Talentmanagementstrategie: Das Potenzial für morgen sichern

Auf dem Arbeitsmarkt sind passende Skills oft schwer zu finden und von unschätzbarem Wert. Wie identifiziert, entwickelt und nutzt man sie optimal? Skills sind Währung und Schatzkarte zugleich, was Talentmanagement zu einer faszinierenden Herausforderung in einer sich ständig wandelnden Welt macht.

15.04.2024 Von: Verena Gebler
Talentmanagementstrategie

Talentmanagementstrategie im Wandel

Die gegenwärtige Arbeitswelt ist geprägt von rapidem technologischem Wandel, der Unternehmen stark beeinflusst. Schlagzeilen über Stellenabbau, ausgelöst durch technologische Veränderungen und wirtschaftliche Unsicherheiten, sind allgegenwärtig. Ein prominentes Beispiel: Der Tech-Konzern Meta hat kürzlich angekündigt, einen Teil seiner Belegschaft zu reduzieren, um die Produktivität zu steigern. Parallel dazu bleibt der Fachkräftemangel ein omnipräsentes Thema.

In dieser Doppeldynamik ist entscheidend, wie Unternehmen reagieren und Strategien entwickeln, um erfolgreich durch dieses Spannungsfeld zu navigieren. Talentmanagement spielt dabei eine zentrale Rolle. Es umfasst die strategische Planung, Anwerbung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeitenden, um deren Fähigkeiten und Potenziale optimal zu nutzen. Unternehmen entwickeln diese Disziplin aktuell über traditionelle Ansätze hinaus kreativ weiter, um eine langfristige Verknüpfung von Unternehmenszielen und individuellen Fähigkeiten zu schaffen.

Technologische Fortschritte als Türöffner

Die Idee des Talentmanagements ist nicht neu: Über Jahre hinweg wurde versucht, solide Grundlagen zu schaffen und einen systematischen Ansatz zu etablieren. Oft erfolglos. Unternehmen benötigen umfassende und präzise Informationen über ihre Mitarbeitenden, deren Fähigkeiten, Entwicklung und Leistung, um erfolgreiche Talentmanagementstrategien zu entwickeln. Die Qualität und Verfügbarkeit dieser Daten, meist bezogen über verschiedene Systeme, sind eine zentrale Herausforderung. Laut Global Talent Trends 2022/2023 (Mercer) können lediglich 12% der Unternehmen in der DACH-Region die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden beurteilen.

Doch was lange unrealistisch war, scheint plötzlich wieder greifbar zu sein. Moderne Technologien transformieren die Datenerfassung und -analyse im Talentmanagement grundlegend. Künstliche Intelligenz (KI) verbessert die Skill-Gap-Analyse erheblich, indem sie nicht nur vorhandene Fähigkeiten erkennt, sondern auch potenzielle Talente und Entwicklungsbereiche identifiziert. Die Integration von APIs (Application Programming Interface) spielt zusätzlich eine entscheidende Rolle. APIs dienen als effektive Schnittstelle für die Kommunikation zwischen verschiedenen Anwendungen und ermöglichen einen nahtlosen Datenaustausch. Im Kontext von Talentmanagement definieren APIs klare Regeln und Protokolle für die Interaktion zwischen verschiedenen Systemen, insbesondere in Bezug auf die Erfassung und Analyse von Fähigkeiten.

Stand der Umsetzung und Strategien für den Weg nach vorne

Aber Hand aufs Herz: Während einige Unternehmen Zukunftsszenarien testen, beschäftigen sich viele HR-Abteilungen noch mit dem Aufräumen der Basis. Das reicht vom Überdenken grundlegender Prozesse bis zur Erkenntnis, dass der Grad der Digitalisierung oft noch nicht ausreicht, um ein effektives Talentmanagement umzusetzen. Die Navigation durch einen Dschungel von Anbietern und Systemen, die in letzter Zeit wie Wildwuchs aus dem Boden schiessen, macht die Sache noch komplexer. 

Unabhängig davon, ob die HR-Organisation bereit ist oder nicht, empfiehlt es sich, bestimmte Themen zu überprüfen. «Lowhanging fruits» erfordern oft nur minimale Ressourcen und erzielen dennoch einen positiven Einfluss. Selbst wenn Systeme, Daten oder Prozesse noch nicht optimal aufgestellt sind, bietet sich die Gelegenheit, Fortschritte zu erzielen und kleine Erfolge zu feiern. Dies motiviert die HR-Organisation, auch wenn grössere Veränderungen noch Zeit benötigen.

Handlungsempfehlungen

1. Skills Management und Recruiting 

  • Überprüfen Sie die Fähigkeiten Ihrer Belegschaft und erstellen Sie eine Skills Ontology. Erwägen Sie einen externen Anbieter, falls Sie selbst keine Datenbasis oder Ressourcen dafür haben. 
  • Identifizieren Sie Skill Gaps in Ihrem Team und implementieren Sie einen vorausschauenden Rekrutierungsansatz, anstatt Stellen eins zu eins wiederzubesetzen. Dadurch legen Sie den Grundstein für eine zukunftsorientierte Personalbeschaffung, die den sich wandelnden Anforderungen des Unternehmens gerecht wird. 
  • Berücksichtigen Sie das Mindset Ihrer Kandidat*innen. Oftmals ist es entscheidender, die Person einzustellen, die nicht nur über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, sondern auch offen für kontinuierliches Lernen und Anpassungsbereitschaft ist. Ein proaktives Mindset, das Veränderungen als Chancen betrachtet, ist entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen.

2. Förderung von Potenzial und interner Mobilität 

  • Entwickeln Sie gezielte Massnahmen zur Schliessung von Skill Gaps durch die Förderung von interner Mobilität und Talententwicklung. Hierbei ist es entscheidend, interne Mobilitätsprogramme zu optimieren und klare Kriterien für die Förderung und Entwicklung zu definieren. Berücksichtigen Sie dabei nicht nur generelle Karrierewege, sondern auch Fachkarrieren, um den individuellen Stärken der Mitarbeitenden gerecht zu werden. 
  • Gestalten Sie Managerrollen neu, weg von traditionellen Ansätzen hin zu einer unterstützenden Rolle als Coach. Fördern Sie eine Kultur, in der Vorgesetzte aktiv an das Potenzial ihrer Mitarbeitenden glauben und sie ermutigen, ihre Fähigkeiten zu entfalten.

3. Strategische Personalplanung und L&D 

  • Integrieren Sie die Ergebnisse der Skills- Analyse nahtlos in Ihre strategische Personalplanung für die kommenden zwei bis drei Jahre. Nutzen Sie dazu die Expertise von Sparringspartnern aus verschiedenen Bereichen wie Finance und Marketing, um ganzheitliche und langfristige Strategien zu entwickeln. 
  • Führen Sie integrierte Programme für Learning & Development ein, die sowohl die übergeordneten Ziele der strategischen Personalplanung als auch die individuellen Entwicklungsbedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen. Dies ermöglicht eine gezielte und massgeschneiderte Förderung von Fähigkeiten, um die langfristigen Unternehmensziele erfolgreich zu erreichen

KI-basierte Innovationen im Talentmanagement

  • Effizientere Rekrutierungsprozesse: KI-gestützte Bewerbervorauswahl verbessert die Effizienz von Rekrutierungsprozessen, indem sie automatisch die besten Bewerbenden für eine Position identifiziert.
  • Früherkennung von Fluktuation: KI kann durch Datenanalyse frühzeitig Anzeichen für mögliche Fluktuation erkennen, was Unternehmen ermöglicht, proaktiv Massnahmen zur Mitarbeitendenbindung zu ergreifen.
  • Datengestützte Talententwicklung: In Tools für Karriereentwicklung und Nachfolgeplanung ermöglicht KI eine datenbasierte Bewertung von individuellen Fähigkeiten und fördert die gezielte Weiterentwicklung.
  • Proaktive Karriereempfehlungen: Durch die Analyse grosser Mengen von HRIS-Daten empfiehlt KI alternative und individuell passende Entwicklungswege, welche nicht nur den traditionellen Karrierepfad berücksichtigen.
  • Fortschrittliche Matching-Algorithmen: KI ermöglicht verbesserte Matching-Algorithmen in internen Talent-Marketplaces. So können Mitarbeitende und Projekte präziser aufeinander abgestimmt werden.
  • Personalisierte Lernempfehlungen: KI-basierte Learning-Experience-Plattformen (LXP) bieten personalisierte Empfehlungen, die auf individuellen Lernhistorien, aktuellen Rollen und angestrebten Positionen basieren.

Fazit

Das Schönste daran: Bei all diesen Massnahmen steht der Mensch im Mittelpunkt. Während Technologien Quantensprünge machen und häufig von Ressourceneffizienz die Rede ist, ist es gleichzeitig der Moment, sich darauf zu besinnen, wie das Beste aus unseren einzigartigen menschlichen Fähigkeiten gemacht werden kann. Es ist von zentraler Bedeutung, nachhaltige Personalstrategien aufzubauen. HR übernimmt im Talentmanagement eine entscheidende Rolle als Change Manager, um flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren und die Entwicklung einer agilen Unternehmenskultur zu fördern. 

Eine vorausschauende und nachhaltige Talentmanagementstrategie steigert nicht nur die Produktivität durch gezielte Nutzung vorhandener Fähigkeiten, sondern stärkt auch die Position auf dem Talentmarkt. Durch proaktives Talentmanagement trägt HR dazu bei, nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation zu festigen, sondern auch ein Umfeld zu schaffen, das Innovation und Kreativität fördert – ein Schlüssel zur erfolgreichen Schatzsuche und Gestaltung der Zukunft.

Newsletter W+ abonnieren