Ausbildungszulagen: Die Finanzspritze für die Ausbildung

Bis zum Abschluss der Ausbildung des Kindes, längstens jedoch bis zur Vollendung des 25. Altersjahres, werden die Kinderzulagen durch Ausbildungszulagen ersetzt. Sie beträgt in allen Kantonen mindestens CHF 250 pro Monat (FamZG, Art. 5, Abs. 2). Welche Voraussetzungen für Ausbildungszulagen erfüllt sein müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

08.09.2021 Von: René Mettler
Ausbildungszulagen

Die Dauer und Art der Ausbildung sind entscheidend

Die Ausbildung muss mindestens vier Wochen dauern und systematisch auf ein Bildungsziel ausgerichtet sein. Dieses muss entweder zu einem bestimmten Berufsabschluss führen oder eine berufliche Tätigkeit ohne speziellen Berufsabschluss ermöglichen, oder, falls die Ausbildung nicht zum vornherein auf einen bestimmten Beruf ausgerichtet ist, muss sie eine allgemeine Grundlage für eine Mehrzahl von Berufen bilden bzw. eine Allgemeinausbildung beinhalten. Unerheblich ist, ob es sich um eine erstmalige Ausbildung, eine Zusatz- oder Zweitausbildung handelt.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Ausbildung auf einem strukturierten Bildungsgang beruht, der rechtlich oder zumindest faktisch anerkannt ist. Die systematische Vorbereitung bedeutet, dass das Kind die Ausbildung mit dem objektiv zumutbaren Einsatz betreibt, damit es sie innert nützlicher Frist abschliessen kann. Während der Ausbildung muss sich das Kind zeitlich überwiegend dem Ausbildungsziel widmen. Überwiegend bedeutet während mindestens 20 Stunden pro Woche. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn der gesamte Ausbildungsaufwand (Lehre im Betrieb, Schulunterricht, Vorlesungen, Kurse, Vor- und Nachbereitung, Prüfungsvorbereitung, Selbststudium, Verfassen einer Diplomarbeit, Fernstudium usw.) beträgt.

Der effektive Ausbildungsaufwand wird meist aufgrund der Auskünfte des Ausbildungsanbieters über die durchschnittlich aufzuwendende Zeit für die Ausbildung eruiert.

Ausbildungszulage bei einem Praktikum

Als Praktikum wird als Ausbildung anerkannt, wenn es gesetzlich, reglementarisch oder faktisch für die Zulassung zu einem Bildungsgang oder zu einer Prüfung vorausgesetzt ist, oder zum Erwerb eines Diploms oder eines Berufsabschlusses verlangt wird.

Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, so wird ein Praktikum trotzdem als Ausbildung anerkannt, wenn das Praktikum im betreffenden Betrieb höchstens ein Jahr dauert.

Es wird nicht verlangt, dass das Kind während eines Praktikums schulischen Unterricht besucht. Kinder, die zwischen der Schulzeit und einer Anschlusslösung (etwa Lehrstelle) ein Brückenangebot wie das Motivationssemester (arbeitsmarktliche Massnahme) oder eine berufsorientierende Vorlehre wahrnehmen, befinden sich in Ausbildung. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Schulanteil (Schulfächer, Werkstattunterricht) von mindestens acht Lektionen (à 45 bis 60 Minuten) pro Woche Bestandteil dieser Zwischenlösung ist.

Jugendliche, die sich in einem fremdsprachigen Gebiet als Au Pair betätigen oder in einem fremdsprachigen Gebiet einen Sprachaufenthalt absolvieren, gelten als in Ausbildung, sofern mindestens vier Schullektionen (à 45 bis 60 Minuten) pro Woche Bestandteil des Aufenthaltes sind.

Für Kinder in der Ausbildung, deren Bruttoerwerbseinkommen über dem Betrag einer maximalen vollen Altersrente (CHF 2‘390) liegt, wird keine Ausbildungszulage ausgerichtet. Bei verheirateten Kindern werden dabei nur die eigenen Einkommen berücksichtigt.

Dem Erwerbseinkommen gleich gestellt sind Ersatzeinkommen wie Taggelder der Erwerbsersatzordnung (EO), der Arbeitslosenversicherung (ALV), der Invalidenversicherung (IV) sowie Taggelder der Kranken- und Unfallversicherung. Familienrechtliche Unterhaltszahlungen, Stipendien, und Renten werden nicht berücksichtigt.

Befindet sich das Kind während des ganzen Kalenderjahres in Ausbildung, wird das ganze Jahreseinkommen berücksichtigt und durch 12 geteilt. Liegt das so errechnete durchschnittliche Monatseinkommen unter der Einkommenslimite, besteht Anspruch auf Ausbildungszulage.

FAQ
Unsere 22-jährige Tochter studiert an der ETH in Zürich. Als Werkstudentin verdient sie monatlich CHF 2‘300. Ihr Arbeitgeber ist sehr zufrieden mit ihrer Leistung und möchte ihr nun eine Lohnerhöhung von monatlich CHF 100 ausrichten. Was muss unsere Tochter beachten? 

Bisher hatte Ihre Tochter neben Ihrem Erwerbseinkommen von CHF 2‘300 Anspruch auf die Ausbildungszulage von CHF 250, insgesamt hat sie also CHF 2‘550 erhalten. Sie wird neu CHF 2‘400 pro Monat verdienen. Damit überschreitet sie die maximale AHV-Altersrente (CHF 2390). Der Anspruch auf Familienzulagen erlischt damit. So gut gemeint der Vorschlag des Arbeitgebers ist, wird das aktuelle Gesamteinkommen ihrer Tochter um CHF 40 sinken. Wie wäre es, wenn der Arbeitgeber ihr lediglich eine Lohnerhöhung von CHF 190 zugestehen würde? Das Erwerbseinkommen wäre damit auf CHF 2‘390 beschränkt, und es würde weiterhin Anspruch auf die Familienzulage von CHF 250 bestehen. Gesamthaft wären das dann neu CHF 2‘640 (statt CHF 2‘390), also CHF 250 mehr.

Übliche Ferien und unterrichtsfreie Zeiten von längstens vier Monaten gelten als Ausbildungszeit, wenn sie zwischen zwei Ausbildungsphasen liegen, das heisst, die Ausbildung muss unmittelbar daran fortgesetzt werden. Angebrochene Monate werden mitgezählt, z. B. entspricht die Zeit vom 16. Juni (Matura) bis 16. Oktober (Studium) vier Monaten. Wird das Studium später aufgenommen, bedeutet die Matura das vorläufige Ende der Ausbildung.

Wird die Ausbildung abgebrochen, gilt sie als beendet. Bis zu einer allfälligen Wiederaufnahme der Ausbildung befindet sich das Kind nicht mehr in Ausbildung. Dies gilt auch für die Zeit zwischen einem Lehrabbruch und dem Beginn eines neuen Lehrverhältnisses.

Beginn und Ende der Ausbildungszulagen

Der Anspruch auf die Ausbildungszulage entsteht für Jugendliche, die eine nachobligatorische Ausbildung absolvieren, frühestens ab 15 Jahren. Als nachobligatorische Ausbildung gilt die Ausbildung, welche auf die obligatorische Schulzeit folgt. Dauer und Ende der obligatorischen Schule richten sich nach den jeweiligen kantonalen Bestimmungen. Der Anspruch entsteht frühestens am ersten Tag des Monats, in dem das Kind 15 Jahre alt wird. Die Ausbildungszulagen werden bereits für den Monat ausgerichtet, in dem das Kind die Ausbildung aufnimmt.

Nicht als Unterbrechung der Ausbildung gelten die folgenden Zeiten, sofern die Ausbildung unmittelbar danach fortgesetzt wird (AHVV, Art. 49ter, Abs. 3):

  • übliche unterrichtsfreie Zeiten und Ferien von längstens vier Monaten;
  • Militär- oder Zivildienst von längstens fünf Monaten;
  • gesundheits- oder schwangerschaftsbedingte Unterbrüche von längstens zwölf Monaten.

Der Bundesrat hat in der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) definiert, was bei Kindern als Ausbildung gelten kann. Das ist von Bedeutung für den Anspruch auf Waisen- und Kinderrenten für Kinder zwischen dem 18. und 25. bzw. auf die Ausbildungszulagen für Kinder zwischen dem 15. und 25. Altersjahr.

In Ausbildung ist ein Kind:

  • Wenn es sich auf der Grundlage eines ordnungsgemässen, rechtlich oder zumindest faktisch anerkannten Bildungsganges systematisch und zeitlich überwiegend entweder auf einen Berufsabschluss vorbereitet oder sich eine Allgemeinausbildung erwirbt, die Grundlage bildet für den Erwerb verschiedener Berufe.
  • Wenn es Brückenangebote wahrnimmt wie Motivationssemester und Vorlehren sowie Au-pair- und Sprachaufenthalte, sofern sie einen Anteil Schulunterricht enthalten.

Nicht als in Ausbildung gilt ein Kind, wenn es ein durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen erzielt, das höher ist als die maximale volle Altersrente der AHV (Fr. 2390.-). Massgebend ist der Bruttolohn.

Solange das Kind in der Ausbildung ist, werden Ausbildungszulagen ausgerichtet. Der Anspruch besteht bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens jedoch bis zum Ende des Monats des 25. Geburtstags.

Findet das Kind keinen Ausbildungsplatz oder ist es arbeitslos, besteht kein Anspruch auf Ausbildungszulagen.

Newsletter W+ abonnieren