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Effektives Talentmanagement: Welche Rolle spielen die Führungskräfte?

Führungszeit, die in die Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investiert wird, generiert hohen Mehrwert für Mitarbeitende, die Unternehmung und die Führungskraft selbst.

03.08.2021 Von: Roger Huber
Effektives Talentmanagement

Leider wird Talentmanagement in den Unternehmen zu oft auf die Zuordnung und Übersicht in einer wie auch immer gestuften Grid-Matrix reduziert, was zu kurz greift. Dem Talentmanagement als hoch rentable Investition in kurz-, mittel- und langfristige Effekte zum Unternehmenserfolg kommt eine breitere Bedeutung zu. Nachfolgend wird die Rolle der Führungskraft als Multiplikator für ein effektives Talentmanagement genauer beschrieben.

Zentrale Pflichten in der Führung

Sobald eine Person Führungsverantwortung für ein Team übernimmt, hat sie zusätzliche Pflichten. Diese bestehen darin, die Leistungserbringung des Teams zu organisieren und dafür zu sorgen, dass die einzelnen Mitglieder dazu einen erkennbaren Beitrag leisten können. Neben diesem rein betriebswirtschaftlichen Ansatz geht es weiter darum, die sozialen Aspekte der Zusammenarbeit (persönliches Kompetenzerleben, Sinnstiftung, Zusammengehörigkeitsgefühl, Arbeitsatmosphäre) bewusst zu pflegen. Dies ist derjenige Aspekt, der im Alltag oft mehr Zeit und Geschick in Anspruch nimmt als gemeinhin angenommen. Hier setzt auch der bekannte Spruch «Führungskräfte sollten Menschen mögen» an. Der wichtige Zusatz «Menschen in guten und schlechten Phasen» wird dabei oft vernachlässigt. Gute Organisation und Koordination ist eine wichtige, aber keine hinreichende Bedingung für «gute» Führung. Es braucht eindeutig mehr. Diese Erkenntnis setzt sich gerade im Umfeld von Homeoffice und Remote Management immer stärker durch.

Im Talentmanagement ist es die explizite Aufgabe der Führungskraft, dafür zu sorgen, dass sich die einzelnen Mitarbeitenden kontinuierlich weiterentwickeln, um deren Arbeitsfähigkeit und Commitment für das Unternehmen in einem sich stetig wandelnden Umfeld zu erhalten.

Effektives Talentmanagement als Teil der Führung

Effektives Talentmanagement erfordert die Haltung und die Entscheidung der Führungskraft, bewusst Zeit und Mittel in die Förderung der Talente (Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen) der Mitarbeitenden zu investieren. In einem durch die operative Leistungserbringung geprägten Führungsalltag ist dieses Zeitinvestment die grösste Herausforderung. Der Hauptanteil der Führungsarbeit liegt auf der Erledigung der an die eigene Funktion gebundenen Aufgaben und Planung, Aufgabenkoordination, Ressourcenallokation etc. Dazu kommen regelmässig zusätzliche Aufgaben (Abwesenheiten, Reorganisationen, Ausfall oder Anpassung von Systemen, Unterbesetzung nach Kündigungen etc.) und die Mediation bei zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen. Gute Führungskräfte versuchen zudem noch Zeit für teambildende Aktivitäten zu finden.

Bei den meisten Firmen wird die Evaluation der individuellen Entwicklung oft im Rahmen von Zielvereinbarung und der Leistungsbeurteilung vorgenommen. In der Regel findet zu Beginn des Jahres die Zielvereinbarung statt und in der zweiten Hälfte des vierten Quartals die Leistungsbeurteilung. Diese stark leistungs- und verhaltensbezogenen Gespräche machen natürlich Sinn und sind notwendig zur Standortbestimmung. Führungskräfte und Mitarbeitende empfinden diese Gespräche trotzdem oft als angespannt, insbesondere weil immer eine Bewertungssituation vorliegt und diese womöglich direkt Auswirkung auf die Kompensation haben. Entwicklungsaspekte werden zwar angeschnitten, sind jedoch meistens eine der letzten Fragen in den jeweiligen Gesprächsformularen.

Entwicklung ist individuell und bedarf einer weit umfassenderen Reflexion als der in den Mitarbeitergesprächen eingesetzten wenigen Minuten. Idealerweise werden solche Entwicklungsgespräche von den Leistungsgesprächen entkoppelt. Als Führungskraft sollte nun in die Rolle des Coachs gewechselt werden. Die Mitarbeitenden überlegen sich vorab, was sie als Individuum persönlich sowie beruflich erreichen wollen. Ausgehend von diesem Zielbild wird abgeleitet, welche Rolle der aktuelle Arbeitgeber für die berufliche Laufbahn spielt und welche Entwicklungsmassnahmen ergriffen werden sollen, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Diese Zielformulierung und die Ableitung der Massnahmen dauern in einem Coachingsetup 2-3 Stunden; ein Investment, das die Mitarbeitenden ins Zentrum stellt. In Mitarbeiterumfragen und der Fluktuationsrate kann man den direkten Einfluss dieser Vorgehensweise auf das Commitment der Mitarbeitenden ablesen.

Aber ganz ehrlich, wie oft haben Sie erlebt, dass ihre Führungskraft in einem Kalenderjahr insgesamt 3 Stunden ausschliesslich über berufliche Entwicklung mit Ihnen gesprochen hat?

Leitfragen für ein solches Gespräch können sein:

  • Welche beruflichen Ziele möchten Sie in den kommenden Jahren erreichen?
  • Wo sehen Sie Ihren Entwicklungsbedarf? Warum gerade diesen?
  • Welchen Beitrag können wir dazu leisten, was beabsichtigen Sie dafür zu tun?
  • Wie wohl fühlen Sie sich in unserem Unternehmen und im Team?
  • Was motiviert Sie gegenwärtig besonders?
  • Wo sehen Sie Optimierungsbedarf?

Mit diesen Fragen gelingt es, gemeinsam herauszufinden, wie die Mitarbeitenden die Arbeit und die eigene Rolle empfinden, ob und wohin sich diese entwickeln wollen. Gleichzeitig erhält man Rückmeldung, was im jeweiligen Arbeitsumfeld geschätzt wird und was nicht. In diesen Gesprächen kann dann auch aufgezeigt werden, welche Ziele realistisch, und in welchem Zeitraum mit welchen Anforderungen verknüpft solche realisierbar sind.

Zielvereinbarung, Leistungsbeurteilung und Entwicklungsgespräch schaffen so eine gemeinsame Sichtweise über die zu erbringende Leistung, damit verbundene Anforderungen, zu entwickelnde Fähigkeiten und bestehende Potenziale. Sie bilden einen Orientierungsrahmen für die regelmässigen bilateralen Gespräche unter dem Jahr. Da kann dann situationsbezogen auf Leistungsziele und die Entwicklung referenziert werden. Zudem findet damit auch eine Eichung bezüglich des tatsächlichen Ausprägungsgrads in den jeweiligen Fähigkeiten und Fertigkeiten statt. Dies wiederum legt die Basis für die zielgerichtete Förderung und Optionen in der Nachfolgeplanung.

Für die Führungskraft hat es den Nutzen, dass sie das Leistungsvermögen und die Potenziale aller Mitarbeitenden adäquat beurteilen kann. Dies ist die Voraussetzung für zielgerichtete fachliche Entwicklungen, Beförderungen, Übertragung von Verantwortung und finanzielle Honorierungen. Das Zeitinvestment für die hier im Rahmen des Talentmanagement propagierten Gespräche beträgt pro Mitarbeitenden ca. 12-16 Stunden pro Jahr, allerdings ohne persönliche Vorbereitung und den tatsächlich eingeleiteten Entwicklungsmassnahmen.

Der Return für die Führungskraft liegt darin, dass kompetente und motivierte Mitarbeitende weniger Unterstützung benötigen und mehr bringen. Sie kennt die Pläne ihrer Mitarbeitenden und gewinnt mit dem Zeitinvestment in das Talentmanagement mittelfristig viel wertvolle Zeit. Zudem festigt diese Vorgehensweise den emotionalen Vertrag zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen.

Investment in die Führungskraft als Voraussetzung

Damit Führungskräfte ihre Verantwortung im Talentmanagement vollumfänglich wahrnehmen, müssen diese entsprechend sorgfältig ausgewählt und durch eine adäquate Führungskräfteentwicklung unterstützt werden. Neben dem Gedanken der Förderung sollen Führungskräfte in der Lage sein, Erwartungen und Anforderungen sowie negative Rückmeldungen konstruktiv zu adressieren. Auch dies ist selbstredend Teil eines integralen Talentmanagement . Einmal-Ausbildungen mit Workshops, Webinaren und Literaturstudium reichen nicht. Wiederkehrende Reflexion von Alltagssituationen in Form von Führungszirkeln bieten diesbezüglich den zu oft alleine gelassenen Führungskräften mehr Support und zeigen dann auch grössere Effekte.

Es lohnt sich allemal, hier in die Führungskräfte zu investieren, denn im Austausch mit der Führungskraft wird den Mitarbeitenden deutlich, wie ernst es dem Unternehmen mit dem Thema Talentmanagement wirklich ist.

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