Praktika nach einer Ausbildung nicht erforderlich. Allfällig sind Einstiegsjobs (sogenannte Stage) sinnvoll, welche entsprechend zu entlohnen sind.
Praktikumsvertrag
Ein Praktikumsvertrag ist ein Spezialfall eines befristeten Vertrages, es gelten alle OR-Bestimmungen des befristeten Vertrags. Er liegt dann vor, wenn ein/e Student/in oder ein/e Schulabsolvent/in während einer begrenzten Zeit Aufgaben in einer Firma wahrnimmt, welche in Zusammenhang mit der Ausbildung stehen.
Die Dauer des Praktikums ist durch die Ausbildungsinstitution meist vorgegeben und sehr unterschiedlich zwischen wenigen Wochen und einem Jahr. Bei Studentinnen und Studenten sind zwei bis drei Monate üblich.
Beim Praktikumsvertrag handelt es sich in aller Regel um einen befristeten Vertrag. Ohne besondere Regelung besteht keine Kündigungsmöglichkeit und keine Probezeit. Wird dies gewünscht, ist dies im Praktikumsvertrag zu vereinbaren.
Ohne besondere Vereinbarung richtet sich die Lohnfortzahlung nach OR (bei befristeten Arbeitsverhältnissen bis zu 3 Monaten keine Lohnfortzahlung, andernfalls 3 Wochen im ersten Anstellungsjahr ab dem ersten Arbeitstag)
Praktikantinnen und Praktikanten haben – wie alle Angestellten – gemäss OR Anspruch auf bezahlte Ferien. Minimal beträgt der Anspruch 5 Wochen bis zum vollendeten 20. Altersjahr, darüber 4 Wochen. In der Regel werden die Ferien pro Kalenderjahr festgelegt, im Kalenderjahr, in welchem das 20. Altersjahr vollendet wird, wird meist für das ganze Jahr 5 Wochen Ferien gewährt. Die Ferien sind in der Regel auch bei einem Praktikum zu beziehen.
Seminar-Empfehlungen
Auch der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis gemäss OR lässt sich nicht wegbedingen. Das macht auch Sinn: Absolventinnen und Absolventen von Ausbildungen sind bei der Stellensuche auf Praktikumszeugnisse angewiesen, weil sie meist erst wenige Leistungsnachweise vorlegen können.
Lohn
Kurzfassung: Praktikantinnen und Praktikanten haben in aller Regel Anrecht auf einen Lohn. Dieser soll sich u.a. nach der Dauer des Praktikums und dem Erfahrungshintergrund (also z.B. nach dem Ausbildungssemester) richten. Zudem ist der Anteil der nutzbaren Arbeitsergebnisse (im Gegensatz zur Ausbildungszeit im Betrieb) zu gewichten. Die Löhne sind sehr unterschiedlich. Die Empfehlungen von Ausbildungsinstitutionen und Verbänden sind für die Firmen nicht verbindlich.
Vor einigen Jahren war die ‹Generation Praktikum› in aller Munde. Das Schlagwort entstand Mitte der 00er-Jahre aufgrund der Tendenz, dass insbesondere in Deutschland immer mehr Studierende nach dem Abschluss keine Festanstellung finden konnten und deshalb mit schlecht bezahlten Praktika vorliebnehmen mussten. In Deutschland war das Lohnniveau für Praktika noch 2009 mit 160 Euro sehr tief, ist jedoch bis 2013 auf 402 Euro angestiegen, wie eine Studie des Onlineportals meinpraktikum.de zeigt. Seit 2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn, ein Teil der Praktikantinnen und Praktikanten (zum Beispiel solche mit abgeschlossenem Studium) fällt unter diese Bestimmung. Dann gilt ein Mindestlohn von 8.84 Euro, was bei einer 40-Stundenwoche rund 1400 Euro brutto pro Monat ergibt.
In der Schweiz sind die Löhne der Praktikanten hingegen besser. Oft bewegen sie sich für Erwachsene im vierstelligen Bereich. Allerdings variiert die Bezahlung sehr stark. In privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen ist die Verhandlungsfreiheit grundsätzlich nicht durch verbindliche Lohneinstufungen oder Mindestlöhne eingeschränkt. Da nutzt auch das Menschenrecht auf einen existenzsichernden Lohn, wie es in Art. 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 festgehalten ist, wenig.
Einen Mindestlohn für Praktikanten gibt es einzig in der Gastronomiebranche. Wer im Rahmen der Ausbildung an einer gastgewerblichen Fachschule ein Praktikum in einem Gastronomiebetrieb absolviert, hat gemäss L-GAV Anspruch auf einen monatlichen Bruttolohn von mindestens CHF 2190.–. Eine Besonderheit kennt noch der Kanton Bern für die Praktika in Kitas: Diese dürfen maximal sechs Monate dauern, sichert der Betrieb eine Lehrstelle zu, können sie um sechs Monate verlängert werden, ansonsten muss ein Monatslohn von mindestens 3000 Franken bezahlt werden.
Einschränkungen gibt's auch in der Baubranche, hier gilt gemäss Landesmantelvertrag (LMV) ein Mindestlohn. Bei Jugendlichen, die das 17. Altersjahr noch nicht erreicht haben, bei Praktikanten, Schülern und Studenten mit einer Arbeitsdauer von gesamthaft bis 2 Monaten im Jahr, gilt der Mindestlohn nur als Richtwert. (Sonderfälle nach Art. 45 Abs. 1 b).
Auch in andern Branchen mit einem Gesamtarbeitsvertrag, welcher einen Minimallohn vorschreibt, können die Arbeitgeber bei tatsächlichen Ausbildungsverhältnissen – nicht jedoch bei ‹unechten › Praktika – vom Mindestlohn abweichen. Besteht kein Gesamtarbeitsvertrag, sind die Arbeitgeber frei, es bestehen lediglich unverbindliche Empfehlungen von Ausbildungsinstitutionen und Verbänden.
Praxis-Tipp
Wir empfehlen, unbezahlte Praktika nur bei sehr kurzen Schnupperpraktika (ein paar Tage) anzubieten. Bei Schülern der Sekundarstufe II (also ab ca. 15./16. bis 19./20. Lebensjahr) liegen die Praktikumslöhne häufig zwischen CHF 500.– und CHF 1000.– pro Monat, je nach Dauer des Praktikums und dem Anteil an produktiven Arbeiten. Diese Löhne sollten mit den Lehrlingslöhnen vergleichbar sein. Bei älteren Praktikant/innen und längeren Praktika liegen die Löhne meist höher, bis ca. CHF 1500.–/2500.–, insbesondere wenn es sich um Vorpraktika auf eine Fachhochschule handelt. Bei Studenten sind zwischen CHF 1500.– und CHF 3000.– üblich. Der maximal zu bezahlende Lohn beträgt ca. CHF 4000.– pro Monat und sollte noch einen deutlichen Unterschied zu den Einstieglöhnen nach Abschluss der Ausbildung gewährleisten.
Anstellung von ausländischen Praktikantinnen und Praktikanten
Vorsicht ist bei der Anstellung von Praktikanten aus dem Ausland angebracht. Wer eine Reinigungskraft aus Osteuropa als Praktikantin anstellt, wird mit den flankierenden Massnahmen im Zusammenhang mit der Einführung des freien Personenverkehrs in Konflikt geraten. Diese sehen die Kontrolle der Einhaltung der minimalen oder üblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen am Arbeitsort vor.
Praxis-Tipp
Für ausländische Studenten sind Praktika in der Schweiz oft recht attraktiv, u.a. weil die Praktikumslöhne höher liegen. Auch bei Praktika sind jedoch die Bestimmungen betreffend Arbeitsbewilligungen zu beachten.
Keine Arbeitsbewilligung benötigen
- Personen, welche bereits über eine gültige Jahresaufenthaltsbewilligung für die Schweiz verfügen (z.B. Kinder von ausländischen Jahresaufenthaltern);
- Personen aus den EU- und EFTA-Staaten und für einen Aufenthalt bis 90 Tage. Es besteht jedoch eine Meldepflicht.
Für alle übrigen Praktikantinnen und Praktikanten ist eine Bewilligung erforderlich. Möglichkeiten sind:
- Bewilligung als Stagiaire für Personen zwischen 18 und 35 Jahren, welche über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen und aus einem Land stammen, mit welchem die Schweiz ein Abkommen geschlossen hat.
- Kurzaufenthaltsbewilligung für Personen aus den EU/EFTA-Staaten über 90 Tage.
- Kurzaufenthaltsbewilligung für Au-Pair im Alter zwischen 18 und 25 Jahren.
Im Vertrag ist deshalb folgender Satz einzufügen: "Dieser Vertrag gilt unter Vorbehalt der Erteilung einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung."