Kündigungsgespräch: Schonende Trennung

Das Kündigungsgespräch soll in vier Phasen verlaufen, wobei die Phasen verschieden lang sind und nicht notwendigerweise nacheinander ablaufen. Wie Sie ein professionelles Kündigungsgespräch führen, erfahren Sie in folgendem Beitrag.

19.05.2023 Von: Thomas Wachter
Kündigungsgespräch

Phase 1: Aussprechen der Kündigung

Praxistipp: Die Kündigung muss klar ausgesprochen werden und der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin verstehen, dass diese Entscheidung definitiv ist.

In der ersten Minute wird die Kündigung ausgesprochen. Der Inhalt der Kündigung muss für den Mitarbeiter klar sein. An dieser Stelle begründet der oder die Vorgesetzte, wieso diese Kündigung zustande gekommen ist.

Dabei darf durchaus Bedauern ausgesprochen werden, sofern dies auch tatsächlich zutrifft («Ich bedauere, dass es so weit gekommen ist» oder «Dieser Schritt fällt mir schwer»). Nicht sinnvoll sind jedoch Rechtfertigungen oder Entschuldigungen.

Phase 2: Auffangen der emotionalen Reaktion

Nachdem Sie die Kündigung ausgesprochen haben, gilt es, die emotionale Reaktion der betroffenen Person aufzufangen. Es gibt zwei mögliche Grundkategorien, wie Mitarbeitende auf Kündigungen reagieren: die defensive Reaktion und die aggressive Reaktion.

Praxistipp: Die betroffene Person muss die Gelegenheit haben, den ersten emotionalen Schock zu bewältigen.

Defensive Reaktion – Rückzug

  • Verweigerung/Blockade: Mitarbeiter/in ist gar nicht in der Lage zu sprechen
  • Regression: Weinen
  • Depression: Resignation, Traurigkeit, Angst, Enttäuschung, Gefühl des Ausgeliefertseins, Verlust des Selbstwertgefühls

Aggressive Reaktion – Angriff

  • Beschimpfung
  • Beleidigung
  • Trotzen
  • Drohen
  • Tätliche Angriffe

Achten Sie auch auf den Inhalt des Gesagten. Was sagt die betroffene Person? Welches ist im Moment ihr wichtigstes Problem? Das kann zum Beispiel die Frage sein, wie sie nun vor ihrer Familie und ihren Kollegen dasteht – also die Frage des Selbstwertes. Versuchen Sie auch das zu verstehen.

In dieser Phase sollen Sie also nichts «tun», sondern die Reaktion zu verstehen versuchen und akzeptieren, dass die betroffene Person die Kündigung als ungerechtfertigte Gemeinheit etc. sieht. Solche Reaktionen sind völlig normal. Bestätigen Sie aber nicht, dass es sich wirklich um eine Gemeinheit handelt, versuchen Sie lediglich zu verstehen, dass die betroffene Person dies im Moment so sieht («Ich verstehe, dass das aus Ihrer Sicht so wirkt»).

Phase 3: Besprechen/Darlegen der Hilfestellungen

Praxistipp: Die betroffene Person muss wissen, dass sie auf angemessene Unterstützung und Hilfe zählen kann.

In der dritten Phase sollten Sie der betroffenen Person mögliche, individuell abgestimmte Hilfestellungen anbieten. Wichtig ist, dass Sie erst dann die Hilfestellung besprechen, wenn die Person dazu bereit ist. Wenn Sie in einer zu frühen Phase des Gesprächs damit beginnen, wird sie die Hilfe – so gut sie auch gemeint ist – nicht annehmen können.

Beginnen Sie damit, was die betroffene Person auch tatsächlich beschäftigt und ihr im Moment wichtig ist (z.B. Hilfe bei internen Ansprechstellen, die Frage, wie intern informiert wird, Unterstützung bei der Stellensuche, bei finanziellen Problemen).

Teilweise bereits im Kündigungsgespräch, teilweise in einem Folgegespräch richten Sie den Blick in die Zukunft und versuchen die betroffene Person zu aktivieren, die notwendigen Schritte zu unternehmen. Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können («Ich helfe Ihnen bei der Stellensuche, wir finden ganz sicher etwas»). Verfolgen Sie das Konzept der «Hilfe zur Selbsthilfe».

Im eigentlichen Kündigungsgespräch kann das Trennungspaket, soweit ein solches existiert, oft nicht im Detail besprochen werden. Meist ist das Kündigungsgespräch auch nicht der Zeitpunkt für Detailfragen und Verhandlungen, zu tief sitzt der Schock der Kündigung noch. Dabei reicht es, die gewährte Unterstützung im Überblick anzusprechen und nur gezielt auf die Punkte einzugehen, welche die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter besonders beschäftigen. Die Detailfragen können dann in den Folgegesprächen ausführlich erläutert werden.

Phase 4: Absprechen des weiteren Vorgehens

Praxistipp: Die betroffene Person muss wissen, welches die nächsten Schritte sind.

In der letzten Phase oder in einem Folgegespräch in den nächsten Tagen besprechen Sie das weitere Vorgehen:

  • Übergabe der vorbereiteten Unterlagen
  • Klärung von Rechtsfragen
  • Terminvereinbarung für ein Folgegespräch u.a. zu administrativen und organisatorischen Fragen (Ferien etc.)
  • Klärung der Frage, wie intern informiert wird
  • evtl. Vereinbarung über die verbleibende Zeit bis zum Austritt bezüglich Leistung und Verhalten
  • evtl. Besprechung der Freistellung

Lassen Sie die betroffene Person nicht gehen, bevor Sie den Eindruck haben, dass sie einigermassen im Gleichgewicht ist und sich vom ersten Schock erholt hat.

Innerbetriebliche Information

Wenn immer möglich sollen Betroffene die Arbeitskolleginnen und -kollegen selbst über eine Kündigung informieren können. Dennoch kann – natürlich unter Wahrung des Persönlichkeitsschutzes – eine Information durch Vorgesetzte wichtig sein oder wichtig werden.

Praxistipp: Versprechen Sie also nie, die Kündigung geheim zu halten, sondern vereinbaren Sie die entsprechenden Schritte, wer bis wann wen informiert.

Dabei empfiehlt es sich oftmals, Kündigungen in der Arbeitsgruppe offen anzusprechen, um Gerüchten vorzubeugen und Spielregeln festzulegen, wie sich die einzelnen Mitarbeitenden gegenüber den gekündigten Mitarbeitern verhalten sollen. Insbesondere soll vermieden werden, dass dumme Sprüche und Ausgrenzungen vorkommen.

Die Praxis zeigt, dass Entlassungen für die verbleibenden Mitarbeitenden genau so schwierig zu verarbeiten sind wie für die Betroffenen. Darunter kann das Vertrauen in die Führung, das Arbeitsklima und die Leistungsfähigkeit eines Arbeitsteams erheblich leiden. Es wird deshalb immer mehr verlangt, dass sich die Aufmerksamkeit der Führungskräfte nach einer Kündigung auf die «Survivors» (die «Überlebenden») richtet und sich spezialisierte Dienste (Personalabteilung, externe Beratungspersonen) der längerfristigen Betreuung der betroffenen Person annehmen.

Praxistipp: Beobachten Sie als Führungskraft die Reaktion der nicht von der Kündigung betroffenen Mitarbeitenden genau. Betreuen Sie diese und reden Sie mit ihnen über die Empfindungen, welche die Kündigung ausgelöst hat.

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