Arbeitszeugnis: Die verschiedenen Zeugnisarten im Überblick

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistung und sein Verhalten ausspricht (art. 330a Abs. 1 OR). Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Zeugnisarten dabei möglich sind.

31.01.2025 Von: Thomas Wachter
Arbeitszeugnis

Die Zeugnisarten im Überblick

Es sind verschiedene Zeugnisarten möglich, insbesondere:

  • Schlusszeugnis (Vollzeugnis am Ende des Arbeitsverhältnisses):
    Auskunft über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers, sowie über die Beendigungsgründe.
  • Zwischenzeugnis (Interimszeugnis, Vollzeugnis während dem Arbeitsverhältnis):
    Auskunft über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers.
  • Arbeitsbestätigung auf Verlangen des Arbeitnehmers:
    lediglich Auskunft über die Dauer der Anstellung und die ausgeübte Funktion.
  • Lehrzeugnis nach Beendigung der Lehre:
    Auskunft zum erlernten Beruf und die Dauer der Lehre, auf Verlangen auch Verhalten und Leistung.

Anforderungen an ein Arbeitszeugnis

Das Arbeitszeugnis muss vollständig, wahr, wohlwollend formuliert und charakteristisch für das zu bewertende Arbeitsverhältnis sein. Versteckte Äusserungen (sog. Codes) sind weder sinnvoll noch gestattet.

Grundsätzlich ist zu empfehlen, die Leistungen und das Verhalten präzise zu beschreiben, was auch kritischere Punkte einschliesst. Diese sind jedoch in einen Gesamtzusammenhang zu stellen und wohlwollend zu formulieren.

Entgegen der häufig vertretenen Meinung gehören durchaus auch Negativaussagen in ein Zeugnis. Mit Sicherheit trifft dies zu, wenn diesen Aussagen im Hinblick auf das gesamte Arbeitsverhältnis ein grosser Stellenwert zukommt.

Geringfügige Verfehlungen, die nicht charakteristisch für das Arbeitsverhältnis sind, gehören nicht in ein Arbeitszeugnis. Übliche Differenzen am Arbeitsplatz und einmalige oder selten vorkommende negative Vorkommnisse dürfen nicht erwähnt werden. 

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber jederzeit ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistung und sein Verhalten ausspricht (Art. 330a Abs. 1 OR).

Dieser Anspruch ist unabhängig von der Dauer, dem Inhalt oder dem Umfang einer Arbeitstätigkeit. So kann ein Arbeitnehmer auch in der Probezeit oder für eine kurze Aushilfstätigkeit ein Vollzeugnis verlangen. Infolge der kurzen Anstellungsdauer wird ein solches jedoch rudimentär ausfallen, da der Arbeitgeber (noch) nicht in der Lage ist, eine abschliessende genauere Qualifikation vorzunehmen.

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis besteht auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer kann ein Arbeitszeugnis nach dem Austritt einfordern oder die nachträgliche Korrektur eines solchen verlangen. Es ist umstritten, ob der Zeugnisanspruch nach fünf oder nach zehn Jahren verjährt. Der überwiegende Teil der Lehre befürwortet die zehnjährige Verjährungsfrist.

Bei Verlust des Arbeitszeugnisses kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Duplikat verlangen.

Der Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitszeugnis ist unabdingbar und unverzichtbar (Art. 362 OR in Verbindung mit 341 Abs. 1 OR). Ein schriftlicher Verzicht auf ein Arbeitszeugnis bei Austritt entfaltet somit keine Wirkung. Ebenso wenig sind Vereinbarungen gültig, wonach der Arbeitnehmer nur unter Einhaltung bestimmter Bedingungen ein Zeugnis erhält.

Das Schlusszeugnis

Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, Leistung und Verhalten

Das Vollzeugnis am Ende des Arbeitsverhältnisses gibt Auskunft über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers. Beim Schlusszeugnis sind somit die Arbeitsqualität, die Arbeitsmenge und die Arbeitsbereitschaft zu werten. Der Beurteilungsmassstab, der zur Anwendung kommt, soll einem branchenüblichen Durchschnitt entsprechen. Ziel ist es, dass ein neuer Arbeitgeber sich über die Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten eines Arbeitnehmers ein objektives Bild machen kann. Was die Qualifikation des Verhaltens anbelangt, so ist ausschliesslich das Verhalten am Arbeitsplatz zu beurteilen. Wie sich eine Person ausserhalb ihres Arbeitsplatzes benimmt, ist nicht Gegenstand eines Arbeitszeugnisses. Ausnahmsweise kann dies jedoch in ein Arbeitszeugnis aufgenommen werden, wenn das ausserdienstliche Verhalten auf das Arbeitsverhältnis einen grossen Einfluss hat (Alkoholprobleme usw.).

Beendigungsgründe

Nach herrschender Gerichtspraxis hat der Arbeitnehmer zusätzlich Anspruch darauf, dass die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitszeugnis aufgenommen werden. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber kann der Beendigungsgrund angegeben werden. Allerdings muss auf Verlangen des Arbeitnehmers dieser Hinweis entfernt werden, sofern er nichts Wesentliches zur Gesamtbeurteilung beiträgt.

Die Arbeitsbestätigung

Dauer der Anstellung und Funktion

Gestützt auf Art. 330a OR Abs. 2 hat der Arbeitnehmer das Recht, ein einfaches Arbeitszeugnis zu verlangen. Diese sogenannte Arbeitsbestätigung hat über die Dauer der Anstellung und die ausgeübte Funktion Auskunft zu geben. Hingegen enthält die Arbeitsbestätigung keine Bewertung der Leistung und des Verhaltens des Arbeitnehmers. Ebenso ist darauf zu verzichten, den Grund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses festzuhalten.

Die Arbeitsbestätigung wird in der Praxis in der Regel so verstanden, dass der ausstellende Arbeitgeber hinsichtlich der Leistung und/oder des Verhaltens mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden war. Das wirtschaftliche Fortkommen wird durch die Arbeitsbestätigung in der Regel nicht gefährdet.

Das Zwischenzeugnis

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber jederzeit ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistung und sein Verhalten ausspricht (Art. 330a Abs. 1 OR). Aus diesem Grunde ist ihm auf Verlangen auch ein sogenanntes Zwischenzeugnis auszustellen. Was Inhalt und Form dieses Zwischenzeugnisses anbelangt, so entsprechen diese dem Schlusszeugnis. Das Zwischenzeugnis ist in Form eines Vollzeugnisses zu erstellen.

Ein Zwischenzeugnis wird in der Praxis häufig dann verlangt, wenn eine innerbetriebliche Versetzung vorgenommen wird oder bei einem Wechsel der vorgesetzten Person. Teilweise werden auch Zwischenzeugnisse verlangt, weil in einem Betrieb keine Zwischenqualifikationen vorgenommen werden. Hier empfiehlt es sich allerdings, mit den Mitarbeitenden abzuklären, ob nicht sinnvollerweise eine eigentliche Qualifikation durchgeführt werden soll. Der Grund liegt darin, dass ein Zwischenzeugnis nicht die Qualität einer systematischen Beurteilung erreichen kann.

Das Lehrzeugnis

Die rechtlichen Grundlagen für das Lehrzeugnis finden sich in Art. 346a OR. Der Lernende hat nach Beendigung der Ausbildung Anspruch darauf, dass ihm die Ausbildungsfirma ein Zeugnis ausstellt. Dieses Zeugnis hat sich über den erlernten Beruf und die Dauer der beruflichen Grundbildung auszusprechen.

Auf ausdrückliches Verlangen des Lehrlings oder seines gesetzlichen Vertreters ist ein Zeugnis auszustellen, das sich auch über das Verhalten und die Leistungen des Lehrlings ausspricht.

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